DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-03-2023 09:30
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.03.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz
Heute recht ruhiges Wetter.
Am Montag vor allem im Westen und Norden und im Mittelgebirgsraum stürmische
Böen, exponiert Sturmböen.
Vor allem im Südwesten und Nordwesten einzelne Gewitter mit Sturmböen.
Dabei ungewöhnlich mild, im Südwesten warm.
Am Dienstag recht verbreitet Böen Bft 8, exponierte 9, im Norden auch Bft 10
möglich.
Auf exponierten Berggipfeln auch Böen Bft 11 bis 12.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Der gestern noch wetterwirksame Höhentrog hat das Baltikum erreicht
und schwenkt weiter nach Westrussland. Rückseitig liegt Deutschland auf der
Vorderseite eines flachen und breiten atlantischen Höhenkeiles in einer
zunehmend antizyklonalen Strömung aus Nordwest (etwa aus 300 Grad). In der
unteren Troposphäre herrscht am Rande eines vom östlichen Deutschland nach Polen
schwenkenden Hochkeils zunächst noch eine südöstlichen bis südlichen Strömung,
in der anfangs noch Kaltluft vorhanden ist. Diese wird aber durch die Warmfront
eines Tiefs bei Schottland im Tagesverlauf von Südwest nach Nordost bis Ost
abgedrängt. Damit verdichten sich auch im Osten die Wolken und die leichten
Niederschläge breiten sich vom Westen und Südwesten Deutschlands nach Osten und
Nordosten aus, wobei anfangs meist etwas Schnee dabei ist. Dieser sorgt anfangs
vor allem im Mittelgebirgsraum noch für leichte Glätte, ab Mittag dürften aber
die Beläge zu warm sein für Glätte. Meist gibt es aber nur geringe
Niederschlagsmengen zwischen 0,2 und 3 l/qm, in einzelnen Staulagen etwas über 5
l/qm (z. B. Harz, Schwarzwald und Alpen). Postfrontal kommen von Frankreich her
einige Wolkenlücken ins Spiel, die nachmittags auf den Westen und Südwesten
Übergreifen.
Die Warmfront bringt deutlich mildere Luft. Bis 18 UTC steigen die Temperaturen
knapp 0 Grad an der Elbe sowie im Norden und 2 Grad im Südwesten, während
präfrontal ganz im Nordosten noch -5 Grad auf der Karte stehen. Das reicht dann
im Westen und Südwesten schon für 9 bis 13, in Südbaden für 15 Grad. Von der
Nordsee bis nach Bayern werden es meist 5 bis 9 Grad und im Nordosten teils nur
Werte um 4 Grad.
Der Wind frischt postfrontal auf mit Böen Bft 5 bis 6, im Westen exponiert mit
einzelnen 7er Böen. Auf exponierten Bergen gibt es Böen Bft 8 bis 9, auf dem
Brocken später Bft 10.

In der Nacht zum Montag überquer die Warmfront den Nordosten. Zunächst fällt
noch etwas Schnee, später Regen. Ansonsten ist es im Warmsektor meist stark
bewölkt, aber zunächst überwiegend trocken. Im Süden lockert es etwas auf. In
der zweiten Nachthälfte erreicht den Westen eine weitere Warmfront, die zu dem
Tief bei Irland gehört, das sich mittlerweile zum steuernden Zentraltief des
Tiefdruckkomplexes über dem Atlantik entwickelt hat. Sie kommt etwa bis zur
Mitte voran. Der Gradient legt dabei weiter zu, sodass im Westen häufiger die
Bft 7 und im Bergland stürmische Böen exponiert schwere Sturmböen auftreten.


Montag... liegt Deutschland nach Durchzug der 2. Warmfront in dem weit
geöffneten Warmsektor des bis zum Abend zur Südspitze Norwegens ziehenden
Haupttiefs (Randtief über Nordengland). Mit einer straffen südwestlichen
Strömung fließt subtropische Luft mit 850-hPa-tmperaturen von 11 °C am Alpenrand
um 3 °C im Norden ein. Die Nordwesthälfte erwartet ein klassischer
Warmsektorsturm. Die 60 kt auf 850 hPa können durch die stabile Schichtung nicht
ganz nach unten gemischt werden. So treten in tieferen Lagen lediglich
stürmische Böen auf. Im Süden und Osten ist der Gradient deutlich schwächer,
sodass lediglich 7er Böen auftreten, in Bayern teils nur 6er Böen. Auf den
Bergen sind teils schwere Sturmböen, auf Brocken und Feldberg orkanartige Böen
und Orkanböen. Durch die vertikale Durchmischung wird es für die Jahreszeit
ungewöhnlich warm mit Höchstwerten von 12 Grad im Nordosten und bis 22 Grad in
Südbaden.
Im Tagesverlauf überquert eine im thermischen Feld wenig ausgeprägte Kaltfront
den Westen und Nordwesten. Sie führt etwas frischere Atlantikluft heran. Trotz
des thermischen Gradienten ist die Dynamik an der Front relativ groß, da im
Vorfeld 50 bis 200 J/kg CAPE-ML aufgebaut werden. Bei einer 0-6-km-Scherung von
rund 30 m/s im Frontbereich wird eine erhöhte Updraft-Helizität gezeigt. In
Verbindung mit den Gewittern simuliert SuperHD isoliert orkanartige Böen im
Südwesten, die durch vertikalen Impulstransport und Eigendynamik durchaus
realistisch sein könnten. Die Hodografen sind in den unteren Bereichen relativ
gerade, sodass das Tornadopotenzial eher gering sein dürfte, insofern kein
starkes Ausscheren stattfindet. ICON-6 simuliert die Gewitter etwas später
weiter im Südwesten mit Orkanböen im Schwarzwald. An der gesamten Front besteht
erhöhtes Starkregenpotenzial (über 15 mm in kurzer Zeit, was auch ICON-Nest vor
allem in Baden-W. berechnet). Ein weiterer Gewitterschwerpunkt liegt in der
kälteren Atlantikluft im Nordwesten. Dort sind die Modelle trotz höherem CAPE
mit der Simulation von Gewittern ziemlich verhalten. Auch hier sind dann Böen
Bft 9 zu erwarten.
In der Nacht zum Dienstag zieht die Kaltfront weiter südostwärts. Die
Gewitteraktivität lässt am Abend nur zögerlich nach. Allerdings sind dennoch
stürmische Böen möglich, insbesondere im Alpenvorland, wo der Leitplankeneffekt
zum Tragen kommt. Ansonsten entspannt sich die Windsituation vorübergehend etwas
(an der Nordsee aber weiter Böen Bft 8).
Die weitere Entwicklung im Westen ist noch unsicher. Allen Modellen gemein ist,
dass der Trog sich weiter verstärkt und auf Nordwestfrankreich übergreift. Das
steuernde Höhentief bleibt über dem südlichen Nordmeer. Vorderseitig zieht das
Haupt-Bodentief nach Finnland (bei GFS: Schweden) und südwestlich davon
erstreckt sich eine Tiefdruckrinne (respektive Bodentrog) nach Südwesten zur
südlichen Nordsee mit integrierter Okklusion mit Kaltfrontcharakter. Vorlaufend
ist aber ein sowohl in der Höhe als auch am Boden ausgeprägter flacher Trog
eingebaut, der mit Schauern in der 2. Nachthälfte auf den Westen übergreift,
wobei in 850 hPa die Temperatur auf 0 Grad absinkt. Gewitter werden entgegen
gestriger Simulation kaum noch gebracht. Es gibt eine milde Nacht bei
Tiefstwerten zwischen 5 Grad im Vogtland und 9 oder 10 Grad am Oberrhein.


Dienstag... zieht der markante Höhentrog von den Britischen Inseln und
Nordwestfrankreich zum westlichen Deutschland, wobei um 18 UTC im Westen und
Nordwesten die Temperatur auf -35 bis -39 Grad absinkt. Trogvorderseite wird die
herumgehalte Okklusion mit Kaltfrontcharakter über Deutschland nach Osten
geführt, wobei bis zum Abend die Temperatur in 850 hPa auf Werte zwischen -1
Grad im Alpenvorland und -7 Grad an der Nordsee sinkt. Die durch die Front
ausgelösten Niederschläge gehen damit in Lagen oberhalb von 400 bis 800 m, im
Alpenraum ab 1100 m (abends) in Schnee über. Die Niederschlagsmengen liegen aber
lediglich zwischen 1 und 6 mm, nur in exponierten Staulagen bei rund 10 mm
innerhalb von 12 Stunden. Damit sind tagsüber wohl eher Glättewarnungen nötig,
im ungünstigsten Fall eine gelbe Schneefallwarnung ab 600 m.
An dem Bodentrog wird derzeit noch ein recht unterschiedlicher Gradient
berechnet. IFS hat den stärksten Gradienten, der auch recht gleichmäßig verteilt
ist, mit verbreiteten 8er Böen, im Norden auch mit 9er und 10er Böen. GFS von 06
UTC zeigt aber vormittags in den älteren Bundesländern stürmische Böen und im
Nachgang am Nachmittag im Norden noch einen Bodentrogdurchgang mit 9er und 10er
Böen und erneuten 8er Böen im gesamten Norddeutschen Tiefland.
ICON-Nest hat recht verbreitet die stürmischen Böen und im Bergland, vereinzelt
aber auch im Norden die 9er Böen im Programm. Mos fasst das Ganze mit
verbreiteten 8er Böen zusammen und im Norden sowie im Bergland mit 9er Böen. Auf
exponierten Bergen gibt's Böen Bft 11 bis 12. Es bleibt aber noch Zeit, weitere
Modellläufe zu monitoren.
Vor der Front steigen die Temperaturen nochmal auf milde 9 bis 16 Grad mit den
höchsten Werten im Osten. Nach Frontdurchgang geht die Temperatur um einige
Kelvin zurück.

In der Nacht zum Mittwoch treten dann wahrscheinlich rückseitig der Kaltfront im
Trogbereich in höhenkalter Luft noch Schauer auf, die zu der üblichen
Frost/Glätte Problematik führen. Mengenmäßig schlagen die Schauer aber nur mit
0,5 bis 5 mm zu Buche, so dass nur mit geringen Neuschneemengen zu rechnen ist.
Der Wind schwächt sich meist ab und bleibt lediglich im Küstenbereich noch
kräftig mit Böen Bft 8 bis 9.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung wird bis morgen Abend recht ähnlich simuliert. Am Dienstag wird
der Frontdurchgang und die Lage des Troges bzw. des Tiefs über Skandinavien noch
leicht unterschiedlich simuliert. Differenzen beim Wind wurden beschrieben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden