DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-03-2023 08:01
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 14.03.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Zunächst noch Wz/NWz
Heute mit Kaltfrontpassage vorübergehend überall Böen Bft 7 bis 8, vereinzelt
Bft 9, auf den Bergen Bft 9 bis 11. Dazu ab dem Nachmittag deutlicher
Temperaturrückgang und kommende Nacht gebietsweise etwas Schnee bis "ganz
unten". Mittwoch noch kühl und leicht unbeständig, ab Donnerstag wieder milder,
an beiden Tagen aber kaum markante Wettererscheinungen.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines umfangreichen,
vom Nordmeer über Westeuropa bzw. die Nordsee bis in den westlichen
Mittelmeerraum reichenden Langwellentroges. Dieser besteht aus mehreren, meist
kurzwelligen Teiltrögen und kommt entsprechend zögernd ostwärts voran, erreicht
aber im Laufe der kommenden Nacht mit seiner Hauptachse auch das
Vorhersagegebiet.
Somit befinden wir uns heute noch im trogvorderseitigen Bereich unterhalb einer
südwestlichen Höhenströmung, die gegenüber gestern aber bereits einiges an
Gradient und entsprechend auch Windgeschwindigkeit eingebüßt hat. Darin
eingebettet, schwenkt in den kommenden Stunden ein kurzwelliger Troganteil über
das Vorhersagegebiet hinweg ostnordostwärts, an den auch einzelne Schauer und
eine leichte Windzunahme gekoppelt sind, der sich aber ansonsten als wenig
wetterwirksam erweist und zudem noch deutlich an Kontur einbüßt.
Interessanter gestaltet sich die Wetterentwicklung dagegen vorderseitig des
folgenden Kurzwellentroges, der mehr und mehr die Rolle des Haupttroges einnimmt
und der sich über die Nordsee bis zum Abend nach West- bzw. Nordwestdeutschland
verlagert. Ihm folgt höhenkalte Polarluft, bis zum Abend sinkt die Temperatur
über dem Nordwesten in 500 hPa auf -35 bis -38 Grad, in 850 hPa auf -7 Grad.
Entsprechend ist die Luftmasse dort ab den späten Nachmittags- und Abendstunden
hochreichend labil geschichtet.
Im Bodenfeld korrespondiert der Langwellentrog mit dem Tiefdruckgebiet "FLURIN",
das sich vom Bottnischen Meerbusen allmählich Richtung Lappland verlagert und
sich zögernd auffüllt. Die Kaltfront des Tiefs befindet sich über
Südskandinavien und der Deutschen Bucht, wurde bzw. wird durch Teiltiefbildung
über dem Skagerrak vorübergehend eingebremst, greift dann aber nach Abzug und
Auffüllen des Teiltiefs bereits in Kürze auf den Nordwesten Deutschlands über
und kommt - jetzt mit einer veritablen Schubkomponente ausgestattet -
nachmittags bzw. abends rasch südostwärts voran. Bereits am späteren Abend
erreicht sie die Alpen.
Schon im präfrontalen Bereich, also im breiten Warmsektor des Tiefs, verschärft
sich der Gradient in den kommenden Stunden aufgrund der Teiltiefbildung, so dass
der Wind auch in den Niederungen deutlich zulegt. Der Höhepunkt der
Windentwicklung wird mit Frontpassage erreicht. Mit einem recht scharfen
Windsprung von Südwest auf Nordwest gibt es verbreitet steife bis stürmische
Böen (Bft 7 bis 8), in freien Lagen auch Sturmböen (Bft 9). Durch
Leitplankeneffekt frischt der Wind in einigen Mittelgebirgsvorländern, vor allem
aber im Alpenvorland bereits weit vor der Front mit stürmischen Böen bzw.
Sturmböen auf, im höheren Alpenvorland kann es mit Frontpassage eventuell auch
einzelne schwere Sturmböen geben. Diese gibt es auf jeden Fall verbreitet in den
Gipfellagen der Alpen und der Mittelgebirge, auf exponierten Gipfeln (anfangs
Brocken, später Feldberg im Schwarzwald und Alpengipfel) kann es auch
orkanartige Böen bzw. Orkanböen (Bft 11 bis 12) geben.
Begleitet wird die Frontpassage zudem von schauerartigen Regenfällen, vereinzelt
auch von Graupelschauern, wobei ihr unmittelbar die maritime Polarluft folgt und
die Niederschläge oberhalb von etwa 200 bis 600 m in Schnee übergehen, alsbald
aber wieder nachlassen, so dass es höchstens in Staulagen für eine dünne
Nassschneedecke reicht.
Kurze Gewitter sind am ehesten im Osten und Südosten vorstellbar, wo die
Luftmasse sich vor der Front nochmals auf über 15 Grad erwärmen kann und
eventuell auch etwas Cape generiert wird.
Postfrontal klingen die Schauer im Westen und Nordwesten rasch ab und die Wolken
lockern auf, auch der Wind flaut nach Frontpassage deutlich ab. Mit Eintreffen
der Höhenkaltluft kann es dann später im Nordseeumfeld einzelne Schneeregen- und
Graupelschauer geben, vielleicht auch ein kurzes Gewitter. Immerhin simuliert
ICON-D2 dort etwa 50 bis 100 J/kg ML-Cape.
Im Warmsektor erreichen die Temperaturen nochmals verbreitet zweistellige
Höchstwerte, ehe es mit Passage der Kaltfront abkühlt, in den Mittelgebirgen
oberhalb von etwa 400 bis 700 m abends auch rasch in den Frostbereich.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Kurzwellentrog rasch ostwärts über uns
hinweg, allmählich gefolgt vom thermischen Trog, der die Temperaturen in 500 hPa
vorübergehend auf Werte zwischen -40 Grad ganz im Norden des Landes und -32 Grad
im äußersten Süden und in 850 hPa auf -8 bis -5 Grad absinken lässt. Dabei
greift ausgangs der Nacht ein weiterer, in die nun auf Nordwest drehende
Höhenströmung eingebetteter kurzwelliger Troganteil auf den Westen Deutschlands
über. Daran gekoppelt ist ein flacher Bodentrog, der die Schauertätigkeit im
Nordwesten und Westen bis in die zentralen Mittelgebirge im Laufe der Nacht
wieder aufleben lässt. Nun kann es auch bis in tiefe Lagen kurzzeitig Schnee und
Graupel mit entsprechender Glätte geben, für eine nennenswerte Neuschneedecke
von vielleicht 2 bis 7 cm reicht es aber lediglich in einigen Nordstaulagen.
Kurze Gewitter können innerhalb der hochreichend labilen Luftmasse ebenfalls mit
leicht erhöhter Wahrscheinlichkeit auftreten.
Zwischen abziehender Kaltfront, die in den Staulagen der Alpen die meist
leichten Schneefälle noch bis zum Mittwochvormittag anhalten lässt, so dass dort
gebietsweise um 10 cm Neuschnee fallen können, und den neuen Schauern lockern
die Wolken vorübergehend mal stärker auf und der Wind lässt deutlich nach.
Innerhalb der einströmenden Polarluft gibt es somit vielerorts leichten, im
höheren Bergland auch mäßigen Frost du gebietsweise Glätte durch Überfrieren.
Noch ein paar Worte zum Wind: Die andauernde KLA sorgt für Druckanstieg und von
Frankreich her schiebt sich ein Hochkeil nach Südwestdeutschland. Somit fächert
der Gradient im Laufe der Nacht weiter auf und der Wind flaut ab. Morgens ist er
lediglich in einigen Höhenlagen noch warnrelevant (Bft 8 bis 9 aus West bis
Nordwest) sowie an den Küsten (Bft 7, vereinzelt, an der Nordsee morgens wieder
etwas häufiger Bft 8).

Mittwoch... kann sich der kurzwellige Troganteil im Tageserlauf besser formieren
und schwenkt unter Amplitudengewinn über das Vorhersagegebiet hinweg
ostsüdostwärts. Dahinter wölbt sich durch kräftige WLA über Westeuropa ein
breiter Höhenrücken knapp westlich der Britischen Inseln auf, so dass die
Höhenströmung über Mitteleuropa auf glatt Nordwest dreht.
Im Bodenfeld setzt sich der Druckanstieg zunächst noch fort, bis zum Abend
verlagert sich eine eigenständige Hochdruckparzelle mit über 1020 hPa Kerndruck
von Nordostfrankreich nach Süddeutschland. Gleichzeitig kann sich aber ein
nochmals recht veritabler Bodentrog samt eingelagerten kleinräumigen
Tiefdruckgebiet von der Südwestspitze Norwegens bis zum Abend über Jütland zum
Kattegat verlagern, wobei er sich nur zögernd auffüllt. Der thermische Trog
kommt hingegen rascher nach Osten voran, so dass die Luftmasse insbesondere im
Westen und Süden des Landes deutlich stabilisiert. Dennoch kommen die Schnee-,
Schneeregen- und Graupelschauer, die vormittags die mittleren Landesteile
erreicht haben, im Tagesverlauf nur zögernd nach Osten und Süden voran. Während
es also ganz im Westen und auch im Südwesten nach Abzug der Schauer teilweise
trocken bleibt, können sonst vor allem in den Staulagen einiger Mittelgebirge
bis zum Abend noch einige Zentimeter Neuschnee zusammenkommen, an den Alpen auch
über 5 cm. In tiefen Lagen reicht es bei Temperaturen zwischen -4 und -7 Grad in
850 hPa und gut durchmischter Luftmasse dagegen kaum und am ehesten noch am
Vormittag bzw. im Südosten dann am späten Nachmittag bzw. Abend mal für etwas
Graupel- bzw. Schneematsch und entsprechender vorübergehender Glätte. Vereinzelt
können auch kurze Gewitter dabei sein, am ehesten nach Osten zu und in der
Mitte.
Der Wind frischt vor allem im Norden und Nordosten sowie im Südosten noch einmal
aus West bis Nordwest auf, einerseits tagesgangbedingt, andererseits aber auch
durch die leichte Gradientverschärfung, die sich mit Passage des oben erwähnten
Bodentroges einstellt. An den Küsten, insbesondere der Nordsee, gibt es häufiger
stürmische Böen, sonst im küstennahen Binnenland sowie in freien Lagen
Süddeutschlands und in einigen Lee-Lagen steife Böen.
Gegenüber dem Vortag gehen die Temperaturen deutlich zurück, immerhin reicht es
bei guter Durchmischung noch für Höchstwerte zwischen 4 und 8, am Rhein mit mehr
Sonne vielleicht für 9 bis 10 Grad, oberhalb von etwa 600 bis 1000 m herrscht
leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Höhenrücken über Westeuropa nur langsam
nach Osten voran und befindet sich morgens in etwa über den Britischen Inseln.
Er wird von kräftiger WLA überlaufen, die zunehmend auch vor allem den Westen
und Nordwesten des Vorhersagegebietes mit teils mehrschichtiger Bewölkung
erfasst, es bleibt aber noch trocken.
Das Bodenhoch über Süddeutschland weitet sich noch etwas nach Norden aus,
wandert aber mit seinem Schwerpunkt allmählich ostwärts, so dass der Gradient
nun auch im Norden deutlich aufweicht und der Wind nachlässt, zuletzt im Laufe
der zweiten Nachthälfte an der vorpommerschen Ostseeküste. Gleichzeitig dreht er
von Westen her auf Süd zurück und frischt über der Nordsee wieder etwas auf, ist
aber nicht warnrelevant.
An den Alpen fällt anfangs noch Schnee, später lockern auch hier die Wolken mit
Passage des Hochs rasch auf.
Während es unter den dichteren Wolken im äußersten Westen sowie an den Küsten
häufig frostfrei bleibt, gibt es sonst verbreitet leichten, nach Osten und Süden
zu sowie in den zentralen Mittelgebirgen mäßigen, in einigen Alpen- und
Bayerwaldtälern eventuell auch strengen Frost. Stellenweise tritt Glätte durch
Überfrieren auf.

Donnerstag... schwenkt der nach wie vor breite Höhenrücken allmählich über das
Vorhersagegebiet hinweg ostwärts und es stellt sich nach und nach eine
antizyklonale West- bis Südwestströmung ein. Die kräftige WLA kann sich nun auch
niedertroposphärisch bemerkbar machen und bis zum Abend steigt die 850
hPa-Temperatur bereits auf Werte zwischen -4 Grad in Ostvorpommern und +8 Grad
in Südbaden.
Im Bodenfeld verabschiedet sich die nun umfangreiche Hochdruckzone endgültig
nach Südost- und Osteuropa, während sich gleichzeitig ein Tiefdruckgebiet vom
nahen Ostatlantik allmählich Richtung Britische Inseln vorarbeitet. Die
Warmfront des Tiefs überquert die Nordsee nordnordostwärts und streift dabei
auch den Nordwesten Deutschlands mit dichten Wolkenfeldern, wobei es vom Emsland
bis nach Schleswig-Holstein gebietsweise auch leicht regnen kann.
Insgesamt setzt sich der Druckfall von Westen her fort und der Gradient
verschärft sich deutlich, was sich aber aufgrund der stabilen Schichtung
bodennah kaum bemerkbar macht. Lediglich im Nordseeumfeld sowie abends
vielleicht auch in einigen höher gelegenen Lee-Lagen kann es starke bis steife
Böen aus Süd bis Südost geben, in den Kammlagen einiger Mittelgebirge eventuell
auch stürmische Böen, auf dem Brocken Sturmböen.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus, wobei vor allem im
Osten und Süden auch länger die Sonne scheint, da sich die beständige WLA
lediglich in Form dünner hoher Wolkenfelder bemerkbar macht. Insgesamt wird es
wieder deutlich wärmer als am Vortag mit Höchstwerten zwischen 7 und 11 Grad im
Norden sowie in der gesamten Osthälfte und zwischen 11 und 15 Grad im Westen und
Südwesten, am Oberrhein sind bereits wieder 16 oder gar 17 Grad drin.

In der Nacht zum Freitag schwenkt die Achse des Höhenrückens allmählich Richtung
östliches Mitteleuropa. Die Kaltfront des Tiefs knapp westlich der Britischen
Inseln - wobei sich ein Teiltief bereits über der nördlichen Nordsee befindet -
greift auf die Nordsee über, gerät dort aber ins Schleifen und tangiert das
Vorhersagegebiet nicht weiter. Im Warmsektor setzt sich die Erwärmung
niedertroposphärisch weiter fort, morgens werden in 850 hPa im Süden bereits
Werte um 10 Grad erreicht, an der Oder um 0 Grad. Dabei bleibt es vor allem im
Norden und Westen überwiegend stark bewölkt und gebietsweise fällt vom Emsland
bis nach Westmecklenburg auch etwas Regen. Dort bleibt es mild und frostfrei,
während es im Süden und Südosten bei aufgelockerter bis geringer Bewölkung
erneut verbreitet leichten, in einigen Bergtälern auch mäßigen Frost gibt.
Der Gradient fächert zunächst kaum auf, so dass es über der Nordsee weiterhin
einzelne steife Böen aus Süd geben kann und in einigen Mittelgebirgskammlagen
stürmische Böen, auf dem Brocken Sturmböen. Ob es in einigen Mittelgebirgstälern
für steife Böen (z.B. Böhmischer Wind im Erzgebirge) reicht, ist noch fraglich.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle unterscheiden sich lediglich um Nuancen, warn- und prognoserelevante
Differenzen sind so gut wie keine vorhanden. Das Windfeld der Kaltfront heute
ist in den Modellen gut definiert, die entsprechenden Warnungen können nach
deren Passage dann von Nordwesten sukzessive wieder aufgehoben werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff