DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-05-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 03.05.2023 um 10.30 UTC



Insgesamt wechselhaft, teilweise mit kräftigeren Niederschlägen bzw. Schauern
und Gewittern, dabei Starkregen und Hagel.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 10.05.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Samstag liegt über Nordosteuropa nach wie vor das
blockierende Hochdruckgebiet, tiefer Luftdruck liegt über Westeuropa. Über
Deutschland sind die Luftdruckgegensätze relativ gering, es überwiegt aber wohl
leichter Tiefdruckeinfluss. In der Höhe zieht noch ein Kurzwellentrog ab, so
dass das zunehmend okkludierte Frontensystem, an dem es vor allem im Nord- und
Südosten noch teils schauerartig regnet, im Tagesverlauf ostwärts abgedrängt
wird bzw. in den hohen Luftdruck läuft und daher zunehmend an Wetterwirksamkeit
verliert. Über uns baut sich zumindest vorübergehend ein schmaler Höhenkeil auf,
er sorgt aber nur für kurzen Zwischenhocheinfluss. Allerdings ist die Luftmasse
insgesamt noch relativ feucht und leicht labil, so dass sich im Tagesverlauf
insbesondere über dem östlichen Bergland und im Alpenraum örtlich Schauer,
vielleicht auch mal ein Gewitter entwickeln kann. Bereits im späteren
Tagesverlauf oder in der Nacht zum Sonntag greift von Westen die Tiefdruckrinne
samt eingelagerten, weitgehend okkludiertem Frontensystem samt schauerartigen,
teils gewittrigen Niederschlägen auf Deutschland über. In der Höhe gelangen wir
auch zunehmend auf die Vorderseite des relativ scharfen westeuropäischen Troges.
Mit der südwestlichen Strömung wird noch zunehmend feuchtere und nach wie vor
labile Luft eingesteuert. Insgesamt sind die Luftdruckgegensätze wie erwähnt
gering, allerdings liegt der Nordosten des Landes an der Südflanke des Hochs mit
Schwerpunkt über der Ostsee, so dass der Wind aus östlichen Richtungen dort
recht lebhaft und vor allem an der Ostsee in Böen stark, exponiert stürmisch
weht. Im Norden/Nordosten überwiegt weiterhin eine trockenere und relativ kühle
Luftmasse mit 850 hPa-Temperaturen von 1 bis 4 Grad, nach Süden hin ist es
milder mit 6 bis 10 Grad in 850 hPa.

Am Sonntag greifen Trog und Tiefdruckrinne auf Deutschland über, eingelagert ist
ein weiteres Frontensystem und der teils schauerartig verstärkte und im
Tagesverlauf auch häufig gewittrige Regen verlagert sich vom Westen bis in die
Mitte und den Südosten, im Südosten (vor allem am Alpenrand) kann es dabei auch
länger regnen. Im Nordosten bleibt es noch länger trocken, da kann das Bodenhoch
mit Schwerpunkt über dem Baltikum wohl noch dagegenhalten. Auch der Wind weht
vor allem im Ostseeumfeld weiterhin stark böig aus östlichen Richtungen,
exponiert sind einzelne stürmische Böen nicht ausgeschlossen. Es verlagert sich
aber weiter ostwärts, so dass voraussichtlich spätestens in der Nacht zum Montag
die Tiefdruckrinne und der in der Höhe korrespondierende Kurzwellentrog auch auf
den Nordosten übergreifen kann. Die Schauer und Gewitter können örtlich auch
kräftig ausfallen, hohe spezifische Feuchte und ppws um 20 bis 25 mm deuten
zusammen mit überwiegend geringen Verlagerungsgeschwindigkeiten auf ein erhöhtes
Starkregenpotenzial (eventuell auch im Unwetterbereich) und gebietsweise
CAPE-Werte um 500 J/kg zeigen das Hagelrisiko. Der Westen gelangt in der Nacht
zum Montag auf die Rückseite des Kurzwellentroges, der Luftdruck steigt ein
wenig, so dass Schauer und Gewitter nachts im Westen weitgehend abklingen. Im
Südosten, vor allem südlich der Donau und am Alpenrand, regnet es weiter. In der
südwestlichen Höhenströmung wird die kühlste Luftmasse allmählich auch aus dem
Norden verdrängt und im Süden sind teils über 10 Grad in 850 hPa zu erwarten.

Am Montag zonalisiert die Strömung, Deutschland verbleibt aber in einem eher
zyklonal geprägtem Umfeld. In der Höhe läuft ein kurzwelliger Anteil über
Deutschland hinweg und am Boden greift das nächste Frontensystem von Westen
über, das zu einer Tiefdruckzone gehört, die sich von den Britischen Inseln bis
ins Seegebiet südwestlich von Island erstreckt. Zunächst ziehen dabei die
schauerartigen Niederschläge vom Vortag und aus der Nacht ostwärts ab,
nachfolgend können hier und da zwar weitere, meist leichte Niederschläge
auftreten, häufig bleibt es aber vorübergehend trocken. Im Nachmittagsverlauf
bzw. zum Abend greifen von Westen erneut Niederschläge über, die sich ostwärts
ausbreiten und im Laufe der Nacht zum Dienstag auch den Osten erreichen.

Am Dienstag trogt der anfangs flache Kurzwellentrog etwas Richtung Alpen und
Balkan aus, die Strömung dreht etwas mehr auf West bis Nordwest und am Boden
dehnt sich die Tiefdruckzone von Island über die Nordsee und Deutschland bis
nach Italien bzw. ins zentrale Mittelmeer aus. Mit der Bildung eines Wellentief
über der Nordsee/Südskandinavien und eines abgeschlossenen Höhentiefs über der
Nordsee dreht die Strömung noch weiter auf Nordwest bis Nord, so dass rückseitig
wieder kühlere Luftmassen (850 hPa-Temperaten meist zwischen 2 und 4 Grad)
herangeführt werden. Unter Trog- und Tiefdruckeinfluss treten verbreitet
schauerartige Niederschläge auf.

Am Mittwoch werden die Unsicherheiten deutlich größer, voraussichtlich liegt
Deutschland aber weiterhin im Einflussbereich des sich weiter amplifizierenden
Troges und am Boden im Einflussbereich des Tiefdruckgebietes, das sein Zentrum
in die Ostsee verlagert. Auch südlich der Alpen deutet sich ein Drehzentrum der
Bodentiefzone an, so dass die Verlagerung des Frontensystems nach Südosten hin
verzögert werden könnte. Insgesamt muss also mit wechselhaftem, teils
regnerischem Wetter gerechnet werden. Die Luftmasse bleibt mit 850
hPa-Temperaturen meist deutlich unter 5 Grad eher kühl.

Die Prognosen für die erweiterte Mittelfrist gestalten sich ebenfalls ausnehmend
schwierig, da teils gänzlich andere Strömungsmuster simuliert werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist bis einschließlich Sonntag
noch recht gut, auch wenn sich bereits kleinere Unterschiede im Timing ergeben.
Ab Beginn der kommenden Woche und im weiteren Verlauf der Mittelfrist zeigen
sich dann aber zunehmend Unterschiede, nicht nur im Timing, sondern auch in
Amplitude und Position der teils kurzwelligen Trogstrukturen. Nichtsdestotrotz
ist der Grundtenor einer weitgehend zyklonal geprägte Witterung klar.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Abgesehen vom Timing und im Mittelfristverlauf teils unterschiedlichen
Ausprägungen der Trogstruktur zeigt sich auch in anderen Globalmodellen der
insgesamt zyklonale Einfluss, die Details bleiben abzuwarten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des IFS-EPS zeigt für den ersten Vorhersagezeitraum von
Samstag 00 UTC bis Sonntag 00 UTC (+72 bis +96 h) insgesamt drei Cluster (21, 19
und 11 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 2) mit leicht
unterschiedlicher Ausprägung und Position der Trog-Keil-Struktur und der
Tiefdruckrinne über West- und Mitteleuropa. Für den Folgezeitraum von Montag 00
UTC bis Mittwoch 00 UTC (+120 bis +168 h) wird lediglich ein Cluster angeboten
und die Zeichen stehen somit ganz klar auf einer zyklonalen West- bis
Nordwestlage. Der Grundtenor ist wie auch bereits weiter oben festgestellt
relativ sicher, der Teufel liegt gewiss im Detail und kann er mit kürzerer
Vorlaufzeit genauer diskutiert werden.
Erstaunlicherweise wird auch für die erweiterte Mittelfrist (Donnerstag 00 UTC
bis Samstag 00 UTC, +192 bis +240 h) nur ein Cluster simuliert der ganz klar bei
zyklonal geprägter Witterung (Trog Mitteleuropa) bleibt. Der Blick auf die
Konsistenz der vorliegenden IFS-Läufe und andere Globalmodelle zeigt aber, dass
es so klar nun wieder auch nicht ist und vor allem die Details abgewartet werden
müssen.

Die Rauchfahnen zeigen ebenfalls deutliche Niederschlagssignale über den
gesamten Mittelfristzeitraum, vor allem nach Norden hin mit einem gewissen
Minimum am Samstag. Die Temperaturkurven in 850 hPa weisen ab Sonntag wieder
einen deutlichen Rückgang auf, wobei der Spread sich relativ in Grenzen hält
bzw. auch zu Beginn schon deutlich vorhanden ist und sowohl der Haupt- als auch
der Kontrolllauf liegen eher am unteren Rand des aufgespannten
Temperaturbereiches. Das Geopotenzial in 500 hPa geht im Mittelfristzeitraum
tendenziell zurück, erst zur erweiterten Mittelfrist mehren sich die Signale,
dass es wieder ansteigt. Hier liegen Haupt- und Kontrolllauf zunächst im
Mittelfeld und rutschen ab Dienstag/Mittwoch ebenfalls zunehmend an den unteren
Rand der Kurvenschar.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Hinsichtlich markanter Wetterereignisse stechen der Freitag und Sonntag heraus.
Hier breiten sich jeweils von Westen her Schauer und Gewitter aus, die teils
kräftig oder lokal auch unwetterartig ausfallen können. Im Fokus stehen dabei
Starkregen und Hagel. Dies zeigt sich im EFI durch teils deutliche Signale in
Bezug auf den Niederschlag und vor allem auch CAPE. Der Wind spielt eine eher
untergeordnete Rolle (nur geringe Signale bei EFI bzgl. CAPEshear). Sicher sind
bei Schauern und Gewittern starke bis stürmische, teils auch mal Sturmböen
möglich, Hinweise für unwetterartige Böen liegen aber nicht vor. Am Samstag sind
einzelne Gewitter ebenfalls nicht ganz ausgeschlossen, diese erreichen aber
weitaus geringere und wahrscheinlich meist keine markanten Intensitäten.

Abseits der Schauer und Gewitter ist lediglich der Ostwind vor allem im
Ostseeküstenumfeld erwähnenswert, der am Samstag nochmals stark, exponiert auch
stürmisch weht.

Ein geringes Risiko besteht eventuell am Sonntag noch am Alpenrand für
dauerregenrelevante Mengen um oder leicht über 30 l/qm in 24 Stunden bis
Montagfrüh. Hier treten am Sonntag zunächst Schauer und Gewitter mit
potenziellem Starkregen auf, nachfolgend kann es teils noch länger regnen, so
dass in der Endabrechnung die Dauerregenschwelle überschritten sein könnte. Vom
Charakter ist es aber wohl hauptsächlich Starkregen, der mi den Gewittern
abgewarnt wird, die nachfolgenden skaligen Niederschläge dürften eigentlich eher
unkritisch sein. Aus jetziger Sicht scheint eine Dauerregenwarnung daher
unwahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger