DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-03-2023 13:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.03.2023 um 10.30 UTC



Übergang zu einer kühlen Nordostlage mit vorübergehendem Hochdruckeinfluss.
Verbreitet Nachtfrost.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 06.04.2023


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag befindet
sich Deutschland unterhalb eines breiten Höhentrogs, der von Nordosteuropa her
im Zuge südwärts vorstoßender Kaltluft regeneriert wird. Korrespondierend dazu
liegt östlich und südlich von uns eine umfangreiche Tiefdruckzone, in die
mehrere Drehzentren eingelagert sind. Als Gegenspieler wölbt sich über
Westeuropa respektive dem nahen Atlantik ein veritabler Rücken auf. Auf seiner
Vorderseite etabliert sich eine über mehrere tausend Kilometer erstreckende
Hochdruckzone (zwischen 1030 und 1035 hPa maximal), die vom Seegebiet westlich
Portugals bis in den Norden Skandinaviens reicht. Zwischen den beiden
Protagonisten strömt in einem langen Fetch ein Schwall relativ trockener
Polarluft arktischen Ursprungs nach Mitteleuropa respektive Deutschland, in der
T850 bis 24 UTC auf Werte zwischen -2/-3°C an der Grenze zu Benelux und knapp
-10°C am Oderhaff zurückgeht. Die Niederschläge, die am Samstag noch verbreitet
auftreten, ziehen sich im Tagesverlauf immer mehr in den Süden zurück, bevor sie
in der Nacht zum Montag in abgeschwächter Form nur noch direkt an den Alpen
auftreten. Die Schneefallgrenze sinkt von zwar von Nordosten immer weiter ab,
trotzdem wird es wahrscheinlich Spätnachmittag oder Abend werden, bis der Schnee
an und in den Alpen bis in die Täler fällt.

Zu Beginn der neuen Woche weitet sich der Rücken etwas nach Osten aus, wodurch
auch der Höhentrog geringfügig ostwärts ausweichen muss. Allerdings bleibt er in
Lauerstellung, was für die weitere Entwicklung noch wichtig werden kann.
Zunächst aber stellt sich eine antizyklonal konturierte nördliche Höhenströmung
ein, unter der die eingeflossene Kaltluft unter Hochdruckeinfluss gelangt. Dabei
verlagert sich die Bodenhochdruckzone nicht nur ein Stück weit nach Nordosten.
Es baut sich zudem ein Keil auf, der mitten über Deutschland verläuft und sich
fast bis zum Schwarzen Meer erstreckt. Hochdruckeinfluss + trockene Kaltluft =
Nachtfrost - Wetter kann wie Mathematik manchmal ganz einfach sein.

Am Dienstag ändert sich nicht allzu viel an der beschriebenen Konstellation.
Nördliche Höhenströmung, Kaltluft, Hochdruckeinfluss bleiben uns erhalten, auch
wenn an den Flanken bereits gebaggert wird. Über dem östlichen Mitteleuropa
wabert innerhalb des langwelligen Troges etwas inspirationslos ein kaltes
Höhentief herum, das zunächst aber noch keine hiesigen Aktien erwirbt. Ähnliches
gilt für einen kurzwelligen Sekundärtrog, der ganz elegant den Rücken umläuft
und zur Nordsee schwenkt. Er interagiert mit dem okkludierenden Frontensystem
eines Tiefs bei Island, dessen Wolkenfelder den äußersten Westen des
Vorhersageraums erfassen können.

Erst am Mittwoch, wenn die nördliche Höhenströmung zyklonaler wird und sich das
Bodenhoch immer weiter abschwächt, wird Deutschland mehr und mehr in die Zange
genommen. Von Westen naht besagtes Frontensystem, wenn auch mit stark
angezogener Handbremse. Von Osten ein Aufgleitpaket des besagten Höhentiefs. Bei
850-hPa-Temperaturen, die zur Mittagszeit noch immer zwischen rund -2°C im
äußersten Süden/Westen und rund -7°C im Nordosten liegen, fällt im Süden und
Westen etwas Regen, im Bergland Schnee.

Am Donnerstag weitet sich der Wirkungsradius des Höhentiefs knapp östlich von
uns noch etwas weiter nach Westen aus, wohingegen sich im Bodendruckfeld
Amorphie durchsetzt. Damit gelangt nicht nur Aufgleitbewölkung in den Osten,
sondern auch Niederschlag, der zumindest in den Frühstunden bis ganz runter als
Schnee fallen kann (T850 um -6°C). Auch im Süden regnet oder schneit (Bergland)
es noch etwas.

Im weiteren Verlauf der Woche ringen weiterhin der der Rücken knapp westlich und
der Trog knapp östlich um die Vorherrschaft bei uns. Dabei hat es der Rücken
besonders schwer, weil er zu allem Überfluss auch noch das Abrutschen
kurzwelliger Troganteile an seiner Ostabdachung akzeptieren muss. Da nutzt es
auch nur bedingt was, dass sich am Boden tendenziell leichter Hochdruckeinfluss
einstellt. Mit anderen Worten, rein deterministisch auf Basis von IFS zeichnet
sich in der erweiterten Mittelfrist ein leicht unbeständiger Wetterabschnitt ab,
in dem die Temperatur nur langsam ansteigt bzw. sich ein nicht zu verachtender
Temperaturgradient einstellt (T850 am Samstag, 24 UTC zwischen +4°C im Raum
Basel bis zu -6°C im Nordosten). Mal sehen, was davon übrigbleibt...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neueste Lauf von IFS (ECMF) von heute 00 UTC ähnelt zu Beginn der
Mittelfrist stark den jüngsten Vorgängerversionen aus dem gleichen Haus. Damit
wird das Szenario "Kaltluft aus Nordosten, die zu Wochenbeginn unter
Hochdruckeinfluss gelangt" - erwartungsgemäß muss man sagen - bestätigt. Dass
die Kaltluft am Sonntag den Süden etwas später erreicht als gestern noch
angenommen, ist zwar nur eine Kleinigkeit. Hat aber zur Folge, dass die
Schneefallgrenze in und an den Alpen erst im Laufe des Tages, vielleicht sogar
erst am Abend bis in die Täler sinkt.
Zum Ende des mittelfristigen Prognosezeitraums nehmen die Unterschiede zu, wobei
die Problematik in einer einzigen, zugegeben etwas komplexen Fragestellung
zusammengefasst werden kann: Wann wird wie der Hochdruckeinfluss abgebaut? Hier
haben jeder neue Lauf und jedes Modell seine eigenen Vorstellungen. Ist ja aber
auch nicht einfach, wenn von mehreren Seiten angegriffen wird.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim ortsüblichen Modellvergleich sind sich zumindest die externen Modelle zu
Beginn der Mittelfrist weitgehend einig. Wie schon gestern fällt auch heute ICON
etwas aus dem Rahmen. Grund ist ein kleines aber feines Höhentief, das als
Kaltlufttropfen bereits in der Nacht zum Sonntag von der westlichen Ostsee her
Norddeutschland erreicht, um von dort in Richtung Ostfrankreich zu ziehen.
Konsequenz: Nach Abzug des ersten Niederschlagsgebietes gen Süden (wie bei den
anderen Modellen auch), folgt nicht etwas trockene Kaltluft nach sondern eine
zweite Portion Regen und Schnee, die in weiten Teilen der Nordhälfte den Sonntag
"versaubeutelt" - Außenseiterlösung.
Wie bereits im Kapitel zuvor angedeutet, nehmen die Unterschiede im Verlauf der
nächsten Woche zu. Beispielsweise ist GFS von der ganz schnellen Truppe, was die
Wetterverschlechterung angeht. So werden der auch bei IFS auftauchende, o.e.
kurzwellige Sekundärtrog deutlich aggressiver und das blockierende Hoch deutlich
schwächer simuliert. Folgerichtig tauchen bereits am Dienstag Niederschläge auf,
die sich rasch ostwärts ausweiten.

FAZIT:
Aus deterministischer Sicht ist an der am Sonntag einfließenden (nach Westen
relativ lieblichen) trockenen Kaltluft mit Nachfolgendem Hochdruckeinfluss nicht
zu rütteln. Die ICON-Lösung mit dem "Nachzüglerniederschlag" am Sonntag wird
ebenso als wenig wahrscheinlich eingestuft wie das rasche
"Wetterverschlechterungsszenario" von GFS am Dienstag. Danach wird es sowieso
immer unsicherer.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Ensembles von IFS-EPS bestätigen anfänglich das im Hauptlauf beschriebene
Szenario. So zeigen die T850-Kurven in allen Rauchfahnen diverser deutscher
Städte am Wochenende nach unten, während es beim Geopotenzial (500 hPa) schon
wieder leicht bergauf geht. Interessant bei den Temperaturkurven ist die
Tatsache, dass der Haupt- und Kontrolllauf eher am unteren Rand der Kurvenschar
herumtoben. Zwar gibt es in allen Himmelsrichtungen jeweils eine Handvoll
Member, die noch etwas weiter in den Keller gehen. Die Mehrzahl der Lösungen ist
aber eher etwas milder aufgestellt. Auffällig ist das Niederschlagsminimum am
Montag, bevor wieder schwache Rauschen einsetzt. Temperatur und Potenzial folgen
im Laufe der Woche einer Seitwärtsbewegung mit leicht ansteigender Tendenz und
einer Streuung, die bei T850 im Durchschnitt 12 Kelvin beträgt. Eine schnelle
Erwärmung ist dabei nicht auszumachen.

Wie so oft macht die Clusterung für den ersten Teil der Mittelfrist (T+72...96h,
Sonntag/Montag) diverse Schubladen auf - im heutigen Fall derer sechs -, die
aber zumindest in unserem Raum keine nennenswerten Unterschiede erkennen lassen
und sehr dicht am Hauptlauf sind. Sechs Cluster sind es auch von Dienstag bis
Donnerstag (T+120...168h), allesamt dem Klimaregime "Blockierung" zugeordnet.
Gemein ist allen, dass wir bis zum Ende hin zwischen dem Trog im Osten und dem
Rücken im Westen verbleiben. Die Frage ist, ob Deutschland dabei mehr zyklonal
oder mehr antizyklonal beeinflusst wird. Genau diese Unsicherheit spiegelt sich
in den Clustern wider. Keine Änderung übrigens ab Freitag (T+192...240h), wo
nochmal sechs Schubladen geöffnet werden und nochmal auf Blockade gesetzt wird.
Mehrheitlich überwiegt dabei Hochdruckeinfluss, nicht selten tauchen aber auch
Höhentiefs auf.

FAZIT:
Probabilistisch wird der Wechsel zu einer Nordostlage mit Temperaturrückgang
sowie Hochdruckeinfluss zu Wochenbeginn bestätigt. Noch steht aber nicht
endgültig fest, wie stark die Abkühlung ausfällt. Unsicher ist auch noch der
Verlauf in der nächsten Woche. Wie oft zu beobachten hat die Numerik
Schwierigkeiten damit, bei Blockierungslagen die Höhentiefs zu zähmen und
unisono zu platzieren. Das wird auch beim Modellvergleich deutlich.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Viel Signifikantes gibt es mittelfristig nicht zu bieten, wenn man mal vom wenig
erwünschten Nachtfrost absieht. Am Sonntag (plus Folgenacht) fällt in den Alpen
Schnee, wobei die Schneefallgrenze wahrscheinlich erst zum Abend hin bis in die
Täler sinkt. In mittleren und höheren Lagen sind 10 bis 20 cm Neuschnee drin
(und damit weniger, als gestern noch gerechnet). Zudem ist am Sonntag an der
Ostseeküste (vor allem MV) der Nord-Nordostwind noch zackig unterwegs mit einer
geringen Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen 8 Bft. Danach wird es ruhiger.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit ECMF-MOS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann