DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-04-2023 08:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL HNFz, Übergang zu SWz
Nach Kaltlufttropfen heute, am Freitag im Westen und Süden starke Gewitter und
zum Samstag Kurzbesuch des Vollfrühlings.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... überquert ein ausgeprägtes Höhentief Deutschland von Ost nach
West. Der resultierende Wolkenwirbel zeigt sich eindrucksvoll im morgendlichen
Satellitenbild, wobei das Drehzentrum über dem Westen des Landes zu finden ist.
Dort ist auch im Radarbild ein schauerartig verstärktes Regengebiet zu finden.
Der Wolkenwirbel erstreckt sich um das Höhentief herum. So zieht ein
Niederschlagsband von Ost nach West über dem Norden, im Osten ziehen die
Niederschläge von Süd nach Nord und im Süden schließlich von West nach Ost.

Schaut man auf die Bodenkarte, so lässt sich allenfalls eine zyklonale
Ausbuchtung im Bodendruckfeld finden. Damit ist das Höhentief als ein mit
Höhenkaltluft angereicherter Kaltlufttropfen (KLT) klassifizierbar. Die T850 hPa
Temperatur liegt im Zentrum bei -3 bis -5 Grad und in 500 hPa gehen die Werte
bis -33 Grad zurück. Im Tagesverlauf lässt sich aber in beiden Höhenniveaus
bereits eine Erwärmung feststellen. Aufgrund des rechten großen
Temperaturgradienten zwischen 850 hPa und 500 hPa, sind die Niederschläge in den
westlichen Landesteilen (Zentrum des KLT) konvektiv geprägt. Gut möglich, dass
sich am frühen Nachmittag auch ein Blitz verirrt, ehe die Höhenkaltluft
westwärts abzieht. Allerdings ist die Luft auch sehr trocken (siehe spez.
Feuchte) und wenn überhaupt gehen mit Blitz und Donner allenfalls Windböen
einher.

Rückseitig der KLT setzt von Osten her massive WLA ein, die sich zum Nachmittag
auch in den Westen ausbreitet. Der skalige Wolkenwirbel um das Zentrum, wird
sich mit dem KLT weiter nach Westen verlagern. In dem engen Streifen kann es
auch mal etwas kräftiger regnen. Die verschiedenen Modelle zeigen dies vor allem
im Süden ausgehend vom Bodensee bis zur Fränkischen Alb. Dort können in 6 bis 12
h durchaus 10 bis örtlich 20 l/qm fallen.

Während zu Beginn des Tages die Niederschläge an den Alpen und in den Hochlagen
des westdeutschen Mittelgebirge noch als Schnee fallen, steigt die
Schneefallgrenze bis zum Nachmittag deutlich an, sodass auch in höheren Lagen
positive Maxima erwartet werden und Schnee kein Thema mehr ist. Infolge der
starken WLA sind an der Grenze zu Polen auch schon 17 Grad möglich, während im
Dauerregen rund um den Bodensee nur 6 bis 7 Grad erwartet werden.

Bleibt noch der Wind. Am Nordrand der zyklonalen Ausbuchtung im Bodenfeld ist
der Gradient etwas schärfer. Gerade im Westen zeigt ICON-D2 erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für einzelne Bft 7 Böen. Vornehmlich können diese in
Verbindung mit Schauern (oder kurzen Gewittern) wobei exponierten/freien Lagen,
aber nicht in der Fläche auftreten. Sonst sind an exponierten Küstenabschnitten
Windböen zu erwarten.

In der Nacht auf Freitag kommt der Kaltlufttropfen noch etwas nach Westen voran,
wird dann aber über dem Ärmelkanal zunehmend ortsfest. Gleichzeitig nimmt die
Temperatur in höheren Luftschichten langsam zu und der Kaltlufttropfen bekommt
allmählich Bodenbindung, wie man an einem sich entwickelnden Bodentief über
Nordfrankreich sehen kann.

Das Niederschlagsband des weiter existierenden Wolkenwirbels erstreckt sich etwa
vom Bodensee bis nach NRW und bleibt dort nahezu ortsfest liegen. Dies liegt vor
allem daran, dass sich das Höhentief nicht weiter verlagert. In dem schmalen
Streifen können durchaus 10 bis 20 l/qm fallen. ICON-D2 folgend gibt es auch
geringe Wahrscheinlichkeit für das Überschreiten der Warnschwellen in einem 6-12
stündigem Zeitraum. Auch in der Bodenseeregion könnte man in einem 24 h Zeitraum
bis Freitagmorgen an den Warnschwellen kratzen.

Durch die zunehmende Erwärmung aus Osten dürfte Frost meist keine Rolle mehr
spielen. Allenfalls in höheren Lagen im Südwesten kann es Luftfrost geben. Da es
am Oberrhein aus stärker aufklaren soll, kann dort auch in tiefen Lagen knapp
südwestlich des Niederschlagsbandes mit Werten nahe dem Gefrierpunkt und Frost
in Bodennähe gerechnet werden.

Der Ostwind ist vor allem noch an der Nordsee sowie an der
schleswig-holsteinischen Ostseeküste und in höheren Lagen der ost- und
südostdeutschen Mittelgebirge ein Thema.


Freitag... verbleibt das Höhentief nahezu ortsfest über dem Ärmelkanal liegen.
Deutschland liegt nun auf der Vorderseite in einer zunehmend südlichen bis
südöstlichen Höhenströmung. Damit werden deutlich wärmere Luftmassen advehiert
und die T850 hPa Temperatur steigt vom Süden bis zur Mitte auf über 5 Grad.

Das Wolkenband aus der Nacht erstreckt sich weiterhin vom Allgäu bis nach NRW,
wird aber im Tagesverlauf zunehmend löchrig und auch die Niederschläge nehmen im
Vormittagsverlauf deutlich ab.

Im Tagesverlauf kommt im Westen, aber auch im Süden Konvektion in Gang. Schaut
man sich die Zutaten an, so sieht man über der Südwesthälfte erhöhte Werte an
spezifischen Feuchte (lokal bis 7 g/kg in 0-500 m), die mit stärkerer Labilität
zusammenkommen. Die Lapse Rates sind deutlich erhöht. Am höchsten sind die Werte
im Westen (Nähe zum Höhentief) sowie im Süden. Im Süden werden die Alpen
überströmt, sodass im Alpenvorland die Lapse Rates zunehmen. Direkt an den Alpen
ist die Luft damit auch trockener, aber etwas abgesetzt können sich durchaus
recht beachtliche CAPE-Werte von bis zu 1000 J/kg aufbauen. Im Westen und
Südwesten sind es immerhin 200 bis 500 J/kg. In letzterer Region ist die
Scherung erhöht (15 bis 20 m/s in 0-6 km), sodass dort durchaus auch ein paar
organisierte Gewitter mit Sturmböen auftreten können. Dies wird auch von den
hochauflösenden Modellen angedeutet. Zudem liegt diese Region auf der linken
Ausgangsseite des Höhenjets. Die Hodographen zeigen vor allem in den unteren
Luftschichten eine kräftige Geschwindigkeits- aber auch Richtungsscherung.
Demnach besteht zumindest ein leicht erhöhtes Tornadorisiko.

Im Alpenvorland mit höheren CAPE-Werten ist die Windscherung deutlich geringer,
sodass dort organisierte Strukturen eher unwahrscheinlich sind. Durch lokale
Gegebenheiten, die an den Alpen ja gerne die lokale Strömung etwas ändern,
sollte man diese aber nicht komplett ausschließen. Im Alpenvorland gibt es noch
etwas anderes zu beachten und das sind die relativ gesehenen trockenen
Schichten, die in DCAPE Werten bis nahe 500 J/kg resultieren. Als Resultat
könnte durchaus auch mal eine Sturmböe auftreten.

Bleibt noch der Wind, der von Nordwesten ausgreifend bis in die Harzregion
zeitweise stark böig weht, wie man auch gut an den hohen Wahrscheinlichkeiten im
ID2 EPS sieht. In dieser Region ist auch der schärfste Gradient im
Bodendruckfeld zu sehen, der sich auch noch weiter bis in den Südosten
Deutschlands erstreckt. Damit muss in den Hochlagen der zentralen, östlichen und
südöstlichen Mittelgebirge mit stürmischen Böen gerechnet werden.

Das Temperaturniveau liegt deutlich höher als heute. Gebietsweise wird bereits
die 20 Grad Marke überschritten.

In der Nacht auf Samstag schwenkt die Trogachse östlich des weiterhin über
Südengland liegenden Höhentiefs nach Norden. Damit bleiben vor allem die
westlichen Landesteile noch länger unter Hebungseinfluss, vor allem weil man
dort weiterhin auf der liken Jetausgangseite liegt. Die Folge ist, dass sich die
konvektiv verstärkten Niederschläge und Gewitter bis in die erste Nachthälfte
hineinhalten und erst in der zweiten Nachthälfte zur Nordsee abziehen. Bei guten
Scherungsbedingungen sind auch weiterhin einzelne markante Böen möglich.

Im Rest des Landes ist es vielfach trocken. Durch WLA im Westen und Südwesten
muss aber im Südwesten und später Westen mit hohen bis mittelhohen Wolkenfeldern
gerechnet werden, sodass die Minima vereinzelt nicht unter die 10-Grad Marke
rutschen. Über die Mitte weiter nach Nordosten ist es oft gering bewölkt oder
klar.

Der Wind nimmt deutlich ab und es muss allenfalls noch an der Nordsee mit
Windböen gerechnet werden.

Samstag... ist die Trogachse nordwärts abgezogen und eine Keilachse befindet
sich über der Mitte des Landes. Diese kommt mit Annäherung des westeuropäischen
Troges im Tagesverlauf langsam ostwärts voran. Damit ergibt sich eine
südwestliche Strömung mit der die 850 hPa Temperatur verbreitet auf über 5 Grad
steigt, im Alpenvorland können leicht föhnig auch über 10 Grad erreicht werden.
Damit setzt sich vorübergehend überall der (Voll)Frühling durch. Die Maxima
liegen zwischen 18 und 24 Grad. Dabei ist es mit der Keilachse in der Osthälfte
am freundlichsten, während sich in der Westhälfte bereits die Trogannäherung
bemerkbar macht.

Zunächst sorgt noch das WLA Feld im Westen und Nordwesten für dichtere Wolken.
Wenn dieses am Nachmittag abzieht greift bereits KLA von Westen über und sorgt
für konvektive Niederschläge. Ob es auch für Gewitter reicht ist etwas fraglich.
Die Feuchte ist zwar recht hoch, die Labilität nimmt aber von Westen bereits ab.
Folglich lassen sich zwar einzelne Gewitter nicht ganz ausschließen, sind aber
eher gering wahrscheinlich. Die besten Chancen gibt es wahrscheinlich im
Südosten des Landes, wo es auch unterstützt durch die Überströmung der Alpen
eine bessere Zutatenüberlappung ergibt.
Mit der Konvektion können Windböen auftreten. So nehmen im Westen auch die 925
hPa und 850 hPa Winde zu.

In der Nacht auf Sonntag überquert die Kaltfront Deutschland von West nach Ost.
Damit wird auch ein konvektiv durchsetztes Niederschlagsband Deutschland
überqueren. Postfrontal lockert es von Westen vorübergehend stärker auf, eher in
der zweiten Nachthälfte bereits der nächste Kurzwellentrog von Frankreich her
übergreift. Auch der Wind lässt vorübergehend wieder deutlich nach. Einzig an
der Nordsee kann es weiterhin Windböen geben.

Unter den dichten Wolken gehen die Tiefstwerte nicht unter 10 Grad zurück.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen die Entwicklung der Kurzfrist sehr einheitlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer