DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-03-2023 18:30
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.03.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Windige, bisweilen stürmische und milde Südwestlage mit reichlich Regen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... richtet sich der Blick auf den Atlantik, wo ein Langwellentrog sich
allmählich dem europäischen Kontinent nähert. Bodennah bildet sich dieses System
in dem umfangreichen Tiefdruckkomplex Hilmar/Iain ab, dessen erstes
Frontensystem (zu Iain gehörig) unser Land schon erreicht hat. Die Warmfront ist
dabei schon über den Norden gezogen, die Kaltfront, welche allerdings thermisch
nur wenig aktiv ist, hat die Nordwesthälfte des Landes mit schauerartigen
Regenfällen überquert. Dieser Kaltfront folgt noch ein Kurzwellentrog nach,
dessen Achse am Abend die Niederlande erreicht. Östlich unseres Landes befindet
sich noch ein Rücken, der das mittlerweile nach Osten abgezogene Hoch Kali
stützt, das dem Süden bis dato hochdruckgeprägtes Frühlingswetter bereitet hat.
Jetzt erfolgt aber die Umstellung zu einer zyklonalen Südwestlage und der
geneigte Leser weiß schon, dass das reichlich Regenfälle zur Folge hat, was den
einen oder anderen Allergiker erst in Freie locken dürfte.

Wie schon erwähnt, thermisch hat die Kaltfront nicht viel zu bieten, in 850 hPa
liegt die Temperatur heute Abend allgemein zwischen 2°C über dem Norden und 5°C
über dem Süden. Auch beim Wind macht sich die Front nicht bemerkbar, dieser weht
sowohl vor als auch nach der Kaltfront mäßig um Südwest, im Süden nur schwach.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt die Kaltfront recht rasch über ganz
Deutschland hinweg ostwärts. Sie bringt vor allem nördlich des Mains insgesamt
recht leichte schauerartige Regenfälle. Ganz im Süden bleibt es meist bei dem
Aufzug dichterer Wolkenfelder. Rückseitig der Kaltfront schwenkt der
Kurzwellentrog über den Norden Deutschlands hinweg. Er löst allenfalls ganz im
Norden ein paar schwache Schauer aus. Ansonsten reißen auf der Rückseite der
Kaltfront die Wolken mal vorübergehend auf, was aber nicht von langer Dauer ist.
Denn dem Kurzwellentrog folgt recht starke Warmluftadvektion nach, so dass
sofort wieder ein kurzwelliger Höhenrücken nachfolgt, dessen Achse am Morgen
schon den Westen des Landes erreicht. Die starke WLA sorgt für reichlich
mittelhohe und hohe Wolken, die abgesehen vom Süden des Landes wieder übers Land
ziehen.

Da die Lage recht dynamisch ist, müssen wir noch ein bisschen weiter nach Westen
blicken, wo westlich des Höhenrückens auf der Vorderseite des Langwellentroges
ein weiterer Kurzwellentrog nordwestwärts läuft. Auf dessen Vorderseite zieht
das Tief Hilmar II westlich Schottland nordwärts und verstärkt sich. Damit fällt
über der Nordsee auch der Druck schon deutlich und der Gradient im Nordwesten
verstärkt sich. Gegen Morgen kann es auf Helgoland und in Nordfriesland dann
schon die ersten steifen Böen aus Südwest geben. Auch auf dem Brocken ist die
Windzunahme zu spüren, wo es zu ersten Sturmböen kommt.

Recht windschwach bleibt es dagegen im Süden, wo zudem länger die Sterne zu
sehen sind, so dass dort die Temperatur meist auf 5 bis 2°C zurück geht. In der
recht feuchten Luft können sich dort auch einzelne Nebelfelder bilden. Im
übrigen Land bleibt es bei meist 9 bis 5°C sehr mild.

Am Mittwoch ... schwenkt der Höhenrücken rasch ost- bis nordostwärts über
Deutschland hinweg und nachfolgend erreicht der oben beschriebene neue
Kurzwellentrog bis zum Abend Südnorwegen. Auf der Südflanke stellt sich über
Deutschland eine nur noch leicht zyklonal konturierte und schwach diffluente
westsüdwestliche Höhenströmung ein, die insbesondere nach Norden hin recht
kräftig ist, im Süden dagegen eher schwach. Bodennah wird der Tiefkern von
Hilmar II zunehmend nicht mehr von dem genannten Kurzwellentrog gesteuert,
sondern vom Kern des Höhentiefs westlich davon, somit dreht Hilmar II ab und
steuert wieder gen Westen. Das bedeutet auch, dass sich tagsüber der Gradient
gar nicht mehr verstärkt und zum Abend sogar abnimmt und eine leicht
antizyklonale Kontur annimmt. Dem Tagesgang des Windes entsprechend nimmt
dieser, weiterhin aus Südwesten kommend, aber zu und in Böen kommt es grob
gesagt in der Nordwesthälfte verbreitet zu steifen Böen. Stürmische Böen werden
an der Nordsee und im höheren Bergland erwartet. Auf einigen exponierten Gipfeln
kann es Sturmböen geben und auf dem Brocken sogar schwere Sturmböen. Im Süden
weht der südwestliche Wind nur schwach.

Am Vormittag zeigt sich der Himmel weiterhin von vielen hohen und mittelhohen
Wolken überzogen, abgesehen vom Süden, wo mit viel Sonne zu rechnen ist. Ab dem
Mittag schwenkt dann die Kaltfront von Hilmar II in den Nordwesten herein und
erreicht bis zum Abend eine Linie von der Ostsee bis zur Eifel. Sie bringt meist
unter 5 l/qm stratiformen Regen, lediglich in Schleswig-Holstein und in den
Staulagen des Westens kann es etwas mehr sein. In ihrem Vorfeld bleibt es bei
recht viel WLA-induzierter Bewölkung, ganz im Süden scheint durch Schleierwolken
teils bis zum Abend die Sonne. Thermisch ist die Kaltfront etwas besser als ihre
Vorgängerin aufgestellt, allerdings folgt auf ihrer Rückseite wieder eine
erwärmte Polarluft mit etwa +2°C in 850 hPa. Der Temperaturgradient kommt eher
dadurch zu Stande, dass auf ihrer Vorderseite von Südwesten immer mildere Luft
herangeführt wird, in der in 850 hPa die Temperatur ganz im Süden auf +8°C
steigt.

In der sehr milden Luftmasse werden südlich des Mains vielfach frühlingshafte 17
bis 21°C erwartet, auch im Osten sind es vielfach um 17°C, im Nordwesten unter
den dichten Wolken dagegen nur 10 bis 15°C.

In der Nacht zum Donnerstag geht das Geopotential noch etwas zurück und die
starke Höhenströmung gelangt immer weiter südwärts, der Jet erreicht den
Nordwesten Deutschlands. Die Kaltfront schleift gemütlich in der
westsüdwestlichen Boden- und Höhenströmung und kommt zunächst unter leichter
Abschwächung (sehr flacher Rücken in der Höhenströmung mit NVA) nach Süden
voran, später setzt mit einem neuen flachen Kurzwellentrog etwas weiter
nordwestlich wieder etwas stärkerer Regen ein. Zudem setzt auch auf ihrer
Rückseite in zunehmend leicht labiler und feuchter Luftmasse schauerartiger
Regen im Nordwesten ein. Gewitter sind zunächst unwahrscheinlich. Gebietsweise
fallen dabei vom westlichen Bergland über den Nordwesten bis in den Norden 5 bis
über 10 l/qm innert 12 Stunden.

Der Wind nimmt am Abend mit leicht abnehmenden Gradienten und tagesgangsgemäß
zunächst deutlich ab in den Frühstunden nimmt aber der Gradient im Nordwesten
schon wieder zu, allerdings sind im Flachland noch keine Windwarnungen nötig. An
der Küste Nordfrieslands kann es schon erste steife Böen geben, ebenso wie in
höheren Lagen des Berglandes. Auf höheren Bergen bleibt es teilweise bei
stürmischen bis schweren Sturmböen.

Ganz im Süden und Südosten bleibt es weiterhin trocken und es ziehen hohe und
mittelhohe Wolkenfelder über den Himmel. Nebel sollte es keinen mehr geben. Die
Tiefstwerte verteilen sich zwischen 10°C im Westen und 4°C am Alpenrand.

Am Donnerstag ... bleibt es bei der recht kräftigen westsüdwestlichen Strömung.
In der Höhe wird zunächst der Kurzwellentrog rasch nordostwärts geführt, später
nähert sich wieder ein flacher Rücken. Bodennah tut sich beim Druckfeld nicht
allzu viel. Der Kurwellentrog gibt der Kaltfront einen recht kräftigen Schubs in
Richtung Südosten, so dass diese sich ab den Vormittagsstunden recht flott
verlagert und am Abend in etwa an der Donau ankommt. Allerdings gerät sie in
etwa um den Main herum in ein recht hebungsungünstiges Umfeld, so dass sich an
ihr die Regenfälle deutlich abschwächen. Allerdings soll sich auf ihrer
Rückseite in leicht labiler und feuchter Luft im Nordwesten des Landes ein
Streifen mit konvektiven Regenfällen bilden, wo es ggf. auch mal für ein
Gewitter reicht. Die CAPE-Werte sind zwar nicht hoch, allerdings reicht die
Fläche durchaus bis -25°C. Während IFS und ICON in der Spitze dort 5 bis 10 l/qm
simulieren, zeigt UK10 einen recht breiten Streifen mit 10 bis 25 l/qm. Mal
sehen, wie sich ICON-D2 nachher positionieren wird. Gänzlich trocken soll es
südlich der Donau bleiben, wo es allerdings wesentlich weniger Sonne als am
Vortag gibt.

Beim Wind ist wieder ein deutlicher Tagesgang spürbar, so dass in den Regionen
von der Mitte nordwärts dieser aus Südwest wieder mit steifen Böen auflebt. Nach
UK10 würden diese sogar bis recht weit in den Süden ausgreifen. Insbesondere im
Norden werden (von allen Modellen) teils auch im Flachland stürmische Böen
simuliert, was angesichts von 30 bis 40 Knoten Wind in 850 hPa insbesondere bei
etwas Konvektion auftreten könnte. Dann sind bei entsprechender Organisation
(und an Geschwindigkeitsscherung mangelt es nicht) auch Sturmböen vorstellbar.
Weitgehend unverändert bleibt der Wind auf den höheren Bergen mit stürmischen
Böen bis schweren Sturmböen (letzteres nur auf dem Brocken).

Die Temperatur erreicht in den meisten Regionen in etwa 15 bis 18°C, ganz im
Süden dagegen bis 21°C, im Nordwesten 10 bis 15°C.

In der Nacht zum Freitag erreicht ein Trog von Westen her Frankreich. Auf dessen
Vorderseite bildet sich an der Kaltfront eine Welle, die nach ICON in der
zweiten Nachthälfte über die Deutsche Bucht ziehen soll. Nach Abklingen der
Schauer im Norden sollen dann mit kräftiger Warmluftadvektion in der zweiten
Nachthälfte im Westen und Norden wieder Regenfälle aufziehen, die bei rascher
Stabilisierung stratiformer Natur sind. Erneut können dabei im westlichen
Bergland und im Nordwesten teilweise 5 bis 15 l/qm fallen. Trocken bei vielen
Wolken bleibt es noch im Südosten.

Nachdem zunächst tagesgangsbedingt der Wind deutlich nachlässt, verstärkt sich
der Gradient in der zweiten Nachthälfte deutlich und der Wind frischt aus Süd
auf. Dies dürfte sich aber bei stabiler Schichtung erst mal im höheren Bergland
bemerkbar machen, wo nach vorübergehender Abschwächung erneut vielfach die
altbekannte Verteilung zwischen stürmischen Böen und schweren Sturmböen
auftritt.

Zum Abschluss noch ein Blick auf die Temperaturen: Diese bleiben landesweit im
milden Bereich zwischen 10 und 6°C.

Am Freitag ... schwenkt der breite Trog über Frankreich hinweg und nähert sich
Deutschland an. Die diesem vorauslaufende Welle zieht rasch Richtung Südschweden
ab. Die zugehörige Kaltfront kommt nun mit Schmackes nach Osten voran und
erreicht am Nachmittag die Neiße und das Berchtesgadener Land. Rückseitig dreht
der Wind auf Westsüdwest und es fließt die mit 1 bis 3°C in 850 hPa immer noch
recht hoch temperierte Meeresluft polaren Ursprungs ein. Von Westen wird diese
mit Annäherung des Troges auch immer mehr labilisiert. Dies hat zur Folge, dass
trotz eines nicht zunehmenden Gradienten der Tagesgang den Wind recht stark
aufleben lässt, mit verbreiteten starken bis steifen Böen im Süden und Osten
(Warnung grenzwertig) und steifem bis stürmischen Böen im Norden und Westen.
Zudem legt auch zeitweise der Höhenwind noch etwas zu, so dass auf den Bergen
verbreiteter die Sturmböen und schweren Sturmböen auftreten und auf dem Brocken
auch mal orkanartige Böen dabei sind.
Nach dem Abzug der Kaltfront mit schauerartigen Regenfällen sollen am Nachmittag
im Westen in der stärker labilisierten Luft Schauer und Gewitter auftreten.
Insgesamt werden landesweit in etwa 1 bis 10 l/qm erwartet.

Die Höchstwerte liegen am Freitag wieder zwischen 10°C an der Nordsee und noch
einmal 19°C im Südosten.

Mehr soll zum Freitag noch gar nicht geschrieben werden, da die
Modellunterschiede durchaus noch etwas andere Entwicklungen (z.B. eine starke
Entwicklung der Welle wie bei GFS und UK10) zulassen.

Bleibt zum Schluss noch der Blick auf die Niederschlagssummen, die sich zwar in
den oben beschriebenen 12-Stunden-Abschnitten nicht sehr aufregend anhören, sich
aber in einigen Regionen über 48 Stunden (oder etwas weniger) ganz schön
akkumulieren: So werden vom Nordwesten bis zum Bergischen Land nach praktisch
allen Modellen verbreitet 10 bis 30 l/qm erwartet, punktuell mehr. Vor allem das
Bergische Land kristallisiert sich als Region heraus, in der mit gewisser
Wahrscheinlichkeit 40 l/qm innert 48 Stunden überschritten werden. Bisher sind
die Wahrscheinlichkeiten in den Ensembles aber noch recht gering. Morgen kann am
Vormittag entschieden werden, ob dort eine Warnung gemacht werden soll. Dabei
muss auch berücksichtigt werden, dass auch in den folgenden Tagen weiterer Regen
hinzukommt. Ein weiterer Schwerpunkt dürfte ein Streifen weiter nördlich sein,
in dem aber die größeren Summen am Donnerstag durch Konvektion zusammenkommen.
Dies wird man wohl kaum vorab mit einer längeren Dauerregenwarnung versehen
können, sondern entweder kurzfristig als Starkregen oder ggf. danach, sollten
noch größere Summen vor der Tür stehen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag von den Modellen recht
übereinstimmend vorhergesagt, allerdings gibt es bei den Niederschlagsprognosen
und den Windfeldern noch deutliche Unschärfen. Am Freitag gibt es dann
unterschiedliche Entwicklungen in Bezug auf die Welle, was auch auf sämtliche
anderen meteorologischen Größen Auswirkungen hat. Da heißt es noch etwas
abzuwarten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann