DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-03-2023 17:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.03.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Gebietsweise sehr windig bis stürmisch, im höheren Bergland Sturm. Dazu einzelne
Gewitter mit Sturmböen. im Bergland in Staulagen Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir unter einer westlichen Strömung mit der feuchte und
milde, eigentlich aber eine stark erwärmte, ehemals subpolare Meeresluft (+2 bis
+5°C in 850 hPa) nach Deutschland gelangt. Dabei zieht ein Tief von Dänemark aus
nach Osten und schwächt sich ab. Rückseitig seiner Kaltfront beruhigt sich das
Wetter nachts vorübergehend.
Der Tagesgang und ein schwaches Zwischenhoch, das uns mit leichtem Absinken
ostwärts überquert, stützen eine kurze ruhige Phase. Die Konvektion kommt von
Westen her zum Erliegen, anfangs treten aber vor allem über dem Osten und Norden
noch einzelne Schauer und Gewitter mit stürmischen Böen auf. Im weiteren Verlauf
lockert die Bewölkung zeitweise stärker auf.

Der Wind lässt auch im Bergland und an der See vorübergehend unter die
Warnschwellen nach. Nur auf exponierten Bergen bleibt es über die Nacht in Böen
stürmisch. In der milden Luft ist Frost kein Thema.

In der zweiten Nachthälfte greift von Südwesten die Hebung vorderseitig des
nächsten Troges und der Okklusion eins Tiefs über Mittelengland über.
Es setzt Regen ein, der sich zur Mitte und bis in den Südosten ausdehnt, während
sich teils kompakte Bewölkung bis in den Nordosten vorschiebt.

Der vorübergehend südliche Wind frischt zum Morgen im Westen wieder auf mit
Sturmböen im Bergland und ersten steifen Böen exponiert in tiefen Lagen.
Gleichzeitig wird ein Schwall feuchter und instabiler Luft in den Südwesten
geführt, was in den Regen eingelagerte Gewitter möglich macht.

Freitag ... kommt der Höhentrog allmählich nach Osten bis Benelux und
Nordwestdeutschland voran, begleitet von kurzwelligen Anteilen, die uns nach
Osten bis Nordosten überqueren. Die Frontalzone an deren Südflanke stößt über
Frankreich Richtung Alpenraum und Italien vor, woraus sich für uns eine südliche
Westlage ergibt. Das Bodentief gerät unter das Höhentief, füllt sich langsam auf
und erreicht abends mit knapp unter 990 hPa die Niederlande. Es verbleiben noch
leichte Modellunterschiede in Zugbahn und Stärke des Tiefs.

Das okkludierte Frontensystem zieht mit schauerartigen Regenfällen über uns nach
Nordosten und kommt bis zum Nachmittag und Abend in den äußersten Norden und
Nordosten voran, während die herumgeholte Okklusion erneut auf den Westen mit
Regen übergreift. Gebietsweise fallen 5 bis 10, in Staulagen des Westens sind 10
bis 20 l/qm in 12h möglich.

Dazwischen labilisiert die erwärmte Subpolarluft (um +2 Grad in 850 hPa) etwas,
vor allem nach Süden hin. In den auch abseits der Tiefausläufer auftretenden
schauerartigen Regen sind kurze Gewitter eingelagert. Bei bis zu 200 J/kg
ML-CAPE und einiges an Scherung können sich die Zellen etwas organisieren.
Stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen und kleinkörniger Hagel sind demnach nicht
ausgeschlossen.
Die Sonne zeigt sich zwischen den Schauern am ehesten im Süden und Osten ab und
zu. In der gut durchmischten Luft bleibt es mild bei Werten um 15°C.

Der Gradient verschärft sich vor allem an der Südostflanke des Tiefs
von Südwesten her und mit Frontpassage legt bei turbulenter Durchmischung der
Wind deutlich zu. Vor allem im Westen und Süden, eventuell bis in die mittleren
Landesteile sind verbreitet steife bis stürmische Böen aus Südwest zu erwarten.
Im Bergland, eventuell in Teilen Oberschwabends muss mit Sturmböen gerechnet
werden, in den Kamm- und Gipfellagen vor allem der
südwestdeutschen Mittelgebirge mit schweren Sturmböen, auf exponierten Alpen-
und Schwarzwaldgipfeln eventuell mit Orkanböen. Im Norden und Osten spielt der
Wind hingegen warntechnisch wohl keine Rolle.

In der Nacht zum Samstag erreicht das kleine und hochreichende Tief den
Nordwesten und schwächt sich langsam weiter ab. Von da ausgehend erstreckt
sich eine Rinne zonal über Norddeutschland nach Osten. Vor allem entlang der
herumgewickelten Okklusion regnet es im Westen, Südwesten bis in die Mitte, aber
auch über dem Norden gebietsweise längere Zeit und es kommen
erneut häufig 2 bis 10, regional 10 bis 20 mm zusammen, sodass zumindest in
Staulagen der Mittelgebirge Warnschwellen über einen längeren Zeitraum (Freitag
06 bis Sonntag 06z) gerissen werden können.
Ansonsten hat der Regen konvektiven Charakter und macht auch mal Pause. Vor
allem anfangs sind im Südosten kurze Gewitter möglich. Die Luft kühl etwas ab
(T850 auf Werte um 0°C), sodass sich in den höchsten Kammlagen etwas Schnee
unter den Regen mischt.

Im Süden und Südwesten bleibt es windig bis stürmisch, auf exponierten Gipfeln
gibt es orkanartige Böen und Orkanböen. Auch von der Küste her nimmt der
Gradient zu, da der Luftdruck über Skandinavien steigt. An der See sind steife
bis stürmische Böen aus Ost bis Nordost möglich.

Samstag ... formiert sich über Mitteleuropa ein Langwellentrog mit der weit im
Süden, über dem Mittelmeer verlaufender Frontalzone. Der Trog wird über der
Nordsee und dem Nordmeer von einem Höhenrücken flankiert, der zusammen mit
Kaltluftadvektion hohen Druck über Skandinavien stützt, der sich nach Süden
ausdehnt.
Die Bodenrinne über Deutschland wird durch den Druckanstieg über Nordeuropa nach
Süden gedrückt, wobei deren genaue Lage etwas unsicher ist. Sie könnte in einem
Bereich vom Niederrhein bis zur Lausitz zu liegen kommen, derweil sie sich
langsam auffüllt. Nördlich davon verstärkt sich der Gradient und damit die
Kaltluftadvektion und der Nordostwind. Das hat steife Böen bis weit ins
Binnenland zur Folge und stürmische Böen an den Küsten und die Temperatur
erreicht im Norden oft nur noch +5 bis +10°C.

Im Bereich der Rinne und weiter südlich ist die Luftmasse milder und nach Süden
zu leicht labil geschichtet. Allerdings ist sehr fraglich, ob es dabei noch
irgendwo zu einem Gewitter reicht. Hier ist der Regen mehr schauerartig als
sonst, regnen wird es aber fast überall. Bei geschlossener Bewölkung steht somit
vielfach ein regnerisch trüber Tag ins Haus. Eventuelle Dauerregenwarnungen
können/müssen weiterlaufen, da weiter meist 2 bis 10, im Westen, Südwesten und
teils über der Mitte 10 bis 20 l/qm Regen in 12 Stunden fallen.
Neben dem Norden bleibt es auch südlich der Tiefdruckrinne sehr windig mit
steifen bis stürmischen Böen, im Bergland und mit Leitplankeneffekt auch ganz im
Süden mit Sturmböen aus westlicher Richtung. Exponiert im Bergland und in den
Alpen sind schwere Sturmböen bis Orkanböen möglich. Abgesehen vom kühleren
Norden werden meist 10 bis 14°C als Maximum erwartet.

Ganz im Norden lässt der Regen im Tagesverlauf nach und es zeigen sich
Wolkenlücken, da trockenere Luft einströmt. Das freundlichere Wetter dort wird
gewissermaßen mit unangenehm kaltem Nordostwind erkauft.

In der Nacht zum Sonntag nimmt die Okklusion Kaltfrontcharakter an und schwenkt
mit der Bodenrinne etwa in den Bereich zwischen Main und Donau. Nördlich davon
breitet sich die kalte Luft zur Mitte hin aus und die Temperatur geht in 850 hPa
auf -3 bis -7°C zurück; wobei der Regen in der zweiten Nachthälfte teilweise bis
in tiefe Lagen in Schnee übergeht. Ganz im Norden hört der Niederschlag auf und
die Bewölkung bekommt zum Teil größere Lücken. Abseits der Küsten ist dann
gebietsweise leichter Frost möglich. Je nach vorhandener Restnässe oder
Schneematsch im Bergland wäre vereinzelte Glätte eine Option.
Im Bereich der Rinne und weiter südlich hält sich die mildere Luft mit 850 hPa
Werten um 0°C und einer Schneefallgrenze bei 1000m oder etwas darüber, darunter
regnet es verbreitet weiter. In 12 Stunden fallen weitere 2 bis 10, stellenweise
vor allem im Bergland und deren Staulagen 10 bis 15 l/qm Regen. Entsprechend
geht die Dauerregenlage zunächst weiter. Die Niederschläge werden aber
schwächer, zum Morgen können die Warnungen dann wahrscheinlich auslaufen. Die
Temperaturen liegen über der Südhälfte und dem Westen zum Morgen meist zwischen
+6 und +2°C, im höheren Bergland stellt sich schon leichter Frost ein.

Sonntag ... liegen wir dann unterhalb des breiten Höhentrogs, der von
Nordosteuropa her im Zuge südwärts vorstoßender Kaltluft regeneriert wird.
Korrespondierend dazu liegt östlich und südlich von uns eine umfangreiche
Tiefdruckzone, während sich über Westeuropa und dem nahen Atlantik ein
veritabler Rücken aufwölbt. Auf seiner Vorderseite etabliert sich eine über
mehrere tausend Kilometer erstreckende Hochdruckzone (zwischen 1030 und 1035 hPa
maximal), die vom Seegebiet westlich Portugals bis in den Norden Skandinaviens
reicht.
Dazwischen strömt in einem langen Fetch ein Schwall trockener Polarluft
arktischen Ursprungs nach Mitteleuropa, in der T850 weiter zurückgeht. Etwa auf
Werte zwischen -2/-3°C an der Grenze zu Benelux und knapp -10°C am Oderhaff.
Die Tiefdruckrinne und damit die Niederschläge ziehen sich in den Süden zurück,
bevor sie in der Nacht zum Montag in abgeschwächter Form nur noch direkt an den
Alpen auftreten. Die Schneefallgrenze sinkt von zwar von Nordosten immer weiter
ab, trotzdem wird es wahrscheinlich Spätnachmittag oder Abend werden, bis der
Schnee an und in den Alpen bis in die Täler fällt.
Die Temperaturen gehen landesweit zurück; auf niedrige einstellige Werte im
Bergland und ganz im Norden, und auf etwa 10°C im Südwesten am Oberrhein. Der
Wind lässt nach und erreicht nur über der Mitte mit der vorstoßenden Kaltluft
und eventuell an den Küsten und exponiert im Bergland Warnrelevanz.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die nächsten Tage mit leichten Unschärfen, die die
grundsätzliche Entwicklung nicht in Frage stellen. Die Intensität der Regenfälle
(Dauerregenwarnungen sind in Kraft) und die genaue Windentwicklung können ggf.
nachjustiert werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner