DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-04-2023 18:01
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.04.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
3:0 im deutschen Classico zur Pause, wer hätt´s gedacht. Und beim Wetter? MARKUS
sagt tschüss, MERYEM folgt nach. Umstellung auf kühle, aber antizyklonale
Nordostlage.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befinden sich Mitteleuropa respektive Deutschland unter einem
ziemlich breitgelatschten Trog, in den verschiedene Drehzentren eingelagert
sind. Eines davon liegt aktuell über Westdeutschland, wo es mit dem Bodentief
MARKUS (int. Mathis) zusammenarbeitet. Davon ausgehend erstreckt sich eine Rinne
zonal nach Osten, auf deren Nordflanke nordöstliche und auf der Südflanke
südwestliche Wind wehen. Senkrechte Achsstellung, steigender Luftdruck, dazu ein
hochkonvergentes Strömungsbild im unteren Troposphärenbereich - alles Argumente
gegen eine verlängerte Lebensdauer des Systems. Und tatsächlich füllen sich das
Tief nebst Rinne immer weiter auf bei gleichzeitiger Verlagerung gen Süden. Das
passt natürlich der Kaltluft in den Kram, deren Vorhut bereits heute tagsüber im
äußersten Norden aufgeschlagen ist (keine 5°C mehr) und nun Boden in Richtung
Mitte gutmacht. Da die Kaltluft - genau genommen handelt es sich um eine
Polarluft arktischen Ursprungs - relativ trocken ist, hört es im Norden auf zu
regnen und die Wolkendecke beginnt aufzureißen. Und da zudem der nordöstliche
Wind mit Ausnahme des unmittelbaren Küstensaums nachlässt, geht die Temperatur
im Norden und Nordosten auf Gefrierpunktnähe, teils sogar in den leichten
Frostbereich zurück. Dort, wo noch Restnässe vom Tag vorhanden ist und die
Belege entsprechend abkühlen, kann es vereinzelt glatt werden durch gefrierende
Nässe. Wobei man einschränkend sagen muss, dass es lange dauern wird, bis die
Belagstemperaturen mal ein negatives Vorzeichen aufweisen. Wahrscheinlich ist
bis dahin alles abgetrocknet.

Frost und Glätte sind weiter südlich kein Thema, mit einer - möglichen -
Ausnahme. So kommt es insbesondere im Mitteldrittel (regional betrachtet, kein
Eishockey), abgeschwächt auch weiter südlich zu weiteren Regenfällen, die im
Oberharz sowie in den Hochlagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge am
frühen Morgen in Schnee übergehen. Eine großartige Neuschneeakkumulation wird es
aber nicht geben, weil mal wieder eine der goldenen Regeln der
Vorhersagemeteorologie greift, die da lautet: "Trifft die Kaltluft ein, hört der
Niederschlag auf". Vielleicht reicht es bis zum Vormittag ganz weit oben für
eine wenige Zentimeter dünne Schneedecke, weiter unten wahrscheinlich nur für
etwas Matschepampe. Aber auch hier muss konstatiert werden, dass wir uns nicht
mehr im Hochwinter befinden und der Kampf gegen den Bodenwärmestrom durchaus
eine Herkulesaufgabe darstellt. Ansonsten gilt es festzuhalten, dass in der
Mitte gebietsweise nochmalig 5 bis 10, in Staulagen lokal um 15 l/m² Regen
zusammenkommen, die in den laufenden Dauerregenwarnungen eingepreist sind. Im
Zuge der o.e. Auffüllung fächert der Gradient immer mehr auf, was den
Südwestwind im Süden zur Aufgabe zwingt. Lediglich in einigen exponierten
Hochlagen bleiben noch ein paar Böen der Stärke 7 bis 8 Bft übrig.

Sonntag ... füllt sich der Höhentrog in seinem westlichen Teil merklich auf.
Grund ist der vom nahen Atlantik bis zum Nordmeer reichende Rücken, der sich
erfolgreich an eine Osterweiterung heranwagt. Derweil löst sich aus dem sehr
kalten Trogteil im Nordosten Europas ein kleines "Osterei" (passt zur
Jahreszeit, gemeint ist aber ein kleines Höhentief bzw. ein Kaltlufttropfen),
das nach Polen zieht. In den vergangenen Tagen gab es immer mal wieder
Simulationen, wonach das Höhentief bei uns hätte aufschlagen sollen, was sich
nun aber nicht bewahrheitet. Wir gelangen quasi zwischen die Stühle unter eine
zunehmend antizyklonal konturierte nördliche Höhenströmung, aus der keine
nennenswerten Hebungsantriebe herauszuholen sind.

Aber nicht nur in der Höhe, auch in bodennahen Gefilden stehen die Zeichen auf
zunehmend antizyklonal. Ursache ist eine umfangreiche Hochdruckzone (MERYEM),
die sich ausgehend vom Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel via UK/Irland
und Skandinavien bis zur Barentssee erstreckt. Am kräftigsten ist das Hoch in
seinem nördlichen Teil, wo der Luftdruck bis Tagesende auf über 1035 hPa
ansteigt. Auf der Südostabdachung der Hochdruckzone setzt sich in ganz
Deutschland eine nordöstliche Grundströmung durch, mit der weitere kontinentale
Kaltluft aus Nordosteuropa zu uns gelangt. Am längsten dauert das - wen
wundert´s - mit der Kaltluft im Südwesten, wo um 24 UTC an der Grenze zur
Schweiz noch -1°C auf der 850-hPa-Anzeigetafel stehen. Zur gleichen Zeit sind es
in Vorpommern bereits -9°C.

Wie auch immer, in der Südhälfte kommt es im Bereich der alternden
Tiefdruckrinne noch zu überwiegend leichten Niederschlägen, die sich im
Tagesverlauf mehr und mehr in die Regionen südlich der Donau respektive an die
Alpen zurückziehen. Dort sinkt die Schneefallgrenze bis zum Abend auf etwa 1000
m. Ansonsten nimmt die Niederschlagsintensität ab, nur stellenweise reicht es
tagsüber für etwas mehr als 5 l/m². Von daher können die bis 18:00 Uhr laufenden
Dauerregenwarnungen im Schwarzwald vielleicht etwas eher aufgehoben werden.

Während also im Süden die Wolkendecke weitgehend geschlossen bleibt, scheint im
Norden und Nordwesten ganztägig die Sonne. Die Regionen dazwischen können sich
auf vermehrte Auflockerungen freuen, allerdings stehen in den östlichen und
südöstlichen Mittelgebirgen auch noch 1-2 Schneeschauer auf dem Zettel.
Windtechnisch steht aufgrund des langen Fetches über die Ostsee am ehesten noch
die vorpommersche Küste und das küstennahe Binnenland sowie einige exponierte
Hochlagen im Blickpunkt, wo bis zum Abend steife Böen 7 Bft aus Nordosten
auftreten können. Thermisch reicht es im Oberrheingraben noch mal für maximal
12°C, während zwischen Rostock und Stralsund die 5°C-Marke nur marginal
überschritten wird - wenn überhaupt.

In der Nacht zum Montag steigt der Luftdruck von Norden her weiter an und es
klart vielerorts auf. Von der Ostsee ziehen allerdings ein paar Wolkenfelder ins
Landesinnere und auch im Süden bleibt es noch längere Zeit stark bewölkt bis
bedeck. Direkt an den Alpen schneit es bei bis in die Täler sinkender
Schneefallgrenze bis zum Morgen weiter, wobei von Sonntagabend bis Montagfrüh
oberhalb rund 1000 m bis zu 10 cm, ganz vereinzelt bis zu 15 cm Neuschnee
zusammenkommen. Das sind etwa 10 bis 15 cm weniger als noch vor zwei bis drei
Tagen simuliert. Einzelne schwache Schneeschauer sind auch im Nord-Nordoststau
der östlichen Mittelgebirge drin, die den Kohl aber nicht wirklich fett machen.
In der trockenen Luft kühlt es verbreitet bis in den leichten, im Norden und in
den Mittelgebirgen stellenweise mäßigen Frostbereich ab. Für den Boden bedeutet
das zumindest im Norden lokale Tiefstwerte, die nicht weit von -10°C entfernt
sind - keine gute Nachricht für (Hobby)Gärtner. Frostfrei bleibt es unter den
Wolken in Teilen Süd- und Südwestdeutschlands sowie direkt an der Küste bei
auflandigem Wind.

Montag ... dürfen sich weite Teile des Landes auf einen sonnigen, wenn auch
nicht gerade milden Wochenstart freuen. Das Hoch verlagert sein Zentrum in
Skandinavien etwas nach Süden, wodurch der äußerste Norden in den Genuss der
1035-hPa-Isobare gelangt. In der Höhe bleibt es bei der nördlichen Anströmung,
nur im Süden macht sich noch der nach Südwesten zurückhängende Teil des östlich
von uns positionierten Höhentrogs bemerkbar. Dort sowie häufig auch im Osten
fallen die Sonnenanteile geringer und die Wolkenanteile höher aus. Das meiste
Gewölk tritt im Nordstau der Alpen und des Erzgebirges auf, wo es mitunter auch
noch leicht flöckelt. Zwar frischt der Nordostwind tagesgangbedingt und mit
supergeostrophischer Unterstützung (antizyklonal gekrümmte Isobaren) böig auf,
warnwürdige Böen 7 Bft beschränken sich aber im Wesentlichen auf wenige
exponierte Hochlagen. Für Böen 8 Bft reicht es allenfalls im Hochschwarzwald.
Bei T850 zwischen -4°C ganz im Westen und bis zu -11°C im Osten (ja sind wir
denn im Hochwinter?) stehen Tageshöchsttemperaturen von rund 5°C in Vorpommern
sowie im Vorland von Erzgebirge bzw. Thüringer Wald und 9 bis 12°C an Nieder-,
Mittel- und Oberrhein inkl. Nebentäler auf der Karte.

In der Nacht zum Dienstag ändert sich wenig an der GWL. Häufig klart es auf und
es gibt leichten bis mäßigen Frost, am Boden punktuell wieder bis nahe -10°C -
unschön. Im Stau von Erzgebirge und Alpen halten sich Restwolken, aus denen hin
und wieder auch noch ein paar Flocken fallen. Zudem können von Südskandinavien
her einige Wolkenfelder reindriften.

Dienstag ... gelten die in der Synoptischen Übersicht Mittelfrist getätigten
Aussagen!


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist unstrittig und wird von keinem der begutachteten Modelle
angezweifelt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann