DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-05-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 11.05.2023 um 10.30 UTC



Unbeständig und nicht besonders warm. Anfang der Woche Vb-artige Entwicklung,
aber noch mit Detailunsicherheiten.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 18.05.2023


Donnerstag, 11. Mai 2023, Gott zum Gruße Mamertus, dem Eisheiligen #1 (die
Gregorianische Kalenderreform lassen wir an dieser Stelle mal unter den Tisch
fallen). 11. Mai heißt aber auch: Nur noch 20 Tage bis zum Sommer! Ja, ja, am 1.
Juni beginnt meteorologisch betrachtet die wärmste Jahreszeit, doch was bedeutet
das schon. Aktuell jedenfalls befinden wir uns noch mitten im Frühjahr und das
konnte bisher in puncto Wärme nicht so wirklich überzeugen. Dafür wurde
reichlich Regen abgeladen, im Grunde gut für Mensch und Natur, in manchen Fällen
und Regionen allerdings etwas zu viel auf einmal. Auch aktuell regnet es in
weiten Landesteilen, insbesondere im Süden. Stellt sich die Frage, ob sich
mittelfristig daran was ändert und ob sich thermisch vielleicht ein
geschmeidiger Übergang in den bevorstehenden Sommer bewerkstelligen lässt? -
Klare Antwort vorab: Nein! Zumindest zunächst nicht. Trotzdem weiterlesen.

Steigen wir ein am kommenden Sonntag, dem Start in die offizielle
Mittelfristperiode. Was wir sehen ist eine gestörte, stark meridional
ausgeprägte Strömungskonfiguration ohne nennenswerte Gradienten. Das sind
relativ unschöne Lagen, weil die Strukturen mitunter nicht klar ausgeprägt und
somit schwer greifbar sind. Außerdem bereiten derartige Großwetterlagen in der
Regel nicht nur Meteorologen, sondern auch Modell und Maschine, die es eher
zonaler lieben, erhebliches Kopfzerbrechen. Bei den numerischen Prognosen wird
das u.a. an mäßiger bis schlechter Konsistenz, aber auch Modellunterschieden
untereinander sichtbar. Doch zurück zum Sonntag, an dem Deutschland unter einem
mehrteiligen Höhentrog liegt, der sich von Grönland über weite Teile
Mitteleuropas bis hinunter nach NW-Afrika erstreckt. Eingelagert ist ein
elliptisches Höhentief, das von Nord nach Süd den Alpenhauptkamm überdeckt,
bevor es sich zum Montag hin aufsplittet. Der nach Osten wandernde Part
initiiert über dem östlichen Alpenraum ein flaches Tief, das am Montag auf
Vb-Zugbahn via Tschechien/Slowakei gen Polen zieht. Wohlbemerkt Ostpolen, was
für den Impact bei uns nicht ganz unwichtig ist. Denn aufgrund der relativ
östlich verlaufenden Spur verbleiben auch die zugehörigen Aufgleitprozesse inkl.
des skaligen Regens östlich von uns. Allerdings sollte uns das nicht zu der
fehlerhaften Annahme verleiten, dass dadurch unser Wetter "freundlich" ausfällt.
Im Gegenteil, sowohl am Sonntag als auch am Montag kommt es statt zu skaligen zu
konvektiv geprägten Regenfällen einschließlich dem einen oder anderen Gewitter.
Wo es wann am meisten schüttet, blitzt und donnert und wo wie lange sich die
Sonne die Ehre gibt, ist noch ziemlich offen. Nur so viel, die Chancen auf
sonnige Abschnitte stehen im Norden und das am Sonntag am besten.

Im weiteren Verlauf der Woche bleibt das Wetter zyklonal geprägt. Grund ist eine
schon am Montag eingeleitete Abtropfung über der westlichen Nordsee bzw. UK. Das
resultierende kleine Höhentief steuert die Deutsche Bucht respektive die
Kimbrische Halbinsel an, wo es sich für mindestens 2 Tage einnistet. Dort
korrespondiert das Höhentief mit einem flachen Bodentief, welches gemeinsam mit
einem Hoch über dem nahen Atlantik die Boshaftigkeit besitzt, uns mit einer
Portion kühler Meeresluft aus polaren Breiten zu versorgen (T850 am Mittwoch 0
bis -3°C). Verspätete Eisheilige, wenn man so will, obwohl - und da sind wir
wieder bei der Gregorianischen Kalenderreform - die Gestrengen Herren im Grunde
sogar eine Punktlandung hinlegen. Ob es tatsächlich Nachtfröste gibt, hängt in
starkem Maße von der Bewölkung ab, aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht gerade
gering. Ansonsten steht wechselhaftes Wetter mit Tagestemperaturen unter 20°C
auf der Karte, nun ja.

Von Mittwoch zu Donnerstag könnte es dann den nächsten Vb-Anlauf geben, wenn
sich nämlich vom nordwestlichen Balkan ein weiteres Tief auf den Weg nach Polen
macht. Es soll im Gegensatz zum Vorgängerexemplar vom Montag Teilen Süd- und
Ostdeutschlands skaligen Regen bringen, während weiter westlich ein Keil des
Atlantikhochs für eine gewisse Dämpfung konvektiver Umlagerungen sorgt. Warten
wir´s ab.

Noch ein kurzer Blick in die erweiterte Mittelfrist bis Sonntag: Kühle und
wechselhafte Trograndlage.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz von IFS (ECMF) ist derzeit nicht besonders gut. Nicht dass der
Großwetterlagentypus von Lauf zu Lauf völlig anders aussieht, aber im Detail
gibt es schon Differenzen. So simuliert der neueste Lauf von 00 UTC das für
Anfang nächster Woche versprochene, von Süden kommende Tief auf einer
östlicheren Zugbahn als bisher. Die Konsequenz wäre weniger oder sogar überhaupt
kein Dauerregen, gleichwohl aber eine unbeständige und im Wochenverlauf sehr
wahrscheinlich sogar recht kühle Witterung (bei Aufklaren mit Nachtfrost). Wo
genau dabei die Niederschlagsschwerpunkte liegen werden, ist derzeit noch völlig
offen.
Zum Ende der Mittelfrist setzt das neue "Vb-Tief" weiter westlich an als gestern
noch simuliert.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Das Tief zu Beginn der neuen Woche haben eigentlich alle für gewöhnlich auf dem
Prüfstand stehenden Globalmodelle. Lediglich das kanadische GEM will nicht so
richtig, aber das muss ja auch nicht hier, sondern in Kanada vernünftig
performen. Ansonsten halten ICON und GFS die "Westvariante" mit skaligem und
teils kräftigem Regen im Süden und Osten aufrecht, während UK10 eher dem IFS
folgt. Von daher ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und es ist zu
befürchten, dass wir in den nächsten Läufen weitere Schwankungen ertragen
müssen.
Nach Abzug des Tiefs wird übrigens auch bei ICON und GFS Kaltluft angezapft,
während UK10 auf eine flotte Nordostströmung setzt (starke Tiefentwicklung über
Südeuropa).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Bis einschließlich Montag zeigen die IFS-EPS-Rauchfahnen einen recht
enggebündelten Verlauf. Danach nimmt die Spreizung zu, beim Potenzial weniger
als bei der Temperatur. Interessant dabei der Temperaturverlauf im Osten, wo der
vom Hauptlauf apostrophierte Rückgang nur wenige Unterstützer findet. Nicht
darunter übrigens der Kontrolllauf, der stattdessen am Mittwoch einen Peak nach
oben anzeigt. Regen wird in der kommenden Woche tagtäglich angeboten, im Norden
und Westen aber tendenziell weniger als im Süden und Osten.

CLUSTER:
Schon im ersten Zeitfenster von Sonntag zu Montag (T+72...96h) gehen die
Unsicherheiten los. Sechs Cluster sind im Angebot, die alle das "Vb-Tief" auf
dem Zettel haben. Allerdings sind Ausprägung und Position des Tiefs leicht
variabel, ohne dass man einen Trend herauslesen kann. Von daher muss die heutige
Ostverschiebung des Hauptlaufs (Cluster 2 mit 12 Fällen) mitnichten das Maß der
Dinge sein.
Von Dienstag bis Donnerstag (T+120...168h) verringert sich die Anzahl der Cluster
auf drei. Sie alle laufen auf das Klimaregime "Blockierung" hinaus und zeigen -
jeweils etwas anders konfiguriert - einen Höhentrog über Mitteleuropa.
Ab Freitag (T+192...240h) erhöht sich die Zahl der Cluster auf fünf, wobei alle
eine Blockierung anzeigen. Für Deutschland gilt entweder "High-over-Low" oder
Troglage.

FAZIT:
Die Ensembles signalisieren ebenso wie die Hauptläufe der verschiedenen
Globalmodelle einen unbeständigen Witterungsabschnitt auf limitiertem
thermischen Niveau - so weit, so gut. Hinsichtlich des "Vb-Tiefs" zu
Wochenbeginn sind die Messen noch nicht gelesen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Obwohl die Zugbahn des Tiefs am Montag noch unsicher ist, lässt sich insgesamt
eine Abnahme der Wahrscheinlichkeit für DAUERREGEN in Teilen Süd-, Ost- und
Mitteldeutschlands konstatieren. Gerade in den statistischen Tools sind die
Signale relativ schwach. Was eigentlich den gesamten Zeitraum über möglich ist,
sind GEWITTER. Keine sommerlich anmutenden Monumentalentwicklungen, trotzdem mit
der Gefahr von Starkregen aufgrund ihres wenig dynamischen bzw. beweglichen
Auftretens.

Nicht zu vergessen, dass je nach Qualität der einfließenden Polarluft sowie den
Bewölkungsverhältnissen leichter NACHTFROST - und sei es "nur" in Bodennähe -
nicht von der Hand zu weisen ist.


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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit MOS-EZ und IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann