DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-02-2023 08:30
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.02.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W a/z Übergang zu NW z

Zum Freitag den Küsten und im Bergland teils Sturmböen. In der Nacht zum Samstag
Übergang der Niederschläge in Schnee, an den Alpen kräftige Schneefälle möglich.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir unter einem Höhenrücken, der, flankiert von Trögen über
den Britischen Inseln und Osteuropa, Deutschland mit Ostkurs langsam überquert.
Die daran geknüpfte Bodenhochdruckzone verlagert entsprechend ihren Schwerpunkt
ebenfalls nach Osten und findet sich dann östlich des Vorhersageraums wieder mit
den höchsten Druckwerten im Bereich des Baltikums.
Der nachfolgende, recht scharfe Trog beginnt über GB nach Südwesten hin
abzutropfen, auf dessen Vorderseite gelangen wir unter eine auf südwestliche
Richtungen drehende Höhenströmung.
Das zum Trog gehörende Tief zieht östlich von Island nach Nordosten, allerdings
erstreckt sich davon ausgehend eine Tiefdruckzone mit eingelagerter Kaltfront
weit nach Süden und schwenkt über die Nordsee und Ärmelkanal langsam nach Osten,
was auch den Bodenwind aus südliche bis östliche Richtungen drehen lässt. Da der
Druckgradient sehr im Zaum gehalten wird, springt außer ein paar stärkeren Böen
(5-6 Bft) an der Ostsee und im höheren Bergland nichts bei raus.

Zwischen Schleswig-Holstein, der Ostsee und Sachsen hält sich ein Streifen mit
Restfeuchte eines Tiefausläufers, die sich in tiefer Bewölkung bis ca. 1500m
Höhe widerspiegelt. Darüber ist die Luft durch den Höhenrücken abgetrocknet.
In der Westhälfte nimmt die Bewölkung mit Annäherung des Troges und der Rinne im
Tagesverlauf zu, nachmittags und abends fällt, ausgelöst in erster Linie durch
etwas PVA, an den Westgrenzen etwas Regen. Im Süden und Südosten sowie in der
östlichen Mitte kommt die Bewölkung verzögert an, dort scheint nach
Nebelauflösung zum Teil längere Zeit die Sonne.
Die zu uns advehierte Luftmasse bleibt sehr mild. In 850 hPa bringt sie es auf
0°C im Nordosten und bis 7°C über dem Süden, in 2m Höhe sollten sich die
Temperaturen zwischen etwa 6°C auf Rügen und 15°C im Süden und Südwesten
einpendeln.

In der Nacht zum Donnerstag setzt sich der Abtropfvorgang Richtung Biskaya fort,
der Resttrog schwenkt über die Nordsee ostwärts. Obwohl die Höhenströmung
dazwischen leicht antizyklonal daherkommt, macht die meridionale Tiefdruckzone
nach Deutschland hin Boden gut. Die Kaltfront auf der Rückseite der Rinne
erfasst zum Morgen die westlichen Landesteile. Auf deren Vorderseite breiten
sich leichte Regenfälle in etwa auf die Westhälfte aus. Weiter östlich kommt
wahrscheinlich noch nicht viel an.
Frost ist nach wie vor kein oder kaum Thema, weil vorauslaufend hohe und
mittelhohe Bewölkung aufzieht. Vielleicht reicht es am östlichen Alpenrand oder
im Bayerischen Wald lokal für etwas unter 0°C.


Donnerstag... verlagert sich das abgetropfte Höhentief zur Iberischen Halbinsel,
während das Trogresiduum über die Nordsee hinweg langsam ostwärts wandert, wobei
es auch Deutschland streift. Mangels Dynamik und Höhenkaltluft ist dessen
Wirksamkeit stark limitiert. Falls überhaupt, kommen nur vereinzelte schwache
Schauer zustande.

Wichtiger ist ein kleines Randtief, das sich zuvor orografisch getriggert unweit
des Oslofjords bildet und nach Südschweden zieht. Es steuert die thermisch nicht
besonders ausgeprägte Kaltfront über Deutschland nach Südosten, wobei sie nach
Südwesten zurückhängt und schleifend in die Warmfront einer Welle über
Frankreich übergeht.
Präfrontal gelangt feuchte und leicht labil geschichtete Luft in die Mitte und
den Süden, wo es stark bewölkt bleibt und gebietsweise (schauerartig) regnet
oder etwas nieselt. Im Südwesten wird in homöopathischen Dosen Cape angedeutet,
ob es dort zu einem Gewitter reicht erscheint fraglich, zumal die Auslöse
mangels Hebung schwierig wird. Abhängig von etwaigen Auflockerungen und gestützt
durch die Orografie des Schwarzwalds sind sie aber nicht ausgeschlossen.

Auflockerungen sind am ehesten postfrontal ganz im Norden sowie im Süden
möglich. Da sich auch die Tiefdruckzone über Deutschland ostwärts verschiebt,
dreht der Wind auf westliche bis nördliche Richtungen und Temperaturen gehen
auch präfrontal, nicht nur wegen der zunehmenden Bewölkung, sondern auch weil
weniger milde Luft einsickert, leicht zurück. Die Temperatur erreicht
Höchstwerte zwischen 7 und 14°C.
Bedingt durch Druckanstieg über der Nordsee zieht der Gradient im Nordwesten auf
der Rückseite der Rinne etwas an und an der Nordsee, darüber hinaus im Bergland,
sind exponiert einzelne Bft 7 möglich.

In der Nacht zum Freitag baut sich eine blockierende Antizyklone westlich der
Britischen Inseln auf. Die Strömung bei uns dreht daher zunächst auf West bis
Nordwest und die o.e. Kaltfront kommt bis nach Süddeutschland voran. Sie wird
rasch gefolgt von einem deutlich aktiveren Kurzwellentrog (kräftige PVA
überkompensiert die KLA) und den Ausläufern eines nach Südnorwegen ziehenden
Tiefs. Dabei setzt in Schüben die Zufuhr kälterer Luftmassen zu uns nach
Mitteleuropa ein, was die Temperaturen über der Nordhälfte auf -1 bis -6°C in
850 hPa zurückgehen lässt, präfrontal im Süden liegen sie noch bei +3°C. Zischen
den Tiefausläufern lockern die Wolken im Norden vorübergehend stärker auf und
gebietsweise ist zumindest Bodenfrost wahrscheinlich, im höheren Bergland sind
auch Werte um oder etwas unter 0°C in 2m Höhe drin.

Während an der Kaltfront im Süden und über der Mitte stellenweise etwas Regen
fällt, sind bei den nächsten Niederschlägen, die auf den Norden übergreifen,
dank der vorherigen Auflockerungen und der kälteren Luftmassen auch nasse
Schneeflocken nicht ausgeschlossen, die aber nicht zu Glätte führen. Eher kann
Glätte durch gefrierende Nässe bei den Auflockerungen nicht ausgeschlossen
werden.
Spannender wird die Windentwicklung im Norden, wo der Südwest-, später Westwind
auffrischt. Landeinwärts (küstennahes Binnenland und Schleswig-Holstein) sind
Böen 7 Bft drin, an den Küsten stürmische Böen und exponiert eventuell
Sturmböen. Nach Süden hin bleibt es schwachwindig.


Freitag... dehnt sich das Hochdruckgebiet Richtung Nordmeer aus, während an
seiner Ostflanke die Tendenz zur Austrogung über Mitteleuropa zunimmt. Auf der
Rückseite von Tiefdruckgebieten über der Ostsee und Südschweden dehnt sich der
nächtliche Trog rasch nach Deutschland und weiter südwärts aus, Höhenkaltluft
mit bis zu -34°C in 500 hPa gelangt dabei in den Norden des Landes. Mit dem
Trogvorstoß ist starke PVA verbunden, die zwar durch KLA teilkompensiert wird,
es reicht aber immer noch für recht markante Hebung auf der Vorderseite. An
dieser befinden sich die Tiefausläufer, die im Tagesverlauf mit teils mäßigen
Regenfällen bis in die Landesmitte vorankommen. Zwar ist die Luftmasse nicht
sehr kalt (in etwa -4°C in 850 hPa an der Front, bis -6°C auf der Rückseite),
trotzdem kann es vor allem früh und am Vormittag vorübergehend bis in tiefere
Lagen nassen Schnee geben, der aber nicht liegen bleibt. Allenfalls im Bergland
ab etwa 600 m können wenige cm liegen bleiben.
Auch die vorherige Kaltfront, die noch über dem Süden liegt und von den
folgenden Ausläufern eingeholt wird, wird mit der zunehmenden PVA aktiviert, so
dass an ihr die schauerartigen Regenfälle aufleben. Da dort immer noch milde,
feuchte und labile Luftmasse liegt, sind die Gewittersymbole, die ICON bietet,
nicht unrealistisch, zumal im Vergleich zum Vortag jetzt mehr Dynamik im Spiel
ist, nämlich Hebung durch PVA sowie hohe Geschwindigkeitsscherung.

Zwischen den beiden Fronten und ganz im Norden postfrontal der Zweiten gibt es
ein paar Auflockerungen, insgesamt ist der Tag aber geprägt von viel Bewölkung.
Die Abkühlung setzt sich fort, etwas über 10°C werden es nur noch gebietsweise
im Süden und Südwesten, im Nordosten dagegen nur noch 5°C. Im zentralen Bergland
bleibt es sogar noch etwas kühler.

Mit den Trogvorstoß ist eine Gradientverschärfung verbunden, die sich bis in den
Süden durchsetzt. Generell frischt der West- bis Nordwestwind auf. Am ehesten an
den Tiefausläufern sind bis runter einzelne Böen 7 Bft zu erwarten, an den
Küsten und im Bergland sind steife bis stürmische Böen 7-8 Bft auf der Karte und
exponiert im Bergland Sturmböen. Auf dem Brocken gibt es Sturm mit teils
schweren Sturmböen in der Spitze.

In der Nacht zum Samstag verschmelzen die Kaltfronten auf dem Weg nach Süden
über Süddeutschland und nachfolgend verstärkt sich die Zufuhr polarer
Meereskaltluft nach Deutschland; in 850 hPa zwischen -2°C über dem Süden und
-10°C über dem Nordosten. Die Niederschläge gegen bis in tiefe Lagen meist in
Schnee über, wobei der Schwerpunkt an den Ausläufern und später durch Stau über
Süddeutschland liegt. Hier sind gebietsweise 5 bis 10, stellenweise um 15 l/qm
zu erwarten, an den Alpen und im Vorland teils noch mehr.
Während in tiefen Lagen dank der Durchmischung nicht viel liegen bleibt, teils
nur etwas Schneematsch, sind oberhalb von 600 bis 800m um 10 cm Neuschnee
möglich, an/in den Alpen auch mehr. Auch postfrontal im Mittelgebirgsraum und
nach Osten und Nordosten kommt es zu weiteren Schneeschauern oder Schneefällen.
In tiefen Lagen sind die Schneemengen höchstens gering, oder es bleibt bei
Schneematsch, oberhalb von 300 bis 400 m sind ein paar cm Neuschnee möglich.
Dazu kommt bei Tiefwerten um 0°C die Möglichkeit von gefrierender Nässe.
Es bleibt teilweise windig mit Böen 7-8 Bft aus West bis Nord vor allem im
Bergland und an den Küsten. Je nach Wind und Schnee auf den Bergen im Süden darf
schon mal über mögliche Verwehungen nachgedacht werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder ähnlich. Zum Ende gibt es leichte
Abweichungen bei der Intensität des Tiefs am Freitag und bei den Niederschlägen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner