DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-04-2023 17:01
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wechselhaft und für die Jahreszeit zu kühl. Vb-ähnliche Lage mit
Dauerniederschlägen im östlichen Bergland.

GEWITTER:
Heute mit geringer Wahrscheinlichkeit von Südwesten über die Mitte hinweg bis
zur Nordsee und nach Schleswig-Holstein einzelne kurze Gewitter, teils mit
Windböen und Graupel. Zum Abend abklingend.
Am Freitag im Westen und Südwesten für kurze Gewitter mit Graupel und Windböen 7
Bft wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen.

DAUERREGEN:
Von Freitag früh bis Samstag früh im Erzgebirge und Bayerischen Wald Dauerregen
mit 30 bis 50 l/qm in 24 Stunden.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... weitet sich ein über Frankreich liegende Trog eher nach Süden aus
als dass er nach Osten vorankommt. Somit verbleibt Deutschland noch
trogvorderseitig unter einer süd-südwestlichen Strömung. Nahezu überall hat sich
labil geschichtete Luft durchgesetzt, als stabil ist die Schichtung dann nur
noch im Südosten und im äußersten Osten zu bezeichnen. Etwas Feuchte ist nur in
einem Streifen von der Nordsee und Schleswig-Holstein bis Südhessen und
Unterfranken hinein zu finden. Demzufolge konnten sich in diesen Gebieten,
gestützt durch den Tagesgang, kurze Kaltluftgewitter entwickeln. Graupel und
Windböen waren eher auf den nördlichen Teil dieses Streifens sowie auf die
nördlichen Mittelgebirge beschränkt. Westlich davon, aber auch von der Ostsee
bis zu den östlichen Mittelgebirgen, blieb es weitgehend trocken.
Der sich bis ins westliche Mittelmeer reichende Trog hat südlich der Alpen eine
Zyklogenese induziert. Wenngleich Hebungsprozesse, die hauptsächlich aus
Warmluftadvektion resultieren, nur in abgeschwächter Form den Alpennordrand
erfassen, so bewirken diese doch in Verbindung mit Stau am Alpenrand aufkommende
Niederschläge. Die Schneefallgrenze liegt bei 800 bis 1000 m, bis Freitagfrüh
sind innerhalb von 12 Stunden in Staulagen 10 bis über 20 cm Schnee zu erwarten.


In der Nacht zum Freitag schwenkt der Südteil des wetterbestimmenden Troges ins
Ionische Meer und tropft aus, wogegen dessen nördlicher Teil kaum nach Osten
vorankommt. Das aus der Zyklogenese hervorgegangene Tief wird unter leichter
Intensivierung nach Serbien gesteuert. Warmluftadvektion nebst hierdurch
induzierter Hebung, die den Osten Deutschlands erfasst, lässt auch im Osten und
Südosten Deutschlands Niederschläge aufkommen. In den östlichen Mittelgebirgen
gehen diese oberhalb 1000 m in Schnee über. Allerdings reicht es dort in den
Kamm- und Gipfellagen nur für wenige Zentimeter Neuschnee.
Zwischen einem Tiefdruckkomplex über den Britischen Inseln und südwestlich davon
und dem Tief über Ungarn kommt durch kompensierendes Absinken ein
Zwischenhochkeil zustande. In dessen Bereich erfolgt Wetterberuhigung, im Westen
und Nordwesten Deutschlands klart es verbreitet auf. In ungünstigen Lagen kann
sich bei längerem Aufklaren daher leichter Frost oder zumindest Bodenfrost
einstellen.

Freitag ... tropft der wetterbestimmende Trog in Richtung Dreiländereck
Österreich/Ungarn/Slowenien aus, wobei der Resttrog, faktisch ein Schlauch
tieferen Geopotentials, der die Verbindung zu einem Trog über den Britischen
Inseln aufrecht hält, dann über dem Westen und Süden Deutschlands liegt.
Dynamische Antriebe bringt dieser Schlauch nicht mehr zustande, vielmehr
zeichnen sich von der Nordsee bis in den Südwesten Deutschlands hinein größere
Auflockerungen ab. Einzelne Schauer oder isolierte Gewitter sind dennoch nicht
ganz auszuschließen. Zwar ist die Schichtung hinreichend labil; auch wird ein
wenig CAPE generiert, aber der Gehalt an niederschlagbarem Wasser lieg nur bei
Werten um 10 mm; auch ein Kondensationsniveau, das bei 1600 bis 2000 m liegt,
ist nicht unbedingt förderlich für konvektive Umlagerungen. Daher ist die
Wahrscheinlichkeit für Blitz und Donner nur sehr gering.
Wesentlich mehr Dynamik bringt das Bodentief zustande, das aus der Zyklogenese
über Oberitalien hervorging und nunmehr auf Vb-ähnlicher Zugbahn zu den Beskiden
zieht. Warmluftadvektion und die hierdurch generierte Hebung lässt die
Niederschläge im Osten und Südosten Deutschlands andauern. Innerhalb von 12
Stunden kommen einige bis 10, im Osten bis 15 und in der Lausitz um 20 mm
zusammen und an den Alpen weitere 5 bis am östlichen Alpenrand über 10 cm
Neuschnee hinzu, wobei dort die Schneefallgrenze auf etwa 1000 m ansteigt. Da
diese Niederschläge auch in der Nacht zum Samstag noch andauern, wurde für die
östlichen Mittelgebirge einschließlich der Oberlausitz eine Dauerregenwarnung
ausgegeben, wobei dann das 24-std. Kriterium zum Tragen kommt.
Während unter mehrschichtiger Bewölkung und im Niederschlag nur
Höchsttemperaturen zwischen 5 und 10 Grad zu erwarten sind, steigt sonst die
Temperatur auf 10 bis 15 Grad, am Niederrhein auch etwas darüber.

In der Nacht zum Samstag tropft der über den Britischen Inseln liegende Trog
aus. Dies geschieht in mehreren Schritten. Mit dem über dem südöstlichen
Mitteleuropa liegenden Höhentief ergibt sich ein Dipol, dessen Rotationszentrum
über dem Südwesten Deutschlands liegt. Bedingt durch diese Drehbewegung
verlagert sich auch das Bodentief von den Beskiden in den Erzgebirgsraum und
nach West-Böhmen. Demzufolge weiten sich die Niederschläge, die aus
herumgeholter Warmluft resultieren, die an der Nordflanke des Tiefs auf dessen
Westseite vorstößt, bis in die mittleren Regionen Deutschlands aus. Über dem
östlichen Bergland zeichnet sich sogar eine leichte Intensivierung ab. Im
Bayerischen Wald sinkt die Schneefallgrenze auf etwa 800 m ab, oberhalb davon
kommen einige Zentimeter Neuschnee zusammen. In den Kamm- und Gipfellagen des
Erzgebirges macht sich die Warmluftadvektion bemerkbar, wodurch dort die
Niederschläge durchweg in Regen übergehen. Bedingt durch die Annäherung des
Tiefs verschärft sich der Gradient, in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen
Mittelgebirge und später auch auf den Gipfeln des Harzes kommen Sturmböen Bft
8/9 auf. Zudem muss dann auch an der Ostseeküste mit einzelnen Windböen Bft 7
gerechnet werden.
Kompensierendes Absinken, das die Gebiete vom Westen und Nordwesten Deutschlands
bis zu den Alpen erfasst, bewirkt, abgesehen vielleicht von den Berchtesgadener
Alpen, ein vorübergehendes Nachlassen der Niederschläge bzw. Schneefälle am
Alpenrand. Im Westen kann es längere Zeit aufklaren, in diesen Gebieten kann
daher leichter Frost oder zumindest Frost in Bodennähe nicht ganz ausgeschlossen
werden.

Samstag ... setzt sich die Rotationsbewegung des dipolartigen Höhentiefs fort.
Das für unser Wettergeschehen relevante Höhentief verlagert sich nach Böhmen, so
dass sich mit dem Bodentief eine nahezu senkrechte Achse ergibt. Letzteres
beginnt sich daher aufzufüllen. Demzufolge weiten sich die Niederschläge über
die Mitte hinweg westwärts aus. Während weiter zurückliegende Modellläufe im
Westen noch keine Niederschläge aufkommen ließen, erfasst der Regen nach den
aktuellsten Simulationen auch die Mittelgebirge westlich des Rheins.
Wahrscheinlich bleibt es nur in Nordseenähe und in Schleswig-Holstein weitgehend
trocken. Auflockerungen sind in diesen Gebieten am wahrscheinlichsten. Später am
Tag lassen auch, bedingt durch einsetzende Kaltluftadvektion, im Osten die
Niederschläge nach und es gibt ein paar Wolkenlücken. Bedingt durch die das
Übergreifen der Niederschläge nach Westen lassen diese auch im Erzgebirgsraum
und vielleicht auch im Oberpfälzer Wald nach, wogegen vor allem über dem
südlichen Bayerischen Wald die Niederschläge unverändert andauern. An den Alpen
werden durch erneut einsetzenden Stau, der aus der von West auf Nordwest
drehenden Strömung resultiert, im späteren Tagesverlauf die Niederschläge wieder
einsetzen. Dort liegt die Schneefallgrenze zunächst noch bei etwa 1200 m.
Bedingt durch die Verlagerung des Bodentiefs in den Erzgebirgsraum und nach
Böhmen und der einsetzenden Abschwächung dieses Tiefs flaut der Wind in den
Hochlagen der östlichen Mittelgebirge ab, wogegen in den Hochlagen der
zentralen, westlichen und nördlichen Mittelgebirge und zusätzlich an der
Ostseeküste Wind- und auf exponierten Gipfeln stürmische Böen zu erwarten. Mit
Windböen muss auch in einigen Leelagen sowie im nordseenahen Binnenland
gerechnet werden. Zudem wirkt der Tagesgang hier noch etwas verstärkend. Mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14 Grad bleibt es für die Jahreszeit zu
kühl.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das über Böhmen liegende Höhentief nur
unwesentlich, wogegen das südliche Teiltief dieses Dipols ins Tyrrhenische Meer
zieht. Das unter dem wetterbestimmenden Höhentief liegende Bodentief füllt sich
soweit auf, dass keine geschlossene Isobare mehr zu finden ist und sich somit
für den Osten und Südosten Deutschlands eine flache Druckverteilung ergibt.
Mit der kräftigsten Warmluftadvektion, die sich dann in den Südwesten und Süden
Deutschlands verlagert, konzentriert sich das Niederschlagsgeschehen auf diese
Gebiete. Innerhalb von 12 Stunden kommen einige bis etwa 10, in Staulagen bis 20
mm zusammen. Im Bereich einer nach Nordosten reichenden Niederschlagsschleppe
sind nur wenige Millimeter zu erwarten. An und in den Alpen liegt die
Schneefallgrenze bei 1000 m, Sonntagfrüh auch etwas darunter. Mit der
Warmluftadvektion verschiebt sich das Maximum der Schneefälle eher zum Allgäu,
wo in Staulagen innerhalb von 12 Stunden bis 20 cm Neuschnee fallen können.
Ansonsten sind die Neuschneemengen geringer und es fallen nur einige bis etwa 15
cm Neuschnee. Aufgrund der nahezu überall geschlossenen Bewölkung bleibt es,
abgesehen von einigen Hochlagen, ansonsten weitgehend frostfrei.

Sonntag ... verlagert sich das über Böhmen liegende Höhentief kaum und füllt
sich nur sehr zögernd auf. Etwas Hebung wird nach wie vor durch
Warmluftadvektion generiert, wodurch in einem breiten Streifen vom Südwesten bis
in den Nordosten Deutschlands hinein weiterhin zeitweise Niederschläge zu
erwarten sind. Insgesamt schwächt sich aufgrund der nachlassenden dynamischen
Antriebe die Niederschlagstätigkeit etwas ab. Meist reicht es nur für wenige
Millimeter, selbst in Staulagen kommen dann nicht wesentlich mehr als 10 mm
Niederschlag innerhalb von 12 Stunden zusammen. An und in den Alpen steigt die
Schneefallgrenze auf 1000 bis 1200 m, oberhalb davon kommen staubedingt noch
einmal 5 bis 10 cm hinzu. Größtenteils trocken bleibt es jedoch nur an der See
sowie im küstennahen Binnenland. In diesen Gebieten macht sich am ehesten
Absinken bemerkbar, das aus einem Hoch über Fennoskandien resultiert. Von diesem
Hoch ausgehend erstreckt sich ein Keil über die Nordsee hinweg bis in den
Ärmelkanal hinein, der sich, gestützt durch einen ins Nordmeer reichenden
Höhenkeil, zusehends kräftigt. Am Rande dieses Keils wird mit einer bodennahen
nördlichen Strömung kühle Luft advehiert. Daher sind größtenteils nur
Temperaturmaxima zwischen 7 und 13 Grad zu erwarten. Nur im Osten sind bei
entsprechender Einstrahlung bis 15 Grad möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede finden. Als einziges Detail lässt sich herausarbeiten, dass ICON
das über Westböhmen und dem Südosten Deutschlands liegende Höhentief gegenüber
den externen Modellen mit einer leichten Verzögerung auffüllt. Dies erklärt auch
die am Sonntag von ICON angebotenen Niederschlagssummen, die etwas höher sind
als bei den übrigen Vorhersagemodellen.
Hinsichtlich der zu erwartenden Niederschläge werden die Ergebnisse von ICON-EU
von der Probabilistik, vor allem ICON-EU EPS und COSMO-LEPS, bestätigt. EZMW und
auch GFS sind hier etwas zurückhaltender.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann