DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-05-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 07.05.2023 um 10.30 UTC



Unbeständig mit häufigen Schauern und einzelnen Gewittern. Zeit- und
gebietsweise auch Sonne. Durchschnittliches Temperaturniveau.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 14.05.2023


Am Mittwoch, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, liegt nach dem IFS ein
Höhenrücken im Bereich des östlichen Mitteleuropas und im Ostseeraum. Weiterhin
ist der Atlantik von hohem Geopotential geprägt. Langwellentröge flankieren den
östlichen Höhenrücken im Bereich West- und Osteuropas, so dass sich dort eine
Omegalage eingestellt hat. Deutschland liegt am westlichen "Fuß" dieses Omegas
auf der Vorderseite des westlichen Troges in einer Region, in der reichlich
Hebung produziert wird. Bodennah finden sich kräftige Hochs nordöstlich der
Azoren und im Bereich von Belarus, die durch eine meridionale Tiefdruckrinne
getrennt werden, welche genau über Deutschland verläuft. Die bei uns
wetterbestimmende Luftmasse ist atlantischen Ursprungs, dementsprechend sehr
feucht, und kühlt am Mittwoch im Zuge des Durchzugs einer Kaltfront auf etwa 3
bis 4°C in 850 hPa ab. Diese Kaltfront bringt der Mitte und dem Osten
ordentliche Regensummen, teils mit Gewittern durchsetzt, während sich im
Tagesverlauf im Westen Schauerwetter mit auch etwas Sonnenanteilen durchsetzt.
In der Nacht zum Donnerstag regnet es vor allem noch an den Alpen.

Am Donnerstag ändert sich die Konstellation nur wenig. Der westliche
Langwellentrog weitet sich nach Süden aus, womit sich auch die stärksten
Hebungsprozessen dorthin verlagern. Dies hat wiederum zur Folge, dass in der
meridionalen Tiefdruckrinne zunehmend ein Tief über Italien die Dominanz
übernimmt. An seiner Nordflanke setzen dabei Aufgleitprozesse ein, die dafür
sorgen, dass sich der Regen von den Alpen her wieder auf den Südosten und Osten
Deutschland ausdehnt, wenngleich nicht mit allzu großer Stärke. Im Westen gibt
es tagsüber bei wechselnder Bewölkung Schauer. In der Nacht zum Freitag weiten
sich dann die Regenfälle im Süden westwärts aus.

Am Freitag tropft das Höhentief im Bereich Korsika/Sardinien ab, während
gleichzeitig ein aus dem östlichen Rücken entstehendes Höhenhoch Tuchfühlung mit
dem atlantischen Rücken aufnimmt, so dass über dem Norden Deutschlands eine
Geopotentialbrücke entsteht. Auch bodennah wird die Tiefdruckrinne zerstört,
stattdessen bildet sich eine Hochdruckbrücke zwischen dem Hoch nordöstlich der
Azoren und dem belarussischen Hoch, wobei diese Brücke über der Nordsee verläuft
und damit in ganz Deutschland östliche Winde auftreten. Die Regenfälle weiten
sich auf einer Linie vom Südwesten bis in den Nordosten aus und sind teils
schauerartig. Das Temperaturniveau nimmt wieder geringfügig zu.

Am Samstag ändert sich das Geopotentialmuster weiter: Weil das östliche
Höhenhoch immer schwächer wird, wandelt sich dieses zunehmend in einen Keil des
westlichen Höhenhochs um, der mit seiner Achse über dem Norden Deutschlands
verläuft. Gleichzeigt verbindet sich das mittlerweile über dem Tyrrhenischen
Meer befindliche Höhentief mit einem weiteren über der Ukraine (das vom ehemals
östlichen Trog abgetropft ist) zu einer Geopotentialrinne, die sich vom Osten in
den Süden Europas erstreckt. Über Deutschland ist aber eher der
Hochdruckeinfluss wirksam, auch bodennah, wo sich der westliche Hochkern auf
über 1035 hPa aufbläht, reicht der Hochkeil über Norddeutschland hinweg
weiterhin nach Belarus. Die ehemalige Aufgleitzone vom Südwesten bis in den
Nordosten bleibt aber als Feuchteschliere bestehen und dort lebt im Tagesverlauf
die Schauertätigkeit auf. Auch an den Alpen soll es viele Schauer geben. Abseits
davon dürfte es dagegen sonniger werden.

Am Sonntag stößt von Norden ein kräftiger Trog zu den Britischen Inseln vor und
macht dem Potentialkeil über uns den Garaus. Auch die bodennahe Hochdruckbrücke
wird gekappt. Ein Bodentief zieht zur Nordsee und dessen Frontensystem greift am
Nachmittag auf den Westen über, kommt aber nur langsam voran. Auf seiner
Vorderseite leben die Schauer in der alten Feuchteschliere noch einmal auf. In
der Südosthälfte gibt es dagegen einen recht freundlichen Tag.

Im weiteren Verlauf stößt der Trog gegen Mitteleuropa vor und vereinigt sich
dann mit der südosteuropäischen Geopotentialrinne zu einem paneuropäischen
Höhentiefkomplex mit vielen kleinen Kernen. Zudem kommt von Nordwesten zunehmend
kühle Meeresluft (unter 0°C in 850 hPa) ins Land. Dabei kommt es zu wiederholten
Regenfällen, allerdings verschiebt sich der Schwerpunkt der
Niederschlagstätigkeit zunehmend in den Osten des Landes. Doch auch für den
Westen hält sich die Freude in Grenzen, sollte dort der Wind einschlafen, muss
dort womöglich nach den Eisheiligen noch das Thema Frost auf die Agenda gesetzt
werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen Laufes mit seinen beiden Vorgängerläufen ist
durchaus gut. Die oben getätigten Beschreibungen lassen sich durchaus auch in
den Vorgängerläufen wiederfinden, insbesondere der 12-UTC-Lauf ähnelt dem
heutigen 00-UTC-Lauf sehr stark. Der gestrige 00-UTC-Lauf wich insofern von der
obigen Beschreibung ab, dass die gesamten Potentialmuster etwas nach Nordwesten
versetzt auftraten und wir noch eher unter dem Einfluss des tiefen Geopotentials
im Südosten standen als unter Einfluss des Potentialkeils nordwestlich von uns.
Auch der neue Trog stieß beim gestrigen Lauf etwas weiter westlich nach Süden
voran, was uns im Nachgang wenigstens die Kaltluft erspart hätte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


IFS, ICON, GFS und UK10 sind bis zum Ende des (jeweiligen) Vorhersagezeitraums
in recht guter Übereinstimmung, die prognostizierte Entwicklung ist sehr
ähnlich. Lediglich bei GFS tropft aus dem östlichen Langwellentrog ein
Kaltlufttropfen ab, der sich am Südrand des hohen Geopotentials später nach
Westen verlagert und am Samstag über unserem Land liegt. So sehen zwar die
Bodendruckfelder ähnlich aus, aber bei uns muss doch eher mit Tiefdruckeinfluss
und verstärkter Labilität gerechnet werden, was bei GFS in stärkerer
Schauertätigkeit resultiert. Zum Sonntag hin übernimmt dann aber auch beim GFS
der neue Trog von Nordwesten her die Regie und der alte Kaltlufttropfen spielt
keine Rolle mehr.

Ein etwas anderes Bild zeigen die Kanadier: Deren Prognose stimmt bis Samstag
gut mit jener der europäischen Modelle überein. Zum Sonntag ist es aber dann mit
der Einigkeit vorbei, denn den neuen Trog gibt es bei den Kanadiern schlicht
nicht, bzw. er läuft als Kurzwellentrog rasch nach Nordosten. Dementsprechend
hält sich beim GEM die Lage vom Samstag bis weit in die neue Woche hinein.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-Ensemble verteilt sich im Zeitraum von Freitag bis Sonntag auf vier
Cluster, die sich aber alle sehr stark ähneln. Der größte Unterschied ist am
kommenden Sonntag bei der Stärke der Geopotentialbrücke nordwestlich unseres
Landes auszumachen. Dabei gibt es mittlere Varianten (Cluster 1 und 2 mit
insgesamt 35 Mitgliedern, dem Haupt- und Kontrolllauf), bei denen der von
Nordwesten kommende Trog die Brücke langsam angreift. Bei C3 (9 Mitglieder) ist
die Brücke schwächer, das Potential bei uns insgesamt der geringer und der Trog
von Nordwesten am Sonntag schneller. Bei C4 (7 Mitglieder) ist dagegen die
Brücke stärker und vor allem der Ostteil mit höherem Potential versehen, so dass
der heranziehende Trog Schwierigkeiten hat. Im weiteren Verlauf (Montag bis
Mittwoch) gibt es ebenfalls wieder vier Cluster. Diese tendieren allen zu Recht
niedrigem Geopotential in unserem Raum oder zumindest zu einem Minimum zwischen
zwei Maxima. Lediglich bei C3 (12 Mitglieder) gibt es noch eine schwache Brücke
bei uns. Alles in allem sieht es nach Fortdauer der niederschlagsreichen
Witterung aus, dabei dürfte es nicht allzu warm werden.

Die Rauchfahnen für verschiedene Städte Deutschlands zeigen von Mittwoch bis
Sonntag ein recht konstantes Temperaturniveau in 850 hPa (grob um 5°C) und ein
Geopotentialmaximum am Samstag. Niederschlagssignale gibt es quasi ständig, auch
wenn die Summen teils nicht sehr hoch sind.
Zu Beginn der neuen Woche sinkt das Geopotential tendenziell wieder ab,
allerdings bei zunehmender Streuung. Die Niederschlagssignale bleiben hoch. Bei
den Temperaturen nimmt die Streuung, die zuvor sehr gering war, stark zu. Dabei
geht die Tendenz bei der Mehrheit der Läufe nur leicht nach unten. Der Hauptlauf
befindet sich deutlich im unteren Bereich des Ensembles, noch tiefer geht es
beim Kontrolllauf zurück. Insofern ist zwar ein leichter Temperaturrückgang
Mitte Mai durchaus wahrscheinlich, was ja auch mit dem tieferen Geopotential
korrespondiert. Der Absturz wie beim Hauptlauf und eventuell sogar Frostgefahr
ist aber eher unwahrscheinlich.

Auch die GFS-Rauchfahnen zeigen einen sehr ähnlichen Verlauf. Hier ist
allerdings ein leichter Temperaturanstieg zum Wochenende zu verzeichnen.
Interessanterweise ist es beim GFS der Hauptlauf, der den stärksten
Temperatursturz zum Ende hin zeigt und sich im Bereich der tiefsten
Ensemblemitglieder befindet. Auch bei GFS ist reichlich Bewässerung von oben
angesagt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt in der kommenden Woche bezüglich des Niederschlags teils schwache
Signale.

Regen:
Auch wenn es keine klassische Dauerregenlage ist, dürften schauerartige
Regenfälle an den Alpen gebietsweise Warnschwellen überschreiten. So sind in der
Nacht zum Mittwoch nach Cosmo-LEPS mehr als 25 l/qm in 12 Stunden sehr
wahrscheinlich. Da es auch an den Folgetagen immer wieder regnet, werden auch
über 48 Stunden (Dienstagabend bis Donnerstagabend) die Warnschwellen
voraussichtlich überschritten. Mehr als 40 l/qm sollen in diesem Zeitraum sehr
wahrscheinlich fallen. Für mehr als 60 l/qm sind zumindest leichte Signale bei
Cosmo-LEPS zu finden. Aufgrund des oftmals schauerartigen Charakters der
Regenfälle kommt eine Dauerregenwarnung wohl nicht in Frage, zudem dürften die
Auswirkungen außer leicht ansteigender Flusspegel keine Rolle spielen.
Allerdings könnten zeitweise Starkregenwarnungen ein Thema werden.

Gewitter:
An praktisch allen Tagen muss regional mit Gewittern gerechnet werden. Da die
Lagen aber durchwegs schwachdynamisch sind, sind allzu starke Entwicklungen aber
unwahrscheinlich, zudem werden aktuell kaum CAPE-Werte über 500 J/kg simuliert.
Somit sind unwetterartige Entwicklungen unwahrscheinlich. Allerdings sollten
lokaler Starkregen (niedrige Zuggeschwindigkeiten), kleinkörniger Hagel und 7er
bis 9er Böen in stärkeren Entwicklungen ins Kalkül gezogen werden, so dass es
zumindest für Ocker-Warnungen reichen dürfte.

Frost:
Auch wenn es noch weit hin ist: Zur Mitte der kommenden Woche ist nochmaliger
Nachtfrost zumindest in weniger temperaturbegünstigten Lagen nicht
ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann