DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-03-2023 10:30
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 06.03.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Südliche Westlage
Morgen im Norden Sturm, im Bergland teils markante Schneefälle. Am Mittwoch im
Süden aufkommender Dauerregen, zur Mitte hin teils wieder Schneefälle. Dann ganz
im Süden Sturmgefahr.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Am heutigen Montag... befindet sich ein umfangreicher Langwellentrog mit
mehreren eingelagerten Höhentiefs über weiten Teilen Nordeuropas. Über diesen
Regionen befindet sich auch flächendeckend hochreichende Kaltluft. Ein Höhenkeil
erstreckt sich dagegen auf den Atlantik westlich der Biskaya bis nach Grönland
hoch, wobei dieser südwestlich von Irland von einem Höhentief
auseinandergetrennt wird. Bodennah sticht vor allem das kräftige Hoch über
Grönland ins Auge, während weite Teile Europas von Tiefdruckeinfluss bei
insgesamt nur geringen Druckgegensätzen geprägt sind.

Aktuell liegt eine Luftmassengrenze über dem Norden Deutschlands, die kalte
polare Meeresluft (-8°C in 850 hPa) im Norden von etwas milderer Luft im Süden
trennt, wobei eine deutliche Milderung erst im Alpenraum zu sehen ist. Diese
Luftmasse kommt rückseitig einer flachen Welle als Kaltfront bis zur nördlichen
Mitte voran und bleibt dort stationär. An ihr kommt es im Tagesverlauf
wiederholt zu Schneefällen, in tiefen Lagen Nassschnee oder auch mal Schneeregen
oder Schnee. Tagsüber dürfte sich in Lagen unterhalb 400 bis 600 m kaum Schnee
akkumulieren, darüber (das betrifft vor allem den Harz) können es auch mal bis
zu 5 cm sein. Darunter kann es allenfalls mal etwas Schneematsch geben. Auch
südlich davon kann es etwas Niederschlag geben, so dass auch im Thüringer Wald
und Erzgebirge in höheren Lagen einige Zentimeter Neuschnee erwartet werden
können.

In den übrigen Regionen gibt es abgesehen von einzelnen Schauern an der Ostsee
meist nur leichte Niederschläge, es ist aber vielfach trüb. Die Chancen auf
etwas Sonne stehen am besten im Ostseeumfeld und ganz im Süden. Das
Temperaturniveau tagsüber ist ziemlich verhalten, so erreichen die Höchstwerte
in den Schneefallgebieten der nördlichen Mitte sowie in den höheren zentralen
Mittelgebirgen nur knapp über 0°C, bis zu 7°C werden am Oberrhein erreicht.

Der Blick richtet sich aber bereits tagsüber in die Region nördlich Schottlands,
wo ein Trog am Rande des Langwellentroges südwärts schwenkt und durch kräftige
PVA eine Zyklogenese in der Nordsee südwestlich von Norwegen in Gang setzt. Das
daraus resultierende Sturmtief sorgt dafür, dass der zunächst nur schwach um
West wehende Wind am Abend über der Deutschen Bucht auf Süd rückdreht und
auffrischt.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt zum einen ein Troganteil weiter westlich über
den Britischen Inseln südwärts, während ein weiterer über der Nordsee
südostwärts schwenkt. Letzterer steuert das Sturmtief (das den Namen Cornelius
trägt) in den Norden Jütlands. Das Sturmfeld dieses Tiefs, dessen Kerndruck am
Morgen auf 973 hPa sinken soll (nach ICON), ist recht klein und erreicht im
Wesentlichen die deutschen Küstengebiete und Schleswig-Holstein. Während es in
Ostfriesland, im Binnenland Schleswig-Holsteins und an der Ostsee meist nur
stürmische Böen aus Südwest, später Nordwest, geben soll, bekommen die
Nordseeküstenregionen von Dithmarschen nordwärts die volle Kraft des Sturmes zu
spüren mit Sturmböen bis schweren Sturmböen in der zweiten Nachthälfte. Vor
allem auf Sylt sind auch orkanartige Böen in exponierten Lagen nicht
ausgeschlossen. Auch im Binnenland Nordfrieslands kann es einzelne Sturmböen
geben.

Südlich von Hamburg ist von dem Sturm wenig zu spüren. Auch dort verstärkt sich
der Gradient und der Wind frischt etwas auf, stärker böig wird es aber nur im
oberen Bergland. Dort werden im Allgemeinen keine Windwarnungen nötig werden,
nur auf dem Brocken kann es stürmisch werden, gegen Morgen sind dort schwere
Sturmböen zu erwarten, auf dem Fichtelberg kann es gegen Morgen für Sturmböen
reichen.

Tief Cornelius hat natürlich auch ein Frontensystem, das rasch okkludiert und
als Okklusion mit Kaltfrontcharakter in der Nacht auf den Nordwesten übergreift.
Bis zum Morgen hat die Front schon Rügen erreicht, kommt aber nur wenig nach
Süden voran und schleift dann in der nördlichen Mitte. Aus der Front fällt
natürlich auch schauerartiger Niederschlag, im Nordwesten allgemein als Regen,
nach Nordosten hin (auch schon im Binnenland Schleswig-Holsteins) und im
Mittelgebirgsraum als nasser Schnee. Im Flachland reicht es wohl allgemein nur
für etwas Glätte durch Schneematsch, im Bergland (von der Eifel bis zum Harz)
darf dagegen ab 200 bis 400 m mit etwas Neuschneeauflage gerechnet werden, in
Höhenlagen ab etwa 600 m können auch durchaus um 5 cm Neuschnee zusammenkommen.

Richtung östliches Bergland kann es anfangs noch geringen Neuschnee geben,
dieser lässt aber in der Nacht nach. Allerdings sollen auch südlich der Front in
der zweiten Nachthälfte vom Saarland bis nach Oberfranken wieder Schneefälle
aufkommen, in tiefen Lagen als Nassschnee mit kaum Glättegefahr, in höheren
Lagen kann es glatt durch geringe Neuschneeauflagen werden. Ganz im Süden bleibt
es weitgehend trocken, dort kann es vor allem vom Schwarzwald bis ins
Alpenvorland auch mal Auflockerungen geben.

Die Temperatur geht allgemein auf Werte um den Gefrierpunkt zurück, was die
Schwierigkeiten bei Niederschlagsart und vor allem Glätteprognose verstärkt.
Deutlich milder mit bis zu +3°C bleibt es nur ganz im Westen, während wir im
zentralen Bergland mit Werten bis -3°C deutlich im Frostbereich landen.

Am Dienstag... zieht zwar der östliche der Kurzwellentröge ab und auf seiner
Rückseite sorgt Kaltluftadvektion im Norden Deutschlands für Absinken. Der
westliche Kurzwellentrog schwenkt dagegen über den Britischen Inseln weiter
südwärts und induziert an der schleifenden Front über der nördlichen Mitte
Deutschlands eine flache Welle, die am Vormittag auf den Niederrhein übergreifen
soll und am Nachmittag aus der Lausitz nach Polen abziehen soll.

Diese Welle soll an ihrem Südrand einen recht kräftigen Gradienten entwickeln,
so dass in einem breiten Streifen in der südlichen Mitte der Südwestwind kräftig
auffrischen soll mit verbreitet starken bis steifen Böen in Tieflagen und
steifen bis stürmischen Böen im Bergland. Das Bodentief Cornelius verlagert sich
im Tagesverlauf langsam nach Südschweden. Damit setzt an der Nordsee eine
Windabnahme ein, während an der Ostsee der von Südwest auf West drehende Wind
weiter zunimmt, so dass dort auch verbreitet stürmische Böen bis Sturmböen zu
erwarten sind, im Norden Rügens auch schwere Sturmböen. Steife Böen gibt es vor
allem noch von der Elbmündung bis nach Südvorpommern. In den übrigen Regionen
Norddeutschlands wird der Gradient auseinandergezogen, so dass dort der Wind
deutlich schwächer wird. Auch im Süden weht der westliche Wind zwar mäßig, aber
nicht warnwürdig.

Kommen wir zu den Niederschlägen: An der Welle setzten recht kräftige
Niederschläge ein, die auch rückseitig, wenn die Kaltfront etwa nach Süden
vorankommt, kaum nachlassen sollen. Bei Temperaturen zwischen -4°C und -6°C im
Frontbereich fällt im höheren Bergland durchwegs Schnee, der auch akkumuliert,
aber auch in den tieferen Lagen ist vielfach Nassschnee im Spiel, auch wenn dort
allenfalls mal vorübergehend etwas Glätte durch Matsch entstehen sollte und
Neuschneeakkumulation zumindest auf Straßen und Wegen nicht stattfinden sollte.
In Lagen ab 400 bis 600 m sieht es dagegen anders aus. Bei vor allem in NRW
teilweise simulierten 10 bis über 15 l/qm Niederschlag können dort sicherlich
vielfach 5 bis 10 cm Neuschnee fallen, im Bereich des Maximums des
Niederschlagsstreifens (also vor allem im Rothaargebirge oder auch wieder im
Harz) auch mal um 15 cm. Ganz im Norden gibt es einige wenige Schneeschauer. Im
Süden bleibt es allgemein trocken. Dort sowie ganz im Norden kann auch mal
länger die Sonne herauskommen, ansonsten macht sie sich rar.

Südlich der Welle steigen in milderer Luftmasse die Temperaturen auf bis zu 10°C
an, ganz im Norden sind es um 5°C. In den Dauerschneefällen werden auch im
Flachland kaum 2°C erreicht, im zentralen Bergland ab 600 m bleibt es mitunter
dauerfrostig.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der schon seit längerem beschriebene Randtrog
über den Britischen Inseln jetzt auch ostwärts über Deutschland hinweg. Nachdem
die Kaltfront am Abend etwas nach Süden vorangekommen ist, kommt in der Nacht
eine neue von diesem Trog induzierte Welle ins Spiel, die in der zweiten
Nachthälfte in etwas von der Eifel bis zum Vogtland zieht. Wenig überraschend
kommt es erneut zu einer Intensivierung der Niederschläge, und zwar nur wenig
südlich der bisher kräftigen Niederschläge, zumal der Schwerpunkt auf der kalten
Seite der Front fällt. So müssen grob in einem Streifen von der Eifel bis in die
Niederlausitz wieder gebietsweise mit 5 bis 10 l/qm Niederschlag gerechnet
werden. Bei einem Temperaturniveau von etwa -6 bis -8°C in 850 hPa kann im
Bergland oberhalb 200 bis 300 m mit Neuschneeakkumulation zwischen 5 und 10 cm
gerechnet werden, nur in den ganz tiefen Lagen gibt es teils nassen Neuschnee,
aber auch dort können sicherlich hier und da mal 5 cm zusammenkommen, so dass in
dem gesamten Streifen eine Schneefallwarnung nötig wird. Je nachdem wie stark
die beiden Wellen die gleichen Regionen mit Schneefällen treffen, kann man
insbesondere in Teilen des Süderberglands über eine länger (z.B. 24 Stunden)
gültige Schneefallwarnung mit Mengen bis 20 oder 25 cm ab 400 m nachdenken.

Hinzu kommt eine Warmfrontwelle, die sich von Westen her über Frankreich hinweg
verlagert. Auf deren Vorderseite kommt in der zweiten Nachthälfte auch noch von
Südwesten Niederschlag auf, der allerdings im milden Süden meist als Regen
fällt, etwas Schnee gibt es dort nur in höheren Lagen, bzw. an Nordrand, wo
anfangs noch etwas Nassschnee fallen kann.

Zum Wind bleibt zu sagen, dass das Tief Cornelius weiter nach Nordosten abzieht,
so dass im Laufe der Nacht der Wind an der Ostsee nachlässt, bei Nordwest aber
zumindest um Rügen herum noch bis in die zweite Nachthälfte der herum warnwürdig
bleibt. In die nördliche Mitte schiebt sich ein flacher Hochkeil, südlich der
Welle verstärkt sich dagegen der Gradient etwas, so dass es dort im Bergland
windig wird, insbesondere werden zunehmend Sturmböen in den
Schwarzwaldhöhenlagen erwartet.

Wolkenauflockerungen gibt es nur im Norden, dort kann es gebietsweise klar
werden und die Temperaturen sinken in den leichten Frostbereich. Unter den
Wolken bleibt es im Süden in tieferen Lagen meist frostfrei, ansonsten gibt es
dort in den mittleren Lagen sowie in der Mitte Deutschlands meist Werte um den
Gefrierpunkt.

Am Mittwoch... soll sich die oben erwähnte Warmfrontwelle über Süddeutschland
hinweg verlagern, auf ihrer Südflanke gelangt dabei deutlich mildere Luft in den
äußersten Süden des Landes. Eine weitere Warmfrontwelle, die sich
voraussichtlich stärker entwickelt, soll in der Nacht zum Donnerstag
hereinziehen. Die Entwicklung wird bezüglich der Stärke der Warmfrontwellen und
deren genauen Timings noch etwas unterschiedlich simuliert, vor allem wird aber
die Zugbahn noch recht unterschiedlich gesehen, bei IFS und UK10 mit
nördlicheren Zugbahnen als bei ICON und GFS. Deswegen soll hier auf eine
ausführliche Beschreibung der Lage vorerst verzichtet werden.

Pauschal lässt sich aber sagen, dass es sehr wahrscheinlich in Teilen
Süddeutschlands warnwürdige Dauerregenmengen geben wird, zudem kann es vor allem
in der Nacht zum Donnerstag an der Nordkante der Niederschlagsgebiete bis in
tiefe Lagen schneien, je nach genauer Entwicklung ist auch mal stärkerer
Schneefall mit Neuschneeakkumulation bis in tiefe Lagen möglich. Nach IFS könnte
es im Bergland auch gefrierenden Regen geben. Zudem kann es der Südflanke der
zweiten Warmfrontwelle einen starken Gradienten und Sturmböen bis ins Flachland
geben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis zum Dienstag zeigen die Modelle eine recht einheitliche Entwicklung. Die
Niederschlagsprognosen gleichen sich allmählich an, das Sturmfeld von Cornelius
ist ohnehin heute schon sehr einheitlich simuliert. Bezüglich der Entwicklung am
Mittwoch bestehen noch große Unsicherheiten, wie oben schon beschrieben wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann