DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-04-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.04.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, im Süden zeit- und gebietsweise recht regnerisch. Im Norden kühl
und teils Bodenfrostgefahr, im Süden zumindest teilweise mäßig-warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 02.05.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag liegt Deutschland im Bereich schwacher
Luftdruckgegensätze. Das flache Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt weiter
nach Osten und verliert so an Einfluss auf unser Wettergeschehen. Von den
Britischen Inseln schiebt sich ein flaches Bodentief über Benelux nach
Deutschland. In höheren Luftschichten befindet sich über Skandinavien ein
Höhentief, über Westeuropa befindet sich zunächst ein recht flacher Keil, der
von kurzwelligen, nicht sehr markanten Troganteilen umlaufen wird und so weiter
abflacht. Bereits in der Nacht zum Freitag greift Warmluftadvektion über und das
wellende Frontensystem erreicht den Westen Deutschlands mit Niederschlägen, die
sich rasch ostwärts verlagern. Das kleinräumige Wellentief soll nach Lesart der
vorliegenden Modelle mit seinem Zentrum dabei die nördlichen Landesteile
überqueren. Daher ist zum einen im Bereich des Tiefkerns mit teils auch
andauernden Niederschlägen zu rechnen und auch an den Alpen liegt können
aufgrund von Schleif- und Staueffekten der Front voraussichtlich länger
andauernde Regenfälle zustande kommen. Wobei insbesondere an den Alpen hier die
Unsicherheiten noch groß sind (ICON betont die Schleif- und Staueffekte am
Alpenrand deutlicher als IFS). Ganz im Norden kann es eventuell sogar trocken
bleiben. Beim Durchzug des Wellentiefs kommt vor allem an der Südflanke eine
gewisse Gradientzunahme hinzu und auch der Höhenwind ist etwas höher (der Jet
liegt voraussichtlich über dem Südwesten/Süden), so dass zumindest gebietsweise
mit starken bis stürmischen Böen zu rechnen ist. Rückseitig des Wellentiefs
fließt eine etwas kühlere Luftmasse sein (im Norden um 0 Grad in 850 hPa, in der
Mitte und im Süden um 5 Grad) und die Luftmasse labilisiert unter dem Jet im
Südwesten und Süden des Landes, so dass die Niederschläge von Westen im
Tagesverlauf in Schauer und Gewitter übergehen. Dabei besteht die Gefahr von
Starkregen, Hagel und stürmischen, vereinzelt Sturmböen. Nachts klingen die
Schauer und Gewitter von Westen ab. In der kühlen Luftmasse im Norden kann es im
Norden bei längerem Aufklaren stellenweise Nachtfrost und streckenweise Frost in
Bodennähe geben.

Am Samstag wird der westeuropäische, flache Höhenkeil durch einen von der
Iberischen Halbinsel/Biskaya kommenden Randtrog weiter abgeflacht. Dieser
Randtrog verlagert sich samt einer flachen Tiefdruckzone am Boden, die sich von
der Iberischen Halbinsel und dem westlichen Mittelmeer bis nach Südfrankreich
erstreckt, ostwärts und erreicht so auch en Alpenraum und die südlichen
Landesteile. Nach Norden hin sorgt ein Randtrog, der das skandinavische
Höhentief umläuft für eine Austrogung desselben. Insgesamt ist also nach Abzug
Regenfälle aus der Nacht nach Osten und Abklingen der Niederschläge am Alpenrand
die vorübergehende Wetterberuhigung in gradientschwachem, leicht antizyklonalem
Umfeld nur von kurzer Dauer und im späteren Tagesverlauf (evtl. auch erst im
Laufe der Nacht zum Sonntag) erreichen den Südwesten und Süden neue
Niederschläge, nach Norden hin nimmt mindestens die Bewölkung deutlich zu. Vor
dem Kurzwellentrog dreht die Strömung leicht auf Südwest, so dass bei
Temperaturen in 850 hPa von etwa 8 Grad im Süden, die 20 Grad-Marke zumindest
entlang des Ober- und Hochrheins geknackt werden könnte. Im Norden bleibt es mi
12 bis 15 Grad, an den Küsten um 10 Grad, eher kühl.

Am Sonntag verlagert sich zum einen der Kurzwellentrog im Süden von
Südfrankreich her weiter ostwärts nach Norditalien und in den Alpenraum. Das
korrespondierende, relativ flache Bodentief zieht vom Westalpenraum/Schweiz
ostwärts. Milde und vor allem auch feuchte Luftmassen sorgen mit
Aufgleitprozessen daher im Alpenraum und bis in den Süden Deutschlands für
dichte Bewölkung und regnerisches Wetter. Zum anderen umläuft im Norden der
bereits am Samstag erwähnte Randtrog den Skandinavientrog, so dass die zunehmend
markante Trogvorderseite den Nordwesten Deutschlands erreicht. Höhenkältere Luft
um -25 Grad sorgt für eine gewisse Labilisierung und schauerartige
Niederschläge, die sich vom Nordwesten südostwärts ausbreiten. Rückseitig dreht
die Strömung auf nördliche Richtungen und eine polare Luftmasse mit 850
hPa-Temperaturen zwischen 0 und -5 Grad fließt ein. Nachts kann es teils
Aufklaren, so dass im Norden erneut Frost in Bodennähe nicht ausgeschlossen
werden kann.

Am Montag stößt ein weiterer Randtrog vom Ostatlantik bzw. der Bretagne kommend
südostwärts in Richtung Südfrankreich, damit ergibt sich ein langgestreckter
Trog über weiten Teilen Europas von Skandinavien bis ins westliche Mittelmeer.
Dabei gelangt der Nordwesten und Westen Deutschlands allmählich auf dessen
Rückseite und unter leicht ansteigenden Bodendruck und etwaige Niederschläge
klingen ab. Der Süden und Osten liegen noch überwiegend trogvorderseitig und im
Einflussbereich des nur allmählich ostwärts abziehenden Bodentief über der Adria
und dem nördlichen Balkan und es kommt weiterhin noch zu zeitweiligen
Regenfällen. Vor allem am Alpenrand dauern diese wohl auch noch die Nacht zum
Dienstag über an. Die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht dann nachts auch die
Alpen, in Lagen oberhalb etwa 1500 m kann somit Schnee fallen.

Am Dienstag verlagert sich der langgestreckte Trog vor allem in seinem Südteil
ostwärts, so dass auch in Süddeutschland der Druck ansteigt und die
Niederschläge an den Alpen abklingen. In der Mitte und im Süden stehen die
Zeichen also eher auf vorübergehende Wetterberuhigung, auch an den Alpen klingen
die Niederschläge ab. Im Norden dürfte aber ein weiterer Randtrog, der den
nördlichen Troganteil über Skandinavien von der Nordsee her umläuft, für Hebung
sorgen, so dass von der Nordsee her neue, schauerartige Niederschläge aufkommen
und sich ins Landesinnere ausbreiten.

Zur erweiterten Mittelfrist ab Mitte kommender Woche deutet sich womöglich eine
vorübergehende Wetterberuhigung an, der westeuropäische Höhenkeil wird etwas
regeneriert bzw. weitet sich etwas nach Nordosten. In wie fern und vor allem wie
nachhaltig wir davon profitieren können, bleibt aber abzuwarten. Eine
grundlegende Änderung der Strömungsmuster ist jedenfalls nicht in Sicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Läufe kann eigentlich nur zu Beginn der
Mittelfrist am Freitag noch als relativ gut bezeichnet werden, wobei auch hier
schon Unsicherheiten in der genauen Zugbahn des Wellentiefs bestehen und
zumindest aktuell eine Tendenz zu einer nördlicheren Variante vorliegt. Damit
verbunden sind Unsicherheiten hinsichtlich der Niederschlagsschwerpunkte und der
Gebiete mit böig auflebendem Wind an der Südflanke des Tiefs.

Insgesamt verbleiben wir im gesamten Mittelfristzeitraum in einem relativ
gradientschwachen Umfeld, wetterbestimmend sind vor allem die Strukturen in den
mittleren Atmosphärenschichten und hier bestehen erhebliche Unsicherheiten
hinsichtlich der Ausprägung und dem zeitlichen Verlauf von meist kurzwelligen
Randtrögen bzw. der Austrogung des skandinavischen Höhentiefs nach Süden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die anderen Globalmodelle liefern ähnliche Vorhersage, aber auch hier
bestehen Unsicherheiten in Ausprägung und Timing der zyklonalen
(Höhen-)Strukturen.
So gibt es zum Beispiel auch für das Wellentief am Freitag unterschiedliche
Positionen: ICON simuliert eher eine Tiefdruckrinne ausgehend vom steuernden
Tief über dem Atlantik über die Britischen Inseln nach Nord-/Mitteldeutschland,
vom Zentrum her ab in ähnlicher Position wie das IFS, GFS simuliert das Tief
bzw. auch eher eine Tiefdruckrinne etwas weiter nördlich über
Norddeutschland/Dänemark und UK10 hat wieder ein abgeschlossenes, flaches
Bodentief in einer deutlich südlicheren Position.
Im weiteren Verlauf werden jeweils weitere, meist kurzwellige Anteile von den
unterschiedlichen Modellen simuliert, aber wie erwähnt zeigen sich doch
deutliche Unterschiede im Position, Ausprägung und Timing.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse für den ersten Mittelfristzeitraum von Freitag 00 UTC bis
Samstag 00 UTC (+72 bis +96 h) liefert zwar vier Cluster mit 17, 14, 13 und 7
Membern, bei der Betrachtung des Geopotenzials in 500 hPa kann man für unseren
Vorhersagebereich aber keine Unterschiede entdecken, blickt man auf das 1000
hPa-Niveau, sieht man (ähnlich wie bei der Betrachtung anderer Globalmodele)
leicht unterschiedliche Positionen und Ausprägungen des Wellentiefs
(abgeschlossenes Tief oder Tiefdruckrinne). Nebenbei - Haupt- und Kontrolllauf
werden in Cluster 2 eingruppiert. Im Folgezeitraum von Sonntag 00 UTC bis
Dienstag 00 UTC (+120 bis +168 h) werden ebenfalls vier Cluster gezeigt (19, 14,
10 und 8 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 2). Beim
Grundströmungsmuster gibt es kaum Fragezeichen, hinsichtlich der Rand- und
Kurzwellentröge und deren Position und Timing aber schon.
In der erweiterten Mittelfrist gibt es hingegen nennenswertere Unterschiede: es
werden erneut vier Cluster simuliert mit 17 (inkl. deterministischem Lauf), 15
(mit Kontrolllauf), 14 und 5 Membern. Die Varianten reichen von einer relativ
zonalen, überwiegend zyklonalen Grundströmung (Cluster 1 und 4) über eine recht
weit nördliche ansetzende zyklonale Westlage (Cluster 3) Süden vielleicht recht
stabil) bis zu einem sich aufwölbenden Keil bis in die nördliche Nordsee und
somit wohl auch bis in unseren Vorhersagebereich reichend als antizyklonale
Variante (Cluster 2 und somit gar nicht so wenig Member).

Auch die Rauchfahnen bringen wenig neue Erkenntnisse. Die Niederschlagssignale
sind permanent vorhanden, Schwerpunkte am Freitag und vor allem im Süden ab
Sonntag. Der Spread in Bezug auf das Geopotenzial in 500 hPa und die Temperatur
in 850 hPa ist spätestens ab Beginn der kommenden Woche relativ groß.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Hinsichtlich warnwürdiger Wettererscheinungen gibt es zwei Schwerpunkte. Der
erste Schwerpunkt ist der Freitag, wo sowohl die deterministischen Modellläufe
als auch der EFI (hinsichtlich Regen und Labilität (CAPE shear)) im Tagesverlauf
im Südwesten und Süden vermehrte und teils markante Gewitter andeuten. Als
potenzielle Begleiterscheinungen stehen Starkregen, Hagel und Sturmböen auf dem
Programm. Einzelne Unwetter sind dabei ebenfalls nicht ausgeschlossen, vor allem
wohl hinsichtlich Starkregen bei wiederholt auftretenden Schauern/Gewittern
(eher 6 Stunden Kriterium, Zuggeschwindigkeit ist ja eigentlich vorhanden) und
Hagel, lokal schwere Sturmböen sind vielleicht auch nicht ganz ausgeschlossen.

Der andere Schwerpunkt ist ein geografischer, nämlich der Alpenrand. Hier gibt
es Dauerregensignale zum einen für Freitag bis Samstag früh mit leichten
Schleif-/Staueffekten der konvektiv durchsetzten Niederschläge dort. Zum anderen
werden beginnend am Sonntag bis etwa Dienstagfrüh erneut anhaltende
Niederschläge (oberhalb etwa 1500 m zumindest vorübergehend mal Schnee)
simuliert, so dass dann am Alpenrand erneut Dauerregengefahr besteht.

Abseits dieser beiden Schwerpunkte tauchen dann nicht mehr viel warnwürdige
Wetterelemente auf. Am Freitag besteht vielleicht auch abseits der Schauer und
Gewitter im Südwesten und Süden die Gefahr von starken bis stürmischen Böen, da
der Gradient auf der Südseite des Tiefs etwas zunimmt. Ansonsten kann im Norden
bei Aufklaren in den Nächten (vor allem wohl auf Samstag und Montag) Frost in
Bodennähe nicht ausgeschlossen werden.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-EZ
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger