DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-04-2023 17:01
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 18.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
WIND:
Heute auf höheren Schwarzwaldgipfeln stürmische Böen 8 Bft (um 70 km/h).
Am Mittwoch an der Ostseeküste sowie in den Kammlagen von Erzgebirge und
Thüringer Wald stürmische Böen 8 Bft. Auf dem Brocken Sturmböen (9 Bft). In der
Nacht zum Donnerstag im Bergland abflauender Wind, an Ost- und vermehrt auch an
der Nordsee weiterhin stürmische Böen. Am Donnerstag wahrscheinlich nur noch an
der westlichen Ostsee einzelne stürmische Böen.

GEWITTER:
Am Mittwoch im Osten sowie in der östlichen Mitte, am Donnerstag im Westen und
im äußersten Südosten vereinzelte kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Am
Freitag im Nordwesten, Westen, im Südwesten und in Teilen der Mitte einzelne
Gewitter, Wahrscheinlichkeit hierfür gegenüber den Vortagen etwas erhöht.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegt Deutschland im Randbereich eines Höhentiefkomplexes, der aus
mehreren relativ schwachen Kernen besteht. Diese liegen über Cornwall, dem
Tyrrhenischen Meer und Südosteuropa. Dieser Komplex wird von einem blockierenden
und stationären Hoch über dem Nordmeer flankiert. An der Ostflanke des
Höhenhochs, d.h. über Karelien, liegt ein Trog, der zu den Baltischen Staaten
austropft, was dort einen kräftigen Kaltlufttropfen ergibt.
Zwischen dem Höhentief über Cornwall und dem neuen Cut-Off-Tief ist
vorübergehend antizyklonaler Einfluss wetterwirksam. Absinken lässt die
Wolkendecke gebietsweise auflockern, im Randbereich zum Hoch, d.h. zur Küste
hin, sind die Wolkenlücken größer. Auch wenn der Gradient etwas zugelegt hat, so
gibt es warnrelevante Böen nur in exponierten Kamm- und Gipfellagen des
Schwarzwaldes.

In der Nacht zum Mittwoch wird der Kaltlufttropfen gemäß bodennaher Strömung
nach Westpolen gesteuert. Im Bodendruckfeld ist hiervon nur eine zyklonale
Ausbuchtung zu sehen. Ein Bodentrog ist zu viel gesagt. Absinken an dessen
Vorderseite lässt im Norden und Nordosten Deutschlands den Himmel aufklaren.
Dort ist in windgeschützten Lagen leichter Frost oder zumindest Frost in
Bodennähe nicht auszuschließen. Ansonsten hält sich meist stärkere Bewölkung und
es bleibt frostfrei.
Mit der Annäherung des Kaltlufttropfens legt im Nordosten der Gradient etwas zu,
für warnrelevante Böen reicht es (neben einigen exponierten Gipfellagen) vorerst
nur an der Vorpommerschen Küste.

Mittwoch ... wird der Kaltlufttropfen nach Ostsachsen gesteuert. Positive
Vorticityadvektion an dessen Westflanke hat keine Chance, Hebung zu generieren,
die Kaltluftadvektion ist dominierend. Erst rückseitig kommt, gestützt durch
Warmluftadvektion, etwas Hebung in Gang. Da die Schichtung noch sehr labil ist,
können sich im späteren Tagesverlauf über dem Nordosten Deutschlands einzelne
Kaltluftgewitter entwickeln. Zusätzlich schwache Hebung erfolgt an der Südflanke
des Kaltlufttropfens, was im Süden Deutschlands skalige Niederschläge aufkommen
lässt. Diese sind aufgrund des geringen Flüssigwassergehalts der Luftmasse
allerdings nicht warnrelevant, großflächig kommen im Südosten Deutschlands 5 bis
10, staubedingt an den Alpen 10 bis (nach Osten hin) bis 20 mm innerhalb von 12
Stunden zusammen.
Weniger durch eine Gradientverschärfung, sondern vielmehr durch die höhere
Labilität und die Wirkung des Tagesgangs frischt im Norden Deutschlands der Wind
böig aus Nordost auf. Bis ins Binnenland hinein sind Windböen Bft 7, an der
Vorpommerschen Ostseeküste und später auch an der westlichen Ostsee sowie in den
Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge stürmische Böen
und auf dem Brockenplateau Böen bis Sturmstärke zu erwarten.
Ansonsten, d.h. im Norden, Westen und größtenteils auch in den mittleren
Regionen Deutschlands, dominiert Absinken, wodurch sich größere Auflockerungen
abzeichnen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 7 bis 13, in Rheinnähe Werte
um 15 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag gelangt der Kaltlufttropfen in die Mitte
Deutschlands. Dieser bildet sich zunehmend auch im Bodendruckfeld in Form eines
Bodentroges ab. Kurzwellige Tröge, die diesen Kaltlufttropfen umlaufen,
generieren an dessen Nord- und Südflanke Hebung, so dass sich in diesen Regionen
die kräftigsten Niederschläge abzeichnen. Zwar sind diese nach wie vor nicht
warnrelevant, aber gebietsweise können dort 10 bis 15 mm und großflächig
immerhin einige bis etwa 10 mm innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen. Einzelne
Schauer, die im Kernbereich des Kaltlufttropfens, d.h. in den mittleren
Gebieten, zustande kommen können, fallen bis in Lagen zwischen 400 und 600 m als
Schnee oder zumindest in Mischphase. Im westlichen Bergland können in höheren
Lagen bis 5 cm Schnee fallen. Im süddeutschen Bergland und an den Alpen liegt
dagegen die Schneefallgrenze bei 800 bis 1000 m. Oberhalb davon sind ebenfalls
einige, im Allgäu bis 10 cm Schnee möglich.
Im Laufe der Nacht frischt dann, hauptsächlich durch die zunehmende Labilität
getriggert, an der Nordsee der Wind mit Böen bis Bft 7 und an der westlichen
Ostseeküste mit Wind- und stürmischen Böen auf, wogegen in Kamm- und Gipfellagen
dann keine warnrelevanten Böen mehr auftreten sollten.
Gebietsweise klart es auf, in windgeschützten Lagen ist daher leichter Frost
oder zumindest Frost in Bodennähe zu erwarten.

Donnerstag ... wird der Kaltlufttropfen über die Ardennen hinweg westwärts
gesteuert. In dessen Bereich weist die Luftmasse nur einen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser um 10 mm auf uns ist somit zu trocken, als dass sich
einzelne Gewitter entwickeln können. Diese sind an die Feuchteschleppe gebunden,
die dem Kaltlufttropfen folgt. Dort liegt der Flüssigwassergehalt etwas über 15
mm, zudem wird durch Warmluftadvektion Hebung generiert. Allerdings ist die
Schichtung nur leicht labil. Für einzelne Gewitter sollte dies dennoch
hinreichend sein.
Mit dem Abzug des Kaltlufttropfens fächert der Gradient im Norden Deutschlands
auf. An einigen Küstenabschnitten muss jedoch weiterhin mit Windböen Bft 7
gerechnet werden. An der Ostseeküste ist dies bis zum Abend der Fall.
Aufgrund des weiterhin beständigen Gradienten und der größtenteils labilen
Schichtung ist etwas Durchmischung gegeben, so dass sich im Tagesverlauf ein
paar Auflockerungen abzeichnen. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14
Grad bleibt es jedoch für die Jahreszeit zu kühl. In einigen Regionen
Süddeutschlands, wo sich noch stärkere Bewölkung mit Niederschlägen hält, werden
nur 5 bis 8 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Kaltlufttropfen in den Ärmelkanal.
Mit diesem folgt die Feuchteschleppe westwärts, d.h. die Niederschläge, die aus
rückseitiger Warmluftadvektion resultieren, konzentrieren sich dann auf ein
Band, das bogenförmig vom Nordwesten und Westen über die Mitte Deutschlands
hinweg in den Südwesten reicht. In diesen Gebieten sind die Niederschläge
aufgrund der noch vorhandenen Labilität schauerartig verstärkt,
tagesgangsbedingt sollte es für Gewitter nicht mehr reichen. Im Nordwesten, wo
der Gehalt an niederschlagbarem Wasser bis 20 mm erreicht, kommen strichweise 10
bis über 20 mm innerhalb von 12 Stunden zusammen. Im Südwesten, wo weniger
Flüssigwasser in der Troposphäre vorhanden ist, fallen nur einige bis etwa 10 mm
Regen.
Im Norden und Nordosten Deutschlands lässt die Warmluftadvektion alsbald nach,
zunehmender antizyklonaler Einfluss und das hieraus resultierende Absinken lässt
den Himmel aufklaren. In windgeschützten Lagen kann daher leichter Bodenfrost
nicht ausgeschlossen werden. Eine kräftigere Abkühlung wird durch den in diesen
Gebieten noch vorhandenen Gradienten unterbunden. Durch diesen kommen anfangs
noch an der gesamten Küste einzelne Windböen zustande. Bis Freitagfrüh flaut der
Wind ab, so dass dann warnrelevante Böen nur noch auf di Offene Nordsee und die
ostfriesischen Inseln beschränkt sind.

Freitag ... wandelt sich der über Südengland und dem Ärmelkanal liegende
Kaltlufttropfen in einen Kaltluftkörper um, so dass sich im Bodendruckfeld ein
eigenständiges Tief ergibt. Als Ergebnis folgt dieses Gebilde nicht mehr der
bodennahen Luftströmung, sondern der energiereichsten Strömung. Und diese ist an
der Südflanke des Kaltluftkörpers zu finden. Folglich beginnt sich dieses
Gebilde im Tagesverlauf ostwärts zu verlagern. An dessen Vorderseite, hier der
Ostflanke, gelangt dann mit einer südlichen bis südöstlichen
niedertroposphärischen Strömung in den Osten und Süden Deutschlands spürbar
wärmere Luft, was sich in einem Anstieg der Temperaturen im 850 hPa-Niveau auf 5
bis 8, in Alpennähe bis auf knapp über 10 Grad bemerkbar macht.
Allerdings strömt mit dieser Strömung wieder feuchtere und labilere Luft in das
Vorhersagegebiet. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt auf 15 bis 20
mm, im Nordwesten sogar noch etwas darüber, dank Einstrahlung wird verstärkt
CAPE generiert, im Bereich der Feuchteschleppe, die dann wieder ostwärts
gedrückt wird, erreicht die Labilitätsenergie 300 bis 700, am Alpenrand (MU, KK)
bis etwa 1000 J/kg. Zudem kommt vermehrt Scherung ins Spiel, die
niedertroposphärisch bis 15 m/s und im Westen bis 6 km hinauf bis über 30 m/s
erreicht. Daher können sich in einem bogenförmigen Bereich, der sich vom
Nordwesten und Westen über die Mitte bis in den Südwesten Deutschlands
erstreckt, im Tagesverlauf Gewitter entwickeln, die durchaus organisierteren
Charakter, zumindest bis hin zu staffelartigen Strukturen, aufweisen können.
Dabei besteht Gefahr von Starkregen, Sturmböen und Hagel, Unwetter sind aufgrund
der hierfür noch nicht allzu kräftig ausgeprägten Zutaten wenig wahrscheinlich,
aber nicht ganz auszuschließen.
Ausgenommen von konvektiven Umlagerungen sind nur zwei Regionen von Deutschland.
Dies ist zum einen der Nordosten. Dort ist noch antizyklonaler Einfluss wirksam.
Zwar hat sich bis dahin das Bodenhoch mit seinem Schwerpunkt in den Raum
Grönland verlagert, aber ein von diesem Hoch ausgehender Keil erstreckt sich
über Südskandinavien hinweg in den Karpatenraum. Absinken in dessen Randbereich
unterbindet in den nordöstlichen Landesteilen die Konvektion. Als weitere Region
kommt der Südosten Deutschlands in Betracht. Durch Überströmung der Alpen
erfolgt dort eine Austrocknung, was ebenfalls für hochreichende Konvektion nicht
gerade förderlich ist. Zudem kann sich am Alpenrand leichter Föhn einstellen.
Gegenüber den Vortagen erfolgt ein spürbarer Temperaturanstieg auf 17 bis 21
Grad. Bei leicht föhnigem Einfluss kann es in Alpennähe noch etwas wärmer
werden. Nur im westlichen und südwestdeutschen Bergland und an Küstenabschnitten
mit Seewind ist es mit 11 bis 16 Grad noch relativ kühl.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Selbst am Ende des Vorhersagezeitraumes, d.h. Freitagabend, liegen die
Positionsunterschiede hinsichtlich des Kerns des Kaltluftkörpers zwischen den
einzelnen Modellen nur bei ca. 150 km, was aufgrund des Scales dieser Strukturen
eine außergewöhnliche Güte darstellt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann