DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-05-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.05.2023 um 10.30 UTC



Zunächst weiter wechselhaft, Mitte nächster Woche von Norden steigende Chancen
auf Wetterberuhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 19.05.2023


Das Wettergeschehen bis Ende der Woche ist nun komplett in den Kurzfristzeitraum
gerückt. Da trifft es sich gut, dass zumindest für diesen die Entwicklung des
"ersten" Tiefs auf VB-artiger Zugbahn immer klarer wird. So haben sich
mittlerweile fast (siehe Modelvergleich später) alle Modelle auf die östliche
Variante über Tschechien und den Raum Warschau weiter nordostwärts
eingeschossen. Die große Dauerregenlage für Teile Ost- und Süddeutschlands ist
damit wohl ziemlich wahrscheinlich vom Tisch. Es bleibt wohl bei vorerst bei nur
leicht wechselhaftem Wetter mit gebietsweisen schauerartigen Regenfällen. Wie es
aber spätestens ab Mitte nächster Woche weitergeht, scheint aktuell offener denn
je.

Doch der Reihe nach...am Montag reicht ein komplexer - da von mehreren Zentren
durchflochtener - Langwellentrog vom Nordmeer über Mittelmeer für die Jahreszeit
ungewöhnlich weit bis nach Tunesien. Dort liegt ein Höhentiefzentrum mit einem
Geopotential von 556 gpdm - und vermiest so manchem Touri bei kaum 20 Grad und
gewittrigen Regenfällen die Stimmung. Von Süditalien über die Balkanstaaten
kommt es weiterhin zu teils ergiebigen Regenfällen mit der Gefahr von
Erdrutschen und Überschwemmungen. Hierzulande bereitet den Modellen vorrangig
die Interaktion zwischen einem frischen Cut-Off über den Britischen Inseln, der
auf der Trogrückseite südwärts abläuft und einem im Geopotentialfeld deutlich
flacher (da ohne große Gradienten) aufgestelltem Höhentiefzentrum über
Ostdeutschland. Bodennah kann man guten Gewissens von einem Tiefdrucksumpf
inmitten feucht-labilen und mäßig warmen Meeresluft sprechen. So sollte neben
kurzen Aufheiterungen wieder vermehrt mit Schauern und auch einzelnen Gewittern
zur rechnen sein. Schwerpunkte lassen sich dabei aktuell noch nicht wirklich
präzise herausarbeiten. Lokaler Starkregen und kleinkörniger Hagel sollte dabei
aber die gängigsten Begleiterscheinungen sein.

Am Dienstag zieht das Tief über Polen zum Baltikum respektive zur zentralen
Ostsee ab. Das Hoch im Westen ist dicht westlich von Irland noch weit weg. Es
beginnen aber die ersten markanten Unsicherheiten bezüglich des Cut-Offs, der
sich entweder im Nordwesten einnisten könnte oder aber nach Frankreich abtropft.
Egal wie, große Wetteränderungen sind damit noch nicht verbunden. Und doch ist
diese Situation für den weiteren Verlauf entscheidend, da über den Färöer ein
weiterer KWT rapide an Wellenlänge verliert. Einnisten würde ein erneutes
Abtropfen bei uns begünstigen und für eine Fortdauer des wechselhaften Wetters
sorgen (vielfach gestrige Szenarien). Rasches Abtropfen nach Süden würde aber
den Aufbau einer Hochdruckbrücke von den Britischen Inseln bis zur südlichen
Ostsee stützen und den nördlichen KWT einfach ostwärts über Skandinavien
hinwegschwenken lassen.

Die ersten vorsichtigen Trends lassen also aktuell eher auf eine
Wetterberuhigung ab Wochenmitte von Nordwesten her schließen. Die schauerartigen
Niederschläge ziehen sich dann zunehmend in den äußersten Süden zurück. Mit
Einfließen einer kühlen Meeresluft (T850 um 0 Grad) würde die Gefahr von Frost
in Bodennähe dagegen bei diesem Szenario deutlich ansteigen lassen.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs ist wie am Vortag ziemlich mies, aufgrund
der komplexen Wetterlage mit zwei markanten Tiefdruckgebieten auf VB-artiger
Zugbahn aber auch nicht verwunderlich. Immerhin verfestigt sich weiter der Trend
zu einer im Vergleich eher östlichen Zugbahn am Montag, wo vom einstigen
Dauerregen bei uns nicht mehr viel übrig bleibt.

Zur Wochenmitte schwenkt das IFS nun stark auf einen hochdruckdominierten
Abschnitt mit Schwerpunkt über den Britischen Inseln und Keil bis nach
Skandinavien um. Exemplarisch dafür einmal der gerechnete Bodendruck um 12 UTC
am kommenden Donnerstag in Hamburg:

IFS 00z von gestern: 1020 hPa
IFS 12z von gestern: 1005 hPa
IFS 00z von heute: 1024 hPa
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON hält so ziemlich als einziges Modell in den 0z Läufen noch am
ursprünglichen Szenario mit weit rumgeholter Warmluft und Aufgleitniederschlägen
über der Osthälfte Deutschlands fest - das allerdings konsistent. Zum Dienstag
geht aber auch da der Abzug schneller voran. Zudem bleibt es zur Wochenmitte bei
der Trog Mitteleuropa (TrM) - Schiene.

Ähnlich wie auch das kanadische GEM und - das ist interessant - obwohl es am
Montag auch ein rasches Austropfen über Westeuropa südwärts vollzieht. Dennoch
kommt es nicht zum nachhaltigen Brückenaufbau, findet das erneute Abtropfen des
nördlichen KWT über Südnorwegen südwärts statt. Das verdeutlicht, auf welch
tönernen Füßen die vermeintliche Wetterberuhigung aus Norden ab Wochenmitte
steht!
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Ähnliches Bild in den Rauchfahnen wie gestern. Die Spreizung beginnend am
Dienstag vor allem zum Mittwoch hin ist enorm, neben der Temperaturkurve nun
auch das Geopotential betreffend. Erneut am Beispiel Hamburg festgemacht,
differieren die Lösungen in der Schar zwischen T850 von +8 bis -6 Grad für den
nächsten Mittwoch. Beim Geopotential reicht die Spanne von 570 bis 530 gpdm.
Kalte/tiefe Lösungen finden dabei durchaus noch 10-30% Zustimmungen und sind
keinesfalls Außenseiter. Auffällig: Vor allem im Süden Deutschlands sind HL und
CL am wärmeren Rand des EPS, sonst gut eingebettet.

CLUSTER:
Für den Zeitraum +120-168h (Mi-Fr) steht es "Spitz auf Knopf". 2 Cluster, beide
mit gleicher Anzahl an Membern und im Blocking-Regime. Cluster 1, mit dem
deterministischen Lauf im Gepäck, aber mit starker Betonung des antizyklonalen
Einflusses von den Britischen Inseln und einer Wetterberuhigung von Norden bei
uns.

Cluster 2, eher zyklonal am Rande eines umfangreichen Tiefs über Polen geprägt.

In der Folge geht der Kampf zwischen High-over-Low, was sich zu einer
Hochdruckbrücke bis nach Mitteleuropa auswachsen könnte (HB) und der
Großwetterlage Trog Mitteleuropa (TrM) in satten 6 Clustern weiter. Ausgang
absolut offen.
Eines aber eint alle Szenarien: Vor allem im westlichen und zentralen
Mittelmeerraum bleibt es weiter turbulent. So können auch die
trockenheitsgeplagten Regionen im Süden Portugals und Spaniens auf den
langersehnten Regen hoffen.

FAZIT:
Zum Wochenwechsel auch im Nordosten und Osten schauerartige Regenfälle. Sonst
ohnehin weiter wechselhaft. Mitte nächster Woche steigende Chancen auf Sonne und
niederschlagsfreie Tage - vor allem von den Küsten bis in die mittleren
Landesteile. Dann in den Frühstunden aber lokaler Frost in Bodennähe nicht
ausgeschlossen. Insgesamt aber sehr unsichere Entwicklung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Formulierungen aus der gestrigen Übersicht sind so passend, dass sie heute
auch noch einmal Anwendung finden:

"Was eigentlich den gesamten Zeitraum über möglich ist,
sind GEWITTER. Keine sommerlich anmutenden Monumentalentwicklungen, trotzdem mit
der Gefahr von Starkregen aufgrund ihres wenig dynamischen bzw. beweglichen
Auftretens."

Erlaubt sei lediglich der Zusatz, dass die Wahrscheinlichkeit dafür zur
Wochenmitte abnimmt.

"Nicht zu vergessen, dass je nach Qualität der einfließenden Polarluft sowie den
Bewölkungsverhältnissen leichter NACHTFROST - und sei es "nur" in Bodennähe -
nicht von der Hand zu weisen ist."

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen