DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-04-2023 17:01
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 28.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Alpen bis in die Nacht zum Samstag Dauerregen, dabei im Gesamtzeitraum 30
bis 50, im Allgäu bis 70 l/qm. Dort in den Gipfellagen auch stürmische Böen oder
Sturmböen, nachlassend. Anfangs gebietsweise kräftige Gewitter mit kleinkörnigem
Hagel, stürmischen Böen oder eventuell einzelnen Sturmböen und Starkregen um 20
l/qm in kurzer Zeit.

In den Frühstunden eventuell Nebelfelder, im Nordosten am Sonntag- und
Montagfrüh Frost oder Frost in Bodennähe möglich. In den östlichen
Mittelgebirgen und an den Alpen geringes Gewitterrisiko.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem langgestreckten Höhenrücken mit zwei
Hauptachsen, von denen die westliche vom westlichen Mittelmeer über die Pyrenäen
und die Westküste Irlands hinweg zur Südspitze Grönlands weist. Der zweite,
östlichere erstreckt sich von Korsika/Sardinien nach Rumänien. Beide Achsen
ändern ihre Lage in der Nacht kaum. Zwischen den beiden Achsen ist ein sehr
flacher Trog zu erkennen, der in der Nacht von der südlichen Nordsee und Benelux
nach Westpolen und ins Böhmische Becken vorankommt. An diesen Kurzwellentrog ist
ein kleinräumiges Tief gekoppelt (Kerndruck von etwa 1009 auf 1011 hPa
ansteigend), das sich in der Nacht über die Norddeutsche Tiefebene hinwegbewegt
und zum Morgen des Westen Polens erreicht. Der Gradient im Bereich des Tiefs ist
insgesamt recht mau aufgestellt, vielleicht reicht es in den Gipfellagen des
Schwarzwaldes oder der Alpen mal für eine stürmische Böe mit nachlassender
Tendenz. Während die Warmfront des Tiefs aktuell etwa von Niedersachsen bis nach
Ostbayern reicht, zieht sich die Kaltfront von Niedersachsen über den Westen
Deutschlands bis nach Zentralfrankreich. In den Frühstunden wird sie schon fast
ganz Deutschland überquert haben und sich allmählich an die Alpen anschmiegen.
Damit ist auch das kurze Intermezzo von vergleichsweise milden 850er
Temperaturen passé. Diese liegen zurzeit im Südwesten noch um 8°C und in der
Mitte um 6°C, ausgangs der Nacht sollen es dann zumeist 0 bis 4°C sein, was dem
aktuellen Niveau des Nordostens entspricht. Nur an den Alpen hält sich noch
etwas wärmere Luft. An der Warmfront sorgt WLA zusammen mit Vorticityadvektion
für Hebung und leichte Regenfälle, die über der Osthälfte nach Osten ziehen und
in die insbesondere mit Passage der Kaltfront einzelne Gewitter eingelagert sein
können. Während im Westen schon recht früh in der Nacht die Schichtung
stabilisiert und es postfrontal abtrocknet und im Norden eventuelle Regenfälle
meist ungewittrig bleiben, kann es im großen Rest des Landes anfangs durchaus
auch kräftigere Gewitter geben, die von Nordwesten mit Kaltfrontpassage
einerseits einen möglichen Höhenpunkt, andererseits aber auch ihr Ende finden.
Im Süden hingegen sollte der Tagesgang das Ende eventueller Gewitter steuern.
Die Gewitter selbst können bei CAPE-Werten von anfangs noch bis zu 200 J/kg und
PPWs von knapp 20 mm durchaus von Starkregen und eventuell kleinerem Hagel
begleitet werden. Auch stürmische Böen können mit von der Partie sein, wenn es
ganz dumm läuft auch Sturmböen, die Wahrscheinlichkeit der Begleiterscheinungen
in der geschilderten Ausprägung geht aber im Nachtverlauf zurück. Da sich an den
Alpen durch eine von West auf Nordwest drehende Strömung die Staukomponente
erhöht, regnet es dort bis in die Nacht hinein länger andauernd. Die bis in die
zweite Nachthälfte erwarteten Niederschlagsmengen akkumulieren sich mit den
bereits gefallenen Regenmengen zu meist 30 bis 50 mm, im Allgäu auch bis 70 mm.
Entsprechende Dauerregenwarnungen laufen. Die Tiefstwerte liegen von Nordost
nach Südwest bei 6 bis 11°C, in der Südhälfte, wo die Grundschicht von
eventuellen Schauern und Gewittern angefeuchtet ist, kann sich auch mal ein
Nebelfeld bilden, was insbesondere für windgeschützte Lagen gilt.

Samstag ... greift die westliche Achse des Höhenrückens auf die Britischen
Inseln über. Gleichzeitig läuft der kurzwellige Troganteil, der den Höhenrücken
überläuft, in den südosteuropäischen Rückenanteil hinein und baut diesen ab, so
dass insgesamt ein rückwärts geneigter Einzelrücken über Westeuropa verbleibt.
Durch diesen wird ein Hochkeil gestützt, der sich, ausgehend von einem Bodenhoch
über Grönland, bis in die Nordsee erstreckt, wo er ein sekundäres Maximum
aufweist. Zwischen diesem Keil und dem sich über Polen auffüllenden Bodentief
sickert mit einer schwachen, auf Nord bis Nordwest drehenden bodennahen Strömung
stabil geschichtete Luft ein. Dabei fächert auch der Gradient auf und ein etwas
stärkeres Druckgefälle ist nur noch über dem Osten und damit in Richtung des
abziehenden kleinräumigen Tiefs auszumachen. Folglich ist auch nur noch in den
Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge, auf dem Brocken oder an exponierten
Bereichen der Ostseeküste mit steifen Böen zu rechnen. Das
Niederschlagsgeschehen konzentriert sich dann auf die Staulagen der östlichen
Mittelgebirge und den noch konvektiv aktiven Alpenrand, aber selbst dort reicht
es nicht mehr für warnrelevante Niederschlagssummen. Wenn es dumm läuft, können
mit Hilfe der Orografie allerdings nochmal Gewitter ausgelöst werden; zu
bedenken ist diesbezüglich aber, dass dem eine deutliche Stabilisierung sowie
eine Austrocknung der Luftmasse gegenübersteht. Durch das Absinken im Bereich
des Hochs bildet sich eine Inversion in 800 hPa, an der vor allem über der Mitte
niedertroposphärische Quellbewölkung breitläuft. Somit sind die höchsten
Sonnenanteile südlich der Donau, vor allem aber an den Küsten zu erwarten. Die
Temperatur steigt je nach Sonneneinstrahlung auf 16 bis 21°C mit den höchsten
Werten im Süden. An den Küsten werden 11 bis 13°C erreicht.

In der Nacht zum Sonntag arbeitet sich der Rücken bis in die Nordsee vor. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert sich hierdurch mit seinem Schwerpunkt nach
Norddeutschland und es greift dabei bis ins östliche Mitteleuropa aus.
Großräumiges Absinken lässt den Himmel im Norden, Westen und in Teilen der Mitte
aufklaren. Im Süden und Osten hält sich noch Restbewölkung. Bei geringen
Luftdruckgegensätzen kann sich stellenweise Nebel bilden. Im Norden und
Nordwesten ist bei längerem Aufklaren in ungünstigen Lagen leichter Frost zu
erwarten, verbreitet tritt Frost in Bodennähe auf.

Sonntag ... verlagert sich der Höhenrücken nach Deutschland. Das Bodenhoch wird,
da sich auch der Höhenrücken abschwächt, zögerlich abgebaut. Zum Abend erstreckt
sich sein Schwerpunkt von der Deutschen Bucht über den Nordosten Deutschlands
bis nach Polen. Da der dem Rücken folgende Trog auf die Britischen Inseln
übergreift und zusätzlich ein kleinräumiges Höhentief aus diesem Trog abtropft,
welches zum Abend über Nordfrankreich aufschlägt, fällt über dem Südwesten der
Druck. Insgesamt nimmt der Druckgradient etwas zu und es ergibt sich eine
nordöstliche bodennahe Windkomponente. Für warnrelevante Böen reicht es selbst
in höheren Berglagen aber nicht. Großräumiges Absinken im Bereich des Hochs und
des Rückens sorgt in fast der gesamten Nordhälfte und auch in Teilen der Mitte
für sonnige Verhältnisse, insbesondere im Nordosten ist die Einstrahlung nahezu
ungehinderte. Allenfalls an der Nordsee quillt es etwas bzw. von der Nordsee
ziehen Wolkenfelder herein. Aber auch von der Mittelgebirgsschwelle aus südwärts
zeichnen sich größere Auflockerungen ab. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 16
und 21°C bewegen sich die Werte meist auf Vortagesniveau. Im Norden werden
allerdings nur 9 bis 13°C erreicht und damit liegen die Werte nicht mehr ganz so
hoch wie am Samstag.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Cut-Off Tief über Frankreich zum
Zentralmassiv. Zwar bleibt im Westen und Süden Deutschlands eine nordöstliche
Strömung bestehen, allerdings gleitet mitteltroposphärisch von Südwesten
Warmluft auf. Die entsprechenden Hebungsprozesse sorgen in der zweiten
Nachthälfte im Südwesten, etwa vom Schwarzwald bis nach Oberschwaben, für etwas
Regen. ein. Ansonsten ist noch der Höhenrücken bzw. dessen östlicher Anteil
wetterwirksam. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich derweil mit seinem
Schwerpunkt endgültig nach Polen, was die bodennahe Strömung auf östliche
Richtungen drehen lässt. Großräumiges Absinken in dessen Randbereich lässt den
Himmel aufklaren, wodurch sich in den nördlichen und nordöstlichen Landesteilen
sowie auch in der nördlichen Mitte in ungünstigen lagen erneut leichter Frost
oder zumindest Frost in Bodennähe einstellen kann.

Montag ... wölbt sich über dem östlichen Atlantik ein kräftiger Keil auf, an
dessen Vorderseite unser westeuropäischer Trog zu finden ist. Das abgetropfte
Höhentief zieht weiter zum Löwengolf, während das nördliche Residuum unseren
Vorhersageraum im Verlauf der Nacht zum Dienstag überquert. Vorderseitig des
Residuums erreicht uns in der zweiten Tageshälfte die Okklusion eines flachen
Bodentiefs über dem Skagerrak. Das damit zusammenhängende Regenband erreicht den
Norden am Abend, ist allerdings nicht sonderlich ergiebig. Deutlich effektiver
beim Niederschlag ist das abgetropfte Höhentief, dass sich vom südöstlichen
Frankreich in Richtung Korsika und Sardinien verlagert. Es sorgt auf seiner
Nordflanke vor allem über Süddeutschland und dabei insbesondere am Alpenrand für
länger andauernde und auch ergiebige Regenfälle. Ein Dauerregenereignis steht
allerdings nicht auf der Karte. Vor allem im südöstlichen Bergland muss auch mal
mit einem Gewitter gerechnet werden. Bei Temperaturen von 4 bis 8 Grad im 850
hPa Niveau werden Höchstwerte von 15 bis 20 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle schätzen die Entwicklung der kommenden Tage recht ähnlich ein,
Modellunterschiede beschränken sich auf das zu erwartende Maß - und
warnrelevante Unterschiede sind nicht zu erkennen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas