DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-04-2023 08:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu Ww (Winkelwest)

Am Dienstag vor allem im Norden und Osten Gewitter mit Sturmböen und kleinem
Hagel. Auch auf exponierten Bergen Sturmböen. An der Nordsee und in einem
Streifen vom Münsterland über Ostwestfalen bis zum Harz auch außerhalb der
Gewitter Böen bft 8 möglich.
Am Mittwoch nur auf exponierten Bergen und an der Nordsee Böen Bft 8 bis 9
(Brocken, Feldberg 10). Erst ab dem späteren Nachmittag im Westen und in der
Mitte einzelne Gewitter mit stürmischen Böen oder Sturmböen möglich.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... Ein Höhenkeil über den zentralen Mittelgebirgen schwenkt bis zum Abend
nach Südostbayern und die zugehörige Hochdruckzone zieht sich zum östlichen
Mitteleuropa zurück, bestimmt aber vor allem im Osten und Süden Deutschlands das
Wetter. Selbst im Westen startet der Tag noch mit etwas Sonne bei sich
verdichtender hoher Bewölkung. Hier macht sich bereits die Vorderseite eines
atlantischen Höhentrogs bemerkbar, dessen Achse um 18 UTC über der südwestlichen
Nordsee und Ostfrankreich anlangt. Die korrespondierende Okklusion eines
Zentraltiefs südwestlich von Island befindet sich leicht östlich davon und
greift mit Regen ab dem späten Nachmittag und am Abend auf den äußersten Westen
und Nordwesten über. Mit Annäherung der Front geht eine Gradientverschärfung
einher, die im Westen in einigen Leelagen (Eifel, Sauerland) sowie oberhalb von
600 m für 7er Böen aus Süd sorgt und auch auf einigen Nordseeinseln ist das der
Fall. Auf dem Brocken kann es gegen Abend Sturmböen geben.
Vor der Front wird milde Luft nach Deutschland geführt, wobei in 850 hPa die
Temperatur in Schleswig-Holstein auf 2 Grad und im Südwesten auf 6 Grad
ansteigt. Damit wird es nachmittags angenehm mild mit Höchstwerten zwischen 16
Grad im Nordosten und 19 Grad im Südwesten und in Baden sind 20 Grad möglich.
Bei auflandigem Wind in Ostvorpommern und auf Fehmarn ist es mit rund 12 Grad
deutlich kühler.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Trog rasch von Westen nach Deutschland
und die kräftige Frontalzone mit dem Jetstream in der Höhe stößt bis
Süddeutschland vor. Damit stellt sich die Wetterlage komplett um. Die Okklusion
kommt mit ihren Regenfällen ostwärts voran und erreicht in den Morgenstunden
Oder und Inn.
Meistens fallen dabei bis zu 5 l/qm Regen, im Norden kann es auch ein wenig mehr
sein, an der Nordsee auch mehr als 10 l/qm. Rückseitig der Okklusion fließt mit
-2°C in 850 hPa eine erwärmte Meeresluftmasse ein (im Süden knapp über null
Grad). In der Höhe gelangt gegen Morgen Kaltluft nach Nordwestdeutschland mit
unter -30°C in 500 hPa, womit es recht labil wird. Zwar ist die rückseitige Luft
nicht allzu feucht, für einige Schauer wird es aber sicher reichen und auch ein
Gewitter sollte nicht ausgeschlossen werden.

Mit der durchschwenkenden Okklusion frischt der Wind auf und dreht von Süd auf
West. Im Tiefland wird es aus aktueller Sicht eher noch nicht zu Windböen
reichen, im Bergland müssen aber allgemein steife bis stürmische Böen erwartet
werden. Da auch der Höhenwind ordentlich zulegt, muss auf exponierten Bergen mit
Sturmböen oder schweren
Sturmböen gerechnet werden. Sollte sich stellenweise im Nordwesten
die Konvektion besser organisieren (Scherung bis 15 m/s ist da), kann vielleicht
dort auch mal im Flachland eine Sturmbö auftreten, zumal in 850 hPa 35 bis 40 kt
Mittelwind vorhanden sind.

Mit den vielen Wolken und der zu Beginn sehr milden Luftmasse verläuft die Nacht
mild mit Tiefstwerten meist zwischen 10 und 5°C. Etwas kälter mit 5 bis 1°C wird
es nur im Südosten, wo zumindest anfangs noch die Sterne durch die
Schleierwolken schimmern. Für Luftfrost sollte es nicht reichen.


Dienstag... schwenkt der Trog nach Nordostdeutschland, wo er unter Verkürzung
seiner Wellenlänge regeneriert wird. Dahinter beginnt die anfangs noch glatt
konturierte Frontalzone leicht zu mäandrieren, was uns im Tagesverlauf auf die
Vorderseite eines sich von Westen nähernden flachen Rückens bringt. Dass es
dahinter über dem nahen Atlantik erneut austrogt, ist für den weiteren Verlauf
ab Mittwoch von Bedeutung. Der Dienstag steht aber eindeutig im Zeichen des
ersten Troges respektive der subpolaren Meeresluft, die hinter der rasch nach
Osten abziehenden Okklusion weite Teile des Vorhersageraums flutet. Die
Hauptwetteraktivität spielt sich im Norden und in der Mitte ab, während im
Süden, wo die Höhenkaltluft nicht oder nur peripher vorbeischaut, mit
angezogener Handbremse agiert wird. Dort setzt sich von Frankreich her auch als
erstes leichter Zwischenhocheinfluss durch, so dass die einzelnen Regen-,
oberhalb 1200 m Schneeschauer von West nach Ost immer weniger werden bzw. ganz
aufhören.

Diesen Trend gibt es weiter nördlich zwar auch zu vermelden, weil trogrückseitig
NVA, KLA und zusehends trockenere Luftmassen aufeinandertreffen und für eine
beginnende Stabilisierung sorgen (Ausnahme: der Nordosten). Zuvor sind
Intensität und Häufigkeit von Schauern und kurzen Gewittern aber stärker
ausgeprägt als im Süden (dort mittags nur Labilität bis -20 Grad). Viel CAPE
wird zwar nicht generiert (50 bis gut 100 J/kg), in weiterhin gut geschertem
Umfeld (Low-Level-Shear 10 bis 14 m/s) reicht das aber, um vor allem in der
Mitte und im Osten ein paar knackige Zellen entstehen zu lassen, auch wenn es
mit dem Wasserdampfgehalt nicht allzu gut bestellt ist. Deswegen ist auch
Starkregen nicht besonders wahrscheinlich (die Zellen ziehen zudem recht
schnell). Dafür können Graupel bzw. kleiner Hagel sowie bei anfangs noch
kräftigen Höhenwinden bis 40 Kt Böen 8-9 Bft auftreten. Unabhängig davon frischt
der auf westliche Richtungen drehende Grundwind landesweit soweit auf, dass
verbreitet mit Böen 7 Bft, vor allem in einem Streifen vom Münsterland bis zum
Harz vereinzelt 8 Bft, in exponierten Hochlagen 9-10 Bft gerechnet werden muss.
Etwas geringer ist der Wind wohl nur im äußersten Nordosten und Südwesten.

Aufgrund der guten Durchmischung sowie der Tatsache, dass auch die Sonne immer
mal wieder zwischen den Quellungen rauskommt, werden trotz vermeintlicher
Kaltluft Tageshöchstwerte zwischen 11 und 15°C, im Südwesten lokal 16°C
angepeilt.

In der Nacht zum Mittwoch wandern der flache Rücken und das Zwischenhoch derart
schnell über Deutschland hinweg, dass sich schon bald die nächste Störung
bemerkbar macht. Konkret handelt es sich um das Frontensystem eines Doppeltiefs
bei Schottland und weiter westlich, das aus der o. e. Austrogung resultiert.
Kräftige und weit nach Osten ausgreifende WLA lassen von Westen her dichte
Schichtbewölkung zu uns reinziehen, aus der später im Westen und Südwesten Regen
fällt, der etwa der bis zum Morgen die Weser und Westbayern erreicht. Von
Ostbayern bis zur Ostsee und nach Schleswig-Holstein bleibt es bis zum Morgen
noch trocken. Ganz im Osten und Südosten könnte es sogar für leichten Frost in
Bodennähe reichen, im östlichen Mittelgebirgsraum und in Südbrandenburg auch für
Luftfrost.
Der Wind lässt bereits in den Abendstunden deutlich nach, um auf der Nordsee
gegen Morgen mit Rückdrehen auf Südost wieder neu anzusetzen (Bft 7 auf
Helgoland, Borkum und Sylt).

Mittwoch... liegt Deutschland im Einflussbereich der Trogvorderseite, wobei der
Trog ein Höhentiefkern bei Schottland besitzt und sich bis zur Iberischen
Halbinsel ausdehnt. Das vorgelagerte Frontensystem, das einen geöffneten
Warmsektor aufweist, erfasst mit zeitweiligem Regen dann auch den Osten
Deutschlands. Innerhalb 12 Stunden kommen in Staulagen und in Nordseenähe 10 bis
15 l/qm Niederschlag zusammen, sonst zwischen 2 und 9 l/qm. Warnwürdige Mengen
sind aber eher unwahrscheinlich. Mit dem Übergreifen der Kaltfront sind von
Westen und Südwesten her einzelne Gewitter, die mit Böen bis Sturmstärke
einhergehen können, nicht auszuschließen und auch postfrontal kann es am
Spätnachmittag und am Abend im Westen und in der Mitte ´scheppern´ (im Bereich
des Randtroges). Zu erwähnen ist noch der Wind, denn dieser ist im Westen und
Nordwesten sowie an der Nordsee frisch unterwegs mit einzelnen steifen Böen (7
Bft) aus Süd bis Südwest. In den Kammlagen der Mittelgebirge treten stürmische
bzw. Sturmböen (8 bis 9 Bft) auf und auf dem Feldberg und Brocken sind schwere
Sturmböen (10 Bft) möglich.

In der Nacht zum Donnerstag zieht die Kaltfront nach Polen ab und nur im
Südosten bleibt sie noch länger schleifend liegen, da sich der Trog unter
Aufsteilung zum westlichen Mittelmeer ausdehnt. In Südostbayern gibt es damit 5
bis 10 l/qm, im Alpenraum auch 10 bis 20 l/qm, exponiert um 25 l/qm Niederschlag
in 12 Stunden. Da langsam die Kaltluft einsickert mit 850-hPa-Temepraturen um
oder etwas unter 0 Grad, sinkt in den Alpen die Schneefallgrenze auf rund 1000
m, im Berchtesgadener Land dauert das bis zum Morgen. So können oberhalb 1300
bis 1400 Meter 10 bis 20 cm Neuschnee fallen. Ansonsten findet der Übergang zu
wechselnder Bewölkung statt mit Schauern besonders im Nordwesten, wo der Trog
nah ist.
Durch stärker aufgelockerte Bewölkung kann es recht frisch werden. Die
Temperatur sinkt auf 1 bis 5 Grad, in den Mittelgebirgen auf 0 Grad. Vereinzelt
gibt es auch in tiefen Lagen im Norden und in der Mitte Bodenfrost. Der Wind
schwächt sich ab und ist allenfalls auf den Bergen noch warnwürdig.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren recht ähnlich. Es gibt allerdings leichte
Timingunterschiede, die sich aber auf das Warnmanagement kaum auswirken.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden