DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-04-2023 17:01
SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 04.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Andauer der Blockadesituation. Zunächst trockenkalt mit verbreitetem Nachtfrost,
ab Donnerstag allmählich unbeständiger und vor allem nachts milder. Keine
markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... wird durch beständige WLA an der Ostflanke der vom mittleren
Nordatlantik zögernd Richtung West- bzw. Nordwesteuropa vordringenden
Frontalzone weiterhin ein Höhenrücken gestützt, der über die Britischen Inseln,
die Nordsee und die Norwegische See bis nach Nordskandinavien reicht und die
Strömung stromab nachhaltig blockiert. Als Gegenpart fungiert ein umfangreicher
Langwellentrogkomplex, der mit mehreren Drehzentren ausgestattet von der
Barentssee südwärts über Osteuropa bis in den zentralen bzw. östlichen
Mittelmeerraum reicht. Dabei tropft aktuell ein Höhentief über Litauen bzw.
Nordostpolen ab. Während das nördliche Trogresiduum im Laufe der Nacht über die
Barentssee hinweg langsam nordostwärts schwenkt, arbeitet sich das Cut-Off-Tief
als Kaltlufttropfen ein wenig nach Nordwesten vor. Zwischen Trogresiduum und KLT
kann sich der Höhenrücken über dem Norden Skandinaviens etwas nach Osten
ausweiten.
Diese etwas komplex anmutende Gemengelage mündet über weiten Teilen Mittel- und
Südwesteuropas in einer nordnordöstlichen Höhenströmung, innerhalb derer flache,
meist kurzwellige Randtröge über das Vorhersagegebiet südwärts hinweggeführt
werden.
Der im Laufe der Nacht vor allem in seinem mittleren Teil über GB und der
Nordsee etwas an Substanz verlierende Höhenrücken stützt eine umfangreiche
Hochdruckzone im Bodenfeld, die von der Biskaya bis etwa nach Karelien reicht.
Diese wird vor allem in ihrem Südteil allmählich abgebaut, während sie sich über
Nordeuropa etwas verstärken kann. Somit fächert der Gradient im Vorhersagegebiet
weiter auf und der vor allem in der Südhälfte lebhafte Ost- bis Nordostwind
flaut ab, im Nordosten dreht er über Nord auf Nordwest. Die Zufuhr trockenkalter
Luftmassen aus dem nordosteuropäischen Raum dauert aber an; die 850
hPa-Temperatur schwankt zwischen -4 Grad ganz im Westen und -9 Grad über weiten
Teilen der Osthälfte.
Trotz überwiegenden Hochdruckeinfluss und trockener Luftmassen gestaltet sich
der Wetterablauf allerdings nicht komplett störungsfrei. Verantwortlich sind die
bereits angesprochenen kurzwelligen Troganteile. Einer dieser Kurzwellentröge
schwenkt in den kommenden Stunden über die Mitte und den Süden des Landes
hinweg, erweist sich aber, angesehen von recht rasch südwärts ziehenden dünnen
Cirrusfeldern und vor allem im Südosten vorhandener flacher Quellbewölkung als
kaum wetterwirksam.
Ein weiterer, etwas schärfer ausgeprägter Kurzwellentrog greift an der
Westflanke des Kaltlufttropfens im Laufe der zweiten Nachthälfte von der Ostsee
her auf den Osten des Landes über. Dabei kann aufgrund von PVA dynamische Hebung
generiert werden. Etwa von der Elbmündung bis nach Sachsen und vor allem
nordöstlich davon zieht somit im Laufe der Nacht gebietsweise dichtere Bewölkung
auf und bevorzugt in der zweiten Nachthälfte kann es am ehesten wohl an der
Ostsee, in Ostvorpommern und im Nordosten Brandenburgs gebietsweise etwas
schneien bzw. einzelne Schneeschauer geben. Für eine nennenswerte Neuschneedecke
von wenigen Zentimetern dürfte es wohl kaum reichen, örtlich tritt aber Glätte
auf.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig und im Westen und
Süden auch oft wolkenlos. Abgesehen von einigen Küstenabschnitten mit
auflandigem Wind gibt es verbreitet leichten, in einigen Mittelgebirgs- und vor
allem Alpentälern auch mäßigen Frost.

Mittwoch ... nimmt die vom mittleren Nordatlantik nach Westeuropa gerichtete
Frontalzone weiter an Fahrt auf, wodurch sich der Substanzverlust des
vorgelagerten Höhenrückens über GB und der Nordsee fortsetzt. Immerhin kann sich
dort aber wacker eine Potenzialbrücke halten, die in den sich inzwischen von
Nordskandinavien Richtung Nordwestrussland ausgeweiteten Höhenrücken mündet.
Somit bleibt die Blockadesituation erhalten.
An dessen Südflanke kann der KLT nun etwas an Fahrt aufnehmen und wandert
westwärts über die Ostsee nach Südschweden, wo er am späteren Abend anlandet.
Der Kurzwellentrog über dem Nordosten Deutschlands verlagert sich im
Tagesverlauf allmählich südwärts und erreicht abends Tschechien bzw. Ostbayern,
während der Nordosten des Landes dann bereits an die Südwestflanke des KLT
gelangt, wobei sich WLA bemerkbar macht.
Somit dürften sich die dichteren Wolkenfelder über dem Nordosten des Landes
allmählich nach Süden und auch etwas nach Westen, also auch auf Sachsen-Anhalt,
Thüringen sowie den Nordosten bzw. Osten Bayerns, ausweiten. Die Luftmasse ist
aber so trocken bzw. der dynamische Hebungsantrieb bleibt nur schwach, dass es
nur gebietsweise für geringe Niederschläge (meist in fester Phase) reicht, am
ehesten von Ostholstein und Vorpommern bis nach Ostsachsen. In den Früh- und
Vormittagsstunden kann dabei stellenweise Glätte auftreten, tagsüber reicht
dagegen die Intensität der Niederschläge wohl nicht einmal mehr für Glätte durch
etwas Schneematsch.
Das Bodenhoch zieht sich mit seinem Schwerpunkt nach Nordskandinavien zurück, so
dass sich der schwache Druckfall über dem Vorhersagegebiet weiter fortsetzt und
der Gradient sogar noch ein wenig aufweicht. Vor allem im Nordosten weht der
Wind schwach aus unterschiedlichen Richtungen, sonst schwach, in Böen mäßig aus
Südost bis Nordost. Dabei scheint in der Westhälfte sowie ganz im Süden nochmals
überwiegend die Sonne, auch im Ostseeumfeld kommt vorübergehend länger die Sonne
raus, ehe die Wolken mit Annäherung des Kaltlufttropfens wieder dichter werden.
An der Luftmasse (T850 hPa zwischen -3 Grad im Südwesten und -8 Grad ganz im
Osten) ändert sich kaum etwas, somit liegen die Höchstwerte unter den oft
dichten Wolken im Osten meist nur zwischen 3 und 7 Grad, während im Westen mit
Sonne 7 bis 11 Grad, am Niederrhein vielleicht knapp 12 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich unser Kaltlufttropfen allmählich
weiter Richtung Skagerrak. Gleichzeitig greift ein Höhentrog vom Ostatlantik her
auf Irland über, so dass die Potenzialbrücke vor allem über der Nordsee mehr und
mehr in die Zange genommen wird, weiter südlich, über Frankreich und dem
Ärmelkanal aber robust bleibt und ein wenig nach Osten vorankommt.
Mit Annäherung des Troges setzt nun vor allem im Westen des Vorhersagegebietes
verstärkt Druckfall ein und ausgangs der Nacht erreicht ein okkludiertes
Frontensystem bereits den Südwesten der Britischen Inseln. Mit der damit
einhergehenden Gradientverschärfung frischt der Wind im Westen und Nordwesten
Deutschlands aus Südost bis Süd ein wenig auf, ohne warnrelevant zu werden.
An der Südflanke des Kaltlufttropfens bleibt über Norddeutschland nach wie vor
WLA wirksam, vor allem in Schleswig-Holstein und im Ostseeumfeld fällt dabei
anfangs stellenweise noch etwas Schnee oder Regen, örtlich besteht Glättegefahr.
Ansonsten lockern die Wolken mit der Westverlagerung des KLT von Südosten her
zunehmend auf, im Süden ist es vielerorts gering bewölkt bzw. wolkenlos (wobei
die Wolkenvorhersage zunehmend unsicher wird), so dass erneut eine frostige
Nacht ins Haus steht. In den süddeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen kann
es auch wieder mäßigen Frost geben.
Mit Annäherung des Frontensystems setzt dann im Laufe der zweiten Nachthälfte
auch über dem Westen des Landes WLA ein und es ziehen erste hohe bzw. mittelhohe
Wolkenfelder auf, es bleibt aber trocken. Dort und ganz im Norden verläuft die
Nacht dann stellenweise auch schon frostfrei.

Donnerstag ... greift der Höhentrog unter Amplifizierung von Irland auf England
bzw. Schottland über, während der Kaltlufttropfen nach Südwestnorwegen zieht.
Die Potenzialbrücke ist nun endgültig Vergangenheit, der Höhenkeil über
Frankreich und dem Ärmelkanal verlagert sich allerdings im Tagesverlauf ins
Vorhersagegebiet und wölbt sich zwischen Trog und KLT nordwestwärts über die
Nordsee hinweg auf. Gelichzeitig kann sich der nun vom Westen Russlands bis nach
Nordskandinavien reichende Höhenrücken noch verstärken.
Er stützt nach wie vor das umfangreiche Bodenhoch über Nordosteuropa, dessen
Schwerpunkt sich zwar inzwischen über dem Nordwesten Russlands befindet, von dem
ausgehend aber nach wie vor ein Keil bis nach Südskandinavien und ins östliche
Mitteleuropa reicht. Dadurch wird das Vorankommen der Okklusion über Westeuropa
blockiert; diese überquert im Tagesverlauf zögernd die westliche Nordsee und den
Ärmelkanal und erreicht abends Benelux bzw. Nordwestfrankreich, wobei sich vor
der schottischen Küste ein Teiltief entwickelt. Somit werden die Wolken im
Westen und Nordwesten dichter und am Nachmittag bzw. Abend fällt dort auch etwas
Regen. Im Nordosten lockern die Wolken dagegen mit Abzug des KLT auf, somit
scheint im Gegensatz zu den Vortagen vor allem in der Osthälfte, aber auch im
Süden längere Zeit die Sonne. Mit der Gradientverschärfung frischt der Wind nun
allgemein aus Südost bis Süd auf, nach wie vor aber ohne warnrelevant zu werden.
Niedertroposphärisch wird es etwas milder, in 850 hPa steigt die Temperatur auf
-5 Grad im Nordosten und auf etwa 0 Grad im Westen. Somit wird es mit
Höchstwerten zwischen 7 Grad im Nordosten und 13 Grad am Oberrhein etwas milder
als zuletzt.

In der Nacht zum Freitag zieht der Kaltlufttropfen nordwärts zur Haltenbank,
während der Höhentrog von den Britischen Inseln südostwärts vorstößt und morgens
in etwa über dem Ostausgang des Ärmelkanals abtropft. Der nach Südskandinavien
gerichtete Keil des kräftigen Bodenhochs kann sich noch verstärken, so dass
sowohl das Teiltief über der westlichen Nordsee als auch die Okklusion nach wie
vor blockiert werden. Das Teiltief kommt nur noch wenig nach Südosten voran und
füllt sich etwas auf, die Okklusion kann allerdings im Laufe der Nacht auf den
Westen und Südwesten Deutschlands übergreifen. Somit weiten sich die dichten
Wolkenfelder und die leichten Niederschläge (bei 850 hPa-Temperaturen zwischen 0
und -3 Grad im höheren Bergland teils als Schnee) auch auf die mittleren und
südwestlichen Landesteile aus, die Mengen bleiben aber gering. Im Nordosten und
Osten (wo genau da die Grenze zwischen dichter und aufgelockerter Bewölkung
verläuft bzw. wie weit genau die Niederschläge vorankommen, ist im Detail noch
unklar) bleibt es dagegen trocken und aufgelockert, teils gering bewölkt. Dort
kann es nochmals leichten Frost geben, während es sonst unter den dichten Wolken
meist frostfrei bleibt. Der Wind weht in einigen Hochlagen sowie über der
Nordsee lebhaft aus Südost, während er im Westen und Südwesten auf Südwest
dreht. Er weist nach wie vor keine Warnrelevanz auf und schwächt sich im Laufe
der Nacht mit Auffüllen des Teiltiefs eher sogar ein wenig ab.

Freitag ... verstärkt sich an der Südflanke des weiter nordnordostwärts
ziehenden Kaltlufttropfens ein vom Höhenrücken über Nordosteuropa zur mittleren
Ostsee und nach Südskandinavien gerichteter Keil. Gleichzeitig greift vom
Ostatlantik her auch auf die Britischen Inseln ein Höhenkeil über und weitet
sich nordwärts ins Nordmeer aus. Dadurch wird das Cut-Off-Tief über dem
Ostausgang des Ärmelkanals nach Südosten abgedrängt und erreicht abends mit
seinem Drehzentrum in etwa die Schweiz bzw. Nordwestitalien. Dabei reicht eine
Potenzialrinne dann von der südwestlichen Nordsee über Nordostfrankreich und dem
Alpenraum und mündet in einem weiteren Höhentief, das sich von Rumänien
allmählich Richtung Südostpolen verlagert. Somit dreht die Höhenströmung über
dem Vorhersagegebiet allmählich mehr auf Südost bis Ost und ist zunehmend
antizyklonal konturiert.
Im Bodenfeld füllt sich das ehemalige Teiltief über der südwestlichen Nordsee
weiter auf, übrig bleibt aber eine flache Tiefdruckrinne, die sich über den
Westen und Süden Deutschlands südostwärts erstreckt und in deren Einflussbereich
es weitere, überwiegend leichte Niederschläge, meist bis in höhere Lagen als
Regen, gibt. Wie weit diese auch noch die mittleren Landesteile betreffen, ist
noch unklar, im Osten und Norden bleibt es zunächst jedenfalls wohl meist
trocken und im Nordwesten klingen die Niederschläge tendenziell ab. Im
Tagesverlauf setzt allerdings an der Westflanke des Richtung Südostpolen
ziehenden Höhentiefs auch im Osten verstärkt WLA ein, so dass dort Wolkenfelder
aufziehen und zum Nachmittag/Abend hin eventuell sogar etwas Regen fallen kann.
Diesbezüglich bestehen aber noch gröbere Modelldifferenzen.
Somit dürfte sich die Sonne am ehesten etwa vom Nordseeumfeld/Schleswig-Holstein
bis nach Sachsen länger zeigen, während es sonst in den meisten Regionen
überwiegend bewölkt bleibt. Die 850 hPa-Temperaturen liegen meist zwischen -2
und 0 Grad, dazu herrscht vielerorts nur schwache Luftbewegung, lediglich im
Nordosten und Norden frischt der Wind an der Südflanke des sich weiter
verstärkenden Hochkeils über Südskandinavien auf. Die Höchstwerte liegen meist
zwischen 7 und 12 Grad, nur dort, wo sich mal die Sonne länger zeigt, wird es
etwas milder.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle unterscheiden sich bzgl. der großräumigen
Wetterentwicklung zwar kaum, dennoch ergeben sich im Detail vor allem ab
Gründonnerstag noch durchaus prognoserelevante Differenzen, insbesondere, was
die Bewölkungsverhältnisse angeht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff