DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-05-2023 07:30
SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 13.05.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNFz

Über der Mitte und im Süden Schauer und lokal kräftige Gewitter, zunehmend auch
zu den Küsten ausweitend. Sonntag im Tagesverlauf am östlichen Alpenrand
Dauerregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... ist das generelle Strömungsmuster weiterhin stark gestört und die
High-over-Low Konstellation bleibt uns erhalten. Das Blocking, das sich vom
Baltikum über Skandinavien bis zu den Britischen Inseln erstreckt, wird
allerdings durch ein kleinräumiges abgeschlossenes Höhentief über dem Oslofjord
"unterbrochen", was bei uns vorerst aber noch keine Relevanz besitzt. Dem
gegenüber steht ein umfangreiches, elliptisches Höhentief mit Zentrum über dem
westlichen Mittelmeerraum und einem Teilkern über Südpolen. Die
Isohypsen/Isobaren sind bei uns durchweg zyklonal gekrümmt, die Hebungsantriebe
durch kleinere Randtröge aber nur schwach.

Am Rande des Hochs fließt mit einer östlichen Strömung weiterhin recht trockene
vor allem in den Norden und Nordosten Deutschlands. So liegen die Taupunkte in
Vorpommern und Teilen Brandenburgs teils unter 5 Grad. Gegenüber dem gestrigen
Tag sind sie nun auch Richtung Niedersachsen und NRW deutlich abgesunken (von
rund 12 auf etwa 7 Grad), was noch von Bedeutung sein sollte...zumal sich über
der nördlichen Mitte schon zahlreiche Castellani tummeln, die auf eine
labilisierte mittlere Troposphäre hindeuten.

Etwa von der Lausitz über dem Harz bis ins Münsterland und südlich davon reicht
dann wohl auch die Grundschichtfeuchte aus, um im Tagesverlauf einzelne Schauer
und Gewitter zu produzieren. Der beste Feuchte/Labilitäts-Überlapp wird im
Westen erreicht, wo über NRW vom ICON-D2 gebietsweise ML CAPE zwischen 500 und
knapp 1000 J/kg angeboten wird. Die Scherung ist allerdings mau und erst über
Niedersachsen etwas erhöht. So muss im Vergleich zu den Vortagen bei PPW's
zwischen 15 und 20 mm das Hauptaugenmerk bei den Begleiterscheinungen neben
(markantem) Starkregen und kleinkörnigem Hagel zunehmend auch auf Sturmböen
(inverted V-Struktur) gerichtet werden. So bietet das ICON-D2 EPS
Wahrscheinlichkeiten über 30% für Böen Bft 7 über Südbrandenburg an und im
Westen vor allem im Bergland ähnliche Signale für Bft 8. Am Nordrand der Eifel
findet sich gar ein "Klecks" mit >30% für Bft 9. In diesem Bereich wird auch
laufübergreifend mehrfach Konvektion gerechnet. Externe konvektionserlaubende
Modelle sehen das ähnlich mit dem Schwerpunkt im Westen mit Potential von
Sturmböen. Über der Mitte und im Osten hingegen primär Schauer und nur
vereinzelte Gewitter, dafür auch in Schauernähe Bft 7 möglich.

Südlich des Mains ist mangels Einstrahlung fraglich, ob und wieviel CAPE
überhaupt generiert werden kann. Mit etwas zunehmenden südöstlichen Winden in
700 hPa sind leicht-föhnige Auflockerungen am ehesten vom östlichen Alpenrand
bis nach Niederbayern denkbar. Auch über Schwarzwald und der Alb ist ein
vereinzeltes Gewitter sicher nicht auszuschließen. Hauptbegleiterscheinung dann:
Starkregen (wegen langsamer Zuggeschwindigkeit). Heftiger Starkregen bis 30 l/qm
binnen einer Stunde ist insbesondere Richtung Berchtesgaden nicht gänzlich
auszuschließen.

Mit Sonnenschein werden in der Nordhälfte 20 bis 24 Grad erreicht. An den Küsten
bleibt es bei auflandigem Wind mit 13 bis 19 Grad entsprechend kühler. Gleiches
gilt für den mehrheitlich bewölkten Süden.


In der Nacht zum Sonntag zieht der o.e. flache Tiefdruckkern von Polen langsam
Richtung Oderhaff und nimmt dadurch Kontakt zum "Störenfried" über dem Oslofjord
auf. Letztlich bröckelt durch diesen sich formierenden meridionalen Schlauch
tiefen Geopotentials auch im äußersten Norden und Nordosten allmählich der
Hochdruckeinfluss der letzten Tage.

Nennenswerte dynamische Hebungsantriebe sind aber nach wie vor eher Fehlanzeige,
so dass sich Schauer und Gewitter mit Einbruch der Nacht allmählich abschwächen
und in der zweiten Nachthälfte auch weitestgehend auflösen. Somit verläuft die
Nacht recht ruhig mit einzelnen hohen Wolkenfeldern im Norden (Scherungsbedingt
und am Rande des nördlichen Höhentiefs) sowie kompakter Bewölkung in der
feuchten Luftmasse im Süden. Sonst klart es zeitweise auf und es bilden sich
lokal flache Nebelfelder, insbesondere wo es zuletzt noch Schauer und Gewitter
gab.

Die Tiefstwerte liegen zwischen 10 und 4 Grad.


Sonntag... geht der Prozess der Kontaktaufnahme und Interaktion zwischen
nördlichem Tiefkern, der sich langsam zur Nordspitze Jütlands orientiert, und
dem Mittelmeertief über dem Golf von Genua weiter. Die Distanz untereinander
schrumpft auf etwa 1300 km, eine Länge, bei der der Literatur nach selbst bei
tropischen Systemen der Fujiwhara-Effekt greift. Folglich beginnen beide
umeinander zu rotieren, was den südlichen Kern allmählich nach Norditalien
führt.

Auf dessen Vorderseite wird von der Adria feucht-warme Subtropikluft nordwärts
geführt. Dadurch setzen über dem Alpenraum und weiter östlich zunehmend
Aufgleitniederschläge ein, die zum Nachmittag auch auf den Südosten Bayerns
übergreifen. Die Trogvorderseite ist zwar stark diffluent, der Schwerpunkt der
WLA verbleibt aber eindeutig weiter östlich. Insofern muss noch abgewartet
werden, ob der skalige Regenanteil wirklich so groß ist, wie nach wie vor von
der Deutschen Modellkette suggeriert wird. SUPER HD und AROME betonen deutlich
den konvektiven Charakter. Selbst, wenn es von der Auslöse am Boden nicht
reichen sollte, sind die Lapse Rates steil genug um auch abgehobene Konvektion
zuzulassen, die durch die Annäherung des Höhentiefs ausgelöst wird. In der Folge
ist bis zum Eingang in die Nacht eine rasche Verclusterung zu erwarten, so dass
auch mehrstündiger Starkregen oder aber mit Drehung der Strömung in unteren
Schichten auf Nord staubedingter Dauerregen vor allem am östlichen Alpenrand ein
Thema werden kann.

Auch im großen Rest des Landes wird die Luftmasse aus Südosten feuchter, so dass
sich einzelne Schauer und Gewitter zunehmend auch in den küstennahen Gebieten
bilden können. Gerade für Norddeutschland gilt die trockene Fuß Problematik des
Vortages noch, so dass in Verbindung mit der Konvektion auch einzelne stürmische
Böen oder Sturmböen auftreten können. Zudem kann es punktuell Starkregen um 15
l/qm (im Süden eher 20 bis 25 l/qm) sowie kleinkörnigen Hagel geben.

Ein Schauerminimum ist über Brandenburg (schwacher Deckel bei 700 hPa) und im
Nordwesten (in der Höhe leicht antizyklonal) zu erwarten. Aber auch sonst wird
es sicherlich nicht jeden treffen und somit eigentlich ein ganz schöner
Ausflugstag mit reichlich Sonnenschein und Höchstwerten um oder knapp über 20
Grad.


In der Nacht zum Montag deutet sich über den britischen Inseln ein erneuter
Abtropfprozess südwärts an, der den Landwellentrog als solchen, der immerhin
jahreszeitentypisch bis nach Tunesien reicht, regeneriert. Auf dessen
Vorderseite zieht das Höhentief von den Alpen nordostwärts und erreicht in den
Frühstunden die Region im Dreiländereck Deutschland, Polen, Tschechien. Damit
verbunden ist auch eine VB-artige Zugbahn des Bodentiefs, das nur wenig
achsenverschoben über der Hohen Tatra mit knapp 1005 hPa liegt.

Nach wie vor ist noch nicht endgültig geklärt, wie stark die Regenfälle, die mit
dem Aufgleiten verbunden sind, auf deutscher Seite ausfallen. Im Theta-Feld
endet der Warmluftschlauch in 850 hPa bereits über Südpolen und dreht nicht nach
Deutschland ein. Das WLA Maximum verbleibt auch östlich, ergo erwischt auch der
so wichtige Südostwind in der Höhe allenfalls noch die Grenzregionen.

So wird es zwar von der Oder bis zu den Alpen schon gebietsweise Regen (anfangs
auch noch konvektiv und teils gewittrig durchsetzt. Eine große Dauerregenlage,
wie es sie bei derartigen Konstellationen ohne weiteres geben kann, bleibt aber
wohl aus. Die größte Wahrscheinlichkeit dafür besteht vor allem auch staubedingt
am östlichen Alpenrand (COSMO-LEPS und ICON-EU EPS 20-30%, IFS-EPS weniger).
Sonst fallen von der Lausitz bis zu den Alpen 5 bis 10, im Süden gebietsweise 10
bis 20 l/qm.

Im Rest des Landes klingen Schauer und Gewitter mit Beendigung des Tagesgangs
wieder ab und bei größeren Auflockerungen kann sich erneut flacher Nebel bilden.
Bei den Tiefstwerten tut sich kaum etwas.


Montag... zieht das VB-artige Tief nach Nordpolen ab, beeinflusst aber
allenfalls den äußersten Osten Deutschlands noch mit skaligen Regenfällen.
Ansonsten bleibt in dessen Randbereich wechselhaftes Wetter Trumpf mit Schauern
und auch einzelnen Gewittern, die sich im Tagesverlauf wieder bilden werden.

Inwieweit der flache Rücken, der sich gewissermaßen kompensatorisch zwischen
Polentief und neuem Abtropfvorgang über den Britischen Inseln vorübergehend über
Westdeutschland aufwölbt, konvektionshemmend auswirkt, bleibt noch abzuwarten.
Die Höchstwerte liegen meist zwischen 15 und 21 Grad.

In der Nacht zum Dienstag fällt mit dem sich von Benelux nähernden Cut-Off, der
bodennah mit einer schwachen Kaltfrontstaffel interagiert, im Westen
gebietsweise etwas Regen. Die Mengen liegen aber meist unterhalb von 5 l/qm
binnen 12 Stunden. Sonst fallen Schauer und Gewitter wieder vermehrt in sich
zusammen, stauen sich nur an Schwarzwald und Alpen noch ein wenig. Noch
unsicher, ob der Druckanstieg aus Nordwesten schon ausreicht, um an der Nordsee
erste Windböen Bft 7 aus Nordwest zu reißen. Die Temperaturen liegen auf dem
Niveau der Vortage.


Modellvergleich und -einschätzung
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In den Basisfeldern haben sich die Modelle trotz komplexer Wetterlage zum
Wochenwechsel weiter angenähert. Selbst beim VB-artigen tief gibt es nur noch
geringe Diskrepanzen hinsichtlich Position und Stärke. Diese Details - auch im
Verbund mit der Höhenkonfiguration - sind aber letztlich entscheidend, inwieweit
die skaligen Niederschläge auf den äußersten Südosten und Osten Deutschlands
übergreifen. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eine markante
Dauerregenlage am östlichen Alpenrand ist aber nicht unwahrscheinlich. In den
übrigen Regionen reicht es mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür nicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen