DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-10-2016 21:00
SXEU31 DWAV 201800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.10.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Unbeständig und kühl, kommende Nacht im Nordschwarzwald Dauerregen nicht
ausgeschlossen. Freitag an den Küsten steife bis stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin im Einflussbereich des
quasistaionären Höhentiefs mit Schwerpunkt (in 300 und 500 hPa) in etwa über der
"nördlichen Mitte" Deutschlands. Das zeitweise mehrere Kerne aufweisende flache
korrespondierende Bodentief verlagert sich entlang der Südflanke des Höhentiefs
zunächst ein wenig nach Osten, später an dessen Ostflanke etwas nach Norden und
befindet sich Freitagfrüh in etwa zwischen Magdeburg und Berlin. Von ihm
ausgehend verläuft eine flache Rinne südsüdwestwärts bis ins südliche
Baden-Württemberg.
Hebungsprozesse sind dabei einerseits vor allem an der Südwestflanke des Höhen-
bis unmittelbar ins Zentrum des Bodentiefs auszumachen, die hauptsächlich aus
PVA resultieren. Andererseits kommt es etwas abgesetzt an der Nordost- und
Nordflanke des Tiefs aufgrund von WLA zu Aufgleitniederschlägen im äußersten
Nordosten und in den Regionen rund um die Ostseeküste, die im weiteren Verlauf
der Nacht auch auf das Nordseeumfeld und das nördliche Niedersachsen übergreifen
können. Die in diesem Zusammenhang simulierten zwölfstündigen Regenmengen
betragen nur gebietsweise mehr als 10 mm in 12 Stunden, lediglich im
Nordschwarzwald können in Weststaulagen auch Mengen bis an die Warnschwellen für
Dauerregen (ICON-Nest: bis 30 mm/12 h, COSMO-EU gar bis 35 mm/12 h) fallen.
Dabei kommt tagesgangbedingt auch die Schneefallgrenze ins Spiel. Die
Temperaturen in 850 hPa liegen in der Peripherie des Höhentiefs bei etwa -2
Grad. Somit dürfte es allgemein oberhalb von etwa 900 bis 1000 m schneien. Je
nach Intensität kann es in windschwachen Tälern auch weiter hinunter schneien.
Vor allem im Nordschwarzwald sowie - falls von den Niederschlägen betroffen - im
Thüringer Wald, Erzgebirge und im Harz sind nasse Schneeflocken zeitweise bis
800 oder gar 600 m hinab und entsprechend auch Glätte durch Schneematsch bzw.
die Ausbildung einer Nassschneedecke denkbar (das wohl erst oberhalb von 800 m).

Insgesamt bleibt die höhenkalte Luftmasse labil geschichtet, da sich aber schon
heute tagsüber keine Gewitter entwickelt haben, ist die Wahrscheinlichkeit dafür
nur sehr gering. Am ehesten sind sie vielleicht noch über der Nordsee und im
Westen denkbar, wo auch etwas ML-Cape simuliert wird.
In den übrigen Regionen fällt meist nur unergiebiger Regen oder Nieselregen bzw.
es bleibt trocken. Mit der leichten Südverlagerung der Niederschläge an der
Südwestflanke des Höhentiefs werden auch in Südbayern die Wolken dichter, Nebel
sollte also - abgesehen von Sichteinschränkungen durch aufliegende Wolken in
einigen Mittelgebirgen - kein Thema sein.
Mit der leichten Ost- und später Nordverlagerung des Bodentiefs verschärft sich
der Druckgradient an den Küsten allmählich. Eventuell reicht es im äußersten
Norden ausgangs der Nacht bereits für erste steife Böen (Bft. 7) aus Ost bis
Nordost.

Freitag ... ändert sich an Lage und Intensität des Höhentiefs so gut wie gar
nichts. Das Bodentief wandert allmählich nördlich um das Höhentiefzentrum herum
und erreicht zum 18 UTC-Termin in etwa das mittlere Niedersachsen. Es füllt sich
zunächst kaum auf, so dass der Druckgradient an dessen Nordflanke vor allem über
den Küsten von Nord- und Ostsee recht scharf ausgeprägt bleibt bzw. sich sogar
noch etwas verschärft, da sich das fennoskandische Hochdruckgebiet noch ein
wenig verstärkt. Bzgl. der genauen Lage des Bodentiefs bestehen noch
Unsicherheiten, dennoch ist an den Küsten im Tagesverlauf recht verbreitet mit
steifen Böen (Bft. 7), exponiert auch mit stürmischen Böen (Bft. 8) zu rechnen.
Sollte sich das Bodentief allerdings etwas weiter nördlich als simuliert
befinden, wären zumindest die ostfriesische und vorpommersche Küste nicht mehr
vom Starkwindfeld betroffen.
Das Niederschlagsgebiet an der Südwest- bzw. Südflanke des Höhentiefs kommt
etwas nach Süden voran und beeinflusst vor allem die Regionen südlich der Donau
und den Bayerischen Wald, auch an den Alpen setzen Niederschläge ein. Im Allgäu
werden dabei mehr, sonst weniger als 5 mm in 12 Stunden simuliert, wobei
ICON-Nest und COSMO-EU in den Staulagen des westlichen Oberallgäus sogar Mengen
um die 15 mm auf der Karte haben. Die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht im
Tagesverlauf auch den Bayerischen Alpenrand, zum Abend hin sinkt die
Schneefallgrenze vor allem im Allgäu auf nahe 1000 m, im Bayerischen Wald auch
darunter.
Auch im unmittelbaren Bereich von Höhen- bzw. Bodentief bzw. - aufgrund der WLA
- an dessen Westflanke, also im Nordwesten und Westen bis in die mittleren
Landesteile gibt es häufig schauerartige Niederschläge, wobei gebietsweise, vor
allem in Staulagen, mehr als 10 mm in 12 Stunden (Harz auch über 15 mm)
simuliert werden. Warnwürdige Mengen zeigt aber kein Modell. Die
Schneefallgrenze schwankt, je nach Intensität der Niederschläge, zwischen 700
und 1000 m.
Am Charakter der Luftmasse ändert sich ebenfalls nur wenig, sie bleibt
hochreichend labil geschichtet. Somit kann auch ein kurzes Gewitter nicht
ausgeschlossen werden, vor allem dort, wo die Wolken kurz auflockern und die
Einstrahlung vom Boden ausgelöste Labilität verstärken kann.
Insgesamt macht sich die Sonne aber rar, am ehesten bekommt man sie vielleicht
noch im Südwesten zu Gesicht. Auch am Temperaturniveau ändert sich nicht viel,
mehr als 6 bis 10 Grad sind kaum drin, am ehesten noch an den Küsten und mit
etwas Sonne am Oberrhein.

In der Nacht zum Samstag verlagern sich das Höhen- und das sich nahezu
achsensenkrecht darunter befindende Bodentief geringfügig nach Südsüdost. Der
Wind an dessen Nordflanke an den Küsten lässt ein wenig nach, vor allem über der
Nordsee kann es aber noch steife, in exponierten Lagen (Helgoland) auch
stürmische Böen aus Nordost bis Ost geben.
Die Niederschläge konzentrieren sich vor allem auf den Bereich rund um das
Zentrum des Höhentiefs bzw. an dessen unmittelbarer Südwestflanke (hier ist noch
immer die herumgeführte WLA wirksam), also auf die westlichen und mittleren
Landesteile, und auf den äußersten Norden (Küsten) bzw. Nordosten, wo vor allem
PVA für Hebung verantwortlich ist. Gewitter sind dabei am ehesten wohl über der
Nordsee nicht ausgeschlossen, wenngleich eher unwahrscheinlich. Die Mengen sind
weiterhin nicht warnrelevant, können aber in Staulagen der Mittelgebirge im
westlichen und im mittleren Deutschland gebietsweise 10 mm in 12 Stunden
überschreiten. Dabei gilt schneefalltechnisch das gleiche wie in der Vornacht,
in windschwachen Tälern kann es recht weit herunterschneien (800 bis 600 m, im
Extremfall auch tiefer), wobei dann entsprechend mit Glätte durch Schneematsch
zu rechnen ist.
In den übrigen Regionen regnet es kaum, auch im Süden lassen die Niederschläge
nach und vor allem dort lockern die Wolken auch mal auf. Dann kann sich Nebel
bilden und bei für längere Zeit aufgelockerter Bewölkung ist in ungünstigen
Lagen auch leichter Frost möglich.

Samstag ... zeigt das Höhentief nur eine minimale Verlagerungstendenz nach
Osten. Das zugehörige Bodentief füllt sich über der "östlichen Mitte" des Landes
zögernd auf, durch WLA- induzierte Hebung kann sich ein ebenfalls nur flaches
Bodentief über Polen ein wenig verstärken und zieht bis zum Abend zur südlichen
Ostsee.
Die stärksten Niederschläge werden nach wie vor an der Südflanke des Höhentiefs
in etwa in den mittleren Landesteilen (Hessen, Thüringen, Nordbayern) simuliert.
Auch im Nordosten und Norden führt die WLA zu weiteren Regenfällen. Insgesamt
werden weiterhin meist weniger als 10 mm in 12 Stunden simuliert, nur punktuell,
in Staulagen, etwas mehr. Die Schneefallgrenze steigt tagesgangbedingt etwas an
und sollte warntechnisch kein Thema sein. Gewitter sind angesichts der labilen
höhenkalten Luftmasse weiterhin nicht ausgeschlossen, am ist damit noch in der
Osthälfte des Landes, wohin sich die höhenkälteste Luft verlagert, und über der
Nordsee zu rechnen.
Der Wind sollte sich auch über der Nordsee weiter abschwächen und dürfte nicht
mehr warnrelevant sein. Der 00 UTC-Lauf des ECMWF simulierte allerdings eine
etwas stärkere Tiefdruckentwicklung über Nordpolen bzw. der südlichen Ostsee, an
dessen Westflanke der Wind aus Nordost bis Nord deutlich auffrischt und an der
vorpommerschen Küste in Böen 7 bis 8 Bft erreichen könnte.
Mit der leichten Ostverlagerung des Höhentiefs lockern die Wolken vor allem im
Süden und Südwesten stärker auf, so dass es dort für die oder andere
Sonnenstunde reicht. Die Temperaturen steigen dort somit auch etwas an, im
südlichen Oberrheingraben bis auf etwa 12 bis 14 Grad. Sonst werden weiterhin
nur 6 bis 11 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Höhentief Richtung Neiße. Das flache
Bodentief über der südlichen Ostsee kommt nur geringfügig nach Westen voran.
Somit konzentrieren sich die Niederschläge weitgehend auf die Ost- und
Nordhälfte. Die höchsten Mengen werden in Teilen Sachsens, in der Lausitz, an
den Küsten sowie - vor allem vom COSMO-EU - in Vorpommern und im Norden
Brandenburgs simuliert, insgesamt werden nach wie vor keine warnrelevanten
Mengen erreicht. Da die Mittelgebirge kaum mehr von Niederschlägen betroffen
sind (außer vielleicht noch Harz und Zittauer Gebirge bzw. Erzgebirge), spielt
auch die Schneefallgrenze keine große Rolle mehr.
Im Süden und Westen lockern die Wolken im Laufe der Nacht mehr und mehr auf,
wobei sich innerhalb der feuchten Grundschicht dann aber vielerorts Nebel
bildet. Bei längerem Aufklaren kann es in ungünstigen Lagen leichten Frost
geben, eventuell auch Glätte durch Überfrieren oder Reif.
Im äußersten Südwesten macht sich mitteltroposphärische WLA bereits durch den
Aufzug hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar.

Sonntag ... zieht das Höhentief weiter nordwärts, wobei sich nach ICON zum Abend
hin in 500 hPa eine Dipolstruktur ausbildet mit Drehzentren über Süddänemark und
der polnischen Ostseeküste. Weiter südlich wölbt sich über Frankreich, gestützt
durch WLA, die im Tagesverlauf auch auf weite Teile des Vorhersagegebietes
übergreift, ein Höhenrücken auf, kommt aber zunächst kaum nordostwärts voran, so
dass sich über Deutschland eine westnordwestliche Höhenströmung einstellt. Das
Bodentief zieht zur südlichen Nordsee, füllt sich dabei aber auf.
An der Südflanke des Höhentiefs führt vor allem PVA weiterhin zu Hebung und
entsprechend zu schauerartigen Niederschlägen, die auch noch den äußersten
Norden des Landes (Küstengebiete und Schleswig-Holstein) beeinflussen. COSMO-EU
simuliert dabei über der Nordsee unmittelbar vor und entlang der Westküste
Schleswig-Holsteins Mengen über 10 mm in 12 Stunden, ICON-Nest dagegen nur etwas
mehr als 5 mm. Die Luftmasse dort ist nach wie vor labil geschichtet, so dass
auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen sind.
Im übrigen Land kommt es zunächst kaum mehr zu Niederschlägen. Allerdings ziehen
aufgrund der recht kräftigen WLA vor allem über die westlichen und südwestlichen
Landesteile zeitweise dichtere Wolkenfelder, COSMO-EU simuliert am Nachmittag in
Teilen Baden-Württembergs auch erste Niederschläge (bis über 5 mm in 6 Stunden),
während ICON-Nest bis zum 18 UTC-Termin noch keine nennenswerten Niederschläge
auf der Karte hat. GFS und ECMWF (von 00 UTC) simulieren dort zwar
Niederschläge, aber weniger als 5 mm.
Zwar wird es auch niedertroposphärisch in der Mitte und vor allem im Süden im
Tagesverlauf bereits deutlich milder, die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum
Abend auf 0 Grad in der Mitte und bis 7 Grad an den Alpen. Ob sich die milde
Luft allerdings bis ganz nach unten, also in die Grundschicht durchsetzen kann,
ist mehr als fraglich. Zudem kann sich in einigen Regionen dort auch beständig
der Nebel halten. Vor allem an den Alpen, im ostbayerischen Bergland und
gebietsweise im Westen dürfte es aber für einige Sonnenstunden reichen. Dort
können die Temperaturen dann auch auf 11 bis 15 Grad steigen, sonst kommen sie
kaum über 7 bis 11 Grad hinaus.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Unterschiede treten am ehesten noch bzgl. der simulierten
Niederschläge auf, sind aber meist nicht warnrelevant.
Lediglich für die kommende Nacht stellt sich die Frage, ob es im Nordschwarzwald
eventuell für Dauerregen reicht. Neben ICON-Nest und COSMO-EU gibt auch
COSMO-DE-EPS Signale für mehr als 25 mm in 12 Stunden (bis 40%
Wahrscheinlichkeit). Der aktuelle GFS-Lauf und ECMWF von 00 UTC haben dagegen
keine warnwürdigen Mengen auf der Karte.
Momentan melden die Stationen im Bereich des Richtung Nordschwarzwald ziehenden
Regengebietes Stundenmengen zwischen 5 und 10 mm. Sollte sich die Intensität
nicht großartig ändern, ist es durchaus denkbar, dass im Nordschwarzwald an
einigen exponierten Stationen die Warnschwellen für Dauerregen überschritten
werden könnten. Da das wohl nicht verbreitet der Fall sein wird, wurde erst
einmal von der Ausgabe einer Dauerregenwarnung abgesehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff