DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-02-2023 18:01
SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.02.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst nur schwacher Tiefdruckeinfluss, von Westen her mit schauerartigem
Regen, am Donnerstag nach Osten vorankommend. In der Nacht nach Osten zu
stellenweise Nebel gering wahrscheinlich. Ab Freitag Wetterumstellung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... überdeckt ein mäßig ausgeprägter Höhenrücken große Teile
Mitteleuropas, wobei seine Achse zum Abendtermin (18 UTC) von Ostdeutschland
über Schweden in den Norden Norwegens gerichtet ist. Begrenzt wird dieser zum
einen von einem mächtigen, mit Polarluft gefüllte Trog über dem Westen Russlands
und einem deutlich schmaleren, aber damit schärferen Trog über Nordwesteuropa.
Letzterer ist im Abtropfprozess befindlich, wobei dieser im thermischen Feld 500
hPa schon vollzogen ist. Damit befindet sich Mitteleuropa noch im Bereich der
Zufuhr von milder Meeresluft. In 850 hPa werden am Abend Werte um 0 Grad im
Nordosten und +6 Grad im Südosten simuliert. Im Bodendruckfeld dominieren zwei
mächtige Hochdruckzellen mit Schwerpunkten über dem Baltikum und dem
Ostatlantik. Dazwischen hält sich eine vom Europäischen Nordmeer nach
Südwesteuropa gerichtete schmale Tiefdruckzone, in die eine leicht wellende
Kaltfront eingelagert ist. Im Laufe des Abends erreicht diese langsam den
Ärmelkanal. Außerdem konnte eine vorgelagerte Konvergenz analysiert werden, die
am Abend erste schauerartige Niederschläge für die westlichsten Regionen bringt.
Mit Annäherung der Tiefdruckrinne und der Konvergenz nimmt außerdem die
mehrschichtige Bewölkung von Westen her deutlich zu. In der Nacht verlagert sich
die Rinne langsam ostwärts, sodass die schauerartigen Niederschläge ausgangs der
Nacht etwa eine Linie Lübecker Bucht - Allgäu erreichen. Dabei ist ECMWF leicht
progressiver aufgestellt als die deutsche Modellkette, aber in den östlichen
Regionen soll es übereinstimmend bis in die Frühstunden trocken bleiben. Mit
Bewölkungszunahme reduziert sich auch die Nebelwahrscheinlichkeit, am ehesten
können sich in Teilen Ostbayerns flache Nebelfelder ausbilden. Der
Temperaturrückgang ist ebenfalls gedämpft, wahrscheinlich reicht es nicht mal in
den nun schneefreien Alpentälern für (vorübergehende) leichte Frostwerte. Der
Abtropfvorgang des Höhentroges in Richtung Biskaya setzt sich im Laufe der Nacht
fort, der Resttrog schwenkt langsam über die Nordsee ostwärts. Da die Kaltfront
die westliche Landesgrenze aufgrund einer Wellenbildung über Zentralfrankreich
nicht erreicht, bleibt auch ein wesentlicher Luftmassenwechsel in Deutschland
noch aus. In der Fläche belaufen sich die Mengen nach ICON auf 1 bis 3 l/qm,
ECMWF liefert stellenweise bis 10 l/qm in 24h.

Donnerstag ... verlagert sich das abgetropfte Höhentief allmählich zur Biskaya
und der nördlichen Iberischen Halbinsel während das Trogresiduum über die
Nordsee und Dänemark hinweg langsam ostwärts wandert und Deutschland dabei
streift. Dieser liefert aber nur wenig Dynamik und ist auch thermisch nicht
sonderlich gut ausgeprägt, sodass seine Wetterwirksamkeit nur eingeschränkt zur
Geltung kommt. Gebietsweise kommt es am Donnerstag zu schauerartigen
Regenfällen, die aber in der Fläche weiterhin deutlich von der Warnschwelle
entfernt sind. Interessanter ist aber ein Blick ins Bodendruckfeld, denn durch
Leeeffekte des skandinavischen Gebirges verstärkt sich ein von der Nordsee in
den Frühstunden dorthin ziehendes flaches Tief wieder etwas. Dieses facht die
Ostverlagerung der thermisch weiterhin nur schwach ausgeprägten Kaltfront etwas
an, sodass diese im Laufe des Donnerstags den Nordwesten erreicht. Damit
verbunden ist nach ECMWF eine leichte Intensivierung der Niederschläge im
Nordwesten, wohingegen ICON diese nicht stützt. Die von ICON gerechneten
Niederschlagsschwerpunkte im Südwesten generieren sich aus dem Umstand, dass die
Kaltfront dort deutlich zurückhängt und schleifend in die Warmfront der Welle
über Frankreich übergeht. Präfrontal gelangt dort eine feuchte und leicht labil
geschichtete Luftmasse in die Mitte und
den Süden, die im Südwesten auch geringes CAPE aufweist. Stellenweise deuten die
Prognosetemps von ICON-D2 darauf hin, dass genug vertikale Labilität für den
einen oder anderen Blitz gegeben sein könnte - insbesondere mit orographischer
Unterstützung durch den Schwarzwald und etwas Einstrahlung. Auflockerung sind
daneben auch entlang der Alpen sowie postfrontal ganz im Nordwesten am
wahrscheinlichsten. Mit dem Einsickern von etwas weniger milden Luft sind im
Nordwesten und Norden bei T850 um -2 Grad zweistellige Tagesmaxima nicht mehr
erreichbar, in den mittleren Regionen sowie im Süden sind es etwa 10 bis 14
Grad. Während der Gradient in den meisten Landesteilen weiterhin nur schwach
ausgeprägt ist, zieht dieser an der Nordseeküste zwischen dem tiefen Luftdruck
über dem Süden Schwedens und des sich ausweitenden Hochs über der Nordsee etwas
an. Warnwürdige Böen aus Nordwest sollten aber noch nicht dabei sein.

In der Nacht zum Freitag baut sich eine blockierende Antizyklone westlich des
Vereinigten Königreichs und Irland auf, gleichzeitig stößt ein thermisch gut
ausgeprägter und damit deutlich aktiverer Kurzwellentrog über den Süden
Norwegens nach Dänemark vor. Damit kommt die Kaltfront mit Winddrehung aus dem
Nordwesten im Laufe der Nacht deutlich schneller in die Mitte Deutschlands
voran. Allerdings ist dieser weiterhin nur eine geringe Wetteraktivität
beschieden, bevorzugt im zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum fällt aber
etwas Regen, in den obersten Kammlagen kann auch die eine oder andere
Schneeflocke dabei sein. Im Nordwesten schaut dies schon ganz anders aus: Der
auch durch kräftige PVA unterstützte Kurzwellentrog und das damit in Verbindung
stehende okkludierende Frontensystem eines zunächst nach Zentralskandinavien
ziehenden Tiefs ermöglicht ordentliche Niederschlagsbildung, wobei erster Regen
ausgangs der Nacht die Küstenregionen der Nordsee erreicht. Bei 850-hPa-Werten
um -5 Grad spielt die feste Phasen bis dahin aber noch keine große Rolle
(wenngleich nasse Schneeflocken nicht ganz ausgeschlossen sind). Zwischen den
Tiefausläufern lockern die Wolken im Norden vorübergehend soweit auf, dass
stellenweise Frost in Bodennähe auftreten kann. Im höheren Bergland sind
ebenfalls knapp negative Werte (2 m) möglich. Damit ist stellenweise
überfrierende Nässe nicht ausgeschlossen. Mit weiterer Gradientzunahme nimmt die
Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen aus Südwest, später West an der Nordsee
deutlich zu. Im direkt angrenzenden Binnenland sowie an der Ostsee sind erste
steife Böen wahrscheinlich. Nach Süden hin bleibt es schwachwindig.

Freitag ... weitet sich sowohl der Höhenrücken, als auch das Bodenhoch mit
Schwerpunkt über dem Nordostatlantik weiter in Richtung des Nordmeeres aus.
Gleichzeitig stößt der thermisch weiterhin gut ausgeprägte Trog von Dänemark in
Richtung Mitte Deutschlands vor. Höhenkaltluft mit -30 bis -34 Grad in 500 hPa
gelangt dabei in den Norden des Landes. Hebungsimpulse durch PVA sind dabei
weiterhin gegeben. Die zunehmend okkludierte Kaltfront kommt im Tagesverlauf mit
teils mäßigen Regenfällen bis in die Landesmitte voran. Zwar ist die Luftmasse
nur mäßig kalt (bis zu -6 Grad in 850 hPa), trotzdem kann es vor allem in den
Frühstunden und am Vormittag im Norden vorübergehend bis in tiefere Lagen nassen
Schnee geben, der aber wahrscheinlich kaum liegen bleiben wird. Die zentralen
Mittelgebirge erreicht die Okklusion mit Kaltfrontcharakter etwa in den
Mittagsstunden, nachfolgend können sich dort oberhalb etwa 500 bis 600 m 1 bis 5
cm akkumulieren. Die Reste der vorherigen Kaltfront befinden sich zu diesem
Zeitpunkt im Süden des Landes und werden durch den vorstoßenden Trog mit PVA
etwas aktiviert. Die auflebenden schauerartigen Niederschläge fallen entlang und
südlich der Donau bei T850 um +2 Grad aber im Flachland sowie abseits der
mittleren und höheren alpinen Lagen jedenfalls in der flüssigen Form. Gewitter
sind aufgrund der zum Vortag erhöhten dynamischen Unterstützung nicht gänzlich
ausgeschlossen, aber selbst ICON rudert im aktuellsten Lauf etwas zurück. Mit
den Trogvorstoß und der Positionierung des Bodentiefs über der Ostsee geht auch
eine Gradientzunahme einher. Abseits der See sind an den Fronten sowie in freien
Lagen zeitweise steife Böen aus West bis Nordwest zu erwartet, an der Küste
sowie im Bergland sind stürmische Böen oder vereinzelte Sturmböen dabei. Der
Brocken wird wahrscheinlich die eine oder andere schwere Sturmböe aufweisen. Die
Sonne macht sich allgemein rar, am ehesten scheint diese noch präfrontal direkt
an den Alpen sowie rückseitig in Nordseenähe. Die Tagesmaxima sind im Norden im
mittleren einstelligen Bereich im Süden stellenweise nochmal etwas darüber.

In der Nacht zum Samstag erreicht die zweite Front den Alpenrand, damit erfolgt
auch in Süddeutschland die Advektion von etwas erwärmten Luftmassen polaren
Ursprungs. In 850 hPa werden im Süden ausgangs der Nacht Werte um -5 Grad
erreicht, sonst liegen diese etwas darunter. Dabei verstärken sich die
Niederschläge staubedingt am direkten Alpenrand und gehen im Laufe der Nacht bis
etwa 500 m in Schnee über. In flüssiger Form rechnen die Modelle dort mit 10 bis
15, stellenweise um 20 l/qm, wobei ICON am meisten zu bieten hat. Während es in
den dortigen tiefen Lage bei Schneematsch oder einer geringen Neuschneeauflage
bleiben wird, sind direkt an den Alpen oberhalb etwa 600 m um 10 cm Neuschnee
denkbar. Auch postfrontal kommt es im Mittelgebirgsraum sowie in den östlichen
Landesteilen, bedingt durch die Höhenkaltluft, zu weiteren Schneeschauern oder
Schneefällen. In tiefen Lagen sind die Schneemengen gering oder auf wenige cm
beschränkt. Im Bergland werden sich etwa 5 cm akkumulieren. Gebietsweise kommt
es zudem bei Tiefstwerten um 0 Grad zu überfrierender Nässe. Der Gradient bleibt
weiterhin erhalten und sorgt für vereinzelte steife Böen aus Nordwest, im
Bergland sowie an der Küste sind stürmische Böen, auf manchen
Mittelgebirgsgipfeln auch noch Sturmböen dabei. In den dortigen exponierten
Lagen sind auch Schneeverwehungen möglich.

Samstag ... nistet sich der weiterhin thermisch markant ausgeprägte Trog über
Mitteleuropa ein. Dieser kommt zwar leicht nach Osten voran, aber durch
Randtröge induzierte leichte Ausweitungen betreffen auch dessen Westflanke. Am
Boden stehen sich das umfangreiche Hoch mit Schwerpunkt nördlich von Schottland
und das Tief im Bereich des Baltikums gegenüber. Damit ist der Weg frei für den
Zustrom weiterer Luft aus der Arktis, die auch nicht mehr den "Erwärmungsumweg"
über die Nordsee machen muss. Damit sinken die T850 noch etwas ab und erreichen
Werte zwischen -6 Grad an den Alpen und -10 Grad im Norden. Da sich an der
sonstigen Konfiguration des Troges nicht allzu viel ändert, muss mit weiteren
Schneeschauer gerechnet werden, die sich bevorzugt an den Mittelgebirgen stauen.
Dort können sich auch um 5 bis 10 cm Neuschnee akkumulieren, im Flachland ist
aber ebenfalls gebietsweise eine dünne Schneedecke möglich. Die Tagesmaxima
bewegen sich im mittleren einstelligen Bereich. Weiterhin frisch mit steifen
Böen, insbesondere in Schauernähe sowie an der Küste, ist der Nordwestwind.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die synoptischen Muster werden von den Modellen sehr ähnlich simuliert,
Unterschiede in den Details sind aber natürlich gegeben. Diese betreffen
insbesondere die Lagen ab Freitag und müssen daher an dieser Stelle noch nicht
ausführlich diskutiert werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri