DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-04-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.04.2023 um 10.30 UTC



Im Süden anfangs leicht wechselhaft und mäßig warm, sonst teils kühl. Insgesamt
keine durchgreifende Erwärmung in Sicht.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 04.05.2023


Deutschland liegt an der Ostflanke eines breiten Höhenrückens, der eine
Doppelstruktur aufweist. Ein erster Anteil dieses Rückens überquert am Sonntag
das Vorhersagegebiet. Durch diesen wird ein Bodenhoch gestützt, dessen
Schwerpunkt über der Nordsee liegt. Von dort wird teils relativ kompakte
Sc-Bewölkung eingesteuert, was einen Temperaturanstieg dämpft. Ohnehin wird die
20 Grad-Marke allenfalls im Süden Deutschlands erreicht. In der Nacht zum Montag
tropft der Kurzwellentrog, der den westlichen vom östlichen Anteil des Rückens
trennt, über Frankreich aus. An der Vorderseite des zum Rhonedelta ziehenden
Cut-Off-Tiefs stellt sich über Deutschland vorübergehend eine südwestliche
Strömung ein, wodurch in den Süden und in Teile der Mitte feuchtere und labile
Luft geführt wird. Da aber kaum dynamische Antriebe erkennbar sind, sollten sich
Gewitter, bei denen durchaus die Gefahr von Starkregen besteht, weitgehend auf
das dortige Bergland beschränken.
Gleichzeitig werden über dem Nordmeer die Grundlagen für eine Umstellung der
Wetterlage gelegt. Dies geschieht in Form eines Kaltluftkörpers, der östlich an
Island vorbei zu den Shetlands und in der Nacht zum Dienstag nach Dänemark
gesteuert wird. Dieser verlagert sich südostwärts, wird in den von der
Barents-See südwärts reichenden Trog integriert und leitet einen Vorstoß
arktischer Polarluft ein. Mit der Passage der Kaltfront, die am Dienstag weite
Teile Deutschlands überquert, geht im Norden und Nordosten Deutschlands
schauerartiger Regen einher. Weiter im Süden ist die Wetterwirksamkeit dieser
Front gering.
Der nachfolgende Rücken, besser gesagt, dessen zweiter Anteil, wölbt sich,
gestützt durch kräftige Warmluftadvektion, über den Britischen Inseln auf. Durch
diesen wird ein kräftiges Bodenhoch gestützt, das sich über der Nordsee
etabliert. An dessen Ostflanke setzt sich in Bodennähe eine steile nordwestliche
Strömung durch, wodurch der Nachschub von Polarluft gewährleistet ist. In der
Nacht zum Mittwoch kommt bei geringen Luftdruckgegensätzen die eingeflossene
Luftmasse zur Ruhe, Absinken lässt den Himmel aufklaren, so dass sich in
ungünstigen Lagen leichter Frost oder zumindest Bodenfrost einstellt.
Am Mittwoch und Donnerstag laufen in der trogrückseitigen nordwestlichen
Strömung Kurzwellentröge nach Südosten ab. Aufgrund der Trockenheit der
Luftmasse beschränkt sich deren Wetterwirksamkeit auf den Durchzug von teils
kompakter Sc-Bewölkung. Diese löst sich, bedingt durch großräumiges Absinken in
Randbereich des über der Nordsee liegenden Hochs, abends und nachts weitgehend
auf, so dass im Norden und Osten Deutschlands weiterhin Gefahr von leichtem
Frost oder zumindest Bodenfrost besteht.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum erfolgt zunächst keine
wesentliche Änderung. Im Nordosten sind, bedingt durch einen kräftigeren
Kurzwellentrog, einzelne Schauer möglich. Im Westen und Süden macht sich mit
einen hereinschwenkenden breiten Höhenrücken eine zögernde Milderung bemerkbar,
was dann im Süden wieder mit einer zunehmenden Gewitterneigung einhergehen
dürfte.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Montag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich zu den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Danach zeigen sich
Unterschiede, die den Kaltluftkörper betreffen, der für die erneute Abkühlung
sorgt. Dieser war beim gestrigen 12 UTC-Lauf zu finden, nicht aber beim 00
UTC-Lauf. Mit der Folge, dass der im Laufe des Dienstags einsetzende
Temperaturrückgang markanter ausgeprägt ist als dass dies anhand der gestrigen
00 UTC-Simulation der Fall war. Erst ab Mittwoch gleichen sich die Vorhersagen
wieder an. Was nach den aktuelleren Modellläufen hinsichtlich der zu erwartenden
Temperaturen der Kaltluftkörper zustande bringt, ist nach dem gestrigen 00
UTC-Lauf das Ergebnis der steileren und nahezu nördlichen Strömung. Diese würde
sich auch im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ergeben, was eine
Milderung von Südwesten her vereiteln würde. Wie beim aktuellsten Modelllauf
lässt auch der gestrige 12 UTC-Lauf den Höhenrücken auf Deutschland übergreifen,
was von Südwesten her für eine Milderung sorgen würde.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Donnerstag wird die oben beschriebene Entwicklung von den
verfügbaren Modellen gestützt. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis
dahin nicht herausarbeiten. Einzig GFS lässt am Donnerstag die Kaltluft über
Polen direkt nach Süden vorstoßen, was insgesamt über dem Vorhersagegebiet ein
etwas tieferes Temperaturniveau zur Folge hätte.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zeigen EZMW und GFS ein
ähnliches Szenario. Abweichend hierzu lässt das Modell des kanadischen
Wetterdienstes den über Skandinavien liegenden Trog nach Deutschland austropfen.
Die Folge wäre ein kühler Witterungsabschnitt mit Temperaturen um 10 Grad,
häufigen Niederschlägen und im Bergland mit Schneefällen.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt weitgehend die Version des hauseigenen deterministischen
Modells, bremst aber im Gegensatz dazu die Milderung im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum aus. Diese Milderung ist noch längst nicht in
trockenen Tüchern. Neben dem Kontrolllauf, der ein kühles Szenario bietet,
folgen diesem auch mehrere Member. Dies ergibt für die Mitte und den Süden
Deutschlands bereits kurz nach Monatswechsel einen relativ hohen Spread des EPS.
Im Norden und Nordosten ist dagegen der Spread über den gesamten
Vorhersagezeitraum hinweg relativ gering, was als Hinweis dafür zu sehen ist,
dass der erneute Kaltlufteinbruch in diesen Gebieten sehr wahrscheinlich ist.
Das EPS des EZMW folgt der oben beschriebenen Entwicklung. Allerdings wird wie
beim EPS des GFS der Temperaturanstieg im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum etwas hinausgezögert, da der Rücken (vom EPS-Mittel) nicht so
rasch ostwärts verlagert wird wie dies beim deterministischen Lauf der Fall ist.
Die Einzellösungen werden im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum in
drei Cluster untergliedert, wobei das am stärksten besetze eine
west-südwestliche Strömung zeigt. Diesem werden der deterministische wie auch
der Kontrolllauf zugeordnet, was nicht ganz nachvollziehbar ist. Bemerkenswert
ist, dass eines der Cluster, das immerhin mit 12 Membern besetzt ist, die
Variante des kanadischen Modells abbildet. Dieses Szenario sollte daher weiter
im Auge behalten werden. Der Spread des EPS wird ab 3. Mai rasch größer. Im
Norden und Nordosten setzen nur Einzellösungen auf eine Erwärmung, im Süden und
Südwesten zeigen nur wenige Member auf ein weiterhin niedriges Temperaturniveau.

Das Clustering gemäß Großwetterlagen ergibt bis in den erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum hinein eine Dominanz antizyklonaler Lagen,
wobei sich das blockierende Hoch vom Nordmeer eher in Richtung Skandinavien
verlagert. Auf eine Milderung (mit einer zyklonalen Südwestlage oder einer
südlichen Strömung) setzen nur etwa ein Viertel der Member.
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Sonntag sind sehr wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden
Wetterereignisse zu erwarten. In der Nacht zum Montag besteht im Norden und
Nordosten Bodenfrostgefahr.
Am Montag können sich im Südwesten und Süden vor allem über dem Bergland
einzelne Gewitter entwickeln, Starkregen und/oder kleinkörniger Hagel sind dabei
nicht auszuschließen.
Am Dienstag können mit Kaltfrontpassage und auch postfrontal an der Nordseeküste
mit geringer Wahrscheinlichkeit stürmische Böen bis 70 km/h auftreten. Ansonsten
und auch am Mittwoch sind keine markanten Wettergefahren zu erwarten. In den
Nächten besteht bei längerem Aufklaren in ungünstigen Lagen weiterhin Gefahr von
Frost in Erdbodennähe.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, mit leichter Korrektur der Temperaturen hin zu tieferen Werten, anfangs MOS

________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann