DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-04-2023 17:01
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 24.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht und am Dienstag an den Küsten noch stürmische Böen, im Süden ab
Dienstagmittag einzelne Gewitter mit Böen Bft 7/8.
Ansonsten zwar leicht unbeständig und kühl mit Frostgefahr vor allem in den
Nächten auf Mi und Do, aber keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines von der
Barentssee über die Norwegische See und die Nordsee bis ins westliche
Mitteleuropa reichenden Langwellentroges. An dessen Südwestflanke schwenkt ein
markanter Kurzwellentrog, der sich aktuell über dem Nordosten des
Vorhersagegebietes befindet, in den kommenden Stunden rasch weiter
nordnordostwärts. Diesem vorgelagert ist die teilokkludierte Kaltfront eines
Bodentiefs über dem Skagerrak, die inzwischen nach Polen abgezogen ist. Dieser
wiederum folgt ein weiterer flacher Bodentrog mit schauerartigen Regenfällen,
der sich ebenfalls in den kommenden Stunden rasch über den äußersten Nordosten
und Norden des Landes hinweg nordwärts verlagert.
Im Laufe der Nacht schwenkt die in mehrere kurzwellige Anteile aufgesplittete
Achse des Langwellentroges allmählich ins Vorhersagegebiet. Im Bodenfeld
korrespondiert einer dieser nur flachen kurzwelligen Sekundärtröge mit einem
weiteren Bodentrog, der im Laufe der Nacht von Nordwesten her auf
Norddeutschland übergreift und morgens in etwa die nördliche Mitte erreicht. Vor
allem mit Passage des Troges gibt es weitere, allerdings nur wenig ergiebige
Schauer. Diesem Trog folgt maritime Polarluft, so dass die 850 hPa-Temperatur
morgens bis in die mittleren Landesteile auf -2 bis -6 Grad sinkt und in den
Kammlagen einiger Mittelgebirge auch vereinzelte leichte Schneeschauer fallen
können, die aber keinen nennenswerten Neuschneezuwachs bringen.
Rückseitig des Bodentroges verschärft sich an den Küsten, vor allem im
Nordseeumfeld der Gradient und es gibt dort verbreitet steife Böen (Bft 7) aus
West, entlang auflandiger Abschnitte der Nordseeküste bei auf Nordwest drehendem
Wind später auch stürmische Böen (Bft 8).
In der Mitte und im Süden des Landes setzt sich hingegen der leichte
Druckanstieg fort und von Frankreich her weitet sich ein flacher Hochkeil nach
Süddeutschland aus. Somit schwächt sich der Wind im Binnenland, sondern auch in
höheren Lagen im Laufe der Nacht deutlich ab. Lediglich auf dem Brocken legt er
mit Annäherung des Bodentroges mit Böen Bft 8, morgens auch 9 wieder etwas zu.
Während die Luftmasse in der Nordhälfte aufgrund der niedertroposphärischen KLA
nur noch bis etwa 800 hPa labil geschichtet ist und somit dort nach Abzug des
Bodentroges aus flacher Quell- bzw. SC-Bewölkung nur noch einzelne leichte
Regen- bzw. Sprühregenschauer fallen, labilisiert die Luftmasse in der Südhälfte
sogar noch etwas, da ein weiterer kurzwelliger Sekundärtrog morgens von
Nordostfrankreich her auf den Südwesten des Landes übergreift. Die 500
hPa-Temperatur sinkt auf -28 bis -30 Grad, in 500 hPa verharrt sie bei knapp
unter 0 Grad. Zudem wird trogvorderseitig aufgrund von PVA dynamische Hebung
wirksam werden, so dass die Schauertätigkeit vor allem im Südwesten (Baden) und
in der "südlichen Mitte" (von Rheinland-Pfalz über Südhessen bis nach
Oberfranken) wieder auflebt, gebietsweise fällt dort auch schauerartiger Regen.
Kurze Gewitter können nicht ganz ausgeschlossen werden, erscheinen aber eher
unwahrscheinlich. Meist fallen um 5 l/qm, gebietsweise werden aber auch mehr als
10 l/qm simuliert (Odenwald bzw. Schwarzwald).
Auch weiter südlich, vor allem an den Alpen und im Vorland, gibt es weitere
Schauer, die aber nur wenig ergiebig ausfallen, während es vom nördlichen
Vorland bis zur Donau oft trocken bleibt.
Die Schneefallgrenze sinkt auf etwa 1000 m, an den Alpen auf etwa 1200 m,
allerdings bleiben die Mengen so gering, dass es nicht für eine nennenswerte
Schneedecke reichen dürfte. Mit leichtem Frost ist aufgrund der meist starken
Bewölkung auch nur in den Kammlagen der Mittelgebirge zu rechnen.

Dienstag ... schwenkt die zunehmend negativ geneigte Hauptachse des
Langwellentroges allmählich über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts. Über
Westeuropa hat sich derweil ein flacher Rücken aufgewölbt, so dass sich eine
relativ glatte bzw. leicht zyklonal konturierte nordwestliche Höhenströmung über
Mitteleuropa etabliert.
Der nur noch flache Bodentrog kommt rasch nach Süden voran und erreicht abends
die Alpen bzw. das Alpenvorland. Südlich davon bleibt die Luftmasse zunächst
noch hochreichend labil geschichtet, zudem dauert der dynamische Hebungsantrieb
unmittelbar vorderseitig der durchschwenkenden Trogspitze noch an. Somit gibt es
dort trotz weiteren Druckanstieges (der nach Südwestdeutschland gerichtete
Bodenhochkeil verstärkt sich noch etwas) weitere schauerartige Niederschläge
bzw. Schauer und auch kurze Gewitter (mit Graupel und Böen Bft 7 bis 8), deren
Hauptaktivität sich aber am Nachmittag und Abend aber mehr und mehr Richtung
Schwarzwald, Alpen und Alpenvorland zurückzieht. Gebietsweise fallen dort um
oder knapp über 10 l/qm bis zum Abend.
Niedertroposphärisch kommt die maritime Polarluft aber kaum weiter nach Süden
voran, die 850 hPa-Temperatur sinkt in der Nordhälfte auf etwa -5 bis -6 Grad,
an den Alpen dagegen lediglich auf etwa 0 bis -1 Grad. Somit spielt die
Schneefallgrenze warntechnisch - wenn überhaupt - ab den Nachmittagsstunden
lediglich an den Alpen oberhalb von etwa 1000 m eine Rolle.
Im Norden und in der Mitte reicht die Kaltluft lediglich bis etwa 700 hPa,
darüber etabliert sich eine Temperaturinversion, die höherreichende Konvektion
verhindert. Im Bereich des durchschwenkenden Höhentroges können sich auch dort
einzelne kurze und unergiebige Regen- bzw. Sprühregenschauer entwickeln, für
Gewitter sollte es aber mangels vertikaler Erstreckung der labilen Luftmasse
kaum reichen. Im Tagesverlauf macht sich an der Südwestflanke des nur zögernd
nach Südschweden ziehenden und sich kaum auffüllenden Bodentiefs zudem
Skandenföhn bemerkbar, so dass sich an den Küsten auch mal länger die Sonne
zeigen kann.
Der scharfe Gradient im Norden und Nordosten des Landes bleibt aufrecht und mit
dem Tagesgang frischt auch im Binnenland der Wind aus West bis Nordwest auf. Im
Norddeutschen Tiefland, etwa von Niedersachsen bis nach Brandenburg, gibt es
recht verbreitet steife, im Nordseeumfeld und entlang der vorpommerschen Küste
auch stürmische Böen, auf dem Brocken vereinzelt stürmische Böen bzw. Sturmböen.

Die Höchsttemperaturen erreichen für die Jahreszeit zu niedrige Werte zwischen 7
und 12 Grad, in mittleren Höhenlagen werden kaum 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Langwellentrog weiter ins östliche
Mitteleuropa, allerdings nimmt die negative Achsneigung noch etwas zu, so dass
das Bodentief über Südschweden trogvorderseitig quasistationär bleibt und sich
auch kaum auffüllt. Die nordwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
bleibt glatt bzw. nur leicht zyklonal gekrümmt, so dass großräumige dynamische
Hebungsantriebe kaum mehr auszumachen sind. Somit klingen eventuelle Schauer
rasch ab und die Niederschläge im Süden ziehen sich bis Mittwochfrüh zu den
Alpen bzw. ins östliche Alpenvorland zurück. Dort schwankt die 850
hPa-Temperatur nach wie vor zwischen 0 und -2 Grad, so dass es lediglich
oberhalb von etwa 800 bis 1000 m schneit, gebietsweise kommen dort über 5 cm
Neuschnee zusammen.
Auch an den Küsten, insbesondere der Nordsee kann es noch leichte Schauer bzw.
etwas (Niesel)regen geben, sonst bleibt es aber weitgehend trocken. Der nach
Südwest- und Süddeutschland reichende Bodenhochkeil weitet sich noch etwas nach
Osten aus und kommt ein wenig nach Norden voran, vor allem von der Donau an
nordwärts bis zu den Mittelgebirgen lockern die Wolken deutlich auf, teilweise
ist es dort gering bewölkt, ebenso an der Ostsee. Die Temperatur in 850 hPa über
der Nordhälfte sinkt noch etwas auf etwa -5 bis -7 Grad ab, somit gibt es bei
aufgelockerter bis geringer Bewölkung vielerorts leichten Frost, zumindest aber
Bodenfrost.
Der schärfste Gradient zieht sich allmählich nach Norden zurück und auch
tagesgangbedingt flaut der Wind im Binnenland rasch ab. An den Küsten gibt es
aber weitere steife, an der vorpommerschen Ostseeküste auch noch stürmische Böen
aus West bis Nordwest.

Mittwoch ... kommt der flache Höhenrücken über Westeuropa etwas nach Osten voran
und erreicht die Biskaya bzw. Irland, während der Langwellentrog ins Baltikum
schwenkt. Somit bleibt die nordwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa
aufrecht, darin eingebettet, zieht ein flacher Trog über das Vorhersagegebiet
hinweg südostwärts, der aber keinen nennenswerten Hebungsantrieb mehr bietet.
Im Bodenfeld kommt die flache, sich über Mitteleuropa geringfügig abschwächende
Hochdruckbrücke bzw. Hochdruckzone ein wenig nach Norden voran, deren
Divergenzachse erstreckt sich abends in etwa vom Niederrhein bis ins Vogtland.
Südlich davon dreht der Wind eher auf nördliche Richtungen und weht nur schwach,
während er im Norden und Nordosten noch recht lebhaft aus West bis Nordwest
weht. Vor allem in Nordfriesland und entlang der vorpommerschen Küste bis nach
Ostvorpommern kann es noch steife, rund um Rügen stürmische Böen geben, ehe er
zum Abend hin auch dort nachlässt.
In der Nordosthälfte erstreckt sich die labil geschichtete maritime Polarluft
weiterhin bis etwa 700 hPa und es kann aus aufgelockerter, vor allem vom
Weser-Ems-Gebiet bis ins südöstliche Niedersachsen teils aber auch starker
Bewölkung hier und da noch kurze Schauer geben oder etwas regnen bzw. nieseln.
Von Nordfriesland bis nach Vorpommern macht sich zudem der Skandenföhn mit
längeren sonnigen Abschnitten bemerkbar.
In der Mitte und im Süden kann sich die Sonne ebenfalls nicht überall gut
durchsetzen. Einerseits bilden sich mit dem Tagesgang vielerorts flache
Quellwolken, Richtung Alpen ist es auch noch stark bewölkt, im Stau fällt
gebietsweise etwas Regen, ab etwa 1000 bis 1500 m Schnee. Andererseits
simulieren die Modelle im Tagesverlauf viel mittelhohes Gewölk, das wohl auf den
durchschwenkenden flachen Trog zurückzuführen ist. Gebietsweise stehen aber
durchaus einige Sonnenstunden ins Haus.
Die Temperatur macht innerhalb der maritimen Polarluft, die sich nur sehr
zögernd erwärmen kann, keine großen Sprünge. Mehr als 8 bis 13 Grad, mit mehr
Sonne im Westen/Südwesten eventuell bis nahe 15 Grad sind nicht zu erwarten.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der flache, aber breit angelegte Höhenrücken
weiterhin nur langsam Richtung Britischen Inseln voran, während der Höhentrog
Dipolcharakter annimmt mit Drehzentren über dem Nordmeer (östlich von Island)
und über Mittelschweden.
Auch das Bodentief über Südschweden macht weiterhin nur wenig Boden nach Norden
gut und blockiert seinerseits die Hochdruckzone über Deutschland, deren
Divergenzachse im Westen vielleicht etwas nach Norden (bis zum Emsland)
vorankommt, die aber sonst fast quasistationär bleibt und ein wenig abgebaut
wird. Gleichzeitig wird der Rücken von WLA überlaufen, die sich morgens
eventuell auch schon im Nordwesten des Vorhersagegebietes bemerkbar machen kann.

Ansonsten verläuft die Nacht aber wettertechnisch ruhig. Im Nordosten flaut der
Nordwestwind nur zögernd ab, ist aber wohl kaum mehr warnrelevant. Die
Quellwolken lösen sich vielerorts auf, lediglich am Alpenrand bleibt es noch
stärker bewölkt, die mittelhohen Wolken ziehen südostwärts ab. Somit ist es
vielerorts aufgelockert bis gering bewölkt, vorübergehend auch klar. Erst später
ziehen im Westen und Nordwesten mit der WLA wieder dichtere Wolken auf, einige
Modelle haben am Niederrhein, im Emsland bzw. an der Nordsee sogar etwas Regen
auf der Agenda.
Dort, wo es länger klar bleibt, muss erneut in ungünstigen Lagen mit leichtem
Frost, zumindest aber mit Bodenfrost gerechnet werden.

Donnerstag ... flacht der Höhenrücken über Westeuropa zusehends ab, kommt aber
zumindest mit seinem Südteil nach Osten voran, der Höhentiefdipol über Schweden
wird dadurch etwas nach Norden abgedrängt. Somit dreht die nach wie vor relativ
glatte Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet etwas zurück auf West bis
Nordwest, wobei sich zunehmend mitteltroposphärische WLA bemerkbar macht.
Im Bodenfeld wird die ein wenig nach Nordosten vorankommende Hochdruckzone,
deren Divergezachse sich abends in etwa von der Deutschen Bucht bis nach Sachsen
erstreckt, weiter abgebaut. Von Westen her setzt Druckfall ein und am Abend
erreicht die Warmfront eines Teiltiefs knapp westlich von Irland eventuell schon
den äußersten Westen/Südwesten des Landes. Im Vorfeld werden die Wolken
allgemein allmählich wieder dichter und im Westen fällt im Tagesverlauf auch
etwas Regen, wobei das ICON-EU derzeit die progressivste Variante auf der Agenda
hat. Im äußersten Norden und Nordosten weht der Nordwest- bis Westwind an der
Nordflanke der Hochdruckzone noch lebhaft, aber nicht mehr warnrelevant.
Eventuell können sich dort nochmals kurze unergiebige Schauer entwickeln, am
ehesten wohl in einem Streifen von der Deutschen Bucht westwärts bis ins
östliche Niedersachsen bzw. nach Sachsen-Anhalt, während im Ostseeumfeld und in
Schleswig-Holstein vielleicht noch der Skandenföhn für längeren Sonnenschein
sorgt.
Wie weit sich die dichte WLA-Bewölkung auch schon in anderen Landesteilen
bemerkbar macht, ist noch unklar, die Modelle weisen diesbezüglich noch größere
Differenzen auf. In einigen Regionen könnte es aber durchaus für längeren
Sonnenschein reichen, anderswo bleibt es bewölkt, somit sind
MOSMIX-Sonnenscheinprognosen, die auch in viele Wetter-Apps, etc... laufen, sehr
mit Vorsicht zu genießen. Niedertroposphärisch macht die Erwärmung zunächst kaum
Fortschritte. Die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum Abend im Südwesten auf etwa
+5 Grad, im Nordosten verharrt sie dagegen noch bei -5 Grad. Somit wird es in
der Südwesthälfte bereits wieder etwas milder als an den Vortagen mit
Höchstwerten zwischen 13 und 18 Grad, am Oberrhein mit Sonne eventuell auch
darüber, während es im Norden und Osten mit 9 bis 14 Grad noch leicht unterkühlt
bleibt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle fahren alle eine einheitliche Linie. Im Detail ergeben sich ab der
Nacht zum Donnerstag Differenzen, die nicht warn-, aber am Donnerstag tagsüber,
was Niederschlag und Sonnenscheindauer angeht, durchaus prognoserelevant sind.
Diese wurden im Text angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff