DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-03-2023 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.03.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, windig, zurückgehende Temperaturen, kommende Woche teils Schnee bis
in tiefe Lagen, verbreitet Nachtfrost.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 29.03.2023


Am Samstag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines breiten Troges über
Westeuropa und auf der Vorderseite eines Tiefs über der nördlichen Nordsee bzw.
Südnorwegen, die im Tagesverlauf mit kurzwelligen Anteilen das Vorhersagegebiet
überqueren. Dabei sickert von Nordwesten eine kühlere Luftmasse (Temperatur in
850 hPa sinkt auf 0 bis -1 Grad), zudem labilisiert die Luftmasse mit dem
Einfließen höhenkälterer Luft (Temperatur in 500 hPa um -30 Grad). Damit gibt es
tagsüber eine rege Schauertätigkeit, auch einzelne Gewitter und lokaler
Starkregen können auftreten. Hinzu kommt tagsüber auf der Südflanke des Tiefs
ein veritabler Gradient. Verbreitet muss dann mit starken bis stürmischen Böen
gerechnet werden, an den Küsten, im Bergland sowie im Süden des Landes (grob
zwischen Alb und Alpen, Leitplankeneffekt) und bei Gewittern teils mit
Sturmböen, exponiert schweren Sturmböen. An den Alpen liegen anfangs noch die
Reste der Kaltfront vom Freitag, die Luftmasse dort ist aber nicht sonderlich
kalt (anfangs +3 Grad in 850 hPa, im Tagesverlauf auf Werte um 0 Grad
zurückgehend), so dass die Schneefallgrenze anfangs bei 1300 bis 1500 m liegt.
Im Tagesverlauf werden mit zunehmender Labilisierung die Niederschläge auch an
den Alpen überwiegend schauerartig und mit zurückgehendem Temperaturniveau sinkt
die Schneefallgrenze auf 1000 bis 1200 m. In der Nacht setzt mit leichtem
Zwischenhocheinfluss (bz. Flacher Höhenkeil) eine vorübergehende
Wetterberuhigung ein.

Am Sonntag greift der nächste Trog auf Deutschland über und streckt sich gen
Süden. Dabei gelangt zunehmend Höhenkaltluft (abends um -35 Grad in 500 hPa im
Nordwesten) nach Deutschland und in der auf Nord drehenden Bodenströmung auf der
Rückseite eines kleinräumigen Tiefs, dass im Tagesverlauf von
Nordfrankreich/Benelux über die Mitte Deutschlands ostwärts zieht, fließt auch
in tieferen Atmosphärenschichten zunehmend kältere Luft ein (in der Mitte und im
Norden abends -5 bis -8 Grad). Im Zusammenhang mit dem erwähnten Bodentief, dass
von Frankreich/Benelux kommend gen Osten zieht, kommt es zu Niederschlägen, die
über der Mitte und dem Süden gebietsweise länger andauern und teils kräftiger
ausfallen können, ob dabei gebietsweise Dauerregenwarnschwellen z.B. in den
westlichen und zentralen Mittelgebirgen überschritten werden bleibt abzuwarten.
Ein kurzwelliger Randtrog kann zudem im Süden für ausreichend Hebung sorgen, um
teils schauerartige Verstärkungen oder eingelagerte Gewitter auszulösen. Auf der
Südflanke des Tiefs kann vorübergehend auch der Wind zeitweise stark bis
stürmisch auffrischen. Der Norden liegt zumindest nach Lesart des aktuellen
IFS-Laufes zunächst außen vor, dort bleibt es tagsüber häufig trocken, erst in
der Nacht zum Montag, wenn mit einem weiteren Kurzwellenanteil des Troges Hebung
aufkommt, können in der höhenkalten Luftmasse mit Unterstützung von Nord- und
Ostsee einzelne Schneeregen- oder Schneeschauer auftreten. Die Strömung dreht am
Boden auf Nord und der Gradient nimmt etwas zu, so dass im späteren Tagesverlauf
der Wind an den Küsten (erst Nordsee, nachts dann auch Ostsee) stark bis
stürmisch auffrischt, exponiert auch mit Sturmböen. Allgemein sinkt die
Schneefallgrenze in der Nacht auf 200 bis 400 m, in Schauern bzw. im Norden auch
etwas tiefer.

Am Montag verlagert sich der nun recht markante Trog ostwärts, so dass unser
Vorhersagegebiet auf die Rückseite gelangt. In der nördlichen Höhenströmung wird
ganz Deutschland von Höhenkaltluft mit Temperaturen in 500 hPa von -35 bis -38
Grad. Am Boden gelangen wir zwischen einem Hoch über Westeuropa und dem weiter
ostwärts abziehenden Tief in eine Nord- bis Nordwestströmung, in 850 hPa ist
ganz Deutschland von der maritim geprägten Polarluft mit Temperaturen in 850 hPa
zwischen -7 und -10 Grad geflutet. Durch die Nordanströmung der Alpen gibt es
dort staubedingt überwiegend anhaltende Schneefälle, im Rest des Landes treten
gehäuft Schauer auf, die überwiegend als Schnee fallen dürften, vielleicht mit
Ausnahme der westlichen Flussniederungen. An und in den Alpen können um 20 bis
30 cm Neuschnee (24-stündig bis Dienstagfrüh) zusammenkommen, sonst bei
wiederholt auftretenden Schauern strichweise und zumindest tagsüber nur
vorübergehend 5 bis 10 cm. Vor allem im Norden und im Bergland bleibt der Wind
stark bis stürmisch, im Nordseeküstenumfeld steht er mit Nordnordwest direkt auf
den Küsten und kann durch den Fetch über die Nordsee dort sicher auch zeitweise
Sturmstärke, exponiert auch schwere Sturmböen erreichen (auch wenn die Signale
dafür aktuell noch gering sind). In der Nacht lässt die Schauertätigkeit nach,
die Schneefälle an den Alpen setzten sich voraussichtlich noch fort.

Am Dienstag verlagert sich der Trog langsam ostwärts, damit einhergehend zieht
sich auch die Höhenkaltluft nach Osten zurück (500 hPa Temperatur steigt von
Westen auf -22 bis -25 Grad, ganz m Osten liegt noch die -30 Grad-Isotherme in
500 hPa. Auch in 850 hPa setzt von Westen ein zögerlicher Temperaturansteigt
ein, so dass abends die Temperaturen in 850 hPa zwischen -6 Grad im Westen und
-9 Grad im Osten liegen. An der Rückseite des Troges werden kurzwellige
Randtröge simuliert, die im Tagesverlauf gebietsweise erneut Schneeschauer
auslösen können. Am Boden steigt aber insgesamt der Luftdruck, der Gradient
fächert auf und die Strömung dreht mehr auf Nordwest, so dass an den Alpen die
Staukomponente abklingt und somit auch die Schneefälle nachlassen. Lediglich im
Osten ist der Gradient wohl noch etwas schärfer, so dass vor allem im
Ostseeumfeld und in den östlichen Mittegebirgen erneut starke bis stürmische
Böen, exponiert auch Sturmböen auftreten können.

Am Mittwoch liegen wir zwar unter einer flachen Hochdruckbrücke, allerdings
greift von Westen bereits Warmluftadvektion mit viel Bewölkung über. Zudem
werden auf der Rückseite des immer noch nicht ganz abgezogenen osteuropäischen
Troges erneut kurzwellige Anteile simuliert, deren Hebungsantrieb hier und da
für etwas Niederschlag sorgen kann, vor allem an den Alpen beginnt es wieder zu
schneien. Die Milderung in 850 hPa macht von Südwesten weitere Fortschritte, die
0 Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht den Südwesten, im Nordosten bleibt es aber
mit Werten um -8 Grad weiter kalt. Die Schneefallgrenze dürfte im Süden bei etwa
600 m, im Nordosten noch teils in tiefen Lagen liegen. Wie schnell sich die
diese allmähliche "Milderung" aber bis zum Boden durchsetzt, bleibt abzuwarten.

In der erweiterten Mittelfrist deutet sich eine Fortsetzung des überwiegend
zyklonal geprägten Witterung an, in der ein Trog dem nächsten relativ rasch
folgt und das Wetter, abgesehen vor vorübergehendem Zwischenhocheinfluss für
vielleicht einen halben oder ganzen Tag, insgesamt wechselhaft gestaltet.
Hinsichtlich des Temperaturniveaus lässt sich zwar festhalten, dass die
allmähliche Milderung von Südwesten wohl fortschreitet, insbesondere der
Nordosten aber weiterhin im Einflussbereich der polaren Luftmasse verbleibt. Von
daher bleiben die Temperaturen wohl relativ gedämpft, mild höchstens in den
westlichen- und südwestlichen Landesteilen. Im Osten und Nordosten tritt wohl
weiterhin leichter Nachtfrost auf.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Es gibt zwar bereits zu Beginn der Mittelfrist gewisse Unterschiede in Amplitude
und Timing der Strömungsmuster, die im Laufe der Mittelfrist zunehmen, insgesamt
ist die Konsistenz hinsichtlich der Grundstrukturen bzw. des prinzipiellen
Ablaufs aber gut.

Andere Globalmodelle wie ICON und GFS simulieren prinzipiell die gleichen
Strömungsmuster, sind aber ab Beginn der kommenden Woche zunehmend und zum Teil
deutlich progressiver aufgestellt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Andere Globalmodelle wie ICON und GFS simulieren prinzipiell die gleichen
Strömungsmuster, sind aber ab Beginn der kommenden Woche zunehmend und zum Teil
deutlich progressiver aufgestellt.
Im Detail zeigen sich vor allem am Sonntag Unterschiede. Während GFS das
kleinräumige Tief, das von Nordfrankreich/Benelux kommend über die Mitte
ostwärts ziehen soll, zunächst relativ ähnlich simuliert und es dann aber
südostwärts abziehen lässt, zeigt ICON eher "nur" eine Tiefdruckrinne, die sich
zunächst von Nordfrankreich Richtung Ostsee erstreckt und sich dann zonal
ausrichtet, da der Südteil Richtung Mittelmeer/Adria geführt wird. Die
GFS-Variante eines auf die Alpensüdseite ziehenden Tiefs hätte möglicherweise
Folgen für die avisierten Schneefälle in den Alpen. In diesem Fall würde sich
eine Gegenstromlage (Nordanstau von Süden, herumgeholte, mit Feuchtigkeit
angereicherte Mittelmeerluft von Süd/Südost) mit Auswirkungen auf die zu
erwartenden alpinen Neuschneemengen einstellen. Dementsprechend simuliert GFS am
Alpenrand und inneralpin auch deutlich höhere Niederschlags- bzw.
Neuschneemengen (So und Mo etwa 40 bis 70 l/qm in 48 Stunden bzw. 50 bis 100 cm
Neuschnee).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die relativ gute Konsistenz der IFS-Läufe spiegelt sich auch bei der Betrachtung
der Rauchfahnen wieder. Insgesamt zeigt sich ein unruhiger Verlauf der
Niederschlagskurve, es bleibt also allgemein wechselhaft. Der Spread
hinsichtlich Temperatur in 850 hPa und Geopotenzial in 500 hPa sind relativ
gering und fächern erst zum Ende der Mittelfrist und zur erweiterten Mittelfrist
am Mittwoch/Donnerstag kommender Woche deutlich auf. Die Milderung in der
erweiterten Mittelfrist wird von der Mehrzahl der Modelle simuliert, viele
Member zeigen dies aber durchaus relativ zögerlich und einige Member bleiben
sogar "kalt"- vor allem in den östlichen Landesteilen.

Die Clusteranalyse für den ersten Zeitraum von Samstag 00 UTC bis Sonntag 00 UTC
(+72 bis +96 h) zeigt vier Cluster, die die einzelnen Tröge unterschiedlich
markante simulieren, ob sich daraus für Deutschland aus jetziger Sicht relevante
Aspekte ergeben, ist schwierig abzuschätzen. Vom Prinzip her sind sie sich sehr
ähnlich. Der zweite Zeitraum von Montag 00 UTC bis Mittwoch 00 UTC (+120 bis +
168 h) steht im Zeichen der Passage des zunehmend markanten Troges mit dem
nachfolgenden Aufwölben eines Rücksens über Westeuropa. Und genau dieser Rücken
wird unterschiedlich simuliert, wobei der Cluster 1 (20 Member) mit Haupt- und
Kontrolllauf hier die mittlere Lösung zeigt. Cluster 2 mit 18 Membern lässt den
Rücken deutlich weiter nach Norden aufwölben und tendiert somit in Richtung
Blocking und könnte so vielleicht den Folgetrog etwas an der Ostverlagerung
hindern. Cluster 3 (13 Member) simuliert einen flacheren Trog und bleibt bei
positiven NAO. Für die erweiterte Mittelfrist von Donnerstag 00 UTC bis Samstag
00 UTC (+192 bis + 240 h) werden fünf Cluster mit einer sehr großen Spannbreite
angeboten von Blocking mit High-over-Low über Blocking durch einen umfangreichen
westeuropäischen Trog bis West zyklonal ist alles dabei.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der Wind spielt im Mittelfristzeitraum immer wieder eine Rolle. Am Samstag sind
recht verbreitet Böen Bft 7 bis 8 aus West, im Alpenvorland durch den
Leitplankeneffekt auch häufiger Böen Bft 8, bei Gewittern, im Bergland und an
den Küsten teils auch Böen Bft 9 wahrscheinlich. An der Nordsee in der Nacht zum
Sonntag auf Nordwest drehend. Am Sonntag kann der von Südwest auf Nordwest
drehende Wind vorübergehend an der Südflanke des Tiefs und somit voraussichtlich
in den südlichen Landesteilen zeitweise mit Bft 7 bis 8, im südlichen Bergland
sowie Alpenvorland teils Bft9 auffrischen, im späteren Tagesverlauf dann mit
Norddrehung an den Küsten (erst Nordsee, nachts dann auch Ostsee) Bft 7 bis 8,
exponiert auch Bft 9.
Am Montag vor allem im Norden und im Bergland bleibt der Wind stark bis
stürmisch, im Nordseeküstenumfeld steht er mit Nordnordwest direkt auf den
Küsten und kann durch den Fetch über die Nordsee dort sicher auch zeitweise
Sturmstärke, exponiert auch schwere Sturmböen erreichen (auch wenn die Signale
dafür aktuell noch gering sind).
Am Dienstag ist im Osten der Gradient wohl noch etwas schärfer, so dass vor
allem im Ostseeumfeld und in den östlichen Mittegebirgen erneut Böen Bft 7 bis 8
aus West bis Nordwest auftreten können, exponiert auch Bft 9.

Hinsichtlich der Niederschläge könnte am Samstag allgemein, eventuell am Sonntag
im Süden im Zusammenhang mit Gewittern lokal Starkregen um 15 l/qm in kurzer
Zeit auftreten. Leichte Dauerregensignale (EFI, ganz leicht IFS-EPS) sind im
Westen und der Mitte für Sonntag zu finden, das Risiko für die Überschreitung
der Dauerregenschwelle scheint aktuell aber gering. Interessanter wird ab
Sonntag die Niederschlagsphase, spätestens in der Nacht zum Montag dürfte
weitgehend Schnee fallen. Meist in Form von Schneeschauern, die dann zumindest
strichweise (Stichwort Lakeeffekt) und vorübergehend mal 5 bis 10 cm Neuschnee
bringen könnten. Markanter dürfte die Situation a den Alpen sein. Dort stellt
sich eine Stausituation ein, vor allem am Montag muss wohl mit markanten Mengen
um 20 bis 30 cm in 24 Stunden gerechnet werden, am Dienstag setzten sich die
Schneefälle zwar fort, lasse aber allmählich nach. Für die restlichen
Mittelgebirge sind nur sehr geringe Signale im EFI zu finden, so dass hier nicht
von markanten Mengen auszugehen ist. Im Zusammenspiel mit dem Wind muss man
sicher zeit- und gebietsweise das Thema Schneeverwehungen im Auge behalten.

Ab der Nacht zum Montag verbreitet leichter, teils mäßiger Nachtfrost.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger