DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-10-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.10.2016 um 10.30 UTC



Vielerorts trübes, antizyklonal dominiertes Wetter; an der Ostsee am Freitag
vorübergehend starke bis stürmische Böen. Zu Wochenbeginn eventuell
Wetterumstellung Richtung Troglage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 01.11.2016


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Freitag und am Samstag, dominiert im
Vorhersagegebiet wettertechnisch eine mehr oder weniger antizyklonal geprägte
Nordwestlage. Einem kräftigen und breit angelegten Höhenrücken über West- und
Südwesteuropa, der sich über die Britischen Inseln noch nach Norden ausweitet
steht am Freitag, 12 UTC ein auf Skandinavien übergreifender Höhentrog
gegenüber, der sich allmählich nach Osten verlagert und dabei nach Süden
ausweitet. Daraus resultiert über dem Vorhersagegebiet eine leicht antizyklonal
konturierte nordwestliche Höhenströmung.
Im Bodenfeld überquert die Kaltfront eines vom Europäischen Nordmeer nach
Nordskandinavien ziehenden Tiefs im Tagesverlauf und in der Nacht zum Samstag
den Norden und Osten Deutschlands, im Süden und Westen dominiert dagegen der
Einfluss eines kräftigen Hochdruckgebietes mit Schwerpunkt über Südwestengland
und Nordfrankreich, das sich allmählich nach Südwestdeutschland ausweitet.
Mit der Kaltfront, die nur relativ geringe Niederschläge bringt - im Südwesten
des Landes bleibt es sogar komplett trocken - gelangt in die Osthälfte ein
Schwall erwärmter Polarluft mit Temperaturen knapp unter 0 Grad in 850 hPa,
während im Westen und Südwesten milde subpolare Meeresluft mit deutlich
positiven 850er-Temperaturen dominiert. Warntechnisch von Relevanz könnte
eventuell der Wind im Nordosten werden, an der Ostseeküste sind vorübergehend
starke bis stürmische Böen aus Nordwest möglich. Insgesamt wird recht feuchte
Luft ins Vorhersagegebiet advehiert, so dass es meist stark bewölkt bis bedeckt,
vor allem im Süden teilweise auch neblig-trüb bleibt, Chancen auf Sonne bestehen
am ehesten im Südwesten und an den Alpen sowie postfrontal im Nordosten, im Lee
des Norwegischen Gebirges. Die Temperaturen steigen meist auf 8 bis 12 Grad, mit
etwas Sonne können im Südwesten bis zu 15 Grad erreicht werden.
Am Samstag weitet sich der Langwellentrog bei leichter Ostverlagerung über
Osteuropa weiter nach Süden, bis zum Schwarzen Meer aus, während sich der
Höhenrücken über West- bzw. dem westlichen Mitteleuropa und der Nordsee weiter
nach Norden, bis ins Nordmeer aufwölbt und mit seiner Achse ein wenig nach Osten
vorankommt. Gestützt wird der Rücken durch markante WLA auf der Vorderseite
eines nach Island ausgreifenden Höhentroges, die über die Keilachse hinweg auch
auf Nord- und in der Nacht zum Sonntag auf Ostdeutschland übergreift, so dass es
dort auch niedertroposphärisch wieder milder wird.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt bis Sonntag, 00 UTC nach Deutschland.
Damit dreht die Bodenströmung im Südwesten mehr auf Südost und es wird etwas
trockenere Luft dorthin advehiert, so dass vor allem dort und an den Alpen auch
mal länger die Sonne scheinen kann. Gebietsweise hält sich aber auch zäher
Nebel. Ansonsten bleibt es im Einflussbereich feuchter Luftmassen in der
Grundschicht vielerorts stark bewölkt oder trüb, nur selten setzt sich die Sonne
durch, am ehesten noch im Westen und eventuell auch im Nordosten. Hier und da
fällt etwas Regen oder Nieselregen, bevorzugt in der Osthälfte und im
Nordwesten, wo sich die WLA am stärksten bemerkbar macht. Am Temperaturniveau
ändert sich nur wenig, nachts kann es bei Aufklaren in ungünstigen Lagen
leichten Frost geben.
Am Sonntag schwenkt der Höhenrücken allmählich südostwärts und befindet sich am
Montag, 00 UTC mit seiner Achse über Mitteleuropa und Skandinavien. Der
Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert sich bis Montag, 00 UTC nach Südosteuropa,
der Norden und Nordosten werden von der Warmfront eines zum Nordmeer ziehenden
Tiefs mit geringen Niederschlägen überquert.
Ansonsten dominiert auch am Sonntag Hochdruckeinfluss mit vielerorts neblig-
trübem Wetter, längere sonnige Abschnitte sind wohl am ehesten im Süden und
Südwesten möglich. Am Temperaturniveau ändert sich weiterhin nur wenig.
Am Montag zieht ein Höhentrog ins Nordmeer und weitet sich bis Dienstag, 00 UTC
nach Norddeutschland aus. Im Bodenfeld greift die Kaltfront eines sich im Lee
des Norwegischen Gebirges entwickelnden und zur mittleren Ostsee ziehenden Tiefs
mit schauerartigen Niederschlägen auf den Nordwesten des Landes über und
erreicht bis Dienstagfrüh die Mitte des Landes. Ihr folgt ein Schwall polarer
Meeresluft mit Temperaturen bis -3 Grad in 850 hPa, so dass in den
Mittelgebirgen teilweise etwas Schnee fällt. Postfrontal frischt der Wind aus
Nordwest auf, an den Küsten sind starke bis stürmische Böen möglich.
Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch greift der Höhentrog auch Mitteleuropa
über. Bei lebhaftem, in Böen starkem, an den Küsten und im Bergland auch
stürmischem Nordwestwind gibt es oft Schauer, eventuell auch kurze Gewitter, in
den Mittelgebirgen und an den Alpen fällt bis in mittlere Höhenlagen auch
Schnee. Insgesamt geht das Temperaturniveau im Einflussbereich maritimer
Polarluft (-2 bis -4 Grad in 850 hPa) zurück.


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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Sonntag erweist sich der aktuelle Lauf des ECMWF als
konsistent zu seinen Vorgängern, sämtliche vorliegende Vorläufe zeigen eine
antizyklonale Nordwestlage.
Ab der Nacht zum Montag kommt es allerdings zu größeren Diskrepanzen in erster
Linie gegenüber dem gestrigen 00 UTC-Lauf. Danach sollte der markante
Höhenrücken auch am Montag und in der Nacht zum Dienstag noch bei nur leichter
Ostverlagerung und Abflachung wetterwirksam bleiben, erst im späteren
Tagesverlauf des Dienstags ließ der Lauf einen flachen Höhentrog auf den
Nordwesten Deutschlands übergreifen. Der gestrige 12 UTC-Lauf zeigt dagegen eine
dem aktuellen Lauf sehr ähnliche Wetterentwicklung, wobei die Austrogung über
Mitteleuropa am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch nicht ganz so markant
simuliert wurde.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Was das Wettergeschehen in Mitteleuropa betrifft, unterschieden sich auch die
Globalmodelle untereinander bis einschließlich Sonntag kaum. Alle zeigen die
antizyklonale Nordwestlage, wobei die Achse des Höhenrückens am Sonntag, 12 UTC
nach ECMWF in etwa über West- und Nordwestdeutschland verläuft, nach GFS etwa
über der Nordsee und nach ICON über die Britischen Inseln.
Ab Montag beginnen die Läufe dann allmählich zu divergieren. Alle Läufe zeigen
zwar eine Austrogung über dem Nordmeer, nach ECMWF fällt diese aber deutlich
markanter aus als nach den anderen vorliegenden Globalmodellen. Am Dienstag, 12
UTC befindet sich der Trog mit seinem Drehzentrum bereits über Südskandinavien
und hat auf weite Teile Mitteleuropas ausgegriffen. Lediglich GFS schlägt eine
ähnliche Marschroute ein, zeigt aber eine deutlich schwächere Entwicklung und
lässt den Nordmeertrog austropfen; das daraus resultierende Cut-Off-Tief
befindet sich am Dienstag, 12 UTC über der Deutschen Bucht. GEM simuliert zu
diesem Termin eine antizyklonale Nordwestlage, nach ICON befindet sich
Deutschland noch immer im Einflussbereich des markanten Höhenrückens, dessen
Achse über den Süden und die Ostgrenze des Landes hinweg nordostwärts verläuft.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich die 49 Ensemblemitglieder des ECMWF
sowie der Haupt- und der Kontrolllauf auf 2 Cluster, die sich beide über
Mitteleuropa kaum unterscheiden und die auch vom Hauptlauf simulierte
antizyklonale Nordwestlage zeigen.
Auch für den nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden) ergeben sich 2
Cluster (29 bzw. 22 Member), die zum Ende des Zeitraumes hin unterschiedliche
Entwicklungen, das Wetter über Mitteleuropa betreffend, auf der Karte haben.
Cluster 1 deutet erneut den Übergang zu einer eher antizyklonal geprägten
Nordwestlage an, während Cluster 2 zum 168 h-Termin (Dienstag, 00 UTC) - ähnlich
wie der Hauptlauf, der sich auch in diesem befindet - eine markante Austrogung
über Skandinavien zeigt.
In eine ähnliche Richtung (Nordwest antizyklonal oder Übergang zu Trog
Mitteleuropa) schlagen auch die einzelnen Ensemblemitglieder des GFS, wobei dort
noch die Variante "Cut-Off" über der Nordsee ins Spiel kommt, die neben dem
Hauptlauf auch einzelne Ensemblemitglieder auf der Karte haben. Die vom ICON
präferierte Wetterentwicklung (nur langsame Ostverlagerung des markanten
Höhenrückens) zeigen allerdings so gut wie keine Ensemblemitglieder des GFS bzw.
ECMWF.
In der erweiterten Mittelfrist verteilen sich die ENS-Läufe auf 4 Cluster (17,
15, 11, 8 Member), die allesamt mehr oder weniger zyklonal geprägtes
Wettergeschehen über dem Vorhersagegebiet dominieren lassen. Während Cluster 1
bis 3 eher auf die Wetterlage "West bzw. Nordwest zyklonal" umschwenken, soll
sich nach Cluster 4 mit einem Abtropfprozess über Südwesteuropa eine Südwestlage
über Mitteleuropa einstellen, die wieder zunehmend antizyklonal geprägt ist.
Die Rauchfahnen zeigen bis Montag im Westen des Landes ein recht hohes
Temperaturniveau in 850 hPa, das Gros der Member bewegt sich zwischen 7 und 11
Grad mit ein paar "Ausreißern" nach unten (Einzelläufe selbst im Westen bis -2
Grad). Umgekehrt verhält es sich über der Osthälfte, postfrontal sinken die
Temperaturen in der Nacht zum und am Samstag in den meisten Einzelläufen auf
unter 0 Grad, bevor sich die Einzelmember am Sonntag und Montag relativ
gleichmäßig über einen sehr großen Spread zwischen -4 und +9 Grad verteilen.
Im Laufe des Dienstags zeigen dann auch im Westen die meisten Einzelläufe -
ähnlich wie Kontroll- und Hauptlauf - einen deutlichen Rückgang der Temperatur
in 850 hPa. Ab Mittwoch bewegt sich das Gros der Member auch im Westen zwischen
-1 und -4 Grad und nur noch wenige Einzelläufe darüber (im Extremfall bis +8
Grad).
Niederschlagssignale treten in der Osthälfte den ganzen Vorhersagezeitraum über
auf, verstärkt allerdings am Sonntag und vor allem ab Dienstag. Im Westen
simulieren die Einzelläufe hingegen bis einschließlich Sonntag so gut wie keine
Niederschläge.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI hat keinerlei Signale für außergewöhnliche Wetterereignisse auf der Karte.
Am Freitag und in der Nacht zum Samstag, teilweise auch noch Samstag tagsüber
zeigen vor allem die ENS des ECMWF, aber auch COSMO-LEPS erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für markante Böen (Bft. 8) aus Nordwest im Bereich der
Ostseeküste Vorpommerns, insbesondere vom Darß bis nach Usedom. Selbiges gilt am
Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch für das Nordseeumfeld.
Ansonsten sind im gesamten Vorhersagezeitraum keine signifikanten
Wetterereignisse zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMWF-EPS, MOSMIX (mit Abstrichen wegen der etwas zu hoch simulierten
Temperaturen, insbesondere in den trüben Regionen von Freitag bis Sonntag).
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff