DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-05-2023 07:01
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 07.05.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF z

Heute im Westen und Südwesten sowie in Alpennähe Gewitter; Unwettergefahr durch
heftigen Starkregen, extreme Regenmengen nicht ausgeschlossen, im Süden
zusätzlich durch größeren Hagel. Nachts Gewitter am Alpenrand und im Schwarzwald
in teils mehrstündigen Starkregen übergehend, ansonsten Wetterberuhigung.
Am Montag im äußersten Südwesten und am Alpenrand erneut Gewitter; Unwetter nur
noch mit geringer Wahrscheinlichkeit. Am Dienstag dann nur noch am östlichen
Alpenrand geringe Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland unter einem Höhenrücken, der sich über die Alpen
und Norwegen hinweg ins Nordmeer aufwölbt. Stromaufwärts, etwa über den
Britischen Inseln, spaltet sich die Frontalzone in zwei Äste aus. Der nördliche
davon ist in das Seegebiet östlich von Island gerichtet, der südliche Ast, der
für unser Wettergeschehen interessant ist, mäandriert kräftig und reicht bis ins
östliche Mittelmeer. In diesem Ast ist ein Kurzwellentrog eingelagert, der auf
Mittelfrankreich übergreift und dabei nach Süden austropft.
In den unteren Troposphärenschichten eilt dieser Trog voraus und erfasst zur
tagesgangsbedingt aktivsten Zeit die Benelux-Staaten, die Vogesen und die
Westalpen, wodurch vorderseitige Hebung bereits im Westen und Südwesten
Deutschlands einsetzt. In diese Gebiete ist zuvor feuchtlabile Luft aus dem
westlichen Mittelmeerraum gelangt. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser
erreicht 25 bis 30 mm, CAPE (MU, KK) 500 bis 1000, im Südwesten bis ca. 1200
J/kg. Hebung + Feuchte + Labilität sind die Zutaten für eine ausgewachsene
Gewitterlage, die sich ab den Mittagsstunden im Westen und Südwesten sowie in
Alpennähe einstellt. Daher besteht bei diesen Gewittern erhöhte Unwettergefahr
durch heftigen Starkregen; extreme Niederschlagssummen über 40 mm innerhalb
weniger als einer Stunde sind nicht auszuschließen. Auch größere
Hagelansammlungen, ganz im Südwesten und in Richtung Alpen ist auch größerer
Hagel vorstellbar. Da jedoch kaum Scherung vorhanden ist, ist der
Organisationsgrad dieser Gewitter gering. Meist handelt es sich um Multizellen,
die sich lokal eng begrenzt wiederholt in Szene setzen und sich aufgrund der
schwachen Strömung kaum verlagern. Dies ergibt die hohe Wahrscheinlichkeit für
unwetterartige Starkregenfälle. Größerer Hagel wie auch Sturmböen sollten daher
in den Hintergrund treten.
Östlich einer Linie Kufstein - Odenwald - Westerwald - Rothaargebirge bleibt
hochreichende Konvektion aus. Dort hält sich der Einfluss eines kräftigen
Bodenhochs mit Schwerpunkt über den Baltischen Staaten, das durch den o.g.
Rücken gestützt wird. Aus diesem Hoch fließt mit einer östlichen bodennahen
Strömung antizyklonal stabile und trockene Luft aus. Wenngleich der Gradient in
diesen Gebieten relativ kräftig ist, so reicht es allenfalls an einigen
exponierten Küstenabschnitten für warnrelevante Böen. Dabei hält der
auffrischende Ostwind die Temperatur bei 15 bis 19, an Küstenabschnitten mit
Seewind bei 10 bis 14 Grad. Im Westen und Süden werden 20 bis 24 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag vollendet sich der Austropfprozess des sich nähernden
Kurzwellentroges. Dessen Residuum greift auf den Westen Deutschlands über,
wodurch der Süden Deutschlands größtenteils noch vorderseitig verbleibt. Zwar
wird dieser Resttrog weitgehend zugeschüttet, aber etwas Hebung wird noch
generiert, so dass die Gewittertätigkeit im Süden nicht so rasch zur Ruhe kommen
dürfte. Am Alpenrand zeichnet sich dann ein Übergang in mehrstündigen und ab
Mitternacht dann eher ungewittrigen Starkregen ab. Erst in den Frühstunden
erfolgt eine weitgehende Wetterberuhigung. Dort, wo es zuvor viel geregnet
hatte, können sich flache Nebelfelder bilden.
Für den Norden und Osten Deutschlands ergibt sich keine Änderung. Absinken lässt
dort den Himmel aufklaren. Eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes wird
nur durch den dort noch vorhandenen Gradienten verhindert.

Montag... schwenkt der verbleibende Resttrog über den östlichen
Mittelgebirgsraum hinweg südostwärts. Dieser ist nur noch in höheren
Troposphärenschichten zu finden, von 500 hPa aus abwärts lässt sich dieses
Residuum kaum noch ausmachen. Demzufolge zeichnet sich allenfalls am östlichen
Alpenrand ein wenig Hebung ab, was wohl eher der Orografie zuzuschreiben ist als
der Dynamik. Nach wie vor hält sich über dem Westen und Südwesten feuchte Luft,
wobei sich durch Entrainmentprozesse der Flüssigwassergehalt auf 20 bis 25 mm
verringert hat. Demzufolge werden auch nur noch wenige hundert J/kg CAPE
generiert; von Scherung ganz zu schweigen. So muss die Orografie für die
Auslösung hochreichender Konvektion herhalten. Die Auslösetemperatur, die
zwischen 18 und 22 Grad liegt, ist durchaus erreichbar. Einzelne Gewitter können
sich daher über den Mittelgebirgen westlich des Rheins, den südwestdeutschen
Mittelgebirgen sowie an und in den Alpen entwickeln. Meist dürfte es sich um
Einzelzellen handeln, bei denen Starkregengefahr besteht. Da die Lage
keinesfalls mit der heutigen Situation vergleichbar ist, sollten Unwetter nur
noch mit geringer Wahrscheinlichkeit und dann in Alpennähe auftreten. Fraglich
ist ohnehin, ob aufgrund relativ kompakter Bewölkung und der daher fehlenden
Einstrahlung gewitterträchtige Konvektion ausgelöst werden kann.
Für die anderen Gebiete gilt Erhaltungsneigung. Hinsichtlich der Temperaturen
ergibt sich ein relativ ausgeglichenes Bild. Während im Norden und Osten ein
leichter Temperaturanstieg auf 16 bis 21 Grad erfolgt, wird es im Westen und
Süden aufgrund der fehlenden Einstrahlung nicht wesentlich wärmer.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Rücken mit seinem nördlichen Teil nach
Osten, so dass sich über Deutschland eine südwestliche Strömung einstellt. Ein
darin eingelagerter Kurzwellentrog streift den Nordwesten Deutschlands, wodurch
dort und auch im westlichen Bergland skalige Niederschläge aufkommen.
Trogvorderseitige Warmluftadvektion lässt dann auch im Südwesten mehrschichtige
Bewölkung aufziehen, ohne dass dort bereits Niederschlag fällt.
Im Nordosten und Osten dauert das Absinken im Randbereich des o.g. Hochs an,
wodurch in diesen Gebieten der Himmel aufklart und sich zum Teil niedrige
einstellige Temperaturminima einstellen.

Dienstag... greift ein weiterer Trog auf die Britischen Inseln über.
Vorderseitig steilt die südwestliche Strömung etwas auf. Ein kurzwelliger
Anteil, der in unteren Troposphärenschichten ausgeprägt ist, erreicht zur
tagesgangsbedingt aktivsten Zeit Ostfrankreich und die Benelux-Staaten.
Vorderseitige Hebung erfasst dann den Westen und Südwesten Deutschlands. Im
Grunde genommen ähnelt das Szenario der heutigen Lage. Mit dem Unterschied, dass
die Luftmasse anders beschaffen ist. Zwar ist der Flüssigwassergehalt mit den
heutigen Werten vergleichbar, aber die Kaltfront, die dem Trog vorgelagert ist,
läuft in eine stabile Schichtung herein. Bedingt durch die aufsteilende Strömung
gelangt diese Front zusehends ins Schleifen, wodurch 5 bis über 10, in
Schleswig-Holstein bis über 20 mm Niederschlag innerhalb von 12 Stunden zu
erwarten sind.
Einigermaßen labil ist die Schichtung nur noch am Alpenrand und nach Südosten
hin. Dort erfolgt jedoch kaum Hebung, auch ist die Luftmasse nicht so feucht wie
im Westen und Südwesten. Demzufolge ist die Wahrscheinlichkeit von Gewittern
selbst in diesen Gebieten gering. Gegenüber Montag ändern sich die Temperaturen
nur unwesentlich.

In der Nacht zum Mittwoch fällt die Konvektion am Alpenrand und im Südosten,
sollte sich welche entwickeln, alsbald in sich zusammen. Der Haupttrog greift
dann auf Ostfrankreich über, an dessen Vorderseite weitet sich eine flache
Tiefdruckrinne von Nordwesten her bis in die Mitte Deutschlands aus. In deren
Bereich sind kräftige Niederschläge zu erwarten, d.h. großflächig zeichnen sich
10 bis 20 mm und in Staulagen mit je nach Vorhersagemodell unterschiedlichen
Maxima durchaus auch höhere Regenmengen ab.
Ausgenommen von diesen Niederschlägen ist noch der Nordosten und der äußersten
Osten Deutschlands. In diesen Gebieten hält sich noch der Einfluss des dann mit
seinem Schwerpunkt über Weißrussland liegenden Bodenhochs, so dass allenfalls
der Aufzug hoher und mittelhoher Bewölkung eine Umstellung der Wetterlage
ankündigt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.
Bemerkenswert sind die Starkregensignale, die von COSMO-LEPS für die erste
Nachthälfte über dem Schwarzwald und östlich davon simuliert werden und Signale
bis weit in den Unwetterbereich hinein zeigen. Dies ist als Bestätigung für eine
Andauer der konvektiven Umlagerungen bis weit in die erste Nachthälfte der Nacht
zum Montag hinein zu sehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann