DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-04-2023 07:01
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 11.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ww (Winkelwest), teils auch W z. Wechselhaft, windig und zusehends kühler.

WIND:
Böiger Westwind, außer im Nordosten Wind- und vereinzelt stürmische Böen (Bft 7
bis 8). In exponierten Hochlagen teils (schwere) Sturmböen Bft 9 bis 10. Zum
Abend hin rasch abnehmender Wind.
In der Nacht zum Mittwoch auf Süd bis Südost rückdrehender und im Westen
auffrischender Wind, im Nordseeumfeld sowie in den Kammlagen einiger
Mittelgebirge Mittwochfrüh Wind- und stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln
(Feldberg, Brocken) und später vorübergehend auch der östlichen Mittelgebirge
Sturmböen Bft 9.
In der Nacht zum Donnerstag in den Gipfellagen der nördlichen Mittelgebirge
sowie an und über der Nordsee weiterhin Sturmböen Bft 8/9. Am Donnerstag
zunächst noch an der Nordsee andauernd. Ansonsten Windabschwächung.

GEWITTER:
Zunächst im Nordwesten vereinzelte kurze Gewitter mit Wind- und stürmischen Böen
(Bft 7 bis 8). Im Tagesverlauf vor allem im Norden und Osten sowie in der Mitte
kurze Gewitter mit Wind- und stürmischen Böen Bft 7-8. Außerdem Graupel möglich,
dann Sturmböen Bft 9 nicht ganz auszuschließen. Gewitter abends alsbald
abklingend.
Am Mittwoch im Tagesverlauf im Nordwesten und Westen kurze Gewitter, dabei
Gefahr von Sturmböen Bft 9.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... setzt sich nach Mitteleuropa die Frontalzone durch, wobei ein von
Skandinavien nach Südosteuropa reichender Trog blockierend wird. Ein in der
Frontalzone eingelagerter Trog erfasst somit Deutschland und weitet sich im
Tagesverlauf eher nach Südosten auf als dass er nach Osten vorankommt. Das
Frontensystem, das diesem Trog vorgelagert ist, überquert mit skaligen
Niederschlägen rasch auch die östlichen Landesteile. In der nachfolgenden labil
geschichteten maritimen Polarluft, die im Trogbereich Deutschland erfasst,
entwickeln sich wiederholt kurze Gewitter. Aufgrund des Oberwindes, der im 850
hPa-Niveau 35 kt erreicht, können diese Gewitter mit stürmischen Böen
einhergehen. In Verbindung mit diesen Gewittern ist auch Graupel vorstellbar,
Sturmböen Bft 9 können dann nicht ganz ausgeschlossen werden. Dazwischen gibt es
auch größere Auflockerungen.
Von Westen und Südwesten her setzt im Tagesverlauf rasch Stabilisierung ein, so
dass dort der Tagesgang nicht seine Wirkung entfalten kann. In der dann
einfließenden trockenen Polarluft, die nur einen Flüssigwassergehalt um 10 mm
aufweist, erreichen die Niederschläge dann wahrscheinlich nicht mehr den
Erdboden. Für Gewitter ist dann in diesen Gebieten die Labilität ohnehin nicht
mehr hinreichend. Eine Inversion oder zumindest Isothermie knapp oberhalb 600
hPa limitiert die vertikale Erstreckung der Cu-Bewölkung. Vermehrt stellen sich
dann Auflockerungen ein.
Mit der einsetzenden Stabilisierung und dem Aufweichen des Gradienten sollte der
Wind schwächer werden. Dem wirkt jedoch der Tagesgang entgegen, so dass auch
abseits von Schauern und Gewittern weiterhin (abgesehen vom Nordosten) mit Wind-
und einzelnen stürmischen Böen zu rechnen ist. Auf höheren Berggipfeln erreicht
der Wind in Böen Sturmstärke. Erst zum Abend hin flaut der Wind ab und ist dann
nicht mehr warnrelevant.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 12 bis 16, im Küstenbereich und im
Bergland Werte um 10 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch läuft der Trog in den über Südosteuropa liegenden Trog
hinein und regeneriert diesen. Auf Mitteleuropa greift dann ein Keil über,
gefolgt von einem weiteren Trog, der sich den Britischen Inseln nähert. Im
Bereich dieses Rückens macht sich vorübergehend Zwischenhocheinfluss bemerkbar,
bevor mit der Annäherung eines weiteren Frontensystems im Westen Deutschlands
der Gradient wieder anzieht. An und über der Nordsee, in höheren Berglagen der
westlichen und nördlichen Mittelgebirge kommen Wind- und stürmische Böen, bis
Mittwochfrüh auf exponierten Gipfeln (Brocken, Feldberg) Sturmböen Bft 9 auf.
Außerdem setzt mit der übergreifenden Warmfront eines nach Schottland ziehenden
Tiefs dann auch wieder Regen ein.
Im Nordosten und im äußersten Osten kann es aufklaren, dort und auch im
östlichen Bergland muss mit leichtem Frost gerechnet werden. Ansonsten bleibt es
unter der mehrschichtigen Bewölkung frostfrei.

Mittwoch... wird der o.g. Keil nach Osten abgedrängt, so dass sich über dem
Vorhersagegebiet eine straffe südwestliche Strömung einstellt. Der nachfolgende
Trog überquert rasch die Britischen Inseln, so dass Deutschland an dessen
diffluente Vorderseite gelangt. In diese läuft die Kaltfront herein, die diesem
Trog vorgelagert ist. Diese Front erfasst am Vormittag den Nordwesten und Westen
Deutschlands, kann aber dort nicht allzu viel anrichten. Zwar erfolgt präfrontal
ein Feuchteeinschub, was den Flüssigwassergehalt bis 20 mm steigen lässt. Auch
Hebung wird geboten, aber die Labilität ist nicht hinreichend für konvektive
Umlagerungen, weil der Trog noch zu weit westlich liegt. Zudem kann mangels
Einstrahlung kaum CAPE generiert werden. Präfrontal und auch im Frontbereich
frischt der Wind etwas auf. Für warnrelevante Böen reicht es jedoch nur an
einigen Abschnitten der Nordseeküste, im Bergland und mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch im Lee der nördlichen Mittelgebirge. Auf exponierten
Berggipfeln der nördlichen und südwestdeutschen Mittelgebirge können Böen bis
Sturmstärke nicht ausgeschlossen werden.
Bis zum Abend erfasst die Kaltfront die Mitte Deutschlands, ohne dass die
Voraussetzungen für hochreichende Konvektion wesentlich besser werden. Zwar
wären aufgrund der Scherung organisiertere Entwicklungen vorstellbar, auch
könnte dann der Tagesgang unterstützend wirken, aber es fehlt einfach an
Labilität. Daher ist die Wahrscheinlichkeit für frontale Gewitter mit
Begleiterscheinungen bis hin zu Sturmböen nur sehr gering. Gewitter kommen erst
in Gang, wenn von Nordwesten und Westen her und dann eher zum Abend hin mit der
Annäherung des Troges Labilisierung erfolgt. Allerdings geht dann der Gehalt an
Flüssigwasser auf Werte um 10 mm zurück und auch die Scherung ist nicht mehr so
ausgeprägt wie an der Kaltfront.
Auflockerungen zeichnen sich allenfalls im Nordosten und im äußersten Osten
sowie später am Tag in den westlichen Landesteilen ab. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 10 bis 15 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der Trog, der sich bis in die Nordsee
verlagert, bis ins westliche Mittelmeer aus. Die südwestliche Strömung bleibt
somit über Deutschland noch bestehen und steilt zusehends auf. Mit der
Annäherung des Troges, an dessen Vorderseite kurzwellige Anteile steil nach
Nordosten ablaufen, setzt im Laufe der Nacht im Nordwesten und Westen
Deutschlands erneut Regen ein.
Durch das Aufsteilen der Strömung wird die vorgelagerte Kaltfront ausgebremst
und überquert erst mit Beginn der zweiten Nachthälfte die untere Oder. An den
Alpen sind staubedingt noch länger andauernde Niederschläge zu erwarten. Bis
Donnerstagfrüh sinkt die Schneefallgrenze auf Lagen unter 1000 m, teils sogar
bis 800 m ab, oberhalb davon sind einige bis etwa 10 cm Neuschnee möglich.
An der Nordsee und in höheren Berglagen sind weiterhin Wind- und stürmische
Böen, auf einigen exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg) auch Böen bis
Sturmstärke zu erwarten. Vorübergehend kann der Wind auch im Nordwesten und im
äußersten Westen mit Böen Bft 7 auffrischen.
Da die Luftmasse keine Chance hat, zur Ruhe zu kommen, sollte es frostfrei
bleiben.


Donnerstag... gelangt Deutschland zusehends in den Bereich des Troges, dessen
Achse bis zum Abend die westlichen Landesteile erfasst und sich bis nach
Oberitalien ausweitet. Hierdurch wird südlich der Alpen eine Zyklogenese
induziert, Hebung lässt auch auf der Alpennordseite die meist leichten
Schneefälle andauern, wo in Staulagen weitere 5 bis 10 cm Neuschnee hinzukommen
können.
Das in diesem Trog eingelagerte Tief, das über der Nordsee liegt und den
Charakter eines Zentraltiefs aufweist, beginnt sich nur allmählich aufzufüllen,
so dass sich im Nordwesten Deutschlands an der Windsituation nicht allzu viel
ändert. Vielmehr kann dort im Tagesverlauf der Wind noch einmal mit Böen bis Bft
7 und mit stürmischen Böen an und über der Nordsee auffrischen. Weiter im
Binnenland wird der Gradient auseinandergezogen, so dass nur am Vormittag auf
exponierten Gipfeln (Brocken) noch Sturmböen auftreten können. Bis zum Abend
flaut auch an der Nordsee der Wind ab.
Im Bereich des Troges gelangt Deutschland zusehends unter eine labil
geschichtete Luftmasse. Im 500 hPa-Niveau sinkt die Temperatur deutlich unter
-30 Grad, in 850 hPa knapp unter 0 Grad. Da jedoch die Luftmasse sehr trocken
ist und nur einen Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen 7 und 11 mm
aufweist, hält sich die Schauer- und Gewittertätigkeit trotz tagesgangsbedingter
Unterstützung in Grenzen. Auch ein Kondensationsniveau, das um 2000 m Höhe zu
erwarten ist, fördert die Entwicklung von Kaltluftgewittern nicht gerade.
Vielmehr dürften die Niederschläge dann den Erdboden nicht erreichen. Ganz im
Osten ist die Schichtung ohnehin zu stabil, als dass dort Konvektion in Gang
kommen kann.
Gegenüber den Vortagen wird es kühler, maximal werden 7 bis 13, ganz im Osten
bis 14 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag weitet sich der über Deutschland liegende Trog bis zum
Tyrrhenischen Meer aus. Vorderseitige Hebung erfasst mit geringen Niederschlägen
allenfalls den äußersten Osten Deutschlands. Auch an den Alpen sind noch weitere
leichte Schneefälle zu erwarten, wobei hier sich eine allmählich abnehmende
Tendenz zeigt. Ansonsten sollte die (ohnehin schwache) Schauertätigkeit
weitgehend zum Erliegen kommen. Im Bereich eines Zwischenhochkeils kommt die
eingeflossene maritime Polarluft vollends zur Ruhe. Absinken lässt im
Nordwesten, Westen und zum Teil auch in den mittleren Landesteilen den Himmel
aufklaren. Zumindest im Bergland, bei länger klarem Himmel auch in ungünstigen
Lagen, muss dann wieder mit leichtem Frost oder zumindest Frost in Erdbodennähe
gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Zwar lassen
einige Modelle den in der Nacht zum Freitag über Deutschland liegenden Trog
austropfen, aber auf die Finalprognose hat dies keinen Einfluss.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann