DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-03-2023 09:30
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 07.03.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Ws
Grenzwetterlage mit gebietsweise kräftigen und länger andauernden
Niederschlägen, teils bis in tiefe Lagen als Schnee. Im Norden Durchzug eines
Sturmfeldes. Am Südrand der Luftmassengrenze ebenfalls teils markante Böen. Am
Donnerstag Wetterberuhigung, ab der Nacht auf Freitag Ausbildung der
Luftmassengrenze über dem Norden mit neuerlichen Schneefällen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines breiten Troges in
einer zonal ausgerichteten westlichen Höhenströmung. Auf der Vorderseite der
Haupttrogachse zieht derzeit ein Sturmtief von Dänemark über das Kattegat bis
nach Südschweden. Sein Frontensystem beeinflusst die Nordhälfte Deutschlands.
Seine Kaltfront zieht derzeit nach Polen ab und bringt den Regionen an der
Grenze zu Polen noch etwas Schnee.

Das Tief ist ganz stattlich aufgestellt, mit einem Kerndruck von unter 980 hPa.
Im Wasserdampfbild lässt sich zudem ein kleinräumiger Trockeinschub erkennen,
der auf ein Absinken trockener Stratosphärenluft hindeutet.
An der Südflanke des Tiefs hat der Wind bereits aus der Nacht heraus im
Nordseeumfeld stürmisch aufgelebt. Auf den Nordfriesen sind schwere Sturmböen
und vereinzelt exponiert auch orkanartige Böen aufgetreten. Das Sturmfeld wird
nun im Laufe des Vormittages auf den Nordosten übergreifen. Der Wind in 850 hPa
erreicht Werte bis lokal 65 kn. Mit der einfließenden Höhenkaltluft unter -35
Grad sind auch stärkere vertikale Umlagerungen in Form von Schnee- und
Graupelschauern verbunden. Vielleicht reicht es auch mal für einen Blitz.

Mit der Konvektion können die Höhenwinde auch bis in tiefe Lagen gemischt
werden. Entsprechend prognostiziert das ID2 EPS Wahrscheinlichkeiten für
markante Böen ist an die Grenze von Brandenburg. Im nördlichen Binnenland sind
den Wahrscheinlichkeiten folgend Sturmböen wahrscheinlich und einzelne schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen. Direkt an der Küste sind die schweren Sturmböen
wahrscheinlich. Auf Fehmarn, dem Darß und Rügen kann es auch orkanartige Böen
geben. Das Starkwindfeld zieht rasch ostwärts über den Norden hinweg. Damit
lässt bereits am Mittag die Böigkeit an der Nordsee nach und im Laufe des
Nachmittags dann auch über dem Nordosten.

Die Kaltfront des Tiefs kann im Tagesverlauf kaum noch Boden in südliche
Richtung gut machen. Das liegt an der stromaufwärtigen Entwicklung mit einem
kräftigen Tief über dem nahen Ostatlantik. Dieses Tief verhindert ein weiteres
Vorankommen. Das Tief nimmt allmählich Verbindung zum langsam nordostwärts
ziehenden Sturmtief auf. Zwischen beiden Tiefs entwickelt sich eine zonal
orientierte Bodentiefdruckrinne, in die die Luftmassengrenze eingelagert ist.

Im Bereich der Luftmassengrenze sorgen konvergente Luftströmungen in der unteren
und mittleren Troposphäre (Boden bis 850 hPa) für persistente Hebung und damit
länger andauernde Niederschläge. Zunächst liegt die Schneefallgrenze bei etwa
400 m, während bei 2 Grad Feuchttemperatur in tiefen Lagen noch Regen fällt. Im
Tagesverlauf sinkt mit Verstärkung der Luftmassengrenze und Intensivierung der
Niederschläge die Schneefallgrenze bis in tiefe Lagen. Schön verfolgen kann man
dies über die Entwicklung der prognostizierten Feuchttemperatur. Das zunächst
über der westlichen Mitte die Schneefallgrenze sinkt, lässt sich gut über die
Höhenwinde nachvollziehen (Boden bis etwa 850 hPa). Diese lassen eben zunächst
im Westen und erst später nach Osten nach. Niederschlagsabkühlung in Kombination
mit nachlassender Durchmischung sorgen für den Übergang in Schnee bis ins
Tiefland.

In tiefen Lagen dürfte es noch ein wenig dauern, ehe der Schnee auch am Boden
akkumuliert, da zunächst die Beläge im positiven Bereich liegen. Im Laufe des
Nachmittags dürfte es dann aber allmählich losgehen. Zunächst von Ostwestfalen
und das südliche Niedersachsen bzw. Nordhessen, später im Lauf des Abends auch
über Thüringen und Sachsen-Anhalt und bis nach Südbrandenburg und Sachsen
ausgreifend. Ob der Schnee liegen bleibt sollte man nicht an der Belagsprognose
des Metro Modells orientieren. Die vorhergesagten Beläge sind in Verbindung mit
Niederschlagsereignissen meist 1 bis 2 Grad zu hoch. Es empfiehlt sich eher auf
die 5 cm Temperaturen zu achten. Diese scheinen eine realistischere Einschätzung
abzugeben, was man auch an der prognostizierten Änderung der Gesamtschneehöhe
sehen kann.

In der Nacht auf den Mittwoch rutscht die LMG noch ein wenig nach Süden und wird
sich dann vom südlichen NRW/nördlichen Rheinland-Pfalz quer über die Mitte von
Thüringen bis nach Sachsen erstrecken. In diesem Streifen ist mit der Ausbildung
einer dünnen Schneedecke bis in tiefe Lagen zu rechnen (Ballungsregionen wie das
Rhein-Main Gebiet mal außen vorgelassen, dort bestehen noch Fragezeichen |
Nowcasting 5 cm Temperaturen bzw. Messungen Belagstemperaturen). Mit Blick auf
die verschiedenen Modelle deutet sich für tiefe Lagen am ehesten in einem
Streifen von Nordhessen über Thüringen bis ins südliche Sachsen-Anhalt und nach
Sachsen eine Region an, wo auch etwas mehr Schnee zusammenkommen kann (5 bis
örtlich 10 cm). Im höheren Bergland sind es allgemein 5 bis 10 cm. Im
Rothaargebirge können durchaus auch 10 bis 15 cm, in markanten Staulagen auch
bis 20 cm bis Mittwochmorgen fallen. Dies wird auch für die Eifel angedeutet.

Der Wind frischt an der Südflanke der Luftmassengrenze im Tagesverlauf auf und
weht in tiefen Lagen stark, teils auch stürmisch und lässt in der Nacht auf
Mittwoch langsam nach. Im höheren Bergland sind Sturmböen, exponiert auf Gipfeln
auch schwere Sturmböen zu erwarten.

Im Norden bleibt es in der Nacht mit der Höhenkaltluft bei weiteren Schauern,
insbesondere im Küstenumfeld. Daneben gibt es auch größere Auflockerungen und
entsprechend Frost. Damit besteh auch gebietsweise Glättegefahr durch Schnee
oder Überfrieren. An der Vorpommerschen Ostseeküste gibt es letzte Sturmböen,
die dann aber auch rasch nachlassen.



Mittwoch... intensiviert sich die Luftmassengrenze von Westen her erneut. Grund
dafür ist ein Wellentief, dass entlang der Luftmassengrenze ostwärts zieht.
Damit zeigen die verschiedenen Modelle eine Intensivierung der Niederschläge im
Vormittagsverlauf im Westen und nachfolgend auch über der östlichen Mitte. Die
exakte Lage der intensivsten Niederschläge weist noch gewisse Unterschiede auf.
Insgesamt haben sich die Modelle aber schon ganz gut angenähert. Am intensivsten
dürften die Niederschläge vom Rheinland-Pfalz und dem südlichen NRW über Hessen,
Thüringen und das nördliche Bayern bis nach Sachsen ausfallen. Etwa ab dem Main
dürfte meist Schnee bis in tiefe Lagen fallen (südlich davon Regen). Ob es auch
in den Ballungszentren in Rhein-Main für die Ausbildung eine Schneedecke reicht
ist noch unsicher und hängt auch von der genauen Lage der intensivsten
Niederschläge ab. Nördlich des Main dürfte aber recht sicher Schnee fallen.
In der Nacht auf Donnerstag folgt ein weiteres Wellentief nach, sodass die
Luftmassengrenze aktiv bleibt. Insgesamt dürfte der Verlauf dann ein wenig
weiter nördlich sein und von der Eifel über Mittelhessen und Thüringen sich bis
nach (Süd)westsachsen erstrecken.

Im intensivsten Streifen können 5 bis 10 cm an Neuschnee in 24 h bis in tiefe
Lagen fallen, in Staulagen des Berglandes sind auch um 20 cm in 24 h möglich.

Weiter nach Süden fällt länger andauernder Regen, der sich in den Nachtstunden
auf Donnerstag noch intensiviert. Dann sind mit zunehmender Labilisierung und
Feuchtigkeit konvektive Verstärkungen und Warmluftgewitter zu erwarten. Den
Warmluftvorstoß kann man auch gut an den Minima sehen, die am Oberrhein kaum
unter 10 Grad besteht die Option sinken. Mit den konvektiven Verstärkungen sind
teils auch größere Regenmengen möglich. In Staulagen des Schwarzwalds besteht
die Möglichkeit der Überschreitung von Dauerregenschwellen.

Im Norden gibt es tagsüber noch ein paar Kaltluftgraupel- oder Schneeschauer. In
der Nacht auf Donnerstag zieht die Höhenkaltluft vollends ab und es bleibt oft
trocken. Dort ausgreifend bis zur Luftmassengrenze gibt es leichten, bei
längeren Aufklaren auch mäßigen Nachtfrost.

Bleibt noch der Wind. Diese lebt im Tagesverlauf südlich der Luftmassengrenze
wieder stark bis stürmisch auf. Im Bergland gibt es Sturmböen, exponiert auch
schwere Sturmböen, auf Bergen orkanartige Böen. Nachts lässt der Wind in tiefen
Lagen etwas nach. Es bleibt aber bei starken Böen, in anfälligen Lagen auch
stürmische Böen (Rheinland-Pfalz /Saarland). Im höheren Bergland bleibt es bei
Sturm, exponiert schwer, auf den Bergen bis hin zu Orkanböen. In etwa nördlich
des Mains ist der Wind deutlich schwächer, im Norden kaum spürbar.


Donnerstag... zieht das letzte Wellentief über die Mitte des Landes ostwärts aus
Deutschland ab. Am Vormittag fällt über der östlichen Mitte noch etwas Schnee
(wenige Zentimeter), nach Süden regnet es. Im Tagesverlauf setzt dann
Wetterberuhigung ein und die Niederschläge lassen nach. Über der südlichen Mitte
fällt bis nach Südostbayern noch etwas Regen.

Im weiteren Tagesverlauf gelangt Deutschland auf die Vorderseite eines nach
Irland ziehenden kräftigen Tiefdruckgebiets. Auf seiner Vorderseite setzt
kräftige WLA ein, die auf den Westen und Nordwesten übergreift. Mit dieser
Entwicklung wird auch die 0 Grad Isotherme langsam nordwärts verschoben.
Ausgangs der Nacht auf den Freitag soll diese dann von den ostfriesischen Inseln
bis zur Lausitz reichen. Bezüglich der genauen Orientierung gibt es zwischen den
Modellen noch gewisse Unterscheide.

Im Zuge der WLA setzt im Tagesverlauf im Westen und Nordwesten Regen ein, der
sich über die Mitte in der Nacht über den ganzen Norden ausweitet. Im Bereich
der Luftmassengrenze fällt dann wieder Schnee. Es ist noch unsicher, wie
ertragreich die Schneeniederschläge sind. Die deutsche Modellkette bringt nur
wenige Zentimeter Neuschnee. Das ECMWF ist da deutlich aggressiver und simuliert
zum Teil auch über 5 cm in 12 h bis Freitagmorgen.

Der Wind ist tagsüber lebhaft mit starken bis stürmischen Böen im Süden sowie
Sturmböen in höheren Lagen (exponiert Bft 11/12). Bis zum Abend lässt der Wind
deutlich nach. Nachts gibt es dann nur noch auf den Bergen markante Böen.
Gleichzeitig frischt der Ostwind an der Nordsee etwas auf (Bft6/7).

Bei den Temperaturen gibt es eine große Spanne. Am Oberrhein werden tagsüber 15
Grad erreicht und auch nachts gehen die Werte nur wenig unter 10 Grad zurück. Im
Osten und Norden liegen die Maxima um 5 Grad und im Norden und Osten gibt es
nachts leichten Frost und gebietsweise auch Glätte.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen in der gesamten Kurzfrist ein recht einheitliches Bild.
Unsicher wird es, wenn man mehr ins Detail schaut. Das betrifft zum einen die
Luftmassengrenze am Mittwoch und wie weit südlich (RMG ja/nein?!) eine
Schneedecke zu erwarten ist. Auf für die Nacht auf Freitag gibt es mit der LMG
dann in Norden noch Fragezeichen bezüglich der genauen Orientierung und Stärke.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer