DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-04-2023 07:01
SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 29.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNa. Ruhige Hochdruckrandlage, Zufuhr trockenerer und etwas kühlerer Luft.

In den Nächten im Norden und Nordosten bei längerem Aufklaren zumindest
Bodenfrost.
Heute im Tagesverlauf an und in den Alpen einzelne Gewitter, Starkregen nur
wenig wahrscheinlich. Erneut einzelne Gewitter am Montag von Südwesten und
Westen her. Ausgangs der Nacht zum Dienstag an der Nordfriesischen Küste
einzelne stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Höhenrückens, der eine
Doppelstruktur aufweist. Im Zusammenspiel mit einem Trog, der sich vom Nordmeer
bis in den Nahen Osten erstreckt, ergibt sich über Mitteleuropa eine
nordwestliche Strömung. Im Tagesverlauf greift der Rücken mit seinem ersten
Anteil auf die Britischen Inseln über. Durch diesen wird ein Hochkeil gestützt,
der sich, ausgehend von einem Hoch über Grönland, in die Nordsee erstreckt.
Zwischen diesem Keil und dem sich über Polen auffüllenden Bodentief sickert mit
einer schwachen, auf Nord bis Nordwest drehenden bodennahen Strömung stabil
geschichtete Luft ein. Das Niederschlagsgeschehen konzentriert sich dann auf die
Staulagen der östlichen Mittelgebirge und den Alpenrand.
Unmittelbar an und in den Alpen halten sich Reste feuchtlabiler Luft. Etwas CAPE
(MU bis über 500 J/kg) wird generiert, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser
liegt bei 20 mm, daher können sich dank orografischer Unterstützung im
Tagesverlauf einzelne Gewitter mit Starkregen entwickeln. Mangels Scherung ist
deren Organisationsgrad jedoch nur gering.
Von der Nordsee her werden teils kompakte Sc-Felder eingesteuert, die sich an
der Mittelgebirgsschwelle stauen. Größere Auflockerungen ergeben sich im
Küstenbereich, wo durch die noch kühle See flache Konvektion unterbunden wird.
Auch südlich der Mittelgebirge können die Wolken längere Zeit auflockern. In der
Mitte und im Süden steigt die Temperatur je nach Sonneneinstrahlung auf 15 bis
21 Grad, im Norden werden 11 bis 15 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag arbeitet sich der Rücken, gestützt durch
Warmluftadvektion, mit seinem ersten Anteil bis in die Nordsee vor. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert sich hierdurch mit seinem Schwerpunkt nach
Norddeutschland. Großräumiges Absinken lässt den Himmel im Norden, Westen und in
Teilen der Mitte aufklaren. Im Süden und Osten hält sich noch Restbewölkung. Bei
geringen Luftdruckgegensätzen können sich flache Nebelfelder bilden. Im Norden
und Nordwesten ist bei längerem Aufklaren in ungünstigen Lagen leichter Frost
oder zumindest Frost in Bodennähe zu erwarten.

Sonntag... verlagert sich der erste Anteil des Höhenrückens nach Deutschland.
Das Bodenhoch gelangt dann mit seinem Schwerpunkt nach Nordostdeutschland;
Luftdruckfall über dem Südwesten Deutschlands lässt eine nordöstliche bodennahe
Windkomponente aufkommen. Für warnrelevante Böen reicht es selbst in höheren
Berglagen nicht. Der Kurzwellentrog, der in die Flanke des Höhenrückens
hereinläuft, greift unter Ausweitung nach Süden auf die Britischen Inseln über.
Vorderseitige Hebung sorgt für den o.g. Druckfall, der von Frankreich auf den
Südwesten Deutschlands übergreift.
Großräumiges Absinken im Bereich des Bodenhochs lässt in weiten Teilen
Deutschlands die Bewölkung verschwinden. Lediglich im Südwesten und im Süden ist
die Luft etwas feuchter, so dass sich in diesen Gebieten flache Quellbewölkung
bilden kann. Aber dazwischen zeichnen sich auch südlich der
Mittelgebirgsschwelle größere Auflockerungen ab. Mit Tageshöchsttemperaturen
zwischen 15 und 19 Grad wird es nicht mehr ganz so mild wie bisher. Im Norden
werden nur 10 bis 14 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag weitet sich der über den Britischen Inseln liegende Trog
in Richtung Pyrenäen aus. Hierdurch stellt sich im Westen und Süden Deutschlands
sowie größtenteils auch über der Mitte eine südwestliche Strömung ein. Mit
dieser gelangt in den Südwesten wieder feuchtere Luft. Induziert durch Hebung,
die durch schwache positive Vorticityadvektion ausgelöst wird, kommen im
Südwesten, etwa vom Schwarzwald bis nach Oberschwaben und der Alb, schauerartige
Niederschläge auf.
Ansonsten ist noch der Höhenrücken bzw. dessen östlicher Anteil wetterwirksam.
Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich derweil nach Polen, was die
bodennahe Strömung auf östliche Richtungen drehen lässt. Großräumiges Absinken
in dessen Randbereich lässt im Norden und Osten den Himmel aufklaren, wodurch
sich in den nördlichen und nordöstlichen Landesteilen sowie auch in der
nördlichen Mitte in ungünstigen Lagen erneut leichter Frost oder zumindest Frost
in Bodennähe einstellen kann.

Montag... tropft der über Frankreich liegende Trog nach Süden aus, was südlich
der Alpen eine schwache Zyklogenese in Gang setzt. An der Vorderseite dieses
Troges setzt sich dann auch über dem Nordosten Deutschlands eine südwestliche
Strömung durch. Der Resttrog greift auf Deutschland über, in unteren
Troposphärenschichten geht dies rascher vonstatten als in der mittleren und
oberen Troposphäre. Demzufolge ist die Hebung dort am ausgeprägtesten, wo die
Luftmasse am stabilsten und am trockensten ist. Dies ist im Norden und Nordosten
Deutschlands der Fall. Hochreichende Konvektion ist in diesen Gebieten
unwahrscheinlich.
Feuchtere und labilere Luft gelangt in den Westen und Süden Deutschlands sowie
in Teile der Mitte. Etwas CAPE wird jedoch nur im Westen und Südwesten
generiert, so dass sich in diesen Gebieten im Tagesverlauf einzelne Gewitter
entwickeln können. Auch wenn die Auslösetemperatur, die zwischen 14 und 18 Grad
liegt, durchaus erreichbar ist, so bedarf es mangels Dynamik orografischer
Unterstützung. Die an der Vorderseite des über Frankreich nach Süden
austropfenden Troges ablaufenden kurzwelligen Anteile sind zu schwach, um
nennenswerte Hebung zu generieren. Zudem dreht in der unteren Troposphäre die
Strömung zur tagesgangsbedingt interessantesten Zeit auf Nordwest, was eine
Advektion kühlerer Luft mit sich bringt. Dies ist für hochreichende Konvektion
nicht gerade förderlich. Sollten sich einzelne Gewitter entwickeln, so ist
mangels Scherung deren Organisationsgrad nur gering ausgeprägt; maximal dürfte
es sich dann um Multizellengewitter handeln. Starkregen ist vorstellbar;
Sturmböen und / oder Hagel sind eher unwahrscheinlich.
Wie bereits am Vortag zeichnen sich längere sonnige Abschnitte am ehesten im
Randbereich des ostwärts abziehenden Hochs, d.h. über dem Norden und Nordosten
Deutschlands, ab. Vom Südwesten bis etwa nach Mittelfranken dominiert kompakte
Bewölkung. Gegenüber dem Vortag erfolgt im Norden und Nordosten Deutschlands
eine leichte Milderung. Ansonsten ändern sich die Temperaturen nur wenig.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Cut-Off-Tief, das aus dem o.g.
Austropfprozess hervorging, ins Tyrrhenische Meer. Das Residuum verlagert sich
in den Nordosten Deutschlands. Vorderseitig kommen noch ein paar Schauer
zustande, für Gewitter reicht es spätestes mit Beginn der zweiten Nachthälfte
dann nicht mehr.
Von der Nordsee her nähert sich ein kleinräumiges, aber kräftig ausgeprägtes
Höhentief. An dessen Ostflanke erfolgt eine Zyklogenese. Das sich über dem
Skagerrak entwickelnde Bodentief sorgt im Norden und Nordwesten Deutschlands für
eine Gradientzunahme. Mit Passage der Kaltfront dieses Tiefs, die ausgangs der
Nacht den Norden Deutschlands erreicht, frischt der Wind auf. An der Küste sind
dann Windböen Bft 7 zu erwarten, an der Nordfriesischen Küste kann es auch für
stürmische Böen reichen.
Die Kaltfront dieses Tiefs wird von Kaltluftadvektion überlaufen. Als stabile
aktive Front bringt diese nur wenig Niederschlag zustande. Die
Kaltluftadvektion, die weite Teile Deutschlands erfasst, lässt die Konvektion im
Westen und Südwesten Deutschlands alsbald in sich zusammenfallen. Schauerartiger
Regen ist dann noch am Alpenrand zu erwarten, allerdings ist die Schichtung
mittlerweile auch dort zu stabil für Gewitter. Geringe Niederschläge zeichnen
sich ansonsten an den Nordseiten der Mittegebirge ab; im weitaus größten Teil
Deutschlands bleibt es niederschlagsfrei.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Signifikante Unterschiede ergeben sich erst am Ende des Vorhersagezeitraumes.
Das o.g. kleinräumige Höhentief wird von EZMW (12 UTC) ähnlich simuliert; UK10
und GFS wie auch der aktuelle EZMW-Lauf lassen stattdessen einen markanten Trog
auf Deutschland übergreifen. EZMW zögert gegenüber den anderen Modellen das
Vordringen der Polarluft etwas hinaus.
Weitere Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Abschätzung der Restlabilität
heute am Alpenrand. Diese wurde von weiter zurückliegenden Modellrechnungen
schwächer erwartet. Nach den aktuellsten Modellrechnungen sowohl von ICON als
auch von EZMW sind Gewitter am Alpenrand und auch inneralpin in Betracht zu
ziehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann