DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-03-2023 08:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 11.03.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ws

Im Osten und Süden gebietsweise Schneefall und Wind/Sturm, nachlassend. Im
Norden am Nachmittag/Abend Schneeschauer. Am Sonntag von Südwesten Niederschlag,
teils als Schnee, teils als Regen, gefrierender Regen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... ziehen sowohl der Langwellentrog als auch das zugehörige Tief
DIETHELM nach Osten ab. Da die Achse des Höhenrückens Deutschland schon
überquert hat und bis zum Abend die polnische Ostgrenze erreicht, steigt über
Mitteleuropa das Geopotential zögerlich an. Da auf der Westflanke des Tiefs und
somit vor allem über dem Osten und Süden unseres Landes der Gradient noch recht
scharf ausgeprägt ist, muss in den genannten Regionen anfangs noch mit Wind- und
Sturmböen, auf dem Fichtelberg auch mit schweren Sturmböen gerechnet werden. Mit
dem im Tagesverlauf erwarteten Auswandern des Tiefs vom südlichen Baltikum nach
Nordwestrussland fächert der Gradient allerdings zunehmend auf, was sich
entsprechend in einer allmählichen Windabnahme widerspiegelt. Zusammen mit dem
Wind haben der Osten und Südosten - bis zum Alpenrand - auch noch mit leichten
Schneefällen zu kämpfen. Insbesondere in den Nordweststaulagen vom Erzgebirge
bis zum Zittauer Gebirge sind vormittags nochmals einige wenigen cm Neuschnee
(unter 5 cm) möglich, am Nachmittag lässt der Schneefall dann weiter nach. An
den Alpen und in Brandenburg sind es nur noch einige wenige Flocken, die am
Vormittag zur vorhandenen Schneedecke hinzukommen.

In der von Grönland bis nach Südosteuropa insgesamt recht glatt auftretenden
niedertroposphärischen Nordwestströmung fällt ein kurzwelliger Bodentrog (mit
analysierter Konvergenzlinie) ins Auge, der unter Abschwächung bis zum Abend,
von Südnorwegen kommend, die Elbmündung erreicht. An diesen sind Schauer
(Gewitter nicht gänzlich ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich) gekoppelt, die
in der zweiten Tageshälfte von Nordwesten die Küstengebiete (Ausnahme
wahrscheinlich die vorpommersche Küste) erreichen. Da die 850er Temperaturen in
diesen Regionen um -7°C liegen, muss bis in tiefe Lagen mit Schnee oder Graupel
gerechnet werden, was auch für entsprechende Glätte sorgen kann. Gleichwohl ist
dies nicht überall der Fall, auch Regenschauer sind durchaus denkbar. Weniger
glaubwürdig erscheint hingegen der von manchen hochaufgelösten Modellen
angebotene gefrierende Regen zu sein, da bei Höchstwerten um 5°C weder ein
gefrorener Boden noch ein ausreichender "Kalter Fuß" in der Temperaturschichtung
zu erwarten sind.

Mit dem Bodentrog frischt über dem Küstenumland auch der Wind auf, am Nachmittag
sind Böen der Stärke 7, in exponierten Lagen an den Küsten und insbesondere in
Schauernähe auch 8 Bft wahrscheinlich.

Im übrigen Land steigt der Luftdruck zögerlich an, der Schwerpunkt eines
kleinräumigen Hochs (INKEN) liegt am Abend über dem Südwesten, und der
Zwischenhocheinfluss gestaltet das Wetter bei Höchstwerten zwischen 2 und 7°C
insgesamt ruhig, was auch weitgehend trocken bedeutet und im Westen und
Nordwesten auch längere freundliche Abschnitte beinhaltet. Dauerfrostig ist es
allenfalls im Bergland.

In der Nacht zum Sonntag läuft von Norden her der Bodentrog gegen den steigenden
Luftdruck an und löst sich dabei auf. Anfangs kann dieser im Norden allerdings
noch ein paar Schauer (überwiegend Schnee) bringen, als Relikt überlebt bis zum
Morgen auf seiner Rückseite auch noch ein recht scharfer Gradient, so dass an
der Ostsee Böen Bft 7, eventuell auch Bft 8 zu erwarten sind. Eine über dem
Nordatlantik liegende großräumige und mehrkernige Tiefdruckkonstellation (Tiefs
EWALD und FLURIN) schiebt im Bereich einer schmaler werdenden Hochdruckbrücke
über Frankreich ein Frontensystem mit Warmfrontcharakter in den Südwesten. Damit
lebt vom Schwarzwald bis zu den Alpen (eventuell auch schon in der Südpfalz) in
der zweiten Nachthälfte, insbesondere aber zum Morgen die Niederschlagstätigkeit
wieder auf. Während im Allgäu durchaus 10 cm Neuschnee zusammenkommen können,
fällt der Niederschlag sonst anfangs meist als Schnee, aber die von -4°C auf 0°C
ansteigenden Temperaturen in 850 hPa und die ansteigenden 2m-Temperaturen sorgen
für einen raschen Übergang in Regen. Dabei ist auf den aus der Nacht gefrorenen
Böden durchaus vorübergehend auch gefrierender Regen denkbar. Vom windigen
Nordosten und niederschlagsaffinen Südwesten abgesehen bleibt es wettertechnisch
ruhig. Die Tiefstwerte liegen zwischen 0 und -6°C, über Schnee auch darunter,
mit entsprechender Glättegefahr.


Sonntag... verschiebt sich die Druck- und Geopotentialkonfiguration insgesamt
nach Osten. Über Deutschland steigt das Geopotential weiter an, und der
nordwestliche Kern des atlantischen Tiefdruckkomplexes erreicht zum Abend das
Seegebiet nördlich von Schottland. Entsprechend der Ostverlagerung kommt auch
die Warmfront weiter nach Nordosten voran, sie erreicht bis zum Abend etwa eine
Linie Elbmündung - Erzgebirge, allerdings wird sie von einem Hochkeil über Polen
und dem Süden Skandinaviens etwas eingebremst. Trotzdem setzt auch im Westen
Mecklenburgs und Brandenburgs und in Ostsachsen zum Abend Niederschlag ein.
Zumeist fällt Regen, in den Hochlagen der Mittelgebirge, in den Alpen und auch
im Nordwesten, wo die Kaltluft nicht so schnell ausgeräumt werden kann, auch
Schnee. Dabei kann sich vorübergehend eine dünne, matschige Schneedecke
ausbilden, die aber in den westlichen Mittelgebirgen mit den schnell
ansteigenden Temperaturen (T850 abends um +1°C im Westen, +2°C im Südwesten) und
der auf deutlich über 1000m ansteigenden Schneefallgrenze sowie dem damit in
Regen übergehenden Niederschlag wieder verschwindet. Nur in den östlichen
Mittelgebirgen und im Harz kann sich bis zum Abend in den Hochlagen der Schnee
halten, bevor es ihm dann dort in der Nacht an den Kragen geht. Ähnlich
gestaltet sich die Situation in den Alpen. Im Südwesten und Westen lassen die
Regenfälle im Tagesverlauf nach und die Bewölkung lockert etwas auf. Dann sind
in der milderen Luft entlang des Rheins auch wieder zweistellige Temperaturen
bis 14°C möglich. Sonst bleibt es kalt bei Werten zwischen 4°C in
Mecklenburg-Vorpommern und Südostbayern sowie 8°C im Münsterland und an den
Alpen. Da im Warmsektor der Druckgradient etwas "gedrückter" rüberkommt als
präfrontal, frischt mit der Front der Wind auf, und er bleibt auch postfrontal
lebhaft, was zumindest für die Hochlagen Böen der Stärke Bft 7 bis 8 bedeutet.
Das reicht aus "technischer" Sicht zwar für Schneeverwehungen, der nasse Schnee
dürfte aber kaum bereit sein, dem Kommando des Windes zu folgen.



In der Nacht zum Montag schwenkt der Rücken weiter nach Deutschland herein. Die
(erste) Warmfront erreicht die Ostsee und die Niederschläge gehen endgültig in
Regen über bzw. sie lassen postfrontal nach. Im äußersten Nordosten und in den
Hochlagen kann die Temperatur zu Beginn der Nacht noch kurz in den negativen
Bereich eintauchen, bevor sie rasch wieder positive Werte erreicht. Ansonsten
ist es allgemein frostfrei. Da sich das zentrale Tief innerhalb des
Tiefkomplexes bis zum Morgen auf unter 975 hPa vertieft und bis in den Bereich
Nordirland/Schottland zieht, verschärft sich auf seiner Südwestflanke der
Druckgradident zusehends. Damit wird der Wind im Westen wieder ein Thema, er
frischt im Nordwesten sowie in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen auf
mit steifen Böen im Tiefland und stürmischen Böen sowie Sturmböen im oberen
Bergland. An der Nordsee stehen steife bis stürmische Böen auf dem Programm.
Dabei erfasst uns in der zweiten Nachthälfte von Westen bereits die nächste
Warmfront mit neuerlichem Regen, der bis zum Morgen etwa eine Linie Lübecker
Bucht - Oberrhein erreicht. Mit der Front wird eine nochmal deutlich mildere
Luft herangeführt, im Westen und Südwesten steigen die 850-hPa-Temperaturen auf
5 bis 8 Grad an.

Montag... und in der Nacht zum Dienstag zieht der Tiefkomplex von Schottland
nach Südskandinavien. Nachfolgend greift ein Langwellentrog von Westen her auf
Deutschland über, dessen Achse in der Nacht Frankreich erreicht. Auf der
Südflanke des Tiefs bleibt der Druckgradient sowohl am Tage wie auch in der
Nacht sehr scharf geschnitten. Das bedeutet - abgesehen vielleicht von den
Gebieten südlich der Donau - bis in tiefe Lagen steife und stürmische Böen Bft
7-8. Im Nordwesten und in den Hochlagen geht's beim Wind noch etwas zackiger zu.
Dort sind auch Sturmböen und schwere Sturmböen Bft 9-10 möglich, auf exponierten
Gipfeln sogar noch etwas mehr, der Brocken schafft laut der Modelle mit Bft 12
die volle Orkanstärke. Betrachtet man die 850er Temperaturen, so befinden wir
uns durchgängig im Warmsektor der Sturmtiefs. Die für die Frontenanalyse
relevantere Theta-Karte zeigt hingegen eine mittags um 12 UTC teilokkludiertes
Frontensystem, bei dem die Kaltfront den Nordwesten erreicht. Diese zunehmend
okkludierende Front überquert uns von West nach Ost, wobei sie im Süden zu
schleifen, je nach Modell sogar zu wellen beginnt. In ihrem Bereich soll es dann
nicht nur zu kräftigen Regenfällen kommen (Stark- / Dauerregenwarnungen?),
sondern es nimmt auch die Scherung auf mäßige bis starke Beträge zu und
nachmittags entwickelt sich im Nordwesten und im Südwesten an der Front etwas
Cape, so dass auch Gewitter möglich sind. Diese haben bei 850-hPa-Mittelwinden
zwischen 50 und 60 kt vor allem bezüglich Wind ein gewisses Gefahrenpotential,
denn es sind durchaus schwere Sturmböen möglich. Wettermäßig ist es im
Warmsektor in Süddeutschland nicht unfreundlich mit einer Mischung aus Sonne und
Wolken und am Alpenrand macht sich leichter Föhn durch viel Sonne bemerkbar.
Nach Norden und Westen hin überwiegen die Wolken und zeitweise regnet es.
Bemerkenswert sind aber auch noch die Höchstwerte: Sie sind durchweg zweistellig
und erreichen am Oberrhein und im föhnigen Alpenvorland Werte bis zu 22°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren insgesamt recht ähnlich. GFS lässt die Front morgen
rascher nach Nordosten vorankommen als ICON oder IFS. Um die Frontenlage und die
Niederschlagsschwerpunkte am Montag wird auch noch gefeilscht. Aber dies sind
Unterschiede, die nicht aus dem Rahmen fallen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas