DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-03-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.03.2023 um 10.30 UTC



Zunächst West zyklonal; unbeständig mit häufigen Niederschlägen, windig und
mild. Ab Sonntag zumindest vorübergehend kälter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 28.03.2023


Im am Freitag beginnenden Mittelfristzeitraum steht zunächst eine zyklonale
Westlage ins Haus. Erst zum Wochenende, vor allem ab Sonntag, deutet sich mit
einer markanten Trogpassage die Umstellung auf Nordwest zyklonal an und im
Einflussbereich der dann einströmenden maritimen Polarluft wird es vor allem zu
Wochenbeginn zumindest vorübergehend kälter mit Schnee teils bis in tiefe Lagen.


Doch nun zur Entwicklung nach Lesart des IFS-Modells im Detail:
Am Freitag und in der Nacht zum Samstag greift nach Passage eines flachen
Höhenkeils von Westen her ein breit angelegter Höhentrog auf West- und
Mitteleuropa über, worin kurzwellige Troganteile eingebettet sind, die uns
innerhalb der zyklonalen westsüdwestliche Höhenströmung rasch überqueren. Einem
solchen Kurzwellentrog ist die Kaltfront eines Tiefs bei Schottland
vorgeschaltet, die das Vorhersagegebiet am Freitag rasch südostwärts überquert.
Ihr folgt maritim erwärmte Subpolarluft und auch der folgende Trog ist thermisch
nur mäßig ausgeprägt, so dass sich der Temperaturrückgang in Grenzen hält und
sich die Schneefallgrenze noch oberhalb von etwa 1200 m befindet. Dazu gibt es
verbreitet Niederschläge, die sich an den Westseiten der Mittelgebirge und der
Alpen stauen. Dort fallen teilweise mehr als 20 l/qm in 24 Stunden, eine
Dauerregenlage deutet sich aber nicht an.
Der Wind weht lebhaft aus Südwest mit stürmischen Böen eventuell im
Nordseeumfeld, vor allem aber in den Kammlagen der Mittelgebirge. Auf
exponierten Gipfeln gibt es Sturmböen.

Am Samstag steht eine weitere Trogpassage ins Haus. Daran gekoppelt ist auch ein
recht markanter Bodentrog, so dass sich der Gradient vorübergehend verschärft
und es vor allem in der Mitte und im Süden auch in den Niederungen verbreitet
stürmische Böen, vereinzelt auch Sturmböen aus West geben kann. Auf einigen
Gipfeln sind dann auch schwere Sturmböen möglich. Dazu gibt es verbreitet
Schauer und auch einzelne Graupelgewitter; bei Werten zwischen -2 und +2 Grad
liegt die Schneefallgrenze meist noch um oder oberhalb von 1000 m und in gut
durchmischter Luftmasse bleibt es verhältnismäßig mild.

Am Sonntag und in der Nacht zum Montag setzt dann vom Nordmeer ein markanter,
nach Westeuropa gerichteter Vorstoß hochreichend kalter Polarluft ein. Dadurch
meridionalisiert die Höhenströmung deutlich und der an den Kaltluftvorstoß
gekoppelte Höhentrog greift in der Nacht zum Montag unter Amplifizierung von
West- auf Mitteleuropa über.
Im Bodenfeld überquert eine mit diesem Trog korrespondierende Frontalwelle die
Mitte bzw. den Norden Deutschlands bereits bis Sonntagmittag bzw. -abend
ostwärts, die nachfolgende Kaltfront schleift vorübergehend über dem
Vorhersagegebiet, kann dann aber spätestens bis Montagfrüh zu den Alpen
vordringen. Ihr folgt in mehreren Staffeln auch niedertroposphärisch maritime
Polarluft.
Erneut kann es mit Passage der Frontalwelle vor allem an deren Südflanke in
einigen Staulagen länger anhaltend regnen und es weht in der Mitte und im Süden
im Tagesverlauf des Sonntags nochmals ein in Böen stürmischer West- bis
Südwestwind (Hochlagen teils schwere Sturmböen). Postfrontal gib es dann noch
einzelne Schauer, wobei die Polarluft in der Nacht zum Montag noch einen relativ
weiten Weg über die Nordsee nimmt, so das die Schneefallgrenze nur langsam von
Nordwesten her auf unter 1000 m, in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen
Montagfrüh eventuell auch bereits bis in tiefe Lagen sinkt.

Am Montag und in der Nacht zum Dienstag überquert der Trog unter weiterer
Amplifizierung Richtung Südosteuropa mit seiner Achse das Vorhersagegebiet nur
zögernd ostsüdostwärts und wir geraten direkt in den Einflussbereich
hochreichend kalter Polarluft mit 500 hPa-Temperaturen von -37 bis -42 Grad in
500 hPa. An der Westflanke eines markanten, in der Nacht nach Polen schwenkenden
Bodentroges kann nun auf direktem Wege die Polarluft mit -7 bis -11 Grad in 850
hPa bis zu den Alpen vordringen. Gleichzeitig schiebt sich ein Bodenhochkeil
nach Südwestdeutschland, so dass ein veritabler Gradient aufrecht bleibt, der
vor allem nach Norden und Osten zu auch im Binnenland bzw. in den Niederungen
noch für stürmische Böen aus Nordwest reicht, an den Küsten und auf den Bergen
kann es Sturmböen geben.
Dazu gibt es Schnee- und Graupelschauer bis in tiefe Lagen und vereinzelt auch
kurze Gewitter. Für eine nennenswerte Schneedecke reicht es aber lediglich im
Stau der Mittelgebirge und in der Nacht zum Dienstag am Alpenrand, in den
Niederungen bleibt es innerhalb der gut durchmischten Luftmasse zu mild. Nachts
kann es aber recht verbreitet Frost geben.

Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch nistet sich der Trog über Osteuropa
ein, während sich über dem nahen Ostatlantik ein breiter Höherücken aufwölbt.
Mit nordwestlicher Höhenströmung gelangt weiterhin maritime Polarluft zu uns und
es gibt weitere Schneeregen-, Schnee- und Graupelschauer, die allerdings meist
nur wenig ergiebig ausfallen. Etwas Neuschnee kommt somit lediglich in den
Staulagen der Alpen und der Mittelgebirge zusammen. Zwischendurch lässt sich
auch durchaus mal die Sonne blicken und der Wind flaut deutlich ab.

Im erweiterten Mittelfristzeitraum tropft der Trog nach Lesart des aktuellen
IFS-Laufes über Osteuropa ab und an der Westflanke des Höhentiefs überquert vor
allem am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag ein weiterer Randtrog das
Vorhersagegebiet von Nord nach Süd. Dadurch bleibt die Zufuhr kalter Luftmassen
aus dem skandinavischen Raum aufrecht, wobei sich ab der Nacht zum Donnerstag
eine Hochdruckzone von Skandinavien nach Mitteleuropa ausweitet. Somit würde
sich dann trockenkaltes Hochdruckwetter über Deutschland einstellen mit auch in
den Niederungen teils mäßigen Nachtfrösten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Dem aktuellen Lauf des IFS kann eine sehr gute Konsistenz zu seinen beiden
Vorgängern bescheinigt werden. Selbst die Abfolge der kurzwelligen Troganteile
und der daran gekoppelten Fronten bzw. Bodentröge werden bis einschließlich
Samstag sehr ähnlich simuliert.
Die Frontalwelle, die am Sonntag das Vorhersagebiet von West nach Ost überquert
und den Vorstoß der höhenkalten Polarluft einleitet, wird im gestrigen 00
UTC-Lauf noch als ein eigenständiges Bodentief simuliert, das bis Sonntagabend
von Frankreich her nach Süddeutschland zieht und an deren Nordflanke es am
Sonntag in der Mitte des Landes eventuell bis in tiefere Lagen schneien könnte.
Den Höhentrog selbst hat dann der aktuelle Lauf etwas markanter und nachhaltiger
auf der Agenda als die beiden gestrigen Läufe. Vor allem der gestrige 00
UTC-Lauf zeigt im Laufe des Montags schon rasch wieder zunehmenden
Hochdruckeinfluss.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die vorliegenden Globalmodelle zeigen zunächst eine im Großen und Ganzen
recht einheitliche Entwicklung und unterscheiden sich lediglich im Detail. GFS
und UKMO haben z.B. am Okklusionspunkt der am Freitag Deutschland überquerenden
Kaltfront über dem Skagerrak bzw. über Norddeutschland eine markante Teil- bzw.
Wellentiefentwicklung auf der Agenda, was Einfluss auf die Windprognosen am
Freitag (vor allem nach Lesart des UKMO höheres Potenzial für stürmische Böen
bis in die Niederungen) haben könnte.
Die Passage des Bodentroges am Samstag wird von ICON und GFS etwas markanter
simuliert als vom IFS, was aber nur wenig Einfluss auf die Niederschlags- und
Windprognosen hat. Auch die Passage der Frontalwelle am Sonntag ist noch mit
Differenzen behaftet, wobei das IFS insgesamt die progressivste Variante auf der
Agenda hat.
Den Vorstoß der Höhenkaltluft bis zu den Alpen zeige alle Modelle, wobei sich
nach Lesart des ICON und des GFS bereits am Montag rasch wieder
Hochdruckeinfluss durchsetzt und somit weniger Schauer bzw. schwächerer Wind
simuliert werden.
In der erweiterten Mittelfrist, bereits am Dienstag, lassen dann GFS und auch
GEM von Westen her wieder mildere Luftmassen nach Mitteleuropa vordringen,
verbunden mit Niederschlägen, die bis in höhere Lagen rasch in Regen übergehen.
Diese Milderung ist nach Lesart des GFS nachhaltig, werden nach GEM bereits am
Mittwoch auf der Rückseite eines nach Südskandinavien ziehenden Tiefs erneut
maritime Polarluft ins Vorhersagegebiet vordringt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Mittelfristzeitraum bis 168 Stunden, also bis zum kommenden Dienstag, 00 UTC,
verteilen sich alle 50 ENS-Member auf nur einen Cluster, der den markanten
Trogdurchgang und den Übergang von Wz auf NWz bzw. NWa zu Beginn kommender Woche
gut widerspiegelt (Großwetterlagenregime überwiegend NAO positiv, am Montag
vorübergehend sogar Atlantic Ridge).
Interessanter gestaltet sich dann die Entwicklung im erweiterten
Mittelfristzeitraum (T+192 bis 240 Stunden). Dann verteilen sich die Member auf
insgesamt 3 Cluster (jeweils 26, 14 und 11 Member), wobei der Hauptlauf Cluster
3, der Kontrolllauf aber Cluster 1 zugeordnet ist.
Cluster 1 ("NAO positiv") lässt dabei den Trog rasch Richtung Russland abziehen
und hat den Übergang hin zu einer vor allem über Süddeutschland überwiegend
antizyklonalen Südwestlage auf der Agenda mit einer raschen Milderung bereits
Mitte kommender Woche und ähnelt insgesamt dem GFS. Cluster 2 fährt eine
ähnliche, allerdings deutlich zyklonalere Variante häufigeren Niederschlägen.
Cluster 3 hingegen lässt, wie auch der Hauptlauf, den Trog über Osteuropa
abtropfen und deutet ein markantes Blocking über Nordeuropa an. Damit würde die
Zufuhr kalter Luftmassen nach Mitteleuropa noch andauern, wobei zunächst
Hochdruckeinfluss überwiegt, ehe sich zum Ende de Woche mit dem Vordringen einer
Tiefdruckrinne von Frankreich und GB her Richtung Südwestdeutschland eventuell
eine Grenzwetterlag andeutet.

Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur in den Rauchfahnen ausgewählter
Gitterpunkte im Vorhersagegebiet verläuft erwartungsgemäß bis einschließlich
Montag noch in einem recht engen Spread und zeigt - nach kurzem Warmlufteinschub
in Süddeutschland in der Nacht zum Sonntag - vor allem am Sonntag und in der
Nacht zum Montag bei verbreitet auftretenden Niederschlägen deutlich absteigende
Tendenz.
Ab Dienstag wird der Spread dann aber quasi schlagartig deutlich größer und das
Gros er Member geht bzgl. 850 hPa Temperatur zu Wochenmitte wieder deutlich nach
oben. Der Hauptlauf stellt dann sogar für die meisten Gitterpunkte einen
Ausreißer dar und ist teilweise mit Abstand der kälteste Lauf.

FAZIT:
Bis einschließlich Montag steht die Wetterentwicklung einigermaßen fest:
Zunächst unbeständig, windig und recht mild, ab Sonntag dann zumindest
vorübergehend kälter mit einzelnen Schnee- und Graupelschauern am Montag teils
bis in tiefe Lagen.
Ob es danach noch trockenkalt bleibt, wie vom IFS-Hauptlauf proklamiert, oder ob
es rasch wieder milder wird, wie es das GFS und auch die meisten ENS-Member auf
der Agenda haben, ist natürlich noch unsicher. Die trockenkalte Lösung stellt
aber wohl eine Außenseiterlösung dar, mit höherer Wahrscheinlichkeit geht es
eher unbeständig weiter.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Warntechnisch dürfte im gesamten Mittelfristzeitraum die Windentwicklung eine
Rolle spielen. Bereits am Freitag gibt es in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge und der Alpen, vorübergehend auch im Nordseeumfeld markante Böen
(Bft 8, Gipfellagen Bft 9, vereinzelt 10), ob es in den Niederungen mit
Frontpassage irgendwo für eine Bft 8 reicht, ist noch unklar.
Am Samstag und am Sonntag hingegen dürfte es in der Mitte und im Süden aber auch
in den Niederungen vielerorts für stürmische Böen reichen, Auf den Bergen gibt
es dann Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen. Diese Entwicklung deutet sich
auch in der Probabilistik an und zeigt sich auch im EFI, wobei nach dessen
Lesart aber keine außergewöhnliche Windlage auf der Agenda steht.
Für den Montag gehen die Modelle noch ziemlich auseinander; nach IFS bleibt es
stark windig, auf den Bergen stürmisch, GFS und ICON deuten eine deutliche
Windabnahme an.

Niederschläge gibt es bis Sonntag zwar verbreitet und diese können in den
Weststaulagen einiger Mittelgebirge auch länger anhalten. Die Modelle und die
probabilistischen Verfahren agieren aber nach wie vor eher zurückhaltend, so
dass wohl lediglich in exponierten Staulagen die Warnschwellen für 24- bis
48-stündige Mengen erreicht werden können, wenn überhaupt.

Dafür dürfte es zumindest in den Nächten zum Montag und Dienstag recht
verbreitet leichten, bei Aufklaren eventuell sogar mäßigen Frost geben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS (bis einschließlich Montag), MOSMIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff