DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-03-2023 09:01
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.03.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W s

An der Luftmassengrenze teils Dauerregen, nördlich davon auch kräftige
Schneefälle möglich (Nacht zu Samstag). Im Süden starker bis stürmischer Wind.
Vor allem in der Nacht zum Samstag mit Passage des Bodentroges Sturmlage über
der Mitte und dem Süden.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... setzt sich die Westlage der vergangenen Tage mit einer scharfen
Luftmassengrenze über Deutschland fort. Auf der Vorderseite eines Sturmtiefs bei
Irland kann sich über Westeuropa vorübergehend ein flacher Rücken aufwölben, der
ostwärts vorankommt und mit leichtem Absinken die Wetteraktivität an der
Luftmassengrenze vorübergehend abschwächt.
Sie bleibet aber, eingebettet in eine zonale Tiefdruckrinne, in etwa vom
Münsterland über dem Harz bis zur Niederlausitz liegen, nur lassen die
Niederschläge an ihr deutlich nach. Das betrifft auch die Schneefälle zwischen
Wendland und Oder, die im Laufe des Vormittags abklingen, bzw. mit
tagesgangbedingter Erwärmung in leichten Regen oder Sprühregen übergehen.

Es bleibt über der breiten Mitte größtenteils stark bewölkt oder trüb.

Auch die sich südwärts anschließenden schauerartigen Regenfällen lassen nur
vorübergehend nach. Sie leben nachmittags über der Mitte von Westen wieder auf,
was mit Warmluftadvektion zusammenhängt, die über den Keil ostwärts ausgreift.
Der Druckgradient an der Südseite der Rinne ist zunächst recht groß, sodass es
zunächst zu steifen bis stürmischen Böen, im Bergland zu Sturmböen, exponiert im
Südosten zu schweren Sturmböen kommt. Allerdings fächert im Tagesverlauf der
Gradient deutlich auf und der Wind lässt nach, sodass zum Abend kaum mehr
Warnungen nötig sein dürften.

Bei guter Durchmischung werden in der sehr milden Meeresluft (+5°C in 850 hPa)
südlich des Mains Höchsttemperaturen von 10 bis 15, ganz im Süden, wo die
Bewölkung aufreißt und die Sonne hilft, teils bis 17°C erreicht.

Auch ganz im Norden gibt es Auflockerungen, es bleibt in trockenkalter Luft aber
niederschlagsfrei. Die Werte in der Kaltluft liegen aber fast -10°C in 850 hPa,
was in Maxima von 2 bis 6°C im Norden mündet, bei schwachen östlichen Wind.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der flache Rücken über uns hinweg und wir
gelangen rasch auf die Vorderseite eines neuen, scharf konturierten
Kurzwellentroges, der ausgangs der Nacht knapp westlich von uns liegt. Auf
dessen Rückseite
findet ein massiver Warmluftvorstoß statt, weshalb dieser an Kontur verliert,
allerdings folgt rasch ein nächster Kurzwellentrog über die Nordsee, der das
nach Norddeutschland ausweitende Tief weiter stützt.
Aufgrund des noch immer warmen Tiefkerns und sehr gut ausgeprägt scharfen
Gradienten an der Rückseite nimmt es teilweise Eigenschaften einer
Shapiro-Keyser Zyklone an.

Damit greifen neue Niederschläge ostwärts aus. Da der Warmluftvorstoß weiter
nordwärts ausgreift und die 0 Grad Isotherme in 850 hPa die Norddeutsche
Tiefebene erreicht, fallen die Niederschläge - auch in der Rinne an der
Mittelgebirgsschwelle - als Regen. Hier sind gebietsweise, vor allem Richtung
Nordwesten sowie in Staulagen über der Mitte und des Südwesten 10 bis 20 l/qm in
12 Stunden zu erwarten. Vor allem im Sauerland sind damit weiterhin
Abflussmengen im warnwürdigen Bereich möglich. Die feste Phase findet sich erst
weiter nördlich, wahrscheinlich nur in einem relativ schmalen Streifen vom
Emsland bis ins nördliche Brandenburg. Die Mengen bleiben im gelben Bereich, ca.
1 bis 5 cm.
Unmittelbar in Küstennähe bleibt es noch größtenteils trocken.

Im großen Rest des Landes bleibt es frostfrei und regnerisch. Nur in den
Südosten Bayerns schafft es der Regen bis zum Morgen noch nicht. Vor allem im
Südwesten Deutschlands sind die Regenfälle wieder schauerartig verstärkt. Da die
Schichtung weiter einigermaßen labil bleibt, sind in der zweiten Nachthälfte mit
dynamischer Unterstützung des Troges einzelne Gewitter möglich.

Während der Nordostwind auf der kalten Seite mit Annäherung des Tiefs etwas
zunimmt und auf den Ostfriesischen Inseln knapp Warnschwellen Bft 7 erreicht,
frischt er in der milden Südhälfte wieder auf. Dort fokussieren sich warnwürdige
Böen, Bft 7 bis 8, exponiert 9 bis 10, in den Nachtstunden auf das höhere
Bergland.


Freitag... schwenkt der erste Trog über Deutschland ostwärts, der nächste folgt
zum Nachmittag über die Nordsee. Das Tief, etwas rinnenartig in die Länge
gezogen, legt sich mit einem Druck von knapp unter 990 hPa Norddeutschland.

An der Nordflanke des Tiefs kommt es zu länger anhaltenden und durchaus
kräftigen Niederschlägen mit etwa 5 bis 10 l/qm binnen 12h. Diese fallen vom
Norden Niedersachsens über Schleswig-Holstein hinweg bis nach
Mecklenburg-Vorpommern meist als Schnee. Tagsüber kommt es wegen der
Durchmischung und diffuser Strahlung kaum zu einer Schneeakkumulation, eher nur
zu etwas Schneematsch.

An der Südflanke des Tiefs kommt es vor allem PVA getriggert zu weiteren
schauerartig verstärkten Regenfällen. Vor allem über der Landesmitte wird auch
etwas ML CAPE simuliert, sodass erneut vereinzelte Gewitter, eventuell mit
Sturmböen nicht ausgeschlossen sind.
Dabei frischt der Wind zunächst im Süden durch einen Bodentrog weiter auf mit
ersten steifen bis stürmischen Böen und vermehrten Sturmböen im Bergland. Eine
weitere Windzunahme steht dann ab den Nachmittagsstunden in der Südwesthälfte
an, wenn sich die Rückseite des Tiefs mit dem starken Gradienten nähert. Dann
sind vermehrt stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen in tiefen Lagen und teils
schwere Sturmböen im Bergland möglich, auf exponierten Gipfeln kann es zu
Orkanböen reichen.
Beginnend ab dem Nachmittag sickert im Zuge einer thermisch eher diffusen
Kaltfront wieder kältere Luft von Westen ein.
Zuvor werden Höchstwerte von 8 bis 15 Grad erreicht, ganz im Norden bei
Dauerschneefall wenig über 0 Grad.

In der Nacht zum Samstag greift von Nordwesten kräftige Kaltluftadvektion auf
Deutschland über, womit der über Deutschland ostwärts ziehende Trog gestützt
wird und sich nach Süden ausweiten kann. Der Norden gelangt dabei in den Bereich
mit höhenkalter Luft mit T500 unter -30 Grad. Auch niedertroposphärisch setzt
sich die Abkühlung südostwärts fort. So erreicht die -5 Grad Isotherme bis zum
Morgen den Alpenrand, die -10 Grad erreicht die Mittelgebirgsschwelle. Bodennah
verabschiedet sich das Sturmtief langsam nach Westpolen und der Druck steigt
kräftig an.

An dem mit scharfem Druckgradienten ausgestatteten Bodentrog, der über der Mitte
und dem Süden nach Osten schwenkt, kommt es verbreitet zu stürmischen Böen bis
Sturmböen, Bft 8 bis 9, im höheren Bergland zu schweren Sturmböen, nach Süden
hin auf einigen Gipfel zu Orkanböen. Die Windentwicklung an der Nordflanke des
Tief ist deutlich schwächer, nur an den Küsten reicht es zu steifen, vereinzelt
stürmischen Böen bei auf Nordwest bis Nord drehendem Wind.
Verbunden mit dem Bodentrog und rumgeholten Okklusion ziehen kräftige
Niederschläge, dann meist Schnee, vor allem über die Mitte nach Osten. Sie
bringen in einem Streifen von Niedersachsen bis nach Brandenburg Schneeanteile
von 10 bis 15 l/qm, alles wird nicht liegen bleiben, einige (5 bis 10?) cm
können sich aber ansammeln. Ansonsten bleiben die Niederschläge weniger kräftig
und es gibt lediglich im Bergland, vor allem an den Alpen nennenswerten
Neuschnee. Im Allgäu sind kräftige Schneefälle mit markanten Mengen nicht
ausgeschlossen. Dabei wäre im Bergland, mit einer gewissen Höhenstufe, auch über
Schneeverwehungen nachzudenken.

Insgesamt ziehen sich Sturm und Niederschläge im Laufe der Nacht in den Osten
und zu den Alpen zurück.

Bis zum Morgen wird mit 0 bis -5 Grad wieder verbreitet leichter Frost Einzug
halten, was dann auch Glätte durch gefrierende Nässe auf den Plan bringt.


Samstag... liegen wir zwischen einem flachen Rücken über Westeuropa und dem
großen Höhentrogkomplex über dem Nordmeer und Skandinavien in einer
nordwestlichen Höhenströmung mit der der Kurzwellentrog nach Osten
herausgesteuert wird. Das Bodentief entfernt sich nach Weißrussland und von
Westen her schiebt sich ein flaches Zwischenhoch nach Deutschland mit
Schwerpunkt über Süddeutschland. Es beschert uns in weiten Teilen ruhiges und
recht freundliches Spätwinterwetter.
Über den Osten ziehen die Schneefälle bis zu den Mittagsstunden weitgehend ab,
die Glätte entspannt sich aber mit dem Tagesgang, auch wenn dieser in der kalten
Luft sehr gedämpft ausfällt.
In Staulagen der Mittelgebirge, besonders aber an den Alpen sind die Schneefälle
etwas kräftiger mit einigen, wenigen cm Neuschnee.
Vor allem im Norden kommen die Niederschläge (Schneeschauer) nicht ganz zum
Erliegen, da nochmal ein flacher Bodentrog folgt. Dieser sorgt auch dafür, dass
der Wind im Norden am Leben erhalten wird und von den Küsten bis ins Binnenland
hinein Windböen, 7 Bft auftreten und an den Küsten auch einzelne stürmische
Böen. Sonst ist der Tag geprägt vom Abzug des Sturmfeldes und rasch
nachlassendem Wind, vor allem anfangs sind nach Osten hin noch Windböen, im
Bergland Sturmböen möglich.
In der Meereskaltluft arktischen Ursprungs (T850 hPa bis -10°C) liegen die
Höchstwerte landesweit nur noch bei 3 bis 8 Grad.

In der Nacht zum Sonntag geht der Zwischenhocheinfluss schnell zu Ende, da von
Westen rasch eine Warmfront übergreift. In deren Vorfeld erfasst uns
Warmluftadvektion, die in der Westhälfte starke Bewölkung bringt. Ob
Niederschläge und in welcher Phase auftreten, wird von den Modellen sehr
unterschiedlich beurteilt. Schnee und Glätte wären aber anfangs nicht
ausgeschlossen. Über der Osthälfte bleibt es noch bei teils geringer Bewölkung
niederschlagsfrei bei leichtem Frost, während es in den westdeutschen
Niederungen teilweise frostfrei bleibt.
Der Wind spielt keine große Rolle. Während sich die letzten kräftigen Böen an
der vorpommerschen Küste verabschieden, frischt der auf südliche Richtungen
drehende Wind im Westen wieder auf.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren die Grenzlage mit einigen Unschärfen im Detail. Die
Entwicklung im groben Maßstab wird aber ähnlich simuliert und auch was das
Shapiro Keyser ähnliche Tief am Freitag angeht, haben sich die Modelle
angenähert. Der Höhenpunkt der Wind- bzw. Sturmentwicklung dürfte im Zeitraum
von Freitagabend bis in die Nacht zum Samstag fallen. Dann sind über
Norddeutschland auch nochmal kräftige Schneefälle möglich. Nach Unwetter sieht
es derzeit nicht aus, weder durch Sturm, noch durch die Niederschläge.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner