DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-03-2023 17:30
SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 26.03.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Abend nachlassende Schauer/Gewitter mit Sturmböen. Am Montag windiges
Schauerwetter mit einzelnen Gewittern und teils stürmischen Böen, an der Nordsee
schwerer Sturm. Im Nordweststaut von Erzgebirge und Alpen nennenswerte
Schneefälle, an den Alpen markant. Im Laufe des Dienstages deutlich
Wetterberuhigung.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines breiten Troges
mit mehreren eingelagerten kurzwelligen Anteilen. Ein eigenständiges
Höhentiefdrehzentrum lag am Nachmittag zwischen Belgien und dem südlichen NRW
und hat sich mittlerweile langsam nach Osten verlagert.

Am Nordrand des Höhentiefs erstreckt sich in zonaler Orientierung von NRW bis
nach Sachsen ein skaliges Regengebiet. Mit eingelagerten konvektiven
Verstärkungen können die 6h Niederschlagsmengen punktuell knapp die markante
Warnschwelle erreichen.

Südlich des als Okklusion analysierten skaligen Regenbandes sind feuchtlabile
Luftmassen aktiv. Das CAPE ist zwar nur marginal, aber ausreichend, dass neben
einigen Schauern auch kurze Gewitter miteingelagert sind. Die Gewitter sind
insgesamt recht zügig unterwegs und bringen daher keinen markanten Starkregen,
aber dafür starke bis stürmische Böen.

Zudem gibt es durch kurzwellige Anteil Verstärkungen der konvektiven Aktivität.
So ist in den Nachmittagsstunden eine Trogstaffel auf BaWü übergetreten und
kommt am Abend auch nach Bayern voran. Vorübergehend hat sich rückseitig der
Staffel ein RIJ entwickelt, der auch gut im Dopplerbild vom Feldberg zu sehen
war. Dieser hat sich zwar in der Zwischenzeit wieder abgeschwächt. Da die
Scherungsbedingungen über Ost- und Südostbayern recht gut sind, müssen mit
besser organisierten Zellen weiterhin zumindest Sturmböen mit eingeplant werden.


Im Laufe des Abends und eingangs der Nacht lässt die Gewittertätigkeit
allmählich nach.

In der Nacht auf Montag verlagert sich die Haupttrogachse von Ostfrankreich über
Deutschland ostwärts. Damit kommt das Niederschlagsband mit konvektiven
Verstärkung südostwärts voran und erreicht in den Morgenstunden Südbayern.
Die Höhenströmung dreht auf nordwestliche Richtungen und die Temperatur in 850
hPa von Norden her sukzessive auf Werte unter -5 Grad zurück. Damit sinkt auch
die Schneefallgrenze allmählich von höheren bis in mittlere Lagen (von 600 bis
300 m). Entsprechend muss im höheren Bergland mit Glätte durch eine geringe
Neuschneeauflage gerechnet werden.

Der Wind, der tagsüber auch in tiefen Lagen teils stark bis stürmisch unterwegs
war, lässt in der Nacht deutlich nach und ist dann vor allem noch im Bergland
stark bis stürmisch unterwegs. Vor Übergreifen der Kaltluft nach Süden kann sich
im Alpenvorland vorübergehend nochmal ein gewisser Leitplankeneffekt mit Bft 7
Böen einstellen, ehe der Wind von West auf Nordwest dreht.

Etwas aufleben wird der Wind an der Nordsee, wo es Windböen, exponiert bei
auflandigem Wind auch einzelne stürmische Böen aus Nord geben kann.

Ansonsten ist die Wolkendecke vor allem über der Nordhälfte aufgelockert, teils
ist es sternenklar. Zum Morgen greift allerdings bereits die hochreichende
Kaltluft mit ersten Schauern auf den Nordwesten über. Dort bleibt es
entsprechend oft frostfrei, während sonst über dem Norden und Nordosten,
ausgreifend bis zu den zentralen Mittelgebirgen leichter Frost zu erwarten ist.

Montag ... dreht die Höhenströmung immer stärker auf Nordwest und die -5 Grad
Isotherme überquert die Alpen. Labile Höhenkaltluft beeinflusst große
Landesteile. Nur nach Südwesten ist sie etwas weniger aktiv. Die 500 hPa
Temperatur geht über dem Norden und Nordosten auf Werte um -40 Grad zurück. Die
Folge ist eine rege Schauertätigkeit und von der Mitte bis in den Norden sind
auch einige kurze Kaltluftgewitter eingelagert. Der Höhenwind ist mit 20 bis 30
kn in 925 und 850 hPa nicht sonderlich stark. Dennoch können bei stärkeren
Entwicklungen neben Windböen auch einzelne stürmische Böen auftreten
(Windscherung ist recht gut). Außerdem sind die Schauer/Gewitter häufig
begleitet von Graupel und bei stärkeren Entwicklungen kann es vorübergehend auch
Schneeflocken bis in tiefe Lagen geben.

Die Schaueraktivität wird im Tagesverlauf von Nordwesten her aufleben und sich
dann südostwärts ausbreiten. Gekoppelt ist dies an einen kurzwelligen
Troganteil, der im Tagesverlauf von Dänemark süd-südostwärts vorankommt.

Eine Schneedecke wird sich aufgrund der warmen Vorgeschichte nur in höheren
Lagen ausbilden. Prädestiniert dafür sind natürlich die Nordweststaulagen von
Erzgebirge und Alpen. Dort fällt zunächst aus der Nacht heraus noch längere Zeit
Schnee. Nach einer kurzen Pause am Vormittag kommt dann dort die
Schauertätigkeit in Gang und wird sich noch bis in die Nacht auf Dienstag
halten.

Nimmt man alles zusammen können im Stau des Erzgebirges bis Dienstagmorgen 5 bis
10 cm zusammenkommen. An den Alpen sind oberhalb 1000 m 15 bis 30 cm, in
ausgewiesenen Staulagen vereinzelt auch etwas mehr zu erwarten. In tieferen
Lagen fällt entsprechend weniger.

Am stärksten ist der Wind an der Nordsee, wo auch der Gradient am besten
ausgeprägt ist. Dort können häufiger Sturmböen auftreten. An exponierten
Küstenabschnitten und an der See muss auch mit einzelnen schweren Sturmböen
gerechnet werden.

Da hinter dem oben erwähnten kurzwelligen Anteil die Strömung noch etwas stärker
auf Nord dreht, deuten die verschiedenen Modelle an, dass in den frühen
Abendstunden bis in die erste Nachthälfte hinein der Lake-Effekt an der Ostsee
etwas stärker in Gang kommt. Die deutsche Modellkette ist diesbezüglich recht
zurückhaltend, deutet aber hier und da eine dünne Schneedecke an. Externe
Modelle simulieren durchaus einige aktive Schauerstraßen (teils mit Blitz und
Donner) mit Schneedeckenausbildung an. Das betrifft vor allem MeckPomm
ausgreifend bis zur Börde und in den Berliner Raum. Man sollte nicht überrascht
sein, wenn räumlich eng begrenzt auch mal um 5 cm Neuschnee fallen.
Weiter westlich ist es entweder zu trocken (Schleswig-Holstein Föhneffekte durch
Skandilee) oder zu warm (Nordsee).

Ansonsten beginnt es in den Nachstunden von Westen und Südwesten bis zur Mitte
ausgreifend deutlich zu stabilisieren und die Wolkendecke lockert stärker auf.
Gleichzeitig lässt der Wind deutlich nach. Am längsten treten starke, exponiert
stürmische Böen noch an der Ostsee und im Erzgebirge ausgreifend bis ins Vorland
auf.

In der eingeflossenen Kaltluft steht vielen Regionen eine Frostnacht bevor. In
höheren Berglagen kann es auch mäßige Nachtfröste geben. Außen vor bleibt nur
der Nordwesten (warme Nordsee) sowie die direkte Ostsee und einzelne Regionen im
sächsischen Tiefland und bis nach Sachsen-Anhalt (stärkerer Wind+ Durchmischung,
sowie mehr Wolken).
Entsprechend kann es zu Glätte durch überfrierende Nässe kommen.

Dienstag ... schiebt sich von Westen der Höhenrücken weiter in Richtung
Deutschland vor. Damit lässt durch die deutliche Stabilisierung die
Schauertätigkeit auch am Erzgebirge und den Bayerischen Alpen immer mehr nach.
Ab den Mittagsstunden ist es weitgehend trocken. Am Nordrand wird der Rücken von
WLA überlaufen. Diese greift zunächst auf den Nordwesten über und breiten sich
später auf ganz Deutschland aus. Damit verdichten sich im Tagesverlauf die
Wolken von Nordwesten.

Am freundlichsten wird es einerseits im Nordosten. Dort gelangt man durch die
Drehung der Höhenströmung auf Nordwest in das Skandilee. Anderseits macht sich
im Südwesten das Absinken im Zuge des Höhenrückens am stärksten bemerkbar,
sodass auch dort längere Zeit die Sonne scheint.

Windböen kann es noch an der Grenze zu Polen und in Südostbayern geben, sollte
aber am Vormittag auch dort langsam in den warnunwürdigen Bereich absinken. Auf
der Nordsee lebt der Südwestenwind bis zum Abend hingegen wieder stark böig auf.


In jedem Fall kommen wieder mildere Luftmassen nach Deutschland voran, sodass
auch im höheren Bergland kaum noch mit Dauerfrost zu rechnen ist und im
Südwesten bereits wieder zweistellige Werte zu erwarten sind.

In der Nacht auf Mittwoch rutscht nochmal ein Kurzwellentrog auf der Vorderseite
des Rückens von Nordwest nach Südost ab, während sich die Hauptachse des Rückens
weiter westlich bei den Britischen Inseln neu formiert. Damit dreht die
Höhenströmung wieder stärker auf Nordwest und am Boden lässt sich eine Warmfront
(rückseitig des WLA Maximum) finden, die von Westen auf Deutschland übergreift.

Neben den dichten Wolken kommen damit auch hier und da leichte Niederschläge
auf, die in höheren Lagen nur anfangs auch ein paar Flocken bringen.
Nennenswerte Niederschlagsmengen werden aber abgesehen vom Nordwesten eh nicht
erwartet.

Ein paar größere Auflockerungen kann es vor allem in der ersten Nachhälfte noch
in den östlichen Landesteilen geben. Dort muss auch nochmal mit Frost zwischen 0
und -5 Grad gerechnet werden. Sonst bleibt es frostfrei.


Mittwoch ... kommt die Hauptachse des Rückens weiter in Richtung Deutschland
voran. Gleichzeitig flacht der Rücken ab und ist auch weiterhin von WLA
überlaufen. Ein zweiter Warmluftschub greift von Westen und Südwesten bis zum
Abend auf Deutschland über. Dahinter steigen die 850 hPa Temperaturen auf über 5
Grad.

Zunächst regnet es ein wenig im Norden und auch in Alpennähe und in
Südostbayern. Letzteres hat seinen Grund in der nordwestlichen Strömung vor der
Achse des Rückens (leichter Anstau). Im Laufe des Nachmittags greifen von
Südwesten mit dem neuen WL-Schub neue Niederschläge über.

Zuvor kann es im Tagesverlauf einige sonnige Auflockerungen geben und diese
treiben die Maxima im Südwesten schon wieder auf 15 bis 18 Grad nach oben, mit
den höchsten Werten am Oberrhein. Im Nordosten werden hingegen nur 7 bis 10 Grad
erwartet.

Der Wind lebt im Tagesverlauf zwar etwas auf, abgesehen von den Gipfellagen sind
aber keine warnwürdigen Böen zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen die Entwicklung im Kurzfristbereich sehr ähnlich. Differenzen
gibt es nur bezüglich der Auswirkungen des Lake-Effektes an der Ostsee und
inwiefern sich dann dort auch eine Schneedecke ausbilden kann.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer