DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-05-2023 08:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.05.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von HNa zu HFz

Heute ruhiges Hochdruckwetter.
Am Freitag von Südwesten und Westen her Schauer und teils kräftige Gewitter,
Unwetter durch Starkregen nicht ausgeschlossen. Bis zum Abend eine Linie
Schleswig-Holstein-Bayern erreichend.
Am Samstag zwar etwas geringes Gewitterpotenzial, einzelne kräftige
Entwicklungen aber möglich.
An den Küsten am Freitag Böen Bft 7 bis 8, vereinzelt 9 aus Ost.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... erreicht ein von Nordwestafrika ausgehender Höhenrücken mit seiner
Achse bis zum Abend Süddeutschland und nach Norden hin hängt er ein wenig zurück
und langt über dem Westen Deutschlands und der westlichen Nordsee an.
Warmluftadvektion sorgt im Bodendruckfeld für leichten Druckfall im Südwesten,
wobei sich von Frankreich her eine Tiefdruckrinne Deutschlands nähert. Schon im
Vorfeld gelangt mit Winddrehung auf Südost wärmere Luft zu uns (T850 bis 12 Grad
ganz im Südwesten). Die WLA sorgt für ausgedehnte Cirren, durch die die Sonne
aber durchscheint.

Über dem skandinavischen Raum sorgt ein starker Kaltluftausbruch dagegen für
kräftigen Luftdruckanstieg, sodass sich dort ein umfangreiches Hoch etablieren
kann mit über 1030 hPa. An dessen Rand fließt in den Nordosten mit
ageostrophischer östlicher Strömung Kaltluft ein (T850 um 0 Grad). Dazu gesellen
sich im Nordosten einige flache Quellwolken (bis 850 hPa).
Der Gradient zwischen Rinne und Hoch verschärft sich im Tagesverlauf, an der
Küste sind an auflandigen, exponierten Abschnitten starker Böen aus Ost möglich,
tagsüber reicht es für Bft 7 noch nicht.

Abends greift die Rinne auf Belgien und Ostfrankreich über und davor feuchtere
und labilere Luft auf den äußersten Westen und Südwesten Deutschlands. Für
konvektive Umlagerungen reicht es nicht, da die Labilität stark gedeckelt
bleibt. Trotz des nicht ungetrübten Sonnenscheines steht am Rhein der erste
Sommertag an mit Höchsttemperaturen von gut 25°C. An der Ostsee ist es bei
gerade mal 10°C und böigem Ostwind dagegen alles andere als frühlingshaft.


In der Nacht zum Freitag schwenkt die Keilachse nach Norddeutschland und zu den
zentralen Mittelgebirgen. Über Benelux und dem äußersten Westen des Landes
stellt sich somit eine diffluente südwestliche Höhenströmung ein.
Das Bodenhoch über Skandinavien kann sich aufgrund des Kaltluftvorstoßes vor
allem über Schweden und der südlichen Ostsee weiter verstärken, während auf den
Westen und Südwesten die Tiefdruckrinne samt eingelagerten Frontensystem
übergreift und sich morgens in etwa vom Westmünsterland bis ins Allgäu
erstreckt. Dadurch verschärft sich der Druckgradient an der Südflanke des Hochs
über dem Norden und Nordosten des Landes deutlich und der Ost- bis Südostwind
wird warnrelevant. An den Küsten und im angrenzenden Binnenland gibt es steife,
an Abschnitten mit auflandigem Wind stürmische Böen (Bft 7 bis 8), über der
offenen Nordsee und auf den nordfriesischen Inseln eventuell auch Sturmböen (Bft
9).
In die auf den Westen und Südwesten übergreifende Rinne wird nun zunehmend
feuchte und nach wie vor potenziell instabile Luft eingesteuert. Die PPW-Werte
steigen dort bis in die Frühstunden auf über 20 mm, dazu können vor allem nach
Westen/Nordwesten zu auch 100 bis gut 200 J/kg MU-Cape generiert werden. Vor
allem auf den Westen (Niederrhein, Münsterland bis ins südwestliche
Niedersachsen und nach Ostwestfalen) und auf den Südwesten (weite Teile BaWüs)
greifen im Laufe der zweiten Nachthälfte mit Annäherung des Frontensystems bzw.
der Kaltfront Schauer und Gewitter über. Die hochreichend relativ markante
Scherung lässt einen gewissen Organisationsgrad zu. Die Gewitter sind von der
Grundschicht abgekoppelt ("elevated"), so dass sich die Begleiterscheinungen in
Grenzen halten sollten. Maximal sind kleinräumige Starkregenereignisse zu
erwarten, wenn überhaupt. Meistes sollten "gelbe" Gewitterwarnungen ausreichen.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht dagegen wettertechnisch ruhig. Vor allem
im Osten und Nordosten bleibt es auch aufgelockert bis gering bewölkt. Dort wird
es nochmals recht frisch mit Tiefstwerten örtlich unter 5 Grad, Bodenfrost
sollte wegen des frischen Windes nicht mehr auftreten. Im Westen werden dagegen
örtlich nur zweistellige Tiefstwerte erreicht.

Freitag... zieht der Rücken unter Substanzverlust weiter ostwärts und erreicht
mit der Achse nur langsam Ostdeutschland. Die Westhälfte wird zunehmend von PVA
vorderseitig eines gut ausgeprägten Kurzwellentroges erfasst. Die Tiefdruckrinne
wird durch das Hoch mit Schwerpunkt im Ostseeraum blockiert und kommt im
Tagesverlauf kaum weiter nach Osten voran und liegt damit quasistationär,
Nordwest-Südost orientiert über Deutschland. Über Nordostdeutschland formiert
sich dabei zwischen der kalten Ostströmung (T850 um 0 Grad) aus dem Hoch heraus
und der mit warmer Luft (T850 6 bis 12 Grad) angefüllten Rinne eine
Luftmassengrenze.
Die möglichen Gewitter der Nacht ziehen über die Rinne hinweg nach Osten und
laufen sich tot bzw. bekommen einen kalten Fuß und erreichen als leichter Regen
die Elbe bzw. die Regionen knapp östlich davon. Im Nordosten und im äußersten
Osten bleibt es trocken und die Sonne scheint zwischen Wolkenfeldern zeitweise.


In der Rinne und südwestlich davon entstehen in der feuchten und instabilen
Warmluft, forciert durch den dynamischen
Hebungsantrieb, Schauer und Gewitter. Außen vor könnten Teile des Westens sein,
wo im Tagesverlauf hinter der Kaltfront eine leichte Stabilisierung und
Abtrocknung einsetzt. Den Zellen stehen 200 bis 500, in Bayern bis 650 J/kg
ML-CAPE zur Verfügung. Zudem nimmt zumindest die hochreichende Scherung im
Westen und über der Mitte zu, inwieweit sich dies mit der Labilität überlappt,
ist noch unsicher, aktuell sieht es aber außer im Emsland und im nördlichen NRW
nicht optimal aus. Dennoch sind kräftige Entwicklungen auf jeden Fall ins Kalkül
zu ziehen.
Bei PPWs von 25 bis 30 mm und mittlerer Zellgeschwindigkeit von 10 bis 15 kt ist
in erster Linie der Starkregen als
Begleiterscheinung zu nennen, der durchaus das Unwetterkriterium erfüllen kann.
Schwere Sturmböen oder größerer Hagel sind ebenfalls nicht ausgeschlossen,
sollten sich bei besserer CAPE-SHEAR-Überlappung organisierte Strukturen bilden.


Die Konvektion dämpft die Temperaturentwicklung, meist stehen schwülwarme 20 bis
24°C auf der Agenda. Im äußersten Norden und Nordosten werden kaum 15°C, an der
Ostsee teilweise nur 10°C erreicht (Ostvorpommern). Dort sind zur Küste hin
weiterhin starke bis stürmische Böen Bft 7-8, vereinzelt auch Sturmböen 9 Bft
aus Ost zu erwarten.

In der Nacht zum Samstag überläuft der Kurzwellentrog den Rücken, der sich in
der Folge von Westen her wieder regeneriert (Trogachse um 06 UTC auf einer Linie
Deutsche Bucht-östliche Mittelgebirge). Die Rinne macht kaum Boden gegen das
Hoch gut und wird gegen Morgen sogar rückläufig bzw. füllt sich sogar auf. Die
Hebungsvorgänge verlagern sich schwerpunktmäßig in den Nordosten und Osten, wo
sie zum einen in stabileres Umfeld kommen, zum anderen schlägt der Tagesgang zu
und die Gewitterneigung nimmt ab. Dafür ist in den genannten Regionen (von der
Lausitz bis zur westlichen Ostsee und nach Schleswig-H.) ungewittriger
Starkregen nicht ausgeschlossen. Von Westen her lockert die Bewölkung stärker
auf und gebietsweise bildet sich Nebel.
Der Ostwind ganz im Norden schwächt sich lediglich in Ostfriesland ab, von der
Nordfriesischen Küste bis nach Vorpommern kommt es weiter zu steifen bis
stürmischen Böen, vereinzelt zu Sturmböen. Sonst spielt der Wind abseits der
anfänglichen Gewitter keine große Rolle.


Samstag... kommt der Kurzwellentrog noch bis zur westlichen Ostsee voran, füllt
sich dort aber auf. Rückseitig schwenkt der sich regenerierende, aber nur flache
Höhenrücken, gestützt durch WLA, von Westen her allmählich zum westlichen
Deutschland.
Im Bodenfeld kommt das umfangreiche, nun von der Barentssee bis zur südlichen
Ostsee und Südskandinavien bzw. zur Ukraine reichende Hochdruckgebiet ein wenig
nach Osten voran. Von der Tiefdruckrinne bleibt kaum etwas übrig, da über
Frankeich auf der Keilrückseite der Druck erneut absinkt und insofern auch im
Westen und Süden eine schwache Ost- bis Südostströmung einsetzt. Es bleibt aber
von der Tiefdruckrinne noch eine Streifen mit feuchter Luft und Labilität übrig
(CapeML meist 100 bis 400 J/Kg, PPWs um 20 mm), der sich vom östlichen
Mittelgebirgsraum bis zum nördlichen NRW und zum südlichen Emsland erstreckt. In
diesem Streifen bilden sich im Tagesverlauf örtlich Schauer und einzelne
Gewitter, die bei nur schwachem Wind in unteren Schichten nur sehr langsam
ziehen. Insofern ist hier, aber auch ganz im Südosten, die Starkregengefahr am
größten und heftiger Starkregen ist nicht ausgeschlossen.
Mit dem Kurzwellentrog verlagern sich der stärkste dynamische Hebungsantrieb und
die korrespondierenden Regenfälle in den Nordosten des Landes. Mit
Trogabschwächung lassen die Niederschläge gegen Abend aber nach. Dabei ist zu
beachten, dass der Regen teils flächig fällt, da sich weiterhin die kühle Luft,
die von Osten kommt, unter die feuchte und milde Luft schiebt.
Der Gradient im Nordosten und Norden fächert nach und nach weiter auf und der
Südost- bis Ostwind wird zögernd schwächer, steife Böen kann es aber vor allem
im Ostseeumfeld noch bis zum Abend geben.

In den Nordosten gelangt bodennah von Osten her nach wie vor recht kühle
Festlandsluft, bei etwa +1 bis +4 Grad in 850 hPa reicht es dort bei zudem noch
für längere Zeit starker Bewölkung nur für Höchstwerte zwischen 10 und 15 Grad.
Auch sonst ändert sich an der Luftmasse nur wenig, in der Mitte und im Süden
werden etwa 5 bis 10 Grad in 850 hPa erreicht. Vor allem im Südwesten und Westen
kommt dabei auch mal für längere Zeit die Sonne durch, so dass es generell für
Höchstwerte zwischen 16 und 22 Grad reicht, im Südwesten bis 24 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die synoptischen Basisfelder werden recht ähnlich simuliert. Naturgemäß gibt es
Differenzen bei den konvektiven Regenfällen.
Die Wahrscheinlichkeit für vereinzelt unwetterartigen Starkregen ist in der 2.
Tageshälfte vom Emsland und vom nördlichen NRW bis zum östlichen
Mittelgebirgsraum und in Teilen Ba.-Wüs. Nach ICON-D2-EPS erhöht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden