DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-02-2023 08:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 26.02.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NE a - Zufuhr skandinavischer und zunehmend trockenerer Polarluft.

WIND:
Im Süden Baden-Württembergs stürmische Böen um 70 km/h (Bft 8). Im südwestlichen
Bergland je nach Höhe und Exposition Sturmböen Bft 8/9 (bis 85 km/h), auf dem
Feldberg schwere Sturmböen um 90 km/h (Bft 10) nicht ausgeschlossen. In der
Nacht zum Montag und zunächst auch am Montag anhaltende Windsituation. Ab dem
Nachmittag allmählich abflauend, danach nur noch auf exponierten Gipfeln
süddeutscher Mittelgebirge mit geringer Wahrscheinlichkeit stürmische Böen.

FROST:
In den Nächten und in den Frühstunden jeweils im Bergland über Schnee teils
strenger Frost (um -10 Grad)


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland unter einem Trog, der von der Barents-See über
Karelien südwestwärts nach Mittelfrankreich reicht. Als Gegenspieler hat sich
ein blockierendes Hoch mit Schwerpunkt knapp nördlich von Schottland etabliert.
Der Trog tropft im Tagesverlauf in Richtung Zentralmassiv aus. Hierdurch wird
über dem Golf von Genua eine Zyklogenese generiert, was im Tagesverlauf von
Südwesten her Druckfall und somit im Südwesten eine Bisenlage zur Folge hat. Im
Westen und Südwesten sowie in einigen Tälern der östlichen Mittelgebirge kommen
daher bis in tiefe Lagen Windböen Bft 7 auf, im südwestdeutschen Bergland und im
südlichen Baden-Württemberg sind stürmische Böen und exponiert Böen bis
Sturmstärke aus Nordost zu erwarten. Ansonsten ist der Wind, abgesehen
vielleicht von ein paar Windböen in exponierten Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge, nicht warnrelevant.
Die mehr auf Nordost drehende Strömung lässt im Zusammenspiel mit zunehmendem
antizyklonalen Einfluss die Schneefälle in den Staulagen der östlichen
Mittelgebirge und an den Alpen allmählich abklingen. Bis zum Abend können
jedoch, wenngleich mit nachlassender Tendenz, noch einmal um 5 (im östlichen
Bergland) und bis über 10 cm Neuschnee (an den Alpen) hinzukommen.
Abgesehen vom östlichen Bergland und vom Alpenrand setzen sich vermehrt
Auflockerungen, im Norden und Westen auch längere sonnige Abschnitte durch. Die
Temperaturen gehen gegenüber den Vortagen noch etwas zurück. Meist sind 0 bis 4
Grad zu erwarten, in Rheinnähe und ganz im Nordwesten werden bis 6 Grad
erreicht. Oberhalb 600 m herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Cut-Off-Tief zu den Pyrenäen. In
Verbindung mit dem über Osteuropa liegenden Trog ergibt sich eine Rinne tiefen
Geopotentials, die sich über die Westalpen, den Südosten Deutschlands und Polen
hinweg bis nach Nordwestrussland erstreckt. Bedingt durch das über dem Golf von
Genua liegende Bodentief erreicht die Bisenlage am Abend und in der ersten
Nachthälfte ihren Höhepunkt, wodurch auf exponierten Schwarzwaldgipfeln schwere
Sturmböen, in Verbindung mit einem Low Level Jet vereinzelt auch orkanartige
Böen auftreten können. Wind- und stürmische Böen sind im südlichen
Baden-Württemberg bis in tiefere Lagen vorstellbar. Ansonsten ist der Wind
wahrscheinlich nicht warnrelevant.
Die Schneefälle lassen, bedingt durch Kaltluftadvektion, dann auch im Erzgebirge
und an den Alpen nach. Am Alpenrand können bis Montagfrüh vielleicht noch einmal
um 5 cm Neuschnee hinzukommen. Wie bereits in der Nacht zuvor ist
deutschlandweit leichter bis mäßiger Frost zu erwarten. Bei Aufklaren über
schneebedeckten Gebieten stellt sich strenger Frost ein. Die Wahrscheinlichkeit
für Glätte ist jedoch nur noch gering.

Montag... folgt ein in der Rinne tiefen Geopotential eingelagertes weiteres,
aber relativ schwaches Höhentief, das Deutschland mit Südwestkurs überquert.
Nennenswerte dynamische Antriebe bringt dieses Tief nicht zustande, leichte
Hebung, die aus etwas Warmluftadvektion resultiert, lässt im Südosten und Osten
lockere, aber teils mehrschichtige Bewölkung aufziehen, wobei es selbst in
Staulagen nur noch für ein paar Schneeflocken reicht.
Bedingt durch den nach Südwesten hin nach wie vor kräftigen Gradienten kann
zunächst die Bise, gestützt durch den Tagesgang, noch einmal aufleben. Im
Südwesten frischt bis in tiefe Lagen der Wind mit Wind- und stürmischen Böen bis
Bft 8 auf, im südwestdeutschen Bergland und im Allgäu sind Sturmböen Bft 8/9 und
auf exponierten Schwarzwaldgipfeln schwere Sturmböen vorstellbar. Windböen Bft 7
können auch in den Kamm- und Gipfellagen der übrigen Mittelgebirge auftreten. Im
Tagesverlauf beginnt sich das dann über dem westlichen Mittelmeer liegende Tief
aufzufüllen, der Gradient wird auch im Südwesten auseinandergezogen, so dass
dann Wind- und einzelne stürmische Böen (mit abnehmender Tendenz) auf höhere
lagen des Schwarzwaldes, der Alb und des Allgäus beschränkt sind.
Aufgrund der Nähe zum Hoch ist der Nordwesten und Westen und bedingt durch die
Leewirkung der Mittelgebirge auch die Region bis ins nördliche Baden-Württemberg
hinein, was Sonne betrifft, begünstigt. Dennoch ergibt sich daraus gegenüber
heute keine wesentliche Temperaturänderung. In Lagen oberhalb 600 bis 800 m,
aber auch in Teilen von Thüringen und des Alpenvorlandes, herrscht leichter
Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag wird die Rinne tiefen Geopotentials in ihrem östlichen
Teil weitgehend zugeschüttet. Ein von dem Hoch mit Schwerpunkt nördlich von
Schottland ausgehender Keil weitet sich nach Skandinavien und von dort aus
weiter zu den Baltischen Staaten aus. Dies bringt eine Kräftigung des
antizyklonalen Einflusses im Norden und in der Mitte Deutschlands mit sich, was
die dort liegende skandinavische Polarluft zur Ruhe kommen lässt. Ansonsten
bleibt noch etwas Gradient bestehen, aber für warnrelevante Böen (Bft 7, mit
geringer Wahrscheinlichkeit auch Bft 8) reicht es wahrscheinlich nur noch in den
Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen Mittelgebirge.
Wie in den Nächten zuvor stellt sich flächendeckend leichter bis mäßiger Frost
ein. Über schneebedeckten Gebieten sowie in höheren Berglagen besteht bei klarem
Himmel die Gefahr strenger Fröste.

Dienstag... wird das über Deutschland hinweg südwestwärts ziehende Höhentief von
dem nunmehr über dem westlichen Mittelmeer liegenden Höhentiefkomplex
eingefangen, so dass sich ein aus mehreren Kernen bestehendes System ergibt.
Rückseitig, d.h. an der Ostflanke des sich westwärts verlagernden Höhentiefs
erfolgt Warmluftadvektion. Diese bleibt jedoch wirkungslos, da der Antrieb durch
die Advektion antizyklonaler Vorticity kompensiert wird. Demzufolge reicht es
nicht mal für ein paar Wolkenfelder.
Ausgehend von dem kräftigen Hoch mit Schwerpunkt nördlich von Schottland
erstreckt sich ein Bodenkeil über Dänemark und die Oderbucht hinweg bis zu den
Waldkarpaten. Am dessen Südflanke wird mit einer schwachen, nach Südwesten zu
etwas kräftigeren nordöstlichen bodennahen Strömung arktische und zunehmend
trockenere Luft von Nordosteuropa advehiert. Während im Norden und in der Mitte
Deutschlands die Luftdruckgegensätze meist gering sind, macht sich im Süden und
Westen etwas Gradient bemerkbar. Warnrelevante Böen kommen allenfalls in
exponierten Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen Mittelgebirge zustande, wobei
selbst dort die Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen sehr gering ist.
Großräumiges Absinken unter dem o.g. Hochkeil und in dessen Randbereich lässt
die Bewölkung weitgehend verschwinden. Gegenüber den Vortagen ändern sich die
Temperaturen kaum.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich die Druck- und Geopotentialverteilung nur
unwesentlich. Lediglich die Achse des Bodenhochkeils verschiebt sich ein wenig
nach Süden, wodurch in die küstennahen Gebiete Nordseeluft einsickern kann.
Tiefe St-Bewölkung, zum Teil aber auch Nebel, ist in diesen Gebieten nicht
auszuschließen.
Nach wie vor erfolgt von der Mittelgebirgsschwelle aus südwärts kein Auffächern
des Gradienten, so dass in den Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen
Mittelgebirge weiterhin Wind- und stürmische Böen, vielleicht mit einer
gegenüber Dienstag sogar leicht erhöhten Wahrscheinlichkeit, auftreten können.
Ansonsten ist der Wind nicht warnrelevant.
Im weitaus größten Teil Deutschlands klart es auf, so dass sich durchweg
leichter bis mäßiger Frost einstellt. Im östlichen Bergland, in Alpennähe, aber
auch in einigen ungünstigen Lagen Ostdeutschlands kann strenger Frost unter -10
Grad nicht ausgeschlossen werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann