DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-02-2023 18:30
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.02.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst recht ruhiges Wetter, aber wolkig mit etwas Regen. Am Freitag deutliche
Abkühlung, Regenfälle, im Bergland Schnee und windig.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... sticht ein Langwellentrog mit viel hochreichender Kaltluft über
Russland ins Auge. An dessen Südrand sorgt das gestern bei uns sturmbringende
Tief Willy für Wetter (im engeren Sinne), während sich westlich davon, mit einer
Achse über Benelux, ein recht kurzwelliger Höhenrücken aufgewölbt hat, der
maßgeblich für unser Wetter zuständig ist. Dabei ist bodennah eine flache
Hochdruckzone über Frankreich und Südwestdeutschland entstanden, an deren Rand,
nämlich über dem Nordosten Deutschlands, Willys Kaltfront noch entlang schleift.
Diese ist zunehmend unter Absinken geraten und bringt kaum noch Regen,
allerdings liegt noch ein sehr breites Wolkenband über der Nordosthälfte
Deutschlands. Nordöstlich davon gibt es durchaus schon etwas Sonne und auch dort
herrscht bei gerade mal 0 bis -2°C in 850 hPa in der maritim-subpolaren
Luftmasse recht mildes Temperaturniveau. Dort gibt es im Übergangsbereich zur
osteuropäischen Tiefdruckzone noch mäßigen Westwind, sonst ist der Wind im
Hochdruckbereich allgemein schwach. Anders sieht es dagegen im Südwesten aus, wo
heute die Sonne sehr lange schien und in 850 hPa teils über +6°C gemessen
wurden. Dort gab es teils schon vorfrühlingshafte 17°C in 2 m.

Wir wagen auch schon mal einen Blick etwas weiter nach Westen: Dort nähert sich
vom Atlantik her ein kurzwelliger Trog den Britischen Inseln, weiter draußen auf
dem Atlantik hat sich dagegen ein mächtiges und hochreichendes Hoch etabliert,
dass in den nächsten Tagen zunehmend in den Fokus unseres Interesses rücken
wird.

Aber zunächst einmal zur kommenden Nacht: Die Achse des Höhenrückens ist
progressiv und erreicht in etwa die Mitte unseres Landes (10. Längengrad). Das
flache Bodenhoch wandert recht rasch nach Osten und nimmt Tuchfühlung mit einem
ebenso flachen fennoskandischen Hoch auf. Die Achse der resultierenden
Bodenhochdruckzone liegt bis zum Morgen dann schon deutlich östlich unseres
Landes. Was aber klar ist: Der Wind fällt in den Nachtstunden in den meisten
Landesteilen praktisch aus und lässt auch im Nordosten rasch nach. Er dreht dann
aber später zunehmend Richtung Südost und wird gegen Morgen im Nordwesten wieder
spürbar.

Die schleifende Kaltfront dürfte sich auch in den Nachtstunden noch mit
dichteren Wolken bemerkbar machen, auch in 850 hPa bleibt sie thermisch über dem
Nordosten des Landes liegen. Niederschlag sollte aber maximal in marginalen
Mengen fallen. Auch in den Gebieten nordöstlich und südwestlich der Kaltfront
nimmt die Bewölkung wieder zu, dort ziehen mit der schwachen Strömung in höheren
Schichten hohe und auch mittelhohe Wolkenfelder heran. Diese dämpfen dann auch
den Temperaturrückgang im Verlauf der Nacht, so dass es im Süden und Südwesten
in der milden Luftmasse nur gebietsweise zu Frost kommt, oft aber auch frostfrei
bleibt. Am mildesten bleibt es unter der Front etwa entlang der Elbe mit
Tiefstwerten um 6°C. Da die Luftmasse insgesamt aber teilweise recht feucht ist,
muss man trotz der Bewölkung mit der Bildung einzelner Nebelfelder rechnen. So
viele wie im Modellwetter des ICON sollten es aber nicht werden.

Am Aschermittwoch ... nähert sich der oben beschriebene Trog vom Atlantik her
langsam an, wird aber gleichzeitig am Rande des monumentalen Höhenrückens stark
nach Süden auseinandergezogen, so dass ein Abtropfprozess einsetzt. Damit kommt
die zugehörige Kaltfront, die zu einem Tief über dem Nordmeer gehört, kaum nach
Osten voran. Gleichzeitig bleibt auch noch der Höhenrücken über unserem Land, er
kommt nur noch langsam nach Osten voran. Zudem stützt er die flache
Hochdruckzone, die sich etwas verstärkt und ein Hoch im Ostseeraum ausbildet. In
dieser Druckkonstellation weht der Wind weiterhin aus Südost, erst zum
Nachmittag dreht er im Nordwesten auf westliche Richtungen. Dann kommen im
Vorfeld der Kaltfront auch erste leicht schauerartige Regenfälle im Westen des
Landes an, allerdings mit nur unbedeutenden Niederschlagsmengen. Im übrigen Land
ist der Himmel überwiegend von mittelhohen und hohen Wolkenfeldern überzogen,
die auch mal die Sonne durchlassen, wobei dafür im Süden und Osten die Chancen
etwas höher sind. Man muss zudem noch berücksichtigen, dass etwas Saharastaub zu
uns gelangt, der die Einstrahlung zusätzlich etwas dämpfen dürfte. Somit könnte
es sein, dass in der weiterhin sehr milden Luftmasse (meist zwischen 2 und 6°C
in 850 hPa) die von MOSMIX avisierten Werte von meist 12 bis 16°C nicht ganz
erreicht werden. Ganz im Norden und Osten ist die Luftmasse sowieso etwas
weniger mild, dort werden Höchstwerte unter 10°C erwartet.

In der Nacht zum Donnerstag tropft der Trog weiter ab, das resultierende
Höhentief zieht in der Biskaya südwestwärts. Das Residuum des Troges schwenkt
mit insgesamt schwachen Hebungsantrieben über die Nordsee, während der
Höhenrücken langsam weiter nach Osten vorankommt. Auch das Regengebiet, das
allerdings keineswegs geschlossen ist, sondern vielmehr eine Region mit recht
schwachen schauerartigen Regenfällen darstellt, kommt langsam nach Osten voran,
in etwa bis zum 11. Längengrad. Die Mengen bleiben gering. Mit dem Regengebiet
ist auch eine schwache Tiefdruckrinne verbunden, was aber letztlich nur zur
Folge hat, dass rückseitig derselben die bodennahen Winde mehr und mehr auf
westliche Richtungen drehen. Diese sind aber sehr schwach. Eine markante
Änderung des Temperaturniveaus bleibt erstmal aus. Viel Sterne wird man in der
Nacht nicht mehr sehen, da auch im Osten recht dichte mehrschichtige Bewölkung
über den Himmel zieht. Demensprechend fällt in der Nacht auch der Frost aus,
vielmehr liegen die Tiefstwerte meist zwischen 1°C im Osten und 7°C im Westen.
Wieder zeigt das ICON-Modellwetter sehr viel Nebel, was wahrscheinlich dem
äußerst schwachen Wind geschuldet ist. Nun mag bei dieser Situation die Sicht
oftmals nicht besonders gut sein, warnwürdiger Nebel sollte aber eher nicht auf
der Agenda stehen.

Am Donnerstag ... schwenkt der schwache Trog über Deutschland hinweg. Er ist nur
mit äußerst schwachen Hebungsantrieben verbunden, zumal schon auf seiner
Vorderseite Kaltluftadvektion vorherrscht. Das abgetropfte Höhentief sieht
dagegen mächtig aus und zieht zur nordwestlichen Iberischen Halbinsel. Unser
Bodentrog schwenkt bis zum Nachmittag nach Osten durch und bereits jetzt kommt -
wie oben angedeutet - schon der mächtige atlantische Höhenrücken ins Spiel.
Dieser hat sich mittlerweile nach Osten verlagert und weist ein
Höhenhochschwerpunkt nordwestlich von Irland auf. Damit erhöht sich auch der
Bodendruck im Bereich der Britischen Inseln und zudem schiebt sich auf der
Rückseite des Troges ein Bodenkeil in Richtung Niederlande, so dass rückseitig
des Troges der Gradient zunimmt und insbesondere im Bereich der Nordsee der auf
Nordwest drehende Wind mitunter recht kräftig auflebt. Somit werden vielleicht
auch ein paar Windwarnungen nötig. Im Süden bleibt es dagegen noch windschwach.
Dort hält sich auch noch recht milde Luft, während im Norden jetzt eine deutlich
kühlere Luftmasse mit nur noch -4°C in 850 hPa die Nordsee erreicht. Die
schauerartigen Regenfälle überqueren den Osten und den Süden Deutschlands, wobei
ICON sogar ein paar Gewittersymbole liefert. Zwar ist die Labilität marginal und
auch die Dynamik gibt über dem Süden Deutschlands nichts her, ganz verworfen
werden sollte das aber nicht. Zumindest kann es lokal mal einen kräftigeren
Schauer geben, in der Fläche fällt aber weiterhin nicht viel Niederschlag.

Insgesamt präsentiert sich der Tag meist stark bewölkt, die Auflockerungen sind
meist klein. Nur ganz im Nordwesten auf der Rückseite kann am Nachmittag etwas
mehr Sonne herauskommen. Das Temperaturniveau geht insgesamt leicht zurück, mit
etwa 7°C an der Nordsee und noch einmal bis 13°C im Süden bleibt es immer noch
sehr mild.

In der Nacht zum Freitag betritt ein neuer Trog die Bühne, der am Rande des
atlantischen Hochs rasch nach Süden vorankommt. Er erreicht in den Frühstunden
schon die südliche Nordsee. Auf seiner Vorderseite queren kräftige Tiefs die
Skandinavische Halbinsel, wovon das südliche in der Frühe in etwa über
Mittelschweden zu verorten ist. Seine Kaltfront zieht in den Frühstunden im
Nordseegebiet und Schleswig-Holstein mit mäßigem Regen auf. Zudem wird der
Hochkeil nach Süden gedrückt und nördlich davon stellt sich ein recht kräftiger
Gradient ein, in welchem der Südwestwind stark auffrischt, so dass es am Morgen
an der Nord- und Ostsee sowie auch in Schleswig-Holstein zu steifen bis
stürmischen Böen kommt, mitunter kann in südwestexponierten Küstenabschnitten
auch mal eine Sturmbö auftauchen. Im Süden bleibt der Wind noch schwach. Im
Süden und Südosten liegen noch Reste des alten Niederschlagsgebiets, dort gibt
es regional immer noch einzelne schauerartige Regenfälle. Zwischen den beiden
Systemen kann es im Norden auch länger klar sein. Dort wird es demzufolge auch
am kühlsten und es kann vereinzelt leichten Frost geben, während ansonsten die
Temperaturen meist auf etwa 5 bis 1°C zurückgehen.

Am Freitag ... weitet sich der Trog rasch weiter nach Deutschland aus,
Höhenkaltluft mit bis zu -34°C in 500 hPa gelangt dabei in den Norden des
Landes. Mit dem Trogvorstoß ist auch sehr starke PVA verbunden, die zwar durch
KLA teilkompensiert wird, es reicht aber immer noch für recht markante Hebung
auf der Vorderseite. An dieser befindet sich die Kaltfront, die im Tagesverlauf
mit mäßigen Regenfällen bis etwa bis zum Main vorankommt. Zwar ist die Luftmasse
nicht sehr kalt (in etwa -4°C in 850 hPa an der Front, bis -6°C auf der
Rückseite), trotzdem kann es vorübergehend mal bis in tiefere Lagen nassen
Schnee geben, der aber nicht liegen bleibt. Allenfalls im Bergland ab etwa 600 m
können wenige Zentimeter liegen bleiben. Auch die vorherige Kaltfront, deren
Reste noch über dem Süden Deutschlands lagen, wird mit der zunehmenden PVA
wieder aktiviert, so dass an ihr die schauerartigen Regenfälle wieder aufleben.
Da dort immer noch die recht milde und feuchte Luftmasse mit Tendenz zu leichter
Labilität liegt, sind die Gewittersymbole, die ICON bietet, nicht ganz
unrealistisch, zumal im Vergleich zum Vortag jetzt ordentlich Dynamik im Spiel
ist, nämlich starke Hebung durch PVA sowie auch hohe Geschwindigkeitsscherung.

Zwischen den beiden Fronten gibt es vielleicht noch ein paar
Wolkenauflockerungen, insgesamt ist aber der Freitag von recht viel Bewölkung
geprägt. Die Abkühlung setzt sich fort, etwas über 10°C werden es nur noch am
südlichen Oberrhein und Hochrhein sowie in Alpennähe, im Nordosten dagegen nur
noch 5°C. Im zentralen Bergland bleibt es sogar noch etwas kühler.

Zuletzt noch zum Wind: Der stärkere Gradient setzt sich bis nach Süden durch und
überall frischt der Wind um West auf. An der See gibt es vor allem in der ersten
Tageshälfte noch stürmische Böen, ansonsten kann es vor allem im nördlichen
Binnenland auch einzelne steife Böen geben. Auf dem Brocken gibt es Sturm.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle simulieren die synoptische Entwicklung bis zum
Donnerstag sehr ähnlich. Die genaue Lage der Regengebiete und deren Stärke
werden aber etwas unterschiedlich simuliert. Am Freitag wird die Lage des
Sturmtiefs und auch dessen Stärke noch etwas unterschiedlich simuliert,
dementsprechend gibt es auch noch größere Unterschiede bei den Windfeldern und
auch der Niederschlagsprognose. Wir warten einfach noch ein bisschen ab.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann