DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-04-2023 17:01
SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Freitag Gewitterlage. Meist markante Gewitter, Unwetter nicht ausgeschlossen,
aber unsicher.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegen wir unter einer nordwestlichen Höhenströmung zwischen einem
flachen Höhenrücken über Westeuropa und einem Trog von Skandinavien bis
Griechenland. Die auf der Rückseite eines Tiefs über der nördlichen Ostsee
eingeflossene Kaltluft ist in weiteren Landesteilen im Bereich einer
Hochdruckzone zur Ruhe gekommen. Nur im Norden ist die Schichtung in der unteren
Troposphäre bis ca. 750 hPa leicht instabil mit viel Cu/Sc Bewölkung und
leichten Schauern. Dazu weht im Nordosten kräftiger Westwind mit Böen 7 Bft
Richtung Ostsee.

Nachts kräftigt sich durch die Annäherung des Rückens und leichte
Kaltluftadvektion über Norddeutschland das Zwischenhoch, wobei die
Luftdruckgegensätze bei uns gering sind und der Wind auch an der Ostsee
nachlässt. In wasserdampfarmer Luft mit vielfach negativen Taupunkten lässt
Absinken den Himmel verbreitet aufklaren. Als Folge stellt sich, abgesehen von
tieferen Lagen Süddeutschlands und dem Küstenbereich, leichter Frost oder
zumindest Bodenfrost ein.
Über den äußersten Süden zieht ein leichtes Hebungsgebiet durch
Warmluftadvektion, die den Rücken überläuft, mit stärkerer Bewölkung und etwas
Niederschlag gegen die Alpen, sodass hier geringer Niederschlag möglich ist.

Donnerstag ... flacht der Höhenrücken über Westeuropa ab und kommt nach Osten
voran, er bewirkt über Mitteleuropa eine leicht antizyklonal geformte, im Laufe
des Tages fast westliche Strömung. Der Trog im Norden wird abgedrängt und von
Westen her macht sich bei uns Warmluftadvektion breit, was Druckfall auslöst und
den Schwerpunkt der Bodenhochdruckzone nach Osten verschiebt.
Der WLA folgt das Frontensystem eines kleinen Tiefs bei Irland, das gestützt
wird durch einen weiter westlichen ansetzenden Kurzwellentrog. Die Tiefausläufer
nähern sich über Nordfrankreich und im Westen und Südwesten verdichtet sich
nachmittags die Bewölkung; bis zum Abend bleibt es noch trocken.
Ansonsten bilden sich flache, im Norden noch etwas mächtigere Quellwolken (bis
750/700 hPa) und dort sind leichte Schauer nicht ausgeschlossen. Dazwischen
scheint aber auch längere Zeit die Sonne.
Im äußersten Norden und Nordosten weht der Nordwest- bis Westwind an der
Nordflanke der Hochdruckzone noch recht lebhaft, aber nicht mehr warnrelevant.
Nur an der Ostsee sind exponiert Windböen um 50 km/h möglich. Im Südwesten dreht
die schwache Strömung auf östliche Richtungen.

Niedertroposphärisch macht sich nach Südwesten hin eine leichte Erwärmung
bemerkbar. Die 850 hPa-Temperatur steigt dort bis zum Abend auf etwa +5°C, im
Nordosten hält die sehr kühle Luft dagegen und die 850er Werte verharren bei
-4°C.
Somit wird es in der Südwesthälfte milder als zuletzt mit 14 bis 19°C, während
es im Norden und Osten mit 10 bis 14°C leicht unterkühlt bleibt.

In der Nacht zum Freitag kommen Kurzwellentrog und Bodentief bis England voran.
Die Warmfront greift in Verbindung mit kräftiger Warmluftadvektion und
Regenfällen auf den Südwesten und Westen über. ICON hat Tempo rausgenommen und
sich den anderen Modellen angeglichen. Bis zum Morgen könnte der Regen bis auf
eine Linie vom Emsland über Osthessen bis Schwaben vorankommen. Dabei regnet es
teils kräftig mit an die 10 l/qm in 6h in der Eifel.
Weiter östlich hält sich Hochdruckeinfluss mit anfangs teils klarem Himmel und
Bodenfrost sowie vereinzeltem Frost in 2m Höhe. Im Verlauf der Nacht ziehen auch
dort hohe und mittelhohe Wolken auf.
Die Strömung nimmt im Südwesten zu und im Hochschwarzwald und in den Alpen
frischt der Südwestwind stark auf mit ersten Sturmböen auf einigen Gipfeln. Auch
über der Nordsee nimmt der Gradient zu und auf den Nordseeinseln langt es zu
ersten starken bis steifen Böen aus Ost bis Südost.

Freitag ... überläuft der Kurzwellentrog den flachen Rücken über Südwesteuropa
und holt dabei das Bodentief, das abends über der Deutschen Bucht ankommt, ein.
An der Südostflanke des Tiefs legt der Gradient zu, so
dass in freien Lagen im Westen und Südwesten Deutschlands auch ohne Konvektion
Windböen Bft 7 und im westlichen Bergland vereinzelt stürmische Böen auftreten
können.
Der Süden Deutschlands und die Mitte kommen dabei in den Warmsektors des Tiefs.
Hier setzt sich kurzzeitig eine subtropisch angehauchte Luftmasse durch, die aus
der Biskaya herangeführt wird. Die Luftmasse ist labil, ML CAPE erreicht bis 500
J/kg, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 20 bis 25 mm und kräftige Scherung
spricht für teils organisierte Strukturen. Hinzu kommt die Hebung durch den
übergreifenden Trog und die Kaltfront.

Damit steht einer Gewitterlage fast nichts im Wege. Unsicher bleibt wie rasch
die Kaltfront von Westen die Stabilisierung einleitet und wie sich die Zutaten
gestalten, die im letzten Lauf zurückgefahren wurden. Hier könnte die oft starke
Bewölkung das Zünglein an der Waage darstellen.

Meist sollten sich markante Gewitter bilden mit Sturmböen, Hagel und einer
leichten Starkregengefahr. Für größeren Hagel wird mangels Einstrahlung zu wenig
CAPE generiert, Starkregen bis in den Unwetterbereich hinein ist nicht gänzlich
ausgeschlossen, wenngleich sich die Konvektionszellen relativ rasch verlagern.
Bei Gewitterlinien wären auch schwere Sturmböen möglich, die zu dieser
Jahreszeit auch schon unwetterartige Erscheinungen auslösen können.
Auch wenn die Einstrahlung aufgrund der Bewölkung gedämpft ist, sollte die
Auslösetemperatur zwischen 14 und 18 Grad, erreichbar sein.
Ausgenommen davon ist der Nordosten Deutschlands, wo sich leichter
Zwischenhocheinfluss bemerkbar macht. Auch rückseitig der Kaltfront setzt
nachmittags von Westen her eine Stabilisierung ein.

Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden und Nordosten 11 bis 16 Grad. Im
Warmsektor steigt die Temperatur, je nach Bewölkung auf 15 bis 20 Grad.

In der Nacht zum Samstag wird das Tief über Norddeutschland zur unteren Oder
gesteuert. Kaltluftadvektion und das resultierende Absinken bringt erneut ein
schwaches Zwischenhoch zustande, das sich in den Westen Deutschlands ausweitet.
Absinken lässt dort (und im Nordwesten, wo die Kaltluftadvektion am kräftigsten
ist) den Himmel teilweise aufklaren.

Die Kaltfront legt sich vorübergehend an die Alpen, was dort (und auch in
einigen Staulagen der östlichen Mittelgebirge) die Niederschläge andauern lässt.
Unter Einbeziehung der konvektiven Niederschläge tagsüber können in den
Staulagen der Alpen und im südlichen Schwarzwald Regenmengen oberhalb der
Warnschwellen für 24-std. Dauerregen zustande kommen.
Es bietet sich eher an, die wahrscheinlich vorher nötigen Gewitterwarnungen mit
Starkregen zu versehen und dann kurzfristig zu entscheiden, ob der Anteil ohne
Gewitter noch irgendwelcher Niederschlagswarnungen bedarf. Das ist nämlich nach
Lage der Dinge noch nicht mal sicher (siehe 6 und 12h RR nachts, der die
Warnschwellen verfehlt).
Ansonsten lassen die Schauer und Gewitter nach und auch der Wind flaut von
Südwesten her ab.

Samstag ... zieht das Tief über Polen ab und lenkt auf seiner Rückseite wieder
eine etwas kühlere, aber bei weitem nicht so kalte Luftmasse wie anfangs zu uns
nach Deutschland (T850 +1 bis +6 Grad von Nord nach Süd).

Dabei stellt sich schwacher Hochdruckeinfluss ein, der durch einen neuen
Höhenrücken über Westeuropa gestützt wird. In der feuchten Luftmasse halten sich
vor allem über der Mitte und nach Osten hin dichte Wolken, wobei etwaige
Wolkenlücken im Tagesverlauf mit Quellwolken gefüllt werden.

Besonders nach Osten und Südosten hin regnet es anfangs gebietsweise, im
Tagesverlauf sind ein paar Schauer möglich, aber wohl keine Gewitter mehr.
Im Norden und nach Südwesten hin kann sich die Sonne erfolgreicher in Szene
setzten.

Der Wind ist mit stärkeren Böen an den Küsten und auf einigen Berggipfeln im
Osten und Südosten unterwegs, ansonsten kommt er aus Nord bis West und erreicht
keine Warnschwellen.
Die Temperatur pendelt sich je nach Einstrahlung bei etwa 15 bis 20 Grad ein.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren im Großen und Ganzen ähnlich. Auch am Freitag haben sie
sich angeglichen. Auffällig ist, dass die bis in den Freitag nur teilweise
vorliegenden konvektionserlaubenden Modelle (ICON D2 bis 15 UTC), nicht die
große Gewitteraktivität simulieren. (Fehlende Energie wegen Bewölkung?)
Die grobmaschigen Modelle sind da teilweise deutlich offensiver. Eine kurze
Anmerkung zu eventuellen Regenwarnungen ist im Text.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner