DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-03-2023 17:01
SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.03.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Donnerstag windig und einzelne Gewitter mit stürmischen Böen oder Sturmböen.
Ab Freitag in einigen Staulagen der Mittelgebirge Dauerregen möglich. Dazu
weiter teils sehr windig, im Bergland Sturm.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... überquert ein Höhenrücken bei einer insgesamt westlichen Strömung
Mitteleuropa nach Osten. Dahinter dreht die Strömung auf Südwest und wird
zunehmend zyklonaler, begleitet von kurzwelligen Trögen, die nachts den Westen
erfassen.
Warmluftadvektion überläuft den Rücken und sorgt im Zusammenspielt mit den
Ausläufern eines in die Nordsee ziehenden Tiefs für Hebung. Die Warmfront zieht
mit einem meist schmalen Regenband rasch über Deutschland nach Osten, nur im
Nordwesten regnet es etwas länger und mehr. Dahinter gelangt im Warmsektor sehr
milde Meeresluft heran, die zudem immer feuchter wird. Bei vielfach starker
Bewölkung bleibt es frostfrei, in den westlichen Teilen liegen die Minima um
10°C.

Mit Annäherung des Nordseetiefs legt der Druckgradient allmählich zu, bei
stabiler Schichtung hält sich die Windzunahme meist in Grenzen. An der Nordsee
und in windexponierten Lagen über dem Westen, Südwesten und der Mitte sind
einzelne steife Böen möglich, im höheren Bergland kann es stürmische Böen oder
Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen geben.

Gestützt durch die kurzwelligen Tröge greift in der zweiten Nachthälfte die
Kaltfront mit Regen auf den Südwesten über. Mit einem Einschub oberhalb der
Grenzschicht instabiler Luft im Warmsektor nehmen die Regenfälle konvektiven
Charakter an und im Südwesten sind eingelagerte Gewitter nicht ausgeschlossen.
Die gut ausgeprägte Scherung würde mehr, kräftige Gewitter und organisierte
Strukturen erlauben, die Tageszeit spricht freilich dagegen, sodass markante
Begleiterscheinungen unwahrscheinlich sind.

Donnerstag ... zieht das Tief zum Skagerrak, wobei an dessen Südflanke die
Strömung auf westliche Richtungen dreht. Die Kaltfront überquert Norddeutschland
beschleunigt nach Osten, über dem Süden und der östlichen Mitte kommt sie aber
mangels frontsenkrechter Komponente ins Schleifen. Bei der postfrontal
einfließenden Luftmasse handelt es sich um eine maritime, stark erwärmte
Polarluft (T850 +1 bis +5°C), so dass nur ein leichter Temperaturrückgang
erfolgt.
Im Norden regnet es wegen der raschen Passage nur wenig. Je weiter zur Mitte und
vor allem in den Süden man kommt, je mehr Regen fällt, auch wenn Warnschwellen
nicht gerissen werden. Gebietsweise fallen 5 bis 10, in Alpennähe und im
Schwarzwald bis 20 mm Regen.

Präfrontal bleibt feuchtlabile Luft im äußersten Südosten Deutschlands bis in
den frühen Nachmittag vorhanden. Ob sich großartig Cape aufbaut, ist angesichts
der Bewölkung und der zum Nachmittag erfolgenden Frontpassage fraglich. Dafür
ist die Luftmasse gut geschert, hochreichend labil und feucht mit PPW bis 25 mm.

Entsprechend müssen kräftige Gewitter zumindest ins Auge gefasst werden, die
sich vor allem südlich der Donau bilden können. Bei rascher Verlagerung der
Zellen, spielt Starkregen nur eine untergeordnete Rolle. Dafür sorgt der
Oberwind (bis 50 Kt in 850 hPa, ICON) und die mögliche Organisation der Zellen
für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Sturmböen und Hagel.
U.a. mit der postfrontalen Passage eines breiten Troges legt der Gradient
landesweit zu, so dass, abgesehen vom Südosten, Wind- und stürmische Böen
aufkommen. Im Bergland erreicht der Wind in Böen Sturmstärke, auf exponierten
Gipfeln sind schwere Sturmböen bis orkanartige Böen (Brocken,
Feldberg/Schwarzwald) möglich.
Zum Abend hin flaut in tieferen Lagen abseits der Küste der Wind ab und ist dann
nicht mehr warnrelevant. In höheren Berglagen besteht jedoch weiterhin die
Gefahr stürmischer Böen oder Sturmböen.

Bedingt durch die Labilisierung im Trog sind auch in der postfrontalen,
feuchtlabilen Meeresluft Schauer und vor allem auch kurze Gewitter zu erwarten.
Da auch hier etwas Scherung vorhanden ist, sind linienhafte Entwicklungen
möglich, wobei vor allem dann Böen bis Sturmstärke und kleiner Hagel möglich
sind.
Ein paar größere Wolkenlücken zeichnen sich am ehesten im Lee der Mittelgebirge
sowie postfrontal im Westen und Südwesten ab. Ansonsten hält sich rasch
wechselnde Bewölkung.
In der gut durchmischten Luftmasse erreicht die Temperatur 15 bis 19, in
Küstennähe und im Bergland 10 bis 14°C.

In der Nacht zum Freitag beruhigt sich das Wetter nur vorübergehend. Der Trog
zieht ab und die Kaltfront hat uns bereits tagsüber Richtung Österreich
verlassen. Der Tagesgang und ein schwaches Zwischenhoch, das uns mit leichtem
Absinken ostwärts überquert, stützen die kurze ruhige Phase. Die Konvektion
kommt zum Erliegen und die Bewölkung lockert stärker auf. Der Wind lässt auch im
Bergland und an der See vorübergehend unter die Warnschwellen nach. In der
milden Luft bleibt es frostfrei.

In der zweiten Nachthälfte greift auf den Südwesten die Hebung vorderseitig des
nächsten Troges und der Okklusion eins Tiefs über Mittelengland über.
Dort setzt Regen ein, während sich teils kompakte Bewölkung über die Mitte
deutlich weiter nach Osten vorschiebt.
Der südliche Wind frischt im Westen wieder auf mit Sturmböen im Bergland und
steifen Böen exponiert in tiefen Lagen. Gleichzeitig wird ein Schwall feuchter
und instabiler Luft in den Südwesten geführt, was in den Regen eingelagerte
Gewitter möglich macht.

Freitag ... arbeitet sich der Höhentrog allmählich nach Osten vor, begleitet von
kurzwelligen Anteilen, die uns nach Osten bis Nordosten überqueren. Die
Frontalzone an deren Südflanke stößt über Frankreich Richtung
Alpenraum/Oberitalien vor, woraus sich für uns eine südliche Westlage ergibt.
Das Bodentief gerät unter das Höhentief, füllt sich langsam auf und erreicht
abends mit etwas mehr als 985 hPa die südliche Nordsee. Es verbleiben nur
leichte Modellunterschiede in Zugbahn und Stärke des Tiefs.
Das okkludierte Frontensystem zieht mit schauerartigen Regenfällen über uns nach
Nordosten und kommt bis zum Nachmittag in den äußersten Norden voran, während
die herumgeholte Okklusion erneut auf den Nordwesten mit Regen übergreift.
Gebietsweise fallen 5 bis 10, im Nordwesten und in Staulagen des Westens sind um
15 l/qm in 12h möglich.
Dazwischen labilisiert die erwärmte Subpolarluft (um +2 Grad in 850 hPa), sodass
sich Schauer und kurze Gewitter entwickeln. Bei ca. 200 J/kg ML-CAPE und einiges
an Scherung können sich die Zellen organisieren und es sind stürmische Böen
sowie kleinkörniger Hagel möglich.

Die Sonne zeigt sich zwischen den Schauern am ehesten im Süden und Osten ab und
zu. In der gut durchmischten Luft bleibt es mild bei Werten um 15°C.

Der Gradient verschärft sich vor allem an der Südostflanke des Tiefs von
Südwesten her und mit Frontpassage legt dann bei turbulenter Durchmischung der
Wind deutlich zu. Vor allem im Westen und Süden, eventuell bis in die mittleren
Landesteile sind verbreitet steife bis stürmische Böen aus Südwest zu erwarten.
Im Bergland, eventuell in Teilen Oberschwabends muss mit Sturmböen gerechnet
werden, in den Kamm- und Gipfellagen vor allem der
südwestdeutschen Mittelgebirge mit schweren Sturmböen, auf exponierten Alpen-
und Schwarzwaldgipfeln eventuell mit Orkanböen. Im Norden und Osten spielt der
Wind hingegen warntechnisch wohl keine Rolle.

In der Nacht zum Samstag erreicht das kleine, hochreichende Tief den
Nordwesten und schwächt sich etwas ab. Von da ausgehend erstreckt sich eine
Rinne zonal über Norddeutschland nach Osten. Vor allem an der Südflanke des
Tiefs entlang der herumgewickelten Okklusion regnet es im Westen, Südwesten bis
in die Mitte längere Zeit und es kommen erneut 10 bis 20 mm zusammen, sodass
zumindest in den Staulagen der dortigen Mittelgebirge Warnschwellen über einen
längeren Zeitraum gerissen werden können.
Ansonsten hat der Regen konvektiven Charakter, vor allem anfangs sind kurze
Gewitter möglich. Die Luft kühl etwas ab (T850 auf Werte um 0°C), sodass sich in
den höchsten Kammlagen etwas Schnee unter den Regen mischt.

Im Süden und Südwesten bleibt es windig bis stürmisch, auf exponierten Gipfeln
gibt es orkanartige Böen und Orkanböen. Auch von der Küste her nimmt im Norden
der Gradient zu, da der Luftdruck über Skandinavien steigt. An der See sind
steife bis stürmische Böen aus Ost bis Nordost möglich.

Frost steht - von den höchsten Kammlagen abgesehen - nicht auf der Agenda.

Samstag ... formiert sich über Mitteleuropa ein Langwellentrog mit weit im
Süden, über dem Mittelmeer verlaufender Frontalzone. Der Trog wird über der
Nordsee und dem Nordmeer von einem Höhenrücken flankiert, der zusammen mit
Kaltluftadvektion hohen Druck über Skandinavien stützt.

Die Bodenrinne über Norddeutschland wird durch fortgesetzten Druckanstieg über
Skandinavien etwas nach Süden gedrückt, wobei deren Lage noch etwas unsicher
ist. Nördlich davon verstärkt sich der Gradient und damit der Nordostwind noch
etwas. Das hat steife Böen bis weit ins Binnenland zur Folge und stürmische Böen
an den Küsten. Darüber hinaus verstärkt sich die Zufuhr kälterer Luft und die
Temperatur erreicht im äußersten Norden nur noch +5 bis +8°C.

Im Bereich der Rinne und weiter südlich ist die Luftmasse milder und nach Süden
weiter leicht labil geschichtet. Hier sind in den schauerartigen Regen auch
einzelne Gewitter eingelagert. Bei flotter Verlagerung und vor allem LLS um 10
m/s sind organisierte Zellen mit Sturmböen und Hagel nicht ausgeschlossen,
allerdings hapert es etwas mit der Labilität und bei starker Bewölkung wird auch
kaum CAPE generiert.
Starke Bewölkung dominiert auch sonst und es regnet verbreitet, vor allem über
der Mitte sowie dem Westen und Südwesten kräftiger mit 10 bis 20 l/qm in 12h.
Eventuelle Dauerregenwarnungen können/müssen weiterlaufen.

Vor allem im Süden bleibt es sehr windig mit steifen bis stürmischen Böen, im
Bergland und mit Leitplankeneffekt mit Sturmböen aus westlicher Richtung.
Exponiert im Bergland und in den Alpen sind schwere Sturmböen bis Orkanböen
möglich. Abgesehen vom kühleren Norden werden meist 10 bis 14°C als Maximum
erwartet.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren ab Freitag mit leichten Abweichungen, wenn das Tief
übergreift und sich die Rinne über Norddeutschland legt. Entsprechend werden
alle daran geknüpften Größen, Wind, Regen etc. unsicherer.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner