DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-03-2023 08:30
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 25.03.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Heute windiges bis stürmisches Schauerwetter, dabei einzelne Gewitter.

Am Sonntag im Südwesten windig, vereinzelt auch stürmisch, dort auch einzelne
Gewitter. Auch an den Küsten steife Böen.

Am Montag Kaltlufteinbruch mit Schnee-, Regen und Graupelschauern, vereinzelt
Gewitter, stürmische Böen vom Nordwesten bis in den Osten / Südosten. In der
Nacht zum Dienstag verbreitet Frost. In Staulagen der Alpen markanter Neuschnee
möglich, am Erzgebirge markanter Neuschnee gering wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befinden sich der Nordatlantik und Nordeuropa unter tiefem
Geopotential, während über dem Mittelmeer hohes Geopotential zu finden ist. Die
Übergangszone gestaltet sich dabei mäandrierend, wobei ein Kurzwellentrog heute
von West nach Ost über Deutschland hinwegzieht. Seien von Nordwest nach Südost
orientierte Achse erreicht schon um die Mittagszeit das Böhmische Becken und den
Osten Deutschland, zum Abend hin ist sie dann vollständig nach Polen abgezogen.
In den Trog eingebettet ist in 500 hPa ein Kaltluftkörper mit einer Temperatur
von knapp unter -30°C. Da diesem niedertroposphärisch eine zwar kühle, aber
keineswegs kalte Luftmasse mit 850er Temperaturen von knapp unter 0°C
gegenübersteht, ist der vertikale Temperaturgradient recht stark ausgeprägt, was
im Tagesverlauf durchaus einzelne Gewitter, verbreitet aber auch kräftige
Schauer zur Folge haben wird, zumal durch den Tagesgang auch noch die
Grenzschicht labilisiert wird. Bezüglich der Gewitter ist bei PPW-Werten knapp
über 10 mm, vereinzelten kleinen CAPE-Inseln mit meist zweistelligen Maxima und
verhaltener Scherung nichts Überbordendes bezüglich der Niederschlagsmengen zu
erwarten, was natürlich auch an der forschen Zuggeschwindigkeit der Zellen
liegt, so dass das Hauptaugenmerk dem Wind gilt. Mit dem Kurzwellentrog
korrespondiert im Bodendruckfeld ein Tief über Südskandinavien, welches einen
markanten Bodentrog aufweist, der von Tiefkern (genauer gesagt von den
Tiefkernen) nach Südwesten zur Nordsee gerichtet ist und in dem zu Tagesbeginn
auch noch ein abgeschlossenes Tief von den Modellen simuliert wird. Dieser
Kurzwellentrog schwenkt im Tagesverlauf über die Nordsee hinweg und erreicht zum
Abend den Westen Deutschlands. In der Folge ist über weiten Teilen unseres
Landes der Gradient recht straff aufgestellt, nur im Nordosten präsentiert sich
die Isobarendrängung weniger markant. In der Folge ist dort der Wind mit Böen
Bft 7 etwas zurückhaltender, allerdings muss auch dort in Schauernähe mit Böen
Bft 8 gerechnet werden. In den übrigen Landesteilen geht der Wind etwas
energischer zur Sache, was schon aus dem Gradienten heraus Böen bis zur Stärke
Bft 8 erwarten lässt. Oberwinde (850 hPa) von um 45 kn über NRW und den
unmittelbar angrenzenden Regionen und von um 35 kn von der Nordsee bis an die
Alpen lassen den Schluss zu, dass in Stärkeren Schauern und Gewittern auch Böen
der Stärke Bft 9 nicht ausgeschlossen werden können. Im höheren Bergland sind
dagegen die Sturmböen oftmals der Standard, auf exponierten Bergen mit schweren
Sturmböen. Auf dem Feldberg und dem Brocken sind schwere Sturmböen Bft 10 und
eventuell auch orkanartige Böen Bft 11 möglich. Kurz zusammengefasst verspricht
das alles kerniges Aprilwetter, wobei auch die Chancen für Sonne limitiert sind.
Am ehesten sollte sie sich im Südosten zeigen können, dies alles bei
Höchstwerten zwischen 8 und 15 Grad.

In der Nacht zum Sonntag zieht der Höhentrog weiter nach Osten, er wird von
einem flachen Keil abgelöst, dem allerdings nur ein kurzes
Aufmerksamkeitsfenster zuteilwird, da von Westen schon wieder ein neuer Trog
hereinschwenkt, der bis zum Morgen Frankreich erreicht. Auch im Bodendruckfeld
kann sich schwacher Zwischenhocheinfluss durchsetzen, was einem kleinräumigen,
nach Norden weisenden Keil des Mittelmeerhochs geschuldet ist. Dieser schiebt
sich zwischen den über die Oder nach Polen abziehenden Bodentrog und ein neues,
vom Atlantik über Irland hinweg bis nach England vorstoßendes Tief, dabei sinken
über dem Norden auch die 850er Temperaturen etwas auf bis zu -3°C. Die
Änderungen in der Druckkonfiguration bedeuten ein Aufweichen des Druckgradienten
und mithin ein Abflauen des Windes, und auch die Labilität lässt durch einen
Temperaturanstieg in 500 hPa nach, so dass auch das Heruntermischen des
Höhenwindes begrenzt wird. In den Höhenlagen muss allerdings weiterhin mit Böen
Bft 7 bis 8, exponiert auch Bft 9 gerechnet werden. Dazu frischt rückseitig des
Bodentroges an der Ostsee der auf Nordwest drehende Wind auf, so dass dann auch
dort Böen Bft 7, vor allem an der Mecklenburgischen Küste, möglich erscheinen.
Die Wolken lockern allerdings wohl lediglich im Norden sowie im Südwesten
vorübergehend stärker auf. Im Westen macht sich dagegen bald wieder markante
Warmluftadvektion mit entsprechender Bewölkung im Vorfeld des o.e. nächsten
Tiefdruckgebietes bemerkbar, die zum Morgen im Westen neuen Regen bringt.
Ansonsten schauert es vor allem nördlich des Mains noch etwas, die
Schneefallgrenze sinkt dort auf 600 bis 1000m, so dass in exponierten
Gipfellagen etwas Schnee fallen kann. Von den höchsten Gipfeln abgesehen bleibt
es frostfrei bei 2 bis 6 Grad.

Sonntag... wird der kurzwellige Höhenrücken über dem Süden rasch nach Osten
herausgeschoben. Ihm folgt von Westen ein weiterer Trog, der auf den ersten
Blick weder ein richtiger Kurzwellen- noch ein richtiger Langwellentrog ist.
Großräumig betrachtet kann aber von Norden her Höhenkaltluft mit etwa -40 Grad
in 500 hPa und darunter bis zur Norwegischen See bzw. nach Südskandinavien
vordringen, wodurch ein langwelliger Höhentrog über Skandinavien regeneriert und
in weiterer Folge auch für uns eine kurzzeitig sogar zyklonale Nord- bis
Nordwestlage eingeleitet wird. Die Achse des Troges erreicht zum Abend bereits
die mittlere Nordsee und "schluckt" in der Folge "unseren" kleineren Trog, so
dass vielleicht doch eher die Bezeichnung Kurzwellentrog zutrifft. Aber wie auch
immer, Fakt ist, dass unser Trog
ein kleinräumiges, abgeschlossenes Höhentief aufweist, das zum Abend laut ICON
über Westfalen zu finden sein soll. Mit dem Hereinschwenken des Troges setzt in
500 hPa nach einer vorübergehenden Erwärmung durch den Rücken wieder eine
Abkühlung ein, die Werte sollen am Abend dann bei etwa -29°C liegen. Begleitet
wird der Trog von dem angesprochenen Tief über England. Es zieht insgesamt zwar
nach Südwesten, sucht andererseits aber auch Anschluss an das Tief über
Südskandinavien (zum Abend Baltikum) - und findet diesen auch. Damit entsteht
eine Tiefdruckrinne, die vom Baltikum über Polen und Deutschland hinweg bis nach
Frankreich reicht. Innerhalb der Rinne ist der Druckgradient naturgemäß nur
schwach ausgeprägt. Damit spielt der Wind auch eine kleinere Rolle als noch am
Vortag. Er frischt über dem Südwesten vorübergehend stark böig auf mit Stärke 7
bis 8, letzteres vor allem in den Hochlagen, exponiert kann es auch die Bft 9
sein, auf dem Feldberg im Schwarzwald ist eventuell auch mal die Bft 10 drin.
Ansonsten ist warnwürdiger Wind nur an den Küsten zu erwarten, Bft 7 ist dort
das Höchste der Gefühle. In die Rinne ist allerdings ein Frontensystem
eingelagert, das an ein kleinräumiges Tief innerhalb der Rinne gekoppelt ist,
welches am Abend über der Westhälfte anzutreffen sein soll. Im Bereich der
Luftmassengrenze, etwa in einem Streifen vom Niederrhein und dem Münsterland bis
nach Ostsachsen und ins südliche Brandenburg sollen dabei kräftigere
Niederschläge fallen. Im 12-stündigen Zeitraum bis zum Abend simuliert ICON-D2
im Westen punktuell über 30 l/qm, die Globalmodelle wie ICON, GFS oder IFS
belassen es bei Spitzen um 20 l/qm. Im östlichen Bereich des genannten Streifens
sollen zumeist um 5 l/qm fallen, aber auch südlich der genannten Regionen regnet
es teils länger anhaltend, wobei bezüglich der Niederschlagsmengen vor allem der
Stau des Schwarzwaldes mit je nach Modell Mengen zwischen 10 und 15 l/qm
hervortritt. Alles in allem erstmal nichts, wo sich eine Dauerregenwarnung
aufdrängt. Aber man muss erneut auf eventuelle Gewitter achten, denn im
Südwesten und Süden ist nicht nur die Labilität sehr hoch, sondern es wird auch
etwas CAPE generiert. Nördlich der Luftmassengrenze kann maritime Polarluft von
Nordnordwest her bereits auf direkterem Wege nach Norddeutschland vordringen und
lässt dort die 850 hPa-Temperatur bis zum Abend auf bis zu -5°C absinken. Im
Bereich der Rinne bzw. der Luftmassengrenze sinkt die Schneefallgrenze nach
Norden zu von etwa 1000m auf etwa 400m ab, so dass im Norden des
Niederschlagstreifens eventuell auch schon die feste Phase auftritt. Während die
Temperaturen im Norden sowie am Nordrand des Regengebietes bereits zurückgehen
und dort nur noch Höchstwerte meist im einstelligen Bereich erwartet werden,
bleibt es im Süden mit zumeist 10 bis 14°C noch relativ mild.

In der Nacht zum Montag wird der südliche Troganteil dann vom von Norden
hereinschwenkenden Langwellentrog geschluckt. Damit ergibt sich in Gänze eine
Trogstruktur, die von Skandinavien im Norden bis nach Mittelitalien im Süden
reicht (und die im Norden ausgangs der Nacht für 500-hPa-Temperaturen von unter
-35°C sorgt). Ihr steht auf dem Nordatlantik ein kräftiger Höhenrücken
gegenüber, der eine Hochdruckzone stützt, die sich in Nord-Süd-Richtung
orientiert von Grönland bis zur Iberischen Halbinsel und nach Madeira erstreckt
(mit dem "Makel" eines kleinräumigen Tiefs bei Island). Da nicht nur unsere
Lang-Kurzwellen-Kombi, sondern auch die Reste der Tiefdruckrinne weiter nach
Südosten vorankommen, bildet sich zwischen hohem Luftdruck über Westeuropa und
tiefem Luftdruck über Osteuropa eine "Kaltluftautobahn" aus, die Polarluft
direkt nach Mitteleuropa führt. Bis zum Morgen erreicht die Polarluft die Alpen,
was dort 850er Temperaturen von um -3°C zur Folge hat. Die in die Polarluft
eingebetteten Niederschläge, im Südosten oft stratiform, nach Norden zu mehr
konvektiv, gehen zumeist in Schnee über, nur über dem Südosten, wo die Polarluft
die mildere Luft bis zum Morgen noch nicht verdrängen kann, fällt noch
verbreitet Regen. Am Erzgebirge simuliert ICON dabei bis 5 cm Neuschnee, an den
Alpen, insbesondere im Allgäu, bis 10 cm, und in Staulagen sollten ebenda um 15
cm möglich sein. Dabei liegen die Tiefstwerte im Norden und in den
Mittelgebirgen meist knapp unter 0°C, in den übrigen Gebieten meist im leichten
Plusbereich.


Montag... und in der Nacht zum Dienstag schieben sich von Westen allmählich der
Höhenrücken und das Hochdruckgebiet zu uns herein. Bis zum Dienstagmorgen steigt
dabei über dem äußersten Südwesten der Druck auf knapp über 1025 hPa an. Der
Langwellentrog überquert den Nordosten mit T-500-hPa von teils unter -40°C.
Entsprechend können dort Schnee- und Graupelschauer (Glätte!) und eventuell auch
Gewitter auftreten, die zwar labile, insgesamt aber trockene und kaum CAPE
aufweisende Luftmasse limitiert allerdings die Niederschlagsintensität, so dass
der Fokus erneut auf den Böen liegt. Da die Höhenwinde in 850 hPa um 35 kn
erreichen, sind stürmische Böen und eventuell auch Sturmböen als
Begleiterscheinung plausibel erscheinen. Dabei ist der Gradient und damit der
Grundwind erneut markant ausgeprägt. Insbesondere ein breiter Streifen von der
Nordsee und dem Nordwesten bis in den Osten und Südosten wird von den Modellen
(u.a. IFS, UK10) flächig mit steifen und stürmischen Böen belegt. In den
Hochlagen geht es entsprechend noch zackiger zur Sache mit voller Sturmstärke
oder sogar schweren Sturmböen auf dem Brocken, dem Fichtelberg oder an
Alpengipfeln. Der Nordosten mit Ausnahme der Küstenregionen und der Südwesten
werden vom Wind etwas verschont, und auch ICON zeigt sich im Vergleich zu den
vorgenannten Modellen nachsichtig und simuliert den Wind etwa 1 Bft niedriger.
Im Nordstau von Alpen und Erzgebirge, aber auch im Nordweststau der westlichen
Mittelgebirge kann es länger schneien (bis 10 cm am Erzgebirge, bis 5 cm im
Westen, 10 bis 15 cm, exponiert bis 20 cm Neuschnee in den Alpen). Bei
850-hPa-Temperaturen zwischen -7 Grad am Hochrhein und -10 Grad auf Rügen gibt
es einstellige Höchstwerte zwischen 3 Grad im Bergland und 8 Grad am Rhein. Im
Bergland oberhalb 700 bis 800 m liegen die Höchstwerte um 0 Grad oder knapp
darunter. Die Nacht zum Dienstag ist allgemein frostig, über Schnee sinken die
Werte in den mäßigen Frostbereich.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren insgesamt ähnlich. Auf einige Unterschiede wurde im Text
hingewiesen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas