DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-04-2023 08:30
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 18.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFz (Hoch Nordmeer Fennoskandien zyklonal)

Winterlage im Frühling - von Osten her weiterhin relativ kühl und ab Mittwoch
dank eines Kaltlufttropfens unbeständig mit Niederschlägen, im Bergland teils
als Schnee. Na denne Prost Mahlzeit!

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland zwischen einem umfangreichen, mit mehreren
Drehzentren gespickten Trogkomplex über weiten Teilen Süd- und Westeuropas und
einer abgeschlossenen Höhenantizyklone mit Zentrum über der Norwegischen See.
High over low könnte man sagen, wobei das mit den lows bei Blick auf die
Bodenwetterkarte nicht so wirklich hinhaut. Scannt man die Regionen von der
Iberischen Halbinsel bis hinüber in den Nahen Osten bzw. die Schwarzmeerregion
ab, fällt einem eine ziemlich flache Druckverteilung ohne markige Minima ins
Auge. Ein zaghafter SVEN über Griechenland, das war´s dann aber auch schon. Ganz
anders die Situation auf der anderen, der nördlichen Seite. Stolze 1040 hPa und
sogar noch ein paar Gramm mehr bringt das Hoch PETRA mit Schwerpunkt über
Norwegen auf die barische Waage, was nicht von schlechten Eltern ist. Gleiches
gilt für die räumliche Ausdehnung des Hochs. Im Südwesten reicht ein breiter
Keil über UK/Irland hinaus bis zur Biskaya, im Nordosten über Nowaja Semlja bis
zur Karasee. Kein Wunder, dass bei einer solchen Wucht die Tiefs klein beigeben
oder einen großen Bogen nicht nur um unseren Raum, sondern um weite Teile
Europas schlagen.

Und trotzdem ist längst nicht alles Gold was glänzt. So wird auf der Südflanke
des Hochs nicht nur relativ kühle (T850 heute Mittag 0 bis 5°C mit den höchsten
Werten am Alpenrand), sondern zeitweise auch feuchte respektive wolkenreiche
Luft von Ost-Nordost advehiert. Kein Wunder also, dass der Bewölkungsanteil über
Deutschland trotz einiger größerer Lücken heute Morgen ziemlich hoch ist und
wenig verwunderlich auch, dass die Temperatur so gar nicht aus dem Quark kommt,
um wenigstens mal Ansätze von Frühling zu offerieren. In den Nächten einstellig,
teils sogar mit Minuszeichen, tagsüber fernab von 20°C, was den meisten von uns
für den Anfang ja genügen würde. Nun gut, Jammern ist beim Wetter keine gute
Idee. Es macht ohnehin, was es will und das sieht heute so aus, dass von Osten
her immer wieder überwiegend dichte Wolken bei uns durchziehen, die auf ihrem
Weg nach Westen u.a. mit Hilfe der Orografie mitunter etwas auflockern und der
Sonne Platz machen. Die längste Sonnenscheindauer ist nach MOS an der Küste zu
erwarten (wo aktuell von der Ostsee her aber erst noch ein Schub dichter Wolken
reinzieht), während es in der östlichen Mitte und im Südosten häufig ganztägig
dicht, in höheren Mittelgebirgslagen bei Stau sogar neblig wie im Herbst oder
Winter bleiben soll. Hin und wieder kann es sogar leicht regnen oder nieseln. Im
Süden und Südwesten, wo die Luftmasse bis rund 700 hPa leicht labil geschichtet
ist, können sich ein paar Schauer geringer Intensität entwickeln.

Der nordöstliche Wind frischt tagesgangbedingt sowie mit leichter
supergeostrophischer Unterstützung (klassische Hochrandlage) zeitweise böig auf,
bleibt dabei aber meist unterhalb der Warnschwellen. Einzig im äußersten
Südwesten, wo der Nordostwind als Bise unterwegs ist, reicht es in der
Bodenseeregion sowie am Hochrhein im Laufe des Tages vielleicht für die eine
oder andere steife Böe 7 Bft. Böen 8 Bft stehen auch im Hochschwarzwald auf der
Karte, insbesondere auf dem Feldberg. Dass der heutige 18. April thermisch keine
Offenbarung wird, wurde bereits weiter oben angedeutet. 8 bis 14°C, am Rhein und
seinen Nebenflüssen mit etwas Sonne 15 oder maximal 16°C, mehr ist mit dieser
Luftmasse nicht anzufangen.

In der Nacht zum Mittwoch wird es höchste Zeit, einen Blick auf das Baltikum zu
werfen. Dort, also genau an der Ost-Südostflanke der hochreichenden Antizyklone
tropft ein Höhentief ab, dass in Ermanglung eines korrespondierenden Bodentiefs
sofort den Status eines Kaltlufttropfens (KLT) erlangt. Das wird übrigens auch
schnell deutlich, wenn man sich die Diagnosekarten dazu anschaut, doch dazu
später mehr. Bis morgen früh erreicht der KLT den Nordosten Polen, während bei
uns noch ein Keil des Nordeuropahochs mit leichtem Absinken wirksam ist. Spürbar
wird das vor allem im Norden, sein wo nachhaltig und wohl auch erfolgreich an
der Auflösung der noch vorhandenen Tagesbewölkung gearbeitet wird. Da
gleichzeitig die Luft abtrocknet und der Wind zumindest im küstenfernen
Binnenland entkoppelt (sich also deutlich abschwächt), muss gebietsweise mit
leichtem Frost in Bodennähe, vereinzelt sogar mit 0 oder -1°C in der Luft
gerechnet werden.

In den übrigen Regionen bleibt es überwiegend frostfrei, was vor allem an der
straken Bewölkung liegt, die sich den schwachen Auflösungsversuchen größtenteils
mit Erfolg widersetzt. Dabei kann es in der östlichen Mitte und im Südosten nach
wie vor etwas regnen oder nieseln. Mit Rückdrehen auf Nord-Nordost sowie einer
leichten Gradientverschärfung nimmt der Wind an der vorpommerschen Küste soweit
zu, dass am frühen Morgen die ersten Böen 7 Bft auf der Matte stehen. Windig bis
stürmisch bleibt es auch im Hochschwarzwald.

Mittwoch... bleibt das nordeuropäische Hoch seiner Linie weitestgehend treu. Das
Zentrum des Höhenhochs verbleibt über der Norwegischen See, wo am Mittag mit
rund 1040 hPa auch der höchste Bodendruck simuliert wird. Auf dem
skandinavischen Festland wird dagegen etwas Druck aus dem Kessel gelassen, wobei
rund 1035 hPa immer noch eine prominente Hausnummer darstellen. Viel wichtiger
ist sowieso das, was unser KLT so vorhat. Der bewegt sich der vorherrschenden
Bodenströmung folgend nämlich genau auf uns zu und erreicht am Abend mit seiner
Vertikalachse etwa das Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland. Lehrbuchmäßig
schiebt der KLT ein großes Gebiet mit KLA auf seiner Vorderseite vor sich her
(Rückgang T850 auf -2 bis -5°C), die so kräftig ist, dass sie die überlappende
PVA deutlich übertrumpft. Mit anderen Worten, statt Hebung kommt es zu Absinken,
was in der weiterhin trockenen (PPW z.T. nur wenig über 5 mm) Kontinentalluft
einen wolkenlosen oder nur locker bewölkten Himmel zur Folge hat. Räumlich ist
hier vom Norden und Westen die Rede, wo morgen ordentlich an der Aufwertung der
bisher etwas durchschnittlichen monatlichen Sonnenscheindauer (gemessen an
1991-2020) gearbeitet wird.

Im Osten und Süden läuft die Sache ganz anders. Nachdem die sich die KLA
abgeschwächt hat oder gänzlich beendet ist, setzt verstärkt Hebung ein. Im Süden
ist dafür im Wesentlichen PVA verantwortlich, die teils länger andauernden Regen
induziert, welcher sich von Österreich und Tschechien her ostwärts über den
Süden Bayerns bis hinüber in den Süden BaWüs ausbreitet. Allein am Nachmittag
können gebietsweise 5 bis 10 l/m² innert 6 Stunden zusammenkommen, im höheren
Alpenvorland lokal sogar noch etwas mehr. Im Bayerischen Wald sowie in den Alpen
sinkt die Schneefallgrenze bis zum Abend auf etwa 1200 bis 800 m (nach Osten hin
niedriger als im Westen). Die zweite Baustelle befindet sich auf der Nord- bzw.
Nordwestflanke des KLTs, wo von Polen massiv WLA in Gang kommt. Unterstützt wird
die WLA phasenweise von PVA, die von kleinen, um den Tiefkern zirkulierenden
Sekundärtrögen generiert wird. Kurzum, nach einem z.T. freundlichen Tagesstart
nimmt von Osten her nicht nur die Bewölkung immer mehr zu, es setzen zudem auch
Regenfälle ein. Dabei gilt je weiter nach Süden, also zur Mitte hin, desto
größer die konvektive Komponente der Niederschläge. Grund ist die zunehmend
ausgeprägte Labilität, die mit Übergreifen höhenkalter Luft (T500 um -30°C)
geschaffen wird. Ein vereinzeltes Gewitter kann nicht ausgeschlossen werden, die
weiterhin geringe Feuchte der Luftmasse könnte sich aber als limitierender
Faktor herauskristallisieren. Darüber hinaus sinkt die Schneefallgrenze in den
östlichen Mittelgebirgen auf etwa 600 m. Weiter nördlich, wo die WLA Trumpf ist,
ist der Regen teils skaliger Natur, wobei durchaus bis zu 10 l/m² innert 6 h
fallen können.

Der Nordost- bis Nordwind frischt insbesondere an den Küsten (Ostsee stärker als
Nordsee), teils aber auch im nordost- und ostdeutschen Binnenland und natürlich
in den Hochlagen der nördlichen, zentralen und östlichen Mittelgebirge böig auf.
Böen 7 Bft sind obligatorisch, an der vorpommerschen Küste sowie in exponierten
Hochlagen stehen stürmische Böen 8 Bft, auf dem Brocken Sturmböen 9 Bft auf der
Karte. Zwar fällt die deutschlandweite Gesamtspanne der Höchsttemperatur ähnlich
aus wie heute, vor allem im Osten geht die Temperatur aber um einige Grad
Celsius zurück.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der KLT langsam über die Mitte des Landes gen
Westen. Korrespondierend schwenkt auf der Nordflanke ein flacher Bodentrog
westwärts, der zumindest im Küstenbereich eine leichte Stauchung der Isobaren
und somit einen lebhaften Nordostwind mit Böen 7-8 Bft zur Folge hat. In den
übrigen Regionen lässt der Wind dagegen nach. Ansonsten gilt es zu konstatieren,
dass sich die Niederschläge im Süden mehr und mehr an bzw. in die Alpen
zurückziehen. Bei noch etwas sinkender Schneefallgrenze können oberhalb 800 bis
1000 m durchaus 5, vereinzelt bis zu 10 cm Neuschnee zusammenkommen.
Niederschläge fallen von Ost nach West auch im Norden sowie in der Mitte, wobei
im Bereich Nordbrandenburg/Vorpommern bis zu 15, lokal vielleicht 20 l/m²
möglich sind. Summiert man das über 24 Stunden auf, können kleinräumig schnell
mal 30 l/m² oder etwas mehr in den Töpfen auftauchen, was dort oben aber gerne
genommen wird. Unterhalten müssen wir uns auch noch über die Schneefallgrenze,
die insbesondere in der Hauptspur des KLTs (also dort, wo die kälteste Luft ist)
bis auf 400 m, vielleicht sogar noch etwas weiter absinkt. Nicht dass in den
Mittelgebirgen alles einwintert, aber etwas Nassschnee oder Schneematsch gerade
auf höher verlaufenden Straßen sollte schon ins Kalkül gezogen werden.


Donnerstag... verabschiedet sich der KLT langsam in Richtung Benelux. In seinem
Schlepptau, genau genommen um das Zentrum herumgewickelt, kommt es zu weiteren,
meist schauerartigen und nur mit geringer Wahrscheinlichkeit auch gewittrigen
Niederschlägen, wobei die Schneefallgrenze wieder ansteigt. Inzwischen hat sich
das Hoch über Nordeuropa zwar etwas abgeschwächt auf unter 1035 hPa, was die
gute PETRA aber nicht davon abhält, weiterhin Luftmassen aus dem Osten und
Nordosten Europas bis nach Mitteleuropa respektive Deutschland zu pumpen. Zwar
steigt T850 wieder an (am Abend um -1°C im Westen, bis +5°C im Südosten),
trotzdem wird es nicht wirklich warm. Im Osten und Nordosten, wo die Bewölkung
zeitweise aufgelockert ist, wird es mit bis zu 15°C am mildesten (immerhin mehr
als am Mittwoch). Ansonsten stehen magere 7 bis 13°C, im Bergland teils nur um
5°C auf dem Zettel. Nach Durchzug des o.e. Bodentrogs dreht der Wind wieder mehr
auf Ost, wobei er vor allem an der Küste sowie in höheren Lagen flott unterwegs
bleibt (Böen 7 Bft, exponierte Hochlagen 8 Bft).

In der Nacht zum Freitag erreicht der KLT Südengland bzw. den Westausgang des
Ärmelkanals. Trotzdem macht er sich noch immer bemerkbar bei uns, indem er auf
seiner Ostflanke (WLA) ein gekrümmtes Regenband erzeugt, das sich in der
Westhälfte niederschlägt. Da die die Temperatur niedertroposphärisch schneller
steigt als in der mittleren Troposphäre, ist die Labilität ausreichend, um sogar
einzelne Gewitter zu induzieren. Derweil lockert die Bewölkung im Osten
teilweise auf und es bleibt trocken. Der Wind an der Küste nimmt ab.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung sehr ähnlich, was im Hinblick auf die
Zugbahn des KLTs durchaus bemerkenswert ist. Da gab es in der Vergangenheit
schon weit volatilere Rechnungen. Prognoseunschärfen beschränken sich im
Wesentlichen auf die potenzielle, am Ende aber sicherlich nicht überbordende
Gewitteraktivität sowie die Niederschlagsentwicklung überhaupt. Trotz relativ
hoher Summen im Nordosten ist von einer Warnung derzeit nicht auszugehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann