DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-03-2023 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 23.03.2023 um 10.30 UTC



Unbeständig und windig mit Schauern und Gewittern. Dabei wieder kälter mit
Nachtfrost und Schnee vorübergehend bis in tiefe Lagen. Zum Ende der Mittelfrist
wieder wärmer.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 30.03.2023


Die Mittelfrist startet in Deutschland tiefdruckbestimmt. Dabei liegt am Sonntag
Mitternacht ein Tiefzentrum über der Ostsee vor dem Baltikum und ein Zentrum
über dem Ärmelkanal. Über dem nahen Atlantik erstreckt sich eine Hochdruckzone
von Island bis zu den Kanaren. In der Höhe ist die Strömung westlich und leicht
zyklonal gekrümmt. Die 0 Grad Grenze in 850 hPa befindet sich weit im Süden des
Landes, etwa auf Höhe der Donau. Das Tief über der Ostsee verliert an Einfluss
auf unser Wetter. Das Tief über dem Ärmelkanal zieht hingegen im Tagesverlauf
von West nach Ost über die Mitte Deutschlands hinweg. An der
Temperaturverteilung tut sich wenig. Im Norden bleibt die kältere Luft liegen,
im äußersten Süden liegt die Temperatur in 850 hPa zwischen 0 und +3 Grad. Es
bringt aber feuchte Luft und damit Regen, in den höchsten Mittelgebirgslagen
auch Schnee oder Schneeregen. In den Weststaulagen der Mittelgebirge können die
Regenmengen etwas höher ausfallen.
In der Nacht zum Montag hat uns das Tief bereits ostwärts verlassen und der
Luftdruck steigt von Westen her an. Zwischen Ost- und Westdeutschland baut sich
ein markanter Druckgradient von bis zu 13 hPa auf. In eher stabiler Schichtung
und bei schwachem Höhenwind sind die Böen am Boden vernachlässigbar. Die
Ausläufer des Tiefs bescheren dem Süden und Südosten noch Regen, sonst trocknet
es rasch ab. Allerdings rückt ein markanter Trog von Nordwesten her näher und in
nördlicher Strömung wird deutlich kältere Luft ins Land geführt. Die 0 Grad
Grenze in 850 hPa liegt nun über den Hochalpen, im Norden strömen -8 Grad ein.
Die Nacht wird also gebietsweise frostig.

Am Montag steigt der Luftdruck am Boden weiter an, der Druckgradient bleibt
erhalten. Allerdings wird die Hochdruckzone gespalten und das Hochzentrum zieht
sich nach Frankreich zurück. In der Höhe schwenkt ein kräftiger Trog, der bis
nach Norditalien reicht, langsam ostwärts über uns hinweg. In 500 hPa bringt er
bis zu -40 Grad, in 850 hPa fließen über dem Norden -10 Grad ein. In der nun
instabilen Luftmasse und bei etwas zunehmendem Höhenwind werden nun auch die
Böen am Boden interessanter. Vor allem in der Nähe von Schauern und Gewittern
sind stürmische Böen wahrscheinlich. Am Alpenrand stauen sich Niederschläge und
bei rund -6 Grad in 850 hPa fällt Schnee bis in tiefe Lagen. Im Bergland können
markante Neuschneemengen bis 20 cm zusammenkommen, in den Staulagen ist mehr
nicht ausgeschlossen. In den tieferen Lagen dürfte die Schneemenge aufgrund der
Jahreszeit etwas geringer ausfallen. Auch im übrigen Bundesgebiet fällt Schnee
oder Schneeregen bis in tiefe Lagen. Die Böden sind zwar inzwischen angewärmt,
vorübergehend kann es aber überall glatt werden, wenige Zentimeter Neuschnee
sind möglich.

Die Trogachse schiebt sich in der Nacht zum Dienstag allmählich ostwärts aus der
Bundesrepublik, wir verbleiben aber den gesamten Tag auf der Rückseite im
Zustrom feuchter und kalter Luftmassen aus Norden und Nordwesten. Damit bleibt
uns Schauerwetter mit Schnee bis in tiefe Lagen erhalten. Dabei können sich in
kurzer Zeit Schneemengen um 5, lokal bis 10 cm akkumulieren. Das Bodenhoch
verlagert sich in die Alpen und sorgt dort in der zweiten Tageshälfte für
zunehmend trockene Verhältnisse, bis dahin sind aber gut und gerne noch einmal
10 cm Neuschnee drin. Der Druckgradient fächert deutlich auf und der Wind lässt
nach.
In der Nacht zum Mittwoch schiebt sich von Westen her ein eher flacher Keil ins
Land, die Strömung dreht mehr auf West. Damit wird etwas mildere, aber immernoch
feuchte Luft ins Land geführt. Vor allem im Norden fällt Schnee und Regen, nach
Süden hin gibt es nur noch selten Schauer. Ausgangs der Nacht liegt die 0
Grad-Grenze in 850 hPa im äußersten Westen und Südwesten, während im Nordosten
weiterhin -6 Grad vorherrschen. Somit droht im Norden und Nordosten ein weiteres
Mal Glätte durch Schnee. Nach Südosten hin ist auch Überfrieren von Nässe
möglich.

Am Mittwoch zieht eine Warmfront ost-nordostwärts über das Land, wird im Norden
in der Nacht zum Donnerstag allerdings von einem Tief über der Nordsee
aufgehalten. Es spaltet sich aus dem umfangreichen Komplex über dem Nordatlantik
ab. Aus Südwesten strömt dennoch mildere Luft ins Land, die 0 Grad Grenze in 850
hPa liegt in der Nacht zum Donnerstag voraussichtlich auf einer Linie Uckermark
- Sylt. Zwischen dem Tief über der Nordsee und hohem Luftdruck über den Alpen
respektive Norditalien entwickelt sich abermals ein kräftiger Druckgradient und
der Wind nimmt wieder zu, diesmal aus südwestlicher Richtung. Dabei sind in der
Nacht zum Donnerstag die ersten stürmischen Böen in den höheren Berglagen
möglich.

Am Donnerstag zieht das Tief über den Norden Deutschlands ostwärts hinweg. An
der Südseite weht ein kräftiger Südwest- bis Westwind mit teils stürmischen Böen
im Bergland. Dazu fällt zeit- und gebietsweise Regen, die Schneefallgrenze liegt
deutlich über 1000 m. In der Nacht zum Freitag steilt die Strömung über
Mitteleuropa etwas auf und wir gelangen unter den Keil in leichten
Hochdruckeinfluss. Über dem Atlantik liegt aber ein neues Tiefdruckgebiet
bereit, dessen Ausläufer uns am Freitag erreichen.

Die erweiterte Mittelfrist ist aus heutiger Sicht tiefdruckbestimmt, aber nicht
unbedingt kalt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


In der Grundsache weist der aktuelle IFS Lauf eine hohe Übereinstimmung mit den
Vorläufen auf. Im Detail ergeben sich kleinere Unterschiede. So ist das Tief,
das am Sonntag vom Ärmelkanal über Belgien nach Deutschland zieht, heute
wesentlich stärker ausgeprägt und hält die Kaltfront am Montag etwas zurück, was
in einer späteren Abkühlung resultiert. Der Trog am Montag ist nun etwas weniger
amplifiziert und schmaler, führt aber -10 Grad in 850 hPa in den Norden des
Landes. Dafür ist der Keil am Dienstag etwas schneller unterwegs und die
höhenkalte Luft wird bereits ab der Nacht zum Mittwoch aus Deutschland ostwärts
herausgedrängt. Neu ist ein Tief am Donnerstag, das sich aus einem
Tiefdruckkomplex über dem Nordatlantik in die Nordsee abspaltet und von dort
ostwärts über Norddeutschland und Dänemark zieht.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON sieht dem IFS sehr ähnlich. Ab Mittwoch ergeben sich Unterschiede im Abzug
des Tiefs über dem Baltikum. Während IFS das Tief nordostwärts ziehen lässt,
schwenkt bei ICON ein Randtief zurück nach Polen, was die Erwärmung aus
Südwesten stark bremst.
Auch GFS weist anfangs eine hohe Ähnlichkeit zum IFS auf. Unterschiede ergeben
sich bei der Lage und des Timings des Tiefdruckgebietes am Donnerstag. Die
Mittelfrist scheint damit recht sicher, in der erweiterten Mittelfrist gibt es
aber unterschiedliche Lösungen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse liefert für den ersten Zeitschritt nur eine Lösung mit
Schwenk von NAO+ zu atlantischem Rücken. Zeitschritt zwei liefert ein wahres
Potpourri an Lösungen. In insgesamt 4 Lösungen ist alles vertreten. Haupt- und
Kontrolllauf liegen in Cluster 1, der von atlantischem Rücken am Dienstag zu NAO
negativ am Mittwoch und Donnerstag schwenkt und von 17 Membern gestützt wird.
Cluster zwei schwenkt zu NAO positiv, Cluster 4 zu Blocking. Cluster 2 wird von
12, Cluster 3 und 4 von je 11 Membern gestützt. Am Dienstag und Mittwoch ergeben
die Cluster für Deutschland keine allzugroßen Unterschiede. Am Donnerstag
hingegen liefern Cluster 2 und 4 einen deutlich steileren Keil, während Cluster
1 und 3 den Keil nur sehr flach in Südeuropa drin haben, weil über
Norddeutschland ein Tief hinwegzieht. So ganz sicher scheint die heutige
Tiefentwicklung also nicht zu sein.

Die Ensembles der Modelle weisen bis Dienstag nur wenig Varianz auf. Der Trend
ist zudem gleich: kühler bei sinkendem Geopotential. Die Rückkehr des
Spätwinters Anfang kommender Woche ist so gut wie sicher. Ab Dienstag steigt das
Geopotential wieder, zeitgleich wird auch der Spread größer, die Unsicherheiten
nehmen also zu. Auffällig ist, dass beim IFS Haupt- und Kontrolllauf Mittwoch
und Donnerstag eher am unteren Ende der Geopotential-Ensembles und am oberen
Ende der Temperatur-Ensembles zu finden sind. Zum Ende der kommenden Woche
sinken im Süden und Westen Geopotential und 850-Temperatur, im Norden und Osten
ist hingegen eine Art Stagnation sichtbar.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Wer erwartet hat, dass der EFI die Rückkehr des "Winters" nächste Woche als
ungewöhnlich drin hat, der irrt. Lediglich am Dienstag im äußersten Südwesten
werden leichte Signale für etwas zu kühle Tiefstwerte angezeigt.
Mehr Aufsehen erregen dagegen der etwas ruppigere Nordwestwind am Sonntag und
Montag sowie der Schneefall an den Alpen am Montag, allerdings sind die Signale
auch nicht extrem, sondern lediglich moderat.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-MIX, MOS-EZ
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn