DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-03-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 17.03.2023 um 10.30 UTC



Zunächst ruhiges, mildes, im Süden und Südwesten teils warmes Wetter. In der
zweiten Wochenhälfte von Nordwesten unbeständiger, teils nass und windig, aber
erst am Wochenende langsam zurückgehende Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 24.03.2023


Die Mittelfrist ist gekennzeichnet durch eine im Verlauf deutlich an Fahrt
gewinnende zyklonale Südwestlage. Diese bringt vor allem der Nordwesthälfte
unbeständiges und windiges Wetter. Eine größere oder gar schwere Sturmlage
deutet sich allerdings genauso wenig an wie eine überregionale Dauerregenlage.
Mit der West- bis Südwestströmung werden meist sehr milde Luftmassen
herangeführt, sodass auch winterliche Wettererscheinungen erst mal nicht auf der
Agenda stehen. Ausgangspunkt ist ein hochreichender Tiefdruckkomplex, der sich
als Folge eines von Nordamerika ausgehenden, massiven Kaltluftvorstoßes über dem
Nordatlantik in Position bringt und sich nur zögerlich Europa nähert.

Bei uns beginnt die Mittelfrist am Montag aber erst mal ziemlich ruhig.
Rückseitig eines nach Osten abziehenden Troges nähert sich von Westeuropa ein
Rücken, der in der Nacht zum Dienstag auf Deutschland übergreift. Der zunehmende
antizyklonale Einfluss macht sich auch im Bodenfeld bemerkbar, dort wandert ein
Zwischenhoch mit seinem Schwerpunkt über den Alpenraum ostwärts. So verlassen
uns die mit dem abziehenden Trog in Verbindung stehenden schauerartigen
Regenfälle zügig ostwärts, sodass es vorübergehend meist trocken ist. Mit
kurzzeitiger Winddrehung auf West-Nordwest gelangt rückseitig der zu einem Tief
über Nordskandinavien gehörenden Kaltfront ein Schwall kühlerer Meeresluft in
die Nordhälfte (T850 0 bis -3 Grad). Die Kaltfront wird über der Mitte
allerdings stationär und wetterinaktiv, erst im Laufe der Nacht zum Dienstag
wird die Luftmassengrenze als Warmfront wieder rückläufig und sorgt im Westen
und Nordwesten für etwas Regen. Im Süden hält sich sehr milde Luft (T850 0 bis 4
Grad) und besonders nach Südwesten zu zeigt sich die Sonne längere Zeit. Dort
bleibt es bei Höchstwerten zwischen 14 und 18 Grad sehr mild, aber auch sonst
ist es mit maximal 8 bis 14 Grad alles andere als kühl.

Am Dienstag zieht der Rücken ostwärts ab, ihm folgt ein dem hochreichenden
nordatlantischen Tiefdruckkomplex vorgeschalteter Kurzwellentrog. In seinem
Nordteil nimmt er Verbindung zu dem nordeuropäischen Trog auf und schwenkt zügig
über den Norden Deutschland ostwärts. Nach Südwesten zu hängt er weit nach
Frankreich zurück, wird aber durch hineinstoßende WLA zugeschüttet. Mit der
Kurzwelle korrespondiert ein Teiltief, das sich vom Muttertief über den Atlantik
löst und über Südskandinavien ostwärts geführt wird. Die Warmfront und die
nachfolgend von Nordwesten übergreifende, wenig barokline Kaltfront ziehen mit
leichtem Regen über die Nordhälfte zügig ost- bzw. südostwärts. Über der Mitte
verliert die Kaltfront aber zumindest nach IFS-Lesart rasch Schub, wird
stationär und löst sich mangels dynamischer Unterstützung mehr oder weniger auf.
Im Süden würde es demnach störungsfrei und freundlich bleiben. Dort erwärmt sich
die Luft sogar noch etwas auf verbreitet 15 bis 20 Grad, im Norden sind es "nur"
9 bis 14 Grad.

Am Mittwoch schwenkt nochmal ein flacher Rücken ostwärts über das Land hinweg
und sorgt für meist niederschlagsfreies und vor allem nach Süden zu sonniges
Wetter. Mit allmählich an Fahrt aufnehmender Südwestströmung erwärmt sich die
Luft niedertroposphärisch weiter (T850 1 bis 8 Grad). Die 20-Grad-Marke dürfte
in der Südhälfte regional überschritten werden. Mit geringer Wahrscheinlichkeit
treten an der Nordsee sowie im westlichen Bergland erste Sturmböen auf.

Am Donnerstag liegen wir vorderseitig des mit seinem Drehzentrum auf die
Britischen Inseln übergreifenden, hochreichenden Zentraltiefs unter einer
kräftigen, vor allem nach Nordwesten zu zyklonalen Südwestströmung. Die
Frontalzone greift über, kommt aber leicht schleifend über Deutschland nur noch
zögerlich nach Südosten voran. Somit regnet es in der Nordwesthälfte
schauerartig und mitunter länger anhaltend, in Weststaulagen der Mittelgebirge
können Dauerregenwarnschwellen (>30 mm/24 h) mit geringer Wahrscheinlichkeit
knapp gerissen werden. Im Südosten bleibt es voraussichtlich noch trocken und
länger sonnig. Dort wird es noch etwas wärmer (T850 auf rund 10 Grad
ansteigend), aber auch sonst kann sich kaum kühlere Luft durchsetzen (T850 meist
zwischen 2 und 7 Grad). Die Wahrscheinlichkeit für Sturmböen nimmt generell in
der Nordwesthälfte zu, am ehesten treten sie im Nordwesten und im oberen
Bergland auf.

Am Freitag und zum Wochenende zieht das hochreichende Tief voraussichtlich über
die Nordsee nach Skandinavien, sodass sich landesweit Trogeinfluss einstellt. Es
kommt verbreitet und wiederholt zu schauerartig verstärkten Regenfällen, wobei
sich die Niederschlagsmengen zumindest örtlich und bevorzugt in den
Weststaulagen 24- bis 48-stündig auf über 30 bzw. 40 mm akkumulieren könnten
(Dauerregen). Nach und nach gelangt etwas kühlere Meeresluft zu uns, bei
850-hPa-Temperaturen nur um oder knapp unter 0 Grad und guter Durchmischung
steht aber selbst im Bergland zunächst kein neuerlicher Wintereinbruch bevor. Es
bleibt windig, bevorzugt im Bergland sowie im Nordwesten und Norden sollte man
Sturmböen mit ins Kalkül ziehen, auch schwere Sturmböen können exponiert nicht
ausgeschlossen werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Dem IFS kann im Hinblick auf die großräumigen Strukturen eine relativ gute
Konsistenz bescheinigt werden. Die Phasenunterschiede im Trog-Rücken-Muster sind
zwar schon zu Beginn nicht zu übersehen, bewegen sich insgesamt aber in einem
für die Mittelfrist nicht unüblichen Rahmen und bedürfen keiner grundlegenden
Modifikationen des Vorhersagekonzeptes - wenn man mal vom genaueren zeitlichen
Ablauf absieht.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Großen und Ganzen simulieren die an dieser Stelle üblicherweise begutachteten
Globalmodelle (ICON, GFS, UKMO, GEM, UK10) den allmählichen Übergang zu einer
Südwestlage bis Wochenmitte recht ähnlich. Im Detail ergeben sich aber vor allem
am Dienstag größere Unterschiede bei der Behandlung des Kurzwellentroges. Dieser
wird von GFS, UKMO, GEM und UK10 etwas schärfer gerechnet, die Kaltfront würde
folglich etwas wetteraktiver ausfallen und abgeschwächt bis in den Süden und
Südosten vorankommen.
Ab Donnerstag werden die Unterschiede veritabler. Dabei fällt vor allem die
deutlich antizyklonalere Färbung der Südwestlage bei GFS auf. Die anderen
Modelle gehen da aber nicht mit. Im Gegenteil: Vor allem das ICON hat am Freitag
im Zuge eines gut entwickelten Schnellläufers sogar eine überregionale Sturmlage
auf der Agenda, was aber aktuell auch noch eher eine Außenseiterlösung
darstellt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-EPS bestätigt das oben beschriebene, im Wesentlichen auf dem
deterministischen IFS-Lauf beruhende Vorhersageszenario.
Die Rauchfahnen sind bis einschließlich Mittwoch sowohl hinsichtlich des
Geopotenzials als auch in Bezug auf die 850-hPa-Temperatur gut gebündelt. Ein
paar wenige Member reißen bezüglich der Temperatur und des Geopotenzials bereits
am Dienstag etwas nach unten aus (etwas stärker betonter Kurzwellentrog), die
Niederschlagssignale in der Mitte und im Süden sind aber zwischen Montag und
Mittwoch eher schwach ausgeprägt, was eher nicht für eine veritable Trog- und
Kaltfrontpassage bis in den Süden hinein spricht.
Ab Donnerstag blähen die Rauchfahnen etwas stärker auf. Allerdings zeigen im
Grunde alle Member einen mehr oder weniger starken Temperatur- und
Geopotenzialrückgang an, bei gleichzeitig landesweit zunehmenden
Niederschlagssignalen. Unklarheit besteht eigentlich nur bei der Frage, ob sich
das unbeständige Wetter im Süden und Südosten schon ab Donnerstag oder etwas
verzögert erst am Wochenende einstellt.

CLUSTER:
Im Zeitraum +72-96 h werden 5 Cluster gebildet, die alle der Klasse "NAO+"
zugeordnet werden und kaum Unterschiede mit Fokus auf Deutschland aufweisen.
Im Zeitraum +120-168 h werden 3 Cluster angeboten, die zwischen NAO+ und NAO-
wechseln. Alle Cluster zeigen das hochreichende Tief, das vom Nordatlantik her
auf Westeuropa übergreift, aber mit einer mal mehr, mal weniger starken
positiven Geopotenzialanomalie über Grönland korrespondiert (deswegen die
Vorzeichenwechsel beim NAO-Index). In Cluster 1 und 2 (40/51 Member, inkl.
HL/CL) liegt Deutschland am Ende bereits unter einer zyklonalen Südwestströmung,
in Cluster 3 (11/51 Member) ist die Südwestströmung noch stärker antizyklonal
konturiert.
Der Zeitraum 192-240 h wartet ebenfalls mit 3 Clustern auf. In den Clustern 1
und 2 (21+17=38 Member) beginnt die Strömung stärker zu mäandrieren, wobei die
Phasen und Amplituden der Wellen unterschiedlich betont werden (Cluster 1
"Atlantic Ridge"; Cluster 2 "Blocking"). In beiden Fällen käme Deutschland unter
Trogeinfluss und kühlerer Luftmassen. In Cluster 3 (13 Member) mäandriert die
Strömung über Europa weniger stark. Nach kurzer Trogpassage würde sich rasch
wieder eine west-südwestliche Strömung und wärmere Luft durchsetzen.

FAZIT:
Bis Mittwoch gestaltet sich das Wetter relativ ruhig. Während bevorzugt der
Norden aber von schwachen Störungen beeinflusst wird und es auch mal regnen
kann, setzt sich nach Süden zu oft freundliches, trockenes und vor allem sehr
mildes Wetter durch.
In der zweiten Wochenhälfte vollzieht sich der Übergang zu einer neuerlichen
zyklonalen Südwestlage. Unklar ist lediglich, wie schnell sich der
Tiefdruckeinfluss nach Südosten durchsetzen kann. Eine überregionale Sturm- und
Dauerregenlage ist nach aktuellem Stand nur wenig wahrscheinlich.
Zum Wochenende wird eine Troglage mit langsam zurückgehenden Temperaturen
favorisiert, ein nennenswerter Wintereinbruch steht aber selbst für das Bergland
erst mal noch nicht auf der Agenda.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis Dienstag werden keine markanten Wettererscheinungen erwartet.
Danach wird es von Nordwesten zunehmend windiger, vor allem ab Donnerstag
simuliert das IFS-EPS geringe, aber nicht mehr zu vernachlässigende
Wahrscheinlichkeiten für STÜRMISCHE BÖEN (Bft 8) und STURMBÖEN (Bft 9).
Bevorzugt betroffen sind bei zunächst stabiler Schichtung natürlich das obere
Bergland sowie die Küste und das angrenzende Binnenland. Davon ausgenommen ist
der Südosten.
Zudem regnet es ab Donnerstag wiederholt und schauerartig verstärkt. Geringe
Wahrscheinlichkeiten für DAUERREGEN (24- bis 48-stündig) flackern im IFS-EPS
immer wieder für die Weststaulagen der Mittelgebirge und für den Alpenrand auf
(bis einschließlich des Wochenendes). Die Signale sind aber noch nicht
belastbar.

Der EFI liefert zunächst nur Hinweise auf ungewöhnlich hohe Temperaturen. Am
Freitag tauchen von Westen erste, kleinräumige Signale für Wind und Regen auf.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS; MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser