DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-05-2023 17:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 11.05.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Tagsüber einzelne Gewitter mit geringem Starkregenpotential und kleinkörnigem
Hagel oder Graupel.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zum einen im Einflussbereich eines
blockierenden und umfangreichen Hochdruckgebiets über Nordosteuropa, bei dem
trockene Luftmassen von Osten her nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg
geführt werden. Zum andern sorgt ein Langwellentrog, der sich vom Nordpolarmeer
über Westeuropa bis nach Südeuropa erstreckt für unbeständiges und teils
regnerisches Wetter in der West- und Südhälfte von Deutschland. Der Trog tropft
über Westeuropa ab, bei dem ein großer Höhentiefkomplex mit mehreren Drehzentren
entsteht. In ihm hält sich verbreitet eine feucht-labile und potentiell
instabile Luft mit PPWs zwischen 15 und 25 mm. Entlang einer Frontalzone in
einer Tiefdruckrinne, die die trockene Festlandluft im Nordosten von der maritim
geprägten Luft im Süden und Westen trennt, kommt es zu anhaltenden, aber meist
leichten bis mäßigen Regenfälen. Dieser entsteht durch Hebungsprozesse in denen
zum einen Luftmassen nördlich der Alpen aus Osten auf feuchte Luftmassen aus
Süden treffen und aufgleiten (Gegenstromlage). Entlang dieser Tiefdruckrinne ist
es meist stark bewölkt, an der Ost- aber auch an dessen Westflanke wurde Cape
generiert, so dass sich einzelne teils starke Gewitter oder Schauer mit
Starkregen und kleinkörnigem Hagel gebildet haben.

Am Abend und in der Nacht verschiebt das Höhentief über Westeuropa seinen
Schwerpunkt nach Südfrankreich. Dabei dehnt sich das blockierende Hoch etwas
nach Südwesten her in Richtung Nordsee aus. Dadurch dreht die Höhenströmung bei
uns weiter nach Ost und auch bodennah erfasst der ebenfalls auf Ost drehende
Wind immer mehr Areale.

Die Tiefdruckrinne wird von dem zunehmenden Druck im Norden weiter nach Süden
abgedrängt. Im Norden bildet sich eine geschlossene Hochdruckzone, die in einem
Bogen vom Atlantik über Skandinavien bis zum Schwarzen Meer reicht.
Die Niederschläge der Frontalzone erreichen nun langsam auch die Eifel, wobei
die Intensität langsam nachlässt, da die Gegenstromlage zum Erliegen kommt. Auch
die Schauer- und Gewittertätigkeit lasst mit sinkendem Sonnenstand rasch nach.

Freitag ... verlagert sich das Höhentief nach Südeuropa, wobei sich der
umfangreiche Komplex nun von Spanien über Südfrankreich und Süddeutschland über
Italien bis nach Kroatien erstreckt. Gleichzeitig festigt die Hochdruckbrücke
sich vom Atlantik über die britischen Inseln bis zum Baltikum.

Mit östlichem und zeitweise böigem Wind, wird trockene und mäßig warme
Festlandsluft in die Nordhälfte advehiert. Bei 4 bis 6°C in 850 hPa liegen die
Höchstwerte je nach Bewölkung oft zwischen 19 und 23°C, bei Seewind darunter.
In der Südhälfte von Deutschland bleibt die feuchte und potentiell instabile
Grundschicht erhalten. Im Tagesgang können sich dort erneut Quellwolken und auch
der eine oder andere gewittrige Schauer bilden. Bei PPWs zwischen 15 und 20 mm
ist auch Starkregen und kleinkörniger Hagel nicht gänzlich ausgeschlossen.
Das meiste CAPE wird aber in Nordwestdeutschland angeboten, was vor allem dem
anfänglich noch hohen Feuchtegehalt in der Grenzschicht geschuldet ist. Im Laufe
des Tages kann sich aber auch dort die trockene Luft aus Osten durchsetzen.

Die Spanne der Höchsttemperatur reicht etwas von 14 bis 23°C. Wobei im Norden
bei teils wolkenlosem Himmel die höchsten Temperaturen zu erwarten sind.

In der Nacht zum Samstag ändert sich an der Konstellation wenig bis nichts. Die
Schauer- und Gewittertätigkeit lässt auch im Süden nach. Stellenweise bildet
sich Nebel.

Samstag ... bleibt die "high over low" Situation bestehen. Das Höhentief über
Südeuropa füllt sich ein wenig auf, gleichzeitig ändert sich die anfängliche
fast zonale Orientierung des Höhentiefkomplexes. Die Achse kippt in Richtung
Nordwestafrika, so dass an dessen Ostflanke heiße und über dem Mittelmeer
angefeuchtete Meeresluft gen Norden strömen. Über Deutschland ändert sich aber
anfangs noch nichts.
Mit der östlichen Strömung an der Südflanke der Hochdruckbrücke fließt weiterhin
mäßig warme Luft ein, die im Norden am Rande des Hochs eher kontinental trocken
geprägt ist, in der Südhälfte aber feuchter und leicht potentiell instabil
daherkommt. So kommt es vor allem in den Nachmittagsstunden und südlich der
Mittelgebirgsschwelle zu örtlichen Schauern und Gewittern. Bei schwacher
Scherung bleibt der Organisationsgrad gering und es bilden sich Einzelzellen.
Fraglich sind aber die Einstrahlungsverhältnisse, die den Gewittern einen Strich
durch die Rechnung machen können. Vor allem nach Süden hin ist wahrscheinlich
viel Bewölkung am Start, die tagsüber die Bereitschaft zur Konvektion
unterdrückt.

Punktuell kann es gleichwohl markante Entwicklungen mit Starkregen (PPW's um die
20 mm) und kleinkörnigem Hagel/Hagelansammlungen (wenige 100 J/kg ML CAPE)
geben. Da der Ostwind auflebt, wäre auch mal eine stürmische Böe nicht
ausgeschlossen. Über der Nordhälfte scheint die Sonne, wenngleich zeitweise auch
mal harmlose Wolkenfelder durchziehen.


Sonntag ... nähert sich von dem europäischen Nordmeer ein neuer Langwellentrog,
der im weiteren Verlauf die Hochdruckbrücke über Nordeuropa unterbricht und mit
dem Höhentiefkomplex über Südwesteuropa interagiert. Dieser gelangt auf die
Vorderseite des neuen Troges und kann gleichermaßen wieder Raum nach Norden
gutmachen. Auf dessen Ostflanke werden die sehr warmen und feuchten Luftmassen
in Richtungen Adria, später auch nach Österreich und Deutschland advehiert.
Über Deutschland nimmt daher von Südosten her die Bewölkung zu und es könnten
erste evtl. auch kräftige Regenfälle aufziehen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Gro simulieren alle betrachteten Modelle einen ähnlichen Ablauf. Jedoch gibt
es geringe Unterschiede wie schnell sich das Höhentief nach Südeuropa verlagert.
Weiterhin ist die Situation ab Sonntag recht unsicher, da es noch größere
Unsicherheiten gibt wie umfänglich das Höhentief wieder auf Mitteleuropa bzw.
auch auf Deutschland übergreift.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christina Speicher