DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-03-2023 18:30
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.03.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Dienstag im Norden Sturmböen, an der See teils schwere Sturmböen, vereinzelt
auch orkanartige Böen. In der Nacht zum Mittwoch an der See anfangs noch
Sturmböen. Über der Mitte im Bereich der Luftmassengrenze länger anhaltende
Regen- und Schneefälle. Dabei markante Neuschneemengen über 10 cm möglich!

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... Zwischen einem umfangreichen Höhentiefkomplex über Nordosteuropa und
einer Potentialbrücke, die sich von Grönland bis nach Spanien erstreckt, liegt
Deutschland auch in tieferen Schichten in einer nordwestlichen Strömung, die in
der Höhe zyklonal konturiert ist. Dabei ist im Nordosten und ganz im Norden
Polarluft mit Werten zwischen -8 und -10 Grad in 850 hPa wirksam. Ansonsten ist
etwas mildere und feuchtere Luft mit 850-hPa-Temperaturen zwischen -5 und -7
Grad wirksam. Im Grenzbereich zur milderen Luft sorgt eine wellende Kaltfront
von der Deutschen Bucht und vom Emsland bis nach Brandenburg für Niederschläge
in der Nacht, die vor allem nach Osten hin häufig in nassen Schnee übergehen. Je
nach Intensität und vor allem am Nordostrand des Niederschlagsgebietes ist die
Schneephase angesagt, wobei örtlich Glätte durch Schneematsch auftreten kann.
Die Neuschneemengen liegen aber auf jeden Fall maximal zwischen 2 und 4 cm und
dies auch nur örtlich. In der Mitte und im Süden überwiegt ebenfalls starke
Bewölkung (im nördlichen Mittelgebirgsraum ein Paar Lücken) und vereinzelt gibt
es vor allem in Staulagen etwas Sprühregen oder Schneegriesel. Glatt wird es
aber meist nur in Lagen ab 400 m, da bei guter Durchmischung die Temperaturen
dort knapp unter null Grad liegen und in tiefen Lagen meist etwas über null
Grad. Der Wind frischt abends auf den Ostfriesischen Inseln und am dortigen
Wattenmeer auf und bringt vorübergehend Böen Bft 7.

Montag ... setzt sich die zunehmend zyklonalere Nordwestlage fort. Die
großräumigen Akteure sind nach wie vor zu finden, nur dreht die Strömung bei uns
weiter nach West, da sich ein kräftiger Höhentrog von Nordwesten nähert und
abends Schottland erreicht. Er induziert über der Nordsee eine Zyklogenese,
wobei neben positiver Vorticityadvektion auch Warmluftadvektion beteiligt ist.
Das sich entwickelnde Tief verlagert sich bis zum Abend zum Seegebiet westlich
vom Skagerrak. Auf der Vorderseite des Tiefs frischt der Südwestwind zum Abend
auf mit ersten steifen Böen an der Nordsee. Auch auf dem Brocken legt der Wind
allmählich wieder zu und bringt dort später 8er Böen.
Die barokline Zone im Norden (schleifender Frontenzug) tritt etwas markanter in
Erscheinung und wird als Warmfront wieder nach Osten gesteuert. An der Luftmasse
in weiten Landesteilen ändert sich aber zunächst nicht viel, lediglich im
Nordosten und Süden steigen die Temperaturen in 850 hPa leicht an.
Die stärkste Hebung bleibt abseits von Deutschland, weiter sind es vorwiegend
kurzwellige Tröge, die etwas Hebung auslösen und gebietsweise schwache
Niederschläge zur Folge haben. Warmluftadvektion lässt dann erst abends an der
Nordsee und im Emsland die Niederschlagsneigung steigen. Die Schneefallgrenze
liegt tagsüber meist bei 300 bis 600m, aber selbst darüber sollte sich nur
vereinzelt etwas Schnee akkumulieren (am ehesten im Harz und im Rothaargebirge
mit 2 bis 7 cm). Die Niederschlagsmengen liegen meist nur zwischen 0,5 und 5
l/qm, in Staulagen bei 7 l/qm.
Auflockerungen sind zunächst auf die Küstengebiet und den äußersten Süden
beschränkt. Auch in den Leegebieten der Mittelgebirge kann es für ein paar
Wolkenlücken reichen. Die Tagestemperaturen ändern sich kaum und liegen zwischen
2 Grad im Erzgebirgsvorland und 7 Grad örtlich am Rhein. Im Bergland oberhalb
600 bis 700 m gibt es Werte um 0 Grad und in den Kammlagen Dauerfrost um -2
Grad.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Randtrog von Schottland nach Dänemark, ein
äußerer Troganteil bleibt über Nordirland hängen. Trogvorderseitig wird das Tief
nach Jütland gesteuert und vertieft sich in entwicklungsgünstiger Lage auf knapp
975 hPa. Die Zugbahn ist noch leicht unsicher. Dennoch dürfte das sich bildende
Sturmfeld den Norden, vor allem den Küstenbereich erfassen. Der Südwest- bis
Westwind frischt im Laufe der Nacht stark auf mit Sturmböen und einzelnen
schwere Sturmböen an der Nordsee und Sturmböen an der westlichen Ostsee. Etwas
ins Binnenland ausgreifend sind einzelne stürmische Böen möglich. Im höheren
Bergland kommt es vermehrt zu stürmischen Böen, auf dem Brocken zu Böen Bft 10
bis 11.
Mit der Kaltfront des Sturmtiefs, die zum Morgen den Nordwesten hinter sich
gelassen hat, intensivieren sich die Niederschläge. Im Norden, Westen und in der
Mitte sind bis etwa 5, in Staulagen 10 mm zu erwarten, wobei in Lagen oberhalb
von 300 bis 600m einige cm Neuschnee zu erwarten sind. Es schneit zwar zunächst
teils bis in tiefe Lagen, bei Werten um +1 Grad bleibt aber nicht viel liegen,
außer nach Osten und Südosten hin etwas Schneematsch.

Leichter Frost stellt sich bei anfänglichen Auflockerungen im Osten sowie im
höheren Bergland ein. Ansonsten bleibt es aufgrund der guten Durchmischung
weitgehend frostfrei.
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Dienstag ... zieht das Sturmtief unter leichter Vertiefdung auf etwa 973 hPa in
den Raum Gotland. An dessen Südflanke erreicht der Sturm am Vormittag seinen
Höhepunkt und lässt später von Westen her wieder nach. Im Norden kommt es zu
Windböen und bis weit ins Binnenland hinein zu stürmischen Böen oder Sturmböen.
An den Küsten sind schwere Sturmböen wahrscheinlich und ab dem Vormittag können
an der Ostseeküste exponiert orkanartige Böen auftreten.
Während ab Mittag an der Nordsee der Wind sich zu Sturmböen abschwächt, sind an
der Ostseeküste bis zum Abend noch schwere Sturmböen, auf Rügen auch noch
orkanartige Böen vorstellbar.
Die Kaltfront dieses Sturmtiefs greift zunächst rasch südwärts aus, später wird
sie knapp nördlich der Main-Linie unter Wellenbildung schleifend, wobei die
Frontalwelle am Nachmittag etwa die Eifel erreicht. Dabei verschärfen sich die
Temperaturgegensätze an ihr. Während in den Nordosten wieder ein Schwall
arktischer Kaltluft mit T850 von -10°C gelangt, steigen die Werte präfrontal im
Alpenvorland auf 0 Grad in 850 hPa.

Präfrontal frischt auch der Wind auf. Im Mittelgebirgsraum und südlich davon
können bis in tiefe Lagen Windböen und im Bergland stürmische Böen auftreten.
Auf höheren Berggipfeln muss mit Sturmböen Bft 9 (exponiert mit schweren
Sturmböen) gerechnet werden. Im Bereich der über der Mitte Deutschlands
schleifenden Front (streng genommen knapp nördlich der Front) intensivieren sich
die Niederschläge, wobei oberhalb von 300 bis 600 m zunehmend wieder Schnee
fällt. In den Staulagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge können
(>700m) 5 bis 10 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen. Bei
wahrscheinlich zunächst nassem Schnee ist die Verwehungsgefahr gering. Einige
Modelle zeigen sogar punktuell Neuschneemengen zwischen 10 und 15 cm in einem
schmalen Streifen vom südlichen Rothaargebirge bis zum Nordhessischen Bergland
(punktuell sogar noch etwas mehr Schnee (GFS bis 25 cm)).

Da im Norden höhenkalte Luft mit T500 fast -40°C folgt, wird die Schichtung
hochgradig labil. Aufgrund der milden Seeoberfläche folgt eine rege
Schauertätigkeit, wobei die Schauer als Schnee oder Graupel fallen. Durch den
Lake Effekt können kräftige Schneeschauer bis weit ins küstennahe Binnenland
hinein auftreten. Vereinzelt ist ein kurzes Graupelgewitter dabei.

Der nördlich Teil der Kaltfront, der in den Frühstunden den Norden und Nordosten
Deutschlands überquert, verdient aus konvektiven Gesichtspunkten Aufmerksamkeit.
Diese Gebiete gelangen unter den linken Ausgang des Jets und bei großer Scherung
und einem Einschub labiler Luft sind organisierte, bis rotierende Strukturen
durchaus vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit für Sturmböen, eventuell schwere
Sturmböen ist dort nochmal erhöht (bis 55 kt in 850 hPa).

Auflockerungen zeichnen sich bei rasch wechselnder Bewölkung im Norden und im
Süden, d.h. zwischen Schwarzwald, Inn und Alpen, ab. Im Bereich der schleifenden
Front bleibt die Wolkendecke dicht. Die Temperatur steigt auf 2 bis 7, im Süden
präfrontal bis 9 Grad. In den zentralen Mittelgebirgen oberhalb von 600 bis 700
m gibt es Werte um null Grad und weiter oben leichten Frost.

In der Nacht zu Mittwoch schleift die Luftmassengrenze über der Mitte, wobei an
ihr eine Frontalwelle nach Osten zieht. Die länger andauernden Niederschläge
fallen auf der kalten Seite bis ganz runter als Schnee, nach Süden oberhalb von
400 bis 800m. Auch in tiefen Lagen ist nördliche der Grenze die Bildung einer
Schneedecke möglich, im Bergland sind 5 bis 10, stellenweise 15 cm Neuschnee
möglich. Im Laufe der Nacht kommen auch im Süden leichte Regenfälle auf, in der
milderen Luft schneit es erst oberhalb von 800 bis 1000m. In der 2. Nachthälfte
kommt die Luftmassengrenze als Kaltfront bis zur Alp voran, so dass es dann im
nördlichen Baden-Württemberg und in Franken bis in tiefe Lagen schneien kann.
Ganz im Norden sind unter der höhenkalten Luft weitere Schnee- und
Graupelschauer sowie kurze Gewitter möglich, Dazwischen lockern die Wolken
zeitweise auf. Der Wind lässt im Norden weiter nach; vor allem an der Ostsee ist
es zunächst aber noch teilweise stürmisch. An der Südflanke der Welle frischt
der Wind nachts eher noch etwas auf mit stürmischen Böen oder Sturmböen auf
einigen Gipfeln.
Vor allem im Norden und im Bergland gibt es leichten Frost, sonst liegen die
Werte um 0°C oder leicht darüber.

Mittwoch ... zieht das Sturmtief ins Seegebiet vor Estland und seine Kaltfront
erreicht vorübergehend die Alpen, wird aber bald wieder rückläufig. Das liegt
daran, dass die nachfolgende Hochdruckbrücke mit ihrer Achse den Osten
Deutschlands erreicht und auf der Westseite die bodennahe Strömung auf Südost
zurückdreht. Damit kommt die mildere Luft über der Schweiz und Südostfrankreich
wieder nordwärts voran. So bringt anfangs die Kaltfront und später die Warmfront
im Süden starke Bewölkung. Zunächst fällt noch bis in tiefere Lagen etwas
Schnee. Zum Abend steigt dann im Südschwarzwald und in den Allgäuer Alpen auf
knapp 1500 m an, da in 850 hPa die Temperatur über null Grad ansteigt. Ansonsten
bleibt unter Zwischenhocheinfluss die eingeströmte Kaltluft mit
850-hPa-Temperaturen zwischen -5 und -10 Grad (Rügen) wetterbestimmend. Im
Norden und Osten fallen bei wechselnder Bewölkung mit Aufheiterungen noch
einzelne Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer. Bei Tagestemperaturen
zwischen 2 und 5 Grad, am Hochrhein auch 8 Grad ist nicht mit einer
Schneeakkumulation zu rechnen (außer im Schwarzwald und auf der Alb ab 600 m).
Der Wind weht anfangs an der See noch frisch mit steifen Böen. Sonst weht nur
ein schwacher bis mäßiger Wind. Gegen Abend frischt er im Südschwarzwald und in
den Alpen in den Hochlagen stürmische auf mit teils schweren Sturmböen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren zunächst ähnlich. Ab Dienstag gibt es im Bereich der
Luftmassengrenze Unterschiede bei der Lage der Front. Das wirkt sich auf die
Niederschlagsphase aus. Auf der kalten Seite ist bis in die Täler Schnee
möglich, teils größere Mengen. Südlich der Grenze fällt in tiefen Lagen Regen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden