DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-04-2023 08:30
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Trotz zyklonaler Störrungen von West und Ost ist HFa (Hoch Fennoskandien
antizyklonal) vertretbar

Feiertagswetter so lala mit nur zögerlichem Temperaturanstieg. Heute
Drei-Zonen-Wetter. Ab heute Abend in den Hochlagen der Alpen noch mal Neuschnee.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... startet das lange Osterwochenende und was soll man sagen: keine
Offenbarung, aber auch nicht ganz miserabel. Kommt ganz auf die individuelle
Belastungstoleranz an. Aber schauen wir doch einfach mal, wie die Atmosphäre
momentan gebaut ist. Da fällt zunächst mal ein aus mehreren Teilen respektive
Drehzentren bestehender Potenzialtrog ins Auge, der sich bogenförmig vom
Europäischen Nordmeer über Westeuropa und die Nordsee bis hinüber zur
Schwarzmeerregion erstreckt. Über Frankreich hat just am frühen Morgen eine
Abtropfung stattgefunden, dessen resultierendes Höhentief bis Tagesende den Golf
von Genua ansteuert. Dass das Tief nach Süd-Südost abzieht und nicht deutsche
Gefilde aufsucht, hat seinen Grund in einem blockierenden Höhenkeil, der sich
ausgehend von einer stationären Höhenantizyklone über dem
finnisch-westrussischen Raum bis ins östliche Mitteleuropa erstreckt.
Blockierend wirkt aber auch ein weiteres, in den Trog eingelagertes Höhentief,
das seine Zelte im rumänisch-ungarischen Grenzbereich aufgeschlagen hat. Der
Vollständigkeit halber bzw. vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklung sei
auch noch der Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik erwähnt, der sich quasi an
den Westrand des Troges anschmiegt. Summa summarum eine recht diffizile, aber
alles andere als dynamische Konstellation.

Das wird auch deutlich, wenn man aus der Höhe in bodennahe Sphären wechselt, wo
sich eine insgesamt ziemlich flaue Druckverteilung offenbart. Insbesondere bei
uns in Mitteleuropa, aber auch weiter südlich findet man kaum (Haupt)Isobaren
auf der Wetterkarte (alles im Bereich 1015/1020 hPa). Trotzdem fallen Namen,
wobei für uns die Herren OLAF und NORBERT (int. Ilina) von Bedeutung sind.
Während OLAF der Erste den heutigen Freitag vor den Lofoten verbringt, um später
in Richtung Barentssee zu verschwinden, hat sich OLAF der Zweite als kleines
Teiltief bei uns gemütlich gemacht. Dort liegt er in einer Rinne, die sich von
der Nordsee her über den Westen und Süden unseres Landes und die Alpen hinweg
nach Südosten erstreckt. Eingelagert in die Rinne ist ein fast vollständig
okkludiertes Frontensystem, das kaum noch nach Osten vorankommt. Warum kommt es
nicht nach Osten voran? Ganz einfach, weil das inzwischen flache Tief NORBERT -
ein ehemaliger Mittelmeerstratege (wo er z.T. sehr unangenehm aufgefallen ist) -
von Osten her ebenfalls Aktien bei uns erwerben will. Komplettiert wird die
Combo durch ein fettes, aber namenloses Hoch mit Zentrum über Westrussland und
Keil bis zur westlichen Ostsee sowie dem eher zaghaften Hoch NADINE (wenig über
1020 hPa) über UK/Irland. Zusammengefasst, Deutschland wird von Westen und Osten
zyklonal in die Zange genommen, was eine leicht bizarre Wetterverteilung mit
drei Kernzonen nach sich zieht.

Zone 1 befindet sich grob gesprochen im Westen und Süden, wo aktuell etwa vom
westlichen NDS bzw. NRW bis hinunter zu den Alpen das frontale Bewölkungs- und
Niederschlagsband liegt. Es bringt gebietsweise Regen, in höheren
Mittelgebirgslagen auch etwas Schnee. Im Tagesverlauf zerfleddert das Band mehr
und mehr, u.a. auch deswegen, weil von Osten her trockenere Luft eingesteuert
wird (Entrainment). Trotzdem können akkumuliert über den Tag im Westen bis zu
10, lokal (Bergland) vielleicht sogar bis zu 15 l/m² zusammenkommen.
West-südwestlich des Bandes, also postfrontal, sickert eine relativ feuchte und
labil geschichtete Meeresluft ein (T850 um 0°C), in der sich Schauer entwickeln.
Selbst ein kurzes Gewitter kann nicht ganz ausgeschlossen werden, allerdings
mangelt es trotz einiger Auflockerungen etwas an Einstrahlung, um ausreichend
CAPE zu generieren. Temperaturmäßig gilt es sich innerhalb der Spanne 7 bis 13°C
zu orientieren. Naja...

Zone 2 markiert den Osten, wo auf der West-Nordwestflanke des Tiefs NORBERT bzw.
des "rumänisch-ungarischen" Höhentiefs leichte WLA wirksam ist. Sie produziert
nicht nur mehrschichtige Bewölkung, sondern zudem leichte Regenfälle, die von
Polen her insbesondere MV, BB und Ostsachsen erreichen (wahrscheinlich unter 5
l/m²). Dazu weht ein schwacher bis mäßiger, an der Ostsee mitunter frischer
Nordostwind, der die Temperatur auf Sparflamme hält. Mehr als 4 bis 9°C sind
nicht drin. Da hätte man sich zum ersten Feiertag des langen Wochenendes schon
etwas mehr gewünscht.

Kommen wir zu Zone 3, dem Streifen der "Glückseligen". Wie einst das kleine
Gallische Dorf wehrt sich ein relativ schmaler, vom o.e. Hochkeil initiierter
Streifen gegen die Attacken der "Römer" OLAF und NORBERT (ich glaube, diese
Namen sind in den Asterixheften nie aufgetaucht, aber nun). Der Streifen, der
durch Sonnenscheinreichtum und Niederschlagsarmut bei Tageshöchstwerten von 9
bis 14°C regelrecht hervorsticht, reicht von der Deutschen Bucht und SH über
Teile der östlichen Mitte bis hinunter nach Ostbayern. Glückwunsch all denen,
die dort den heutigen Karfreitag verbringen.

In der Nacht zum Samstag löst sich das westliche Höhentief zusehends auf bzw.
gliedern sich die Reste dem östlichen Tief an, das wiederum etwas nach Westen,
also auf die ungarische Seite gleitet. Bei uns kann sich dadurch der Keil des
nordosteuropäischen Höhenhochs etwas besser in Szene setzen, was u.a. zum
Auffüllen der Rinne und damit auch dem Ende von OLAF dem Zweiten führt. Von
Osten her lockert die Bewölkung gebietsweise vorübergehend sogar auf, weil sich
der wolkenarme Streifen vom Tag westwärts verlagert, dabei aber immer schmaler
wird. Die Niederschläge im Westen und Süden klingen ab oder hören ganz auf. Nur
in BaWü und Bayern regnet es noch gebietsweise etwas, in höheren Lagen fällt
Schnee - ein Aspekt, der vor allem für die Alpen von Interesse ist. Dort wird es
in höheren Lagen bis in den Ostersonntag hinein immer mal wieder schneien (am
meisten wahrscheinlich am morgigen Samstag). Die Schneefallgrenze stellt sich
bei etwa 1000 m ein, die Schneegrenze bei 1200 bis 1400 m. Dort können bis zu 10
cm, in höheren exponierten Staulagen sogar an die 20 cm Neuschnee fallen. Hätte
man sich eher im Winter gewünscht, aber typisch Ostern kann man da nur sagen.

Trotz Druck- und Potenzialanstiegs lassen sich die leichten Hebungsprozesse von
Osten her nicht stoppen, was zum Großteil einem sich vom Höhentief weit nach
Westen ausweitenden Randtrog geschuldet ist. Heißt, starke Bewölkung und
schwache Niederschläge expandieren noch etwas nach Westen, so dass auch der
Streifen der "Glückseligen" erreicht wird. Das dürfte dort aber kaum einen
stören, da a) die Sonne inzwischen untergegangen ist und b) die meisten die
Nacht ohnehin im Land der Träume verbringen. In höheren Lagen ist etwas Schnee
dabei, aufgrund der lauen Niederschlagsintensität wird sich aber kaum Neuschnee
akkumulieren. Vielleicht etwas Matsch und Glätte, kaum eine Warnung wert. Am
besten, man karriolt dort oben gar nicht erst herum, zumal dort zusätzlich noch
dichter Nebel auftreten kann.

Durch die Bewölkung und die Anfeuchtung der Luftmasse ist Frost in der kommenden
Nacht kaum noch ein Thema. Er zieht sich die Hochlagen der Mittelgebirge zurück
bzw. tritt nur kurzzeitig bei Aufklaren auf (schwierig zu prognostizieren).
Sollte die Bewölkung im Westen und Südwesten stellenweise für etwas längere Zeit
auflockern, kann sich teils dichter Nebel bilden.

Samstag... dreht sich das Höhentief über Ungarn im Kreis, ohne dabei nennenswert
seinen Platz zu verlassen. Da es insgesamt aber an Umfang zulegt, zeigt es bis
zu uns Wirkung, indem es eine leicht zyklonal konturierte nordöstliche
Höhenströmung generiert. Bodennah steigt der Luftdruck hingegen noch etwas an.
Das nordosteuropäische Hoch teilt sich in zwei Teile, von denen der westliche
sein Zentrum nach Südnorwegen verlegt (etwas über 1030 hPa). Von dort aus
erstreckt sich ein Keil bis nach Frankreich, der nicht nur die bisher autarke
NADINE "schluckt", sondern von dem auch die westlichen Areale des
Vorhersageraums partizipieren. Nicht dass sich dorthin morgen etwa der Streifen
der "Glückseligen" zurückzieht, so weit geht die Liebe der Atmosphäre nicht.
Rudimentäre Reste davon sind aber schon erkennbar, so dass insgesamt von einem
wolkigen Wettercharakter auszugehen ist, bei dem Auflockerungen, vielleicht
sogar ein paar sonnige Abschnitte so etwas wie Teilfreundlichkeit versprühen.
Auf alle Fälle bleibt es weitgehend trocken.

Im großen Rest des Landes sollte man sich eher auf einen stark bewölkten Himmel
einstellen, aus dem (also aus den Wolken, nicht dem Himmel) es gebietsweise
etwas regnet oder nieselt. Der meiste Niederschlag fällt direkt an den Alpen, wo
bis zu 10 l/m², in Staulagen (wir haben eine nördliche Anströmung) auch etwas
mehr runterkommt. Die Schneefallgrenze liegt weiterhin bei rund 1000 m (im Osten
etwas niedriger als im Westen), die Schneegrenze bei 1200 bis 1400 m. Am
Nachmittag und Abend gelangt von Polen her etwas trockenere Luft in die
östlichen Landesteile, was die Chancen für Auflockerungen erhöht.

Thermisch gelingt auch morgen nicht der große Durchbruch (wie auch bei
Nordostwind, "850igern" um 0°C und limitierter Einstrahlung). Immerhin, ganz im
Westen konvergiert das Thermometer gen 14, mit etwas Glück vielleicht 15°C,
während sonst meist 8 bis 13°C auf der Karte stehen. Noch etwas frischer bleibt
es in Teilen Bayerns sowie - selbstredend - in höheren Lagen.

In der Nacht zum Sonntag dreht das Höhentief ganz langsam nach Süden ab, wodurch
sich sein Wirkungsradius bis zu uns verringert. Solche Schwachmomente werden in
der Atmosphäre gnadenlos ausgenutzt, in diesem Fall vom o.e. Höhenrücken, der
vom nahen Atlantik bzw. Westeuropa das entstehende Vakuum ausfüllt. Da sich
gleichzeitig der Bodenhochkeil ostwärts ausbreitet, wird das gesamte Setup
antizyklonaler. Anfänglich noch auftretende Niederschläge werden schwächer bzw.
hören ganz auf. Nicht so an und in den Alpen, wo die Schneefallgrenze etwas
sinkt auf unter 1000 m und noch etwas Neuschnee fällt. Teilweise lockert die
Wolkendecke auf, wobei sich in der feuchten Grundschicht aber ziemlich flott
Nebel bilden dürfte. In der Eifel sowie allgemein in höheren Lagen kann es
leichten Frost geben, aber auch in tiefen Lagen Ost- und Mitteldeutschlands sind
bei längerem Aufklaren zumindest örtlich leichte Minusgrade nicht
ausgeschlossen.

Sonntag... dem Österlichen nimmt der Hochdruckeinfluss zu. Am Boden manifestiert
sich von Norden her ein fetter und breiter Keil (das Hoch liegt mit über 1035
hPa mittlerweile über Nordskandinavien) und in der Höhe weitet sich der Rücken
bzw. Höhenkeil noch etwas nach Osten aus. Damit setzt leichtes Absinken ein, aus
der eine schwache Inversion etwa zwischen 750 und 700 hPa resultiert. Darunter
bleibt die Grundschicht leidlich angefeuchtet, so dass sich mit dem Tagesgang
tiefe Wolken bilden respektive zu denen gesellen, die von der Nacht
übriggeblieben sind. Trotzdem, insgesamt nimmt die Wahrscheinlichkeit für
Auflockerungen zu und vor allem vom Niederrhein bis hinunter in den Breisgau
(Glückwunsch nachträglich noch an die Streich-Schützlinge für ihren famosen Sieg
bei den Superbayern; am Samstag gerne noch mal) sowie an den Küsten scheint für
einige Zeit die Sonne. Dagegen fällt am östlichen Alpenrand noch etwas Regen,
oberhalb 800 bis 1000 m Schnee.

Bei der Temperatur ist ein leichter Trend nach oben erkennbar, was gerade nach
Westen hin diabatische Gründe (Einstrahlung) hat. Die Luftmasse selbst kommt
weiterhin aus Osten bzw. Nordosten und ist mit T850 um 0°C von Haus aus ein
kalte. Trotzdem geht es im Westen Hoch auf rund 16°C, während sonst verbreitet 8
bis 14°C auf dem Osterzettel stehen (die niedrigen Werte eher in höheren Lagen
sowie an der See bei auflandigem Wind).

In der Nacht zum Ostermontag setzt sich der Hochdruckeinfluss fort bzw.
verstärkt sich sogar noch etwas. Damit nimmt die tiefe Bewölkung ab, dafür kommt
von Westen her hohe Bewölkung auf (Vorboten der nächsten Störungen, die da
sicher kommen werden). Die Gebiete mit leichtem Frost (und sei es "nur" in
Bodennähe) werden wieder größer, wobei die genaue räumliche Zuordnung aus
heutiger Sicht noch schwierig ist. Teilweise bildet sich auch Nebel.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder werden modellübergreifend sehr ähnlich gerechnet. Von daher ist
der grundlegende Kurs unstrittig. Die Prognoseschwierigkeiten liegen eher im
Detail. Beispielhaft sei der Frost in den kommenden Nächten angeführt, der
natürlich stark von der Bewölkung abhängt. Und genau die bereitet der Numerik
noch immer Schwierigkeiten (kein Vorwurf, nur eine Feststellung), insbesondere
dann, wenn es um tiefe Bewölkung oder grundsätzlich Grenzschichtbewölkung geht.
Außerdem kann die Temperatur in der vorherrschenden Luftmasse bei
Aufklaren/Auflockern kurzzeitig mal auf unter 0°C absinken, um dann bei
zunehmender Bewölkung rasch wieder ins Plus zu rücken (kann in der kommenden
Nacht unter dem sich nach Westen verlagernden wolkenarmen Streifen passieren).
Undankbar für´s Warnmanagement.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann