DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-04-2023 07:02
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 28.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z, Übergang zu HN a

WIND/STURM:
In den Hochlagen von Schwarzwald und Alpen stürmische Böen oder Sturmböen 8 bis
9 Bft aus Südwest bis West. In der Nacht zum Samstag abflauend.

GEWITTER:
Heute ab den Mittagsstunden von Westen bis in die Mitte und den Süden
ausbreitend einzelne, teils kräftige Gewitter. Dabei kleinkörniger Hagel,
Sturmböen 9 Bft und Starkregen um 20 l/qm in kurzer Zeit möglich. Kommende Nacht
abklingend.

STARK-/DAUERREGEN:
Bis in die Nacht zum Samstag im Süden teils kräftige Regenfälle, vereinzelt mit
eingelagerten Gewittern. Vor allem an den Alpen und im Schwarzwald 30 bis 50
l/qm Regen in 12 bis 18 Stunden.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland an der Ostflanke eines breiten Höhenrückens. Dieser
wird durch einen schwach ausgeprägten Kurzwellentrog überlaufen. Vorderseitig
hat bereits Warmluftadvektion eingesetzt. Der resultierende Hebungsantrieb, der
durch positive Vorticityadvektion verstärkt wird, bringt Niederschläge zustande.
Diese greifen von Westen und Südwesten rasch ostwärts über, wahrscheinlich
bleibt es nur ganz im Nordosten noch trocken. Dabei wirkt der Stau an den
Mittelgebirgen verstärkend. Im Schwarzwald und am Alpenrand sind bis Samstagfrüh
Niederschlagsmengen zwischen 30 und 50 mm vorstellbar, so dass für diese Gebiete
eine Dauerregenwarnung aktiv ist.
Durch den nach Südosten ablaufenden Kurzwellentrog wird eine schwache
Zyklogenese induziert. Das hieraus resultierende Bodentief, das schwächer
simuliert ist als von den bisherigen Modellläufen, wird bis heute Abend ins
Emsland gesteuert. Aufgrund der relativ schwachen Tiefentwicklung ist die
Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen oder Sturmböen in den Gipfellagen des
Schwarzwaldes und auf Alpengipfeln nur gering. In dem noch gut ausgeprägten
Warmsektor dieses Tiefs erfolgt ein Einschub von feuchtlabiler Luft, deren
Quellgebiet die Biskaya ist. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser dieser
Luftmasse liegt bei 20 bis 25 mm, CAPE erreicht bis etwa 500 J/kg (das war bei
weiter zurückliegenden Modellläufen ebenfalls mehr). Eine höhere
Labilitätsenergie kommt infolge der meist mehrschichtigen und kompakten
Bewölkung nicht zustande. Allerdings ist die Scherung sowohl
niedertroposphärisch als auch hochreichend signifikant. Sollte es zur Auslösung
hochreichender Konvektion kommen (die hierfür erforderlichen Temperaturen, die
zwischen 14 und 18 Grad liegen, sind auch ohne längere Einstrahlung erreichbar),
ist durchaus organisiertere, möglicherweise sogar staffelartig ausgeprägte
Konvektion vorstellbar. Dies kann mit Böen bis Sturmstärke einhergehen; der
Flüssigwassergehalt ist für Starkregen um 20 mm hinreichend. Mehr sollte es
aufgrund der raschen Verlagerung der Konvektion nicht werden. Und für größeren
Hagel ist die Labilitätsenergie noch zu niedrig. Vielfach dürfte es sich dabei
auch um Gewitter handeln, die in Niederschlagsereignisse eingelagert sind.
Größere Auflockerungen zeichnen sich nur noch im Nordosten Deutschlands ab.
Ansonsten gibt es nur wenige Wolkenlücken. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen
nordost-südwest-gestaffelt 13 bis 19 Grad.

In der Nacht zum Samstag wird das o.g. Bodentief vom Emsland über den Norden und
Nordosten Deutschlands hinweg nach Westpolen gesteuert. Mit diesem Tief wird
dann auch der Norden und Nordosten Deutschlands von Niederschlägen erfasst, die
anfangs leicht konvektiv durchsetzt, aber nicht warnrelevant sind.
Von Westen her setzt Stabilisierung ein, die Konvektion bricht bald in sich
zusammen. Kaltluftadvektion sorgt von Nordwesten her für Druckanstieg. Die
Kaltfront des nach Polen ziehenden Tiefs legt sich an die Alpen. Reste
feuchtwarmer Luft werden dort gestaut, so dass die Niederschläge an den Alpen,
wenngleich in der zweiten Nachthälfte mit allmählich abschwächender Tendenz,
noch andauern.

Samstag... greift ein Höhenrücken, der eine Doppelstruktur aufweist, mit seinem
ersten Anteil auf die Britischen Inseln über. Durch diesen wird ein Hochkeil
gestützt, der sich, ausgehend von einem Bodenhoch über Grönland, bis in die
Nordsee erstreckt. Zwischen diesem Keil und dem sich über Polen auffüllenden
Bodentief sickert mit einer schwachen, auf Nord bis Nordwest drehenden
bodennahen Strömung stabil geschichtete Luft ein. Das Niederschlagsgeschehen
konzentriert sich dann auf die Staulagen der östlichen Mittelgebirge und den
Alpenrand, aber selbst dort reicht es nicht mehr für warnrelevante
Niederschlagssummen.
Von der Nordsee her werden teils kompakte Sc-Felder eingesteuert, die sich an
der Mittelgebirgsschwelle stauen. Größere Auflockerungen ergeben sich im
Küstenbereich, wo durch die noch kühle See flache Konvektion unterbunden wird.
Auch südlich der Mittelgebirge können die Wolken längere Zeit auflockern. In der
Mitte und im Süden steigt die Temperatur je nach Sonneneinstrahlung auf 15 bis
21 Grad, im Norden werden 11 bis 15 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag arbeitet sich der Rücken mit seinem ersten Anteil bis
in die Nordsee vor. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich hierdurch mit
seinem Schwerpunkt nach Norddeutschland. Großräumiges Absinken lässt den Himmel
im Norden, Westen und in Teilen der Mitte aufklaren. Im Süden und Osten hält
sich noch Restbewölkung. Bei geringen Luftdruckgegensätzen kann sich
stellenweise Nebel bilden.
Im Norden und Nordwesten ist bei längerem Aufklaren in ungünstigen Lagen
leichter Frost oder zumindest Frost in Bodennähe zu erwarten.

Sonntag... verlagert sich der erste Anteil des Höhenrückens nach Deutschland.
Das Bodenhoch gelangt dann mit seinem Schwerpunkt nach Nordostdeutschland;
Luftdruckfall über dem Südwesten Deutschlands lässt eine nordöstliche bodennahe
Windkomponente aufkommen. Für warnrelevante Böen reicht es selbst in höheren
Berglagen nicht. Der Kurzwellentrog, der in die Flanke des Höhenrückens
hereinläuft, greift auf die Britischen Inseln über und tropft im Tagesverlauf
zur Bretagne aus. Vorderseitige Hebung sorgt für den o.g. Druckfall, der von
Frankreich auf den Südwesten Deutschlands übergreift.
Großräumiges Absinken im Bereich des Bodenhochs sorgt im Norden und in Teilen
der Mitte für eine nahezu ungehinderte Einstrahlung. Aber auch von der
Mittelgebirgsschwelle aus südwärts zeichnen sich größere Auflockerungen ab. Mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 15 und 19 Grad wird es nicht mehr ganz so mild
wie bisher. Im Norden werden nur 10 bis 14 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag stellt sich an der Vorderseite des sich zum
Zentralmassiv verlagernden Cut-Off-Tiefs im Westen und Süden Deutschlands eine
südwestliche Strömung ein. Hierdurch gelangt in den Südwesten wieder feuchtere
Luft. Induziert durch Hebung, die durch schwache positive Vorticityadvektion
ausgelöst wird, kommen im Südwesten, etwa vom Schwarzwald bis nach Oberschwaben,
schauerartige Niederschläge auf.
Ansonsten ist noch der Höhenrücken bzw. dessen östlicher Anteil wetterwirksam.
Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich derweil nach Polen, was die
bodennahe Strömung auf östliche Richtungen drehen lässt. Großräumiges Absinken
in dessen Randbereich lässt den Himmel aufklaren, wodurch sich in den nördlichen
und nordöstlichen Landesteilen sowie auch in der nördlichen Mitte in ungünstigen
lagen erneut leichter Frost oder zumindest Frost in Bodennähe einstellen kann.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
finden.
Auch hinsichtlich der Niederschlagsprognosen ergibt sich ein ähnliches Bild.
Übereinstimmend - auch mit probabilistischen Verfahren - werden bis Samstagfrüh
Signale für Dauerregen am Alpenrand gezeigt, wogegen im Schwarzwald die
Wahrscheinlichkeit für warnrelevante Niederschlagssummen nur sehr gering ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann