DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-04-2023 17:01
SXEU31 DWAV 021800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Übergang zu einer möglicherweise bis zu den Osterfeiertagen andauernden kühlen
Nordostlage mit leichtem bis mäßigem Nachtfrost, Sonne und Wolken sowie keinen
bis geringen Niederschlägen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... steigt der Luftdruck und steigt und steigt, bis wir am Ende, genau
am Montagmorgen, die 1035-hPa-Isobare in Schleswig-Holstein begrüßen dürfen.
Grund des Druckanstiegs sind die erfolgreiche, wenn auch nur in infinitesimal
kleinen Schritten erfolgende Osterweiterung eines vom nahen Atlantik bis zum
Nordmeer reichenden Höhenrückens sowie die sich kontinuierlich fortsetzende
Advektion polarer Kaltluft arktischen Ursprungs. Die Lage der
korrespondierenden, äußerst umfangreichen, sich von der Biskaya über
Skandinavien bis nach Nowaja Semlja erstreckenden Hochdruckzone MERYEM ist wie
geschaffen, uns mit trockener Polarluft zu versorgen. Dabei geht nicht nur T850
mächtig nach unten - um 06 UTC reicht die Spanne von etwa -3°C an den Grenzen zu
Frankreich und der Schweiz bis zu -10°C!! im Osten und Nordosten -, auch die
Taupunkte sinken landesweit in den negativen Bereich. Heute Mittag wurden im
Landesinnern von SH, wo stromab kaum Fetch über der feuchten Ostsee gegeben war,
bemerkenswerte Werte um -7°C registriert. Kein Wunder, dass zu dem Zeitpunkt
kein Wölkchen am Himmel zu sehen war.

Im Laufe der Nacht weitet sich die Zone mit aufgelockerter Bewölkung respektive
klarem Himmel bis zur Mitte aus, während es nach Süden hin meist noch stark
bewölkt bleibt. Die Niederschläge ziehen sich allerdings bis an die Alpen
zurück, wo die Schneefallgrenze bis in Tallagen absinkt. Viel kommt da unten
allerdings nicht mehr an und auch die 5 bis 10 cm oberhalb 800 bis 1000 m hauen
niemanden aus dem Sattel. Die Temperatur geht verbreitet in den leichten, im
Norden und Osten (lokal) sowie in einigen Mittelgebirgen mäßigen Frostbereich
zurück. Am Boden sind sogar unappetitliche Werte bis zu -9°C drin. Frostfrei
bleibt es direkt an den Küsten bei auflandigem Wind sowie in tiefen Lagen Süd-
und Südwestdeutschlands unter den Wolken. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im
Laufe der Nacht von der Ostsee her dichtere Wolken und vielleicht sogar ein paar
schwache Schnee(regen)schauer in den Nordosten driften (Lakeeffekt). Die
Labilität reicht bis etwa 800 hPa hinauf, wo es rund -12°C kalt ist. Das könnte
hinreichend für flache Konvektion sein, wenn, ja wenn das Feuchteangebot
ausreichend ist (was am ehesten fraglich ist). Das Thema Glätte sollte nur eine
untergeordnete Rolle einnehmen, weil die Oberflächen in der trockenen Luft meist
abgetrocknet sind und auch der Bodenwärmestrom anfangs noch dagegen arbeitet. Am
ehesten sind einige Hochlagen Süddeutschlands glättegefährdet (gefrierende
Nässe).

Montag ... starten wir hochdruckbestimmt in die Karwoche. In der Höhe stellt
sich zwischen dem Rücken im Westen und dem Trog im Osten eine glatte bis leicht
antizyklonal konturierte nord-nordöstliche Strömung ein, die so gut wie keinen
Einfluss auf das Wettergeschehen innerhalb der unteren Troposphäre ausübt. Das
spielt sich im Wesentlichen unterhalb der zwischen 850 und 800 hPa
positionierten Absinkinversion ab. Dabei wird am Rande des Hochs, das sein
Zentrum mit über 1035 hPa über Südskandinavien aufschlägt, weiterhin
nordosteuropäische Kaltluft herangeführt (T850 zwischen -3°C im Emsland und bis
zu -11°C im Osten). Während vor allem im Osten und gebietsweise auch im Süden
Quellungen an der Inversion breitlaufen und am Alpenrand (Stau) sowie im Osten
von Polen und der Ostsee her (Lakeeffekt) ein paar überwiegend schwache
Schneeschauer auftreten können, scheint in den anderen Regionen häufig die Sonne
von einem wolkenlosen oder nur locker bewölkten Himmel. Dabei erreicht die
Temperatur Tageshöchstwerte von gerade mal 3 bis 5°C im äußersten Osten bis zu
10 oder 11°C am Rhein (nicht Hochrhein) und seinen Nebenflüssen. Ein bisschen
Wind gibt´s auch, der tagesgangbedingt und supergeostrophisch getriggert aus
Nordosten kommend mitunter böig auflebt, Böen der Stärke 7-8 Bft aber nur in
einigen exponierten Hochlagen wie z.B. im Schwarzwald (Bise) erreicht.

In der Nacht zum Dienstag tut sich herzlich wenig an der Großwetterlage. Einzig
ein von Skandinavien südwärts schwenkender, sehr flacher KW-Trog sorgt dafür,
dass von Norden her hohe und mittelhohe Wolken hereindriften. Gleicht man die
prognostizierten Wolken in den verschiedenen Höhen mit den insgesamt eher
trockenen Prognosetemps ab, scheint die Bewölkung etwas übertrieben gerechnet zu
werden. Im Osten und auch Richtung Alpen werden sogar (nicht unrealistische)
tiefe Wolken angeboten, aus denen es vornehmlich im Stau etwas schneien kann.
Trotz potenzieller Bewölkung droht verbreitet leichter bis mäßiger Frost, wobei
die Nacht im Süden deutlich kälter wird als die Vornacht. Am Boden muss mit
mäßigem Frost zwischen -5 und -10°C gerechnet werden. Windmäßig geht der Blick
am ehesten in den Hochschwarzwald, wo die Bise und Low-Level-Effekte für eine
Auffrischung bis in den Sturmbereich 8-9 Bft sorgen könnten.

Dienstag ... kippt der Rücken über Skandinavien etwas nach Südosten. Trotzdem
beginnt das Bodenhoch leicht zu schwächeln, indem es ein wenig Luft ablässt und
der Druck in seinem Zentrum auf unter 1035 hPa sinkt. Es bleibt aber
wetterbestimmend, auch wenn es ein paar mehr Wolken als am Vortag passieren
lassen muss. Das liegt aber nicht allein an der Schwächephase der guten MERYEM,
sondern auch an dem o.e. KW-Trog sowie der Tatsache, dass die Höhenströmung
allgemein etwas zyklonaler wird. Unter dem Strich steht ein teils sonniger bis
heiterer (Westhälfte, Nordosten), teils wolkiger bis stark bewölkter (Rest) Tag
auf dem Programm. Im Osten und Südosten fallen hier und da ein paar Flocken oder
Tropfen, nichts Dramatisches. Bei weiterhin sehr niedrigen 850-hPa-Temperaturen
(Osten um -11°C, sonst -5 bis -9°C, nur ganz im Westen etwas darüber) bleibt uns
die bei böigem Nordostwind nicht wirklich angenehme Aprilfrische mit Tagesmaxima
von gerade mal 2 bis 7°C in der Südosthälfte und auch nicht gerade berauschenden
4 bis 10°C in den übrigen Regionen erhalten.

Einmal mehr kalt wird auch die Nacht zum Mittwoch, auch wenn einige mehr oder
weniger dichte Wolkenfelder über die Osthälfte hinwegziehen. Da und dort fallen
im Osten und Südosten ein paar Schneeflocken. Je nach Bewölkung droht abermals
leichter bis mäßiger Frost, bestenfalls und nur lokal 0°C. Frostfrei bleibt
wahrscheinlich nur der direkte Küstensaum.

Mittwoch ... rückt uns von Osten her ein in den Trog eingebettetes Höhentief
immer dichter auf den Pelz, wobei die genaue Konfiguration der
Potenzialverteilung noch gewissen Unschärfen unterworfen ist (sowohl
hinsichtlich Konsistenz als auch im Modellvergleich). Da aber auch das Hoch
weiterhin etwas an Substanz verliert, lässt sich gut nachvollziehen, warum die
Numerik die Wolkenanteile gegenüber den Vortagen erhöht und die Areale mit
Sonnenschein verkleinert respektive immer weiter gen Westen verschiebt. Vom
Ober- bis zum Niederrhein sowie Richtung Nordsee darf man sich aber auf den
nächsten Sonnentag freuen. Ansonsten ist der Himmel mal mehr, mal weniger
bewölkt, wobei die Faustregel gilt "je weiter im Osten, desto mehr Gewölk am
Himmel". Hier und da fällt etwas Niederschlag, wobei - wie bei Höhentiefs üblich
- noch große Unsicherheiten hinsichtlich der genauen räumlichen Verteilung
vorliegen. So viel lässt sich aber schon sagen. Der Wasserdampfgehalt der
weiterhin präsenten Kaltluft bleibt limitiert, so dass trotz ausreichend Hebung
niederschlagstechnisch keine großen Sprünge zu erwarten sind. Das gilt freilich
auch für die Temperatur, die in Bayern und Sachsen kaum über 2 bis 6°C
hinauskommt, während es ganz im Westen immerhin für niedrige zweistellige
Tageshöchstwerte reicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Mit zunehmender Prognosedauer nehmen die Modellunterschiede zwar zu, aber nicht
so, dass daraus grundsätzlich andere Wetterszenarien resultieren. Die Aussage
"kühl mit Nachtfrost und keinen bzw. nur wenigen Niederschlägen" ist
modellübergreifend gültig.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann