DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-02-2023 18:01
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.02.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis Dienstagnachmittag sukzessive nachlassender Wind. Ansonsten wenig
spektakuläres Endfebruarwetter mit überdurchschnittlichen Temperaturen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland auf der warmen Seite der Frontalzone, die relativ
straff organisiert von der südlichen Norwegischen See bis zur Ukraine verläuft.
Südlich davon findet man über dem zentralen Mittelmeerraum einen Rücken, von dem
aus sich ein Keil über Frankreich hinweg bis zum nahen Atlantik erstreckt. Der
Rücken bzw. Keil korrespondiert mit der Hochdruckzone GABRIELA, die
offensichtlich faschingsaffin ist und quasi der gesamten Südhälfte sowie der
südlichen Mitte unseres Landes heute einen sonnenscheinreichen und milden
Rosenmontag beschert hat. Anders die Situation im für gewöhnlich
faschingsmuffeligen Norddeutschland, das unter der Knute des Teiltiefs WILLY II
steht. Es hat mit etwas unter 985 hPa im Kern inzwischen das Baltikum erreicht,
von wo aus die Reise weitergeht in Richtung russisch-ukrainisches Grenzgebiet.
Während die Warmfront des Tiefs schon über alle Berge ist, hat sich mittlerweile
die Kaltfront in den äußersten Norden gequält, was wortwörtlich zu verstehen
ist. Die Tatsache, dass die Front eine zunehmend strömungsparallele Exposition
einnimmt und zudem nach Nordwesten hin in die Warmfront des nächsten Tiefs
(XERXES) südlich Islands übergeht, sorgt für eine erheblich eingeschränkte
Mobilität. Oder anders ausgedrückt, die Front macht kaum noch Boden nach Süden
hin gut und übernachtet schleifend im Norden bzw. Nordosten.

Was man ihr nicht vorwerfen kann, ist Passivität oder gar Inaktivität. So hat es
schon am Nachmittag angefangen, leicht zu regnen. Und auch in der Nacht wird es
grob in einem von der Nordsee bis zur Oder reichenden Korridor zeitweise regnen,
wobei gebietsweise um oder etwas über 5, lokal bis zu 10 l/m² innert 12 h
Niederschlag zusammenkommen können. Druckanstieg von Südwesten her lässt den
Gradienten langsam aufweichen, so dass mit Unterstützung des Tagesgangs der
westliche Wind immer schwächer wird. Ein paar "Hotspots" bleiben aber noch
übrig, wobei vorrangig die vorpommersche Ostseeküste nebst angrenzendem
Binnenland, Teile Sachsens und BBs sowie der Harz und das Erzgebirge inkl.
Vorland zu nennen sind. Dort muss bis zum Morgen noch mit Böen 7, anfangs
vereinzelt 8 Bft gerechnet werden. On the top - gemeint sind der Brocken und der
Fichtelberg - dauert der schwere Weststurm an.

Je weiter wir uns in diesem unseren Lande gen Süden orientieren, desto klarer
der Nachthimmel. Dabei kühlt es ab, im Süden teilweise bis in den leichten
Frostbereich. Hier und da bildet sich Nebel.

Dienstag ... plustert sich der o.e. Höhenrücken mächtig auf. Zur Mittagszeit
erstreckt er sich mit gekrümmter Achse vom zentralen Mittelmeerraum über
Westeuropa hinweg bis zum Europäischen Nordmeer. Dabei blockiert er das
Vorankommen von XERXES, der nur in homöopathischen Schritten südlich von Island
gen Osten vorankommt. Auf der Vorderseite des Rückens verbleiben wir unter einer
im Nordosten leicht zyklonal, ansonsten indifferent bis antizyklonal
konturierten nordwestlichen Höhenströmung, die sich kontinuierlich abschwächt.
Synoptisch-skalige Hebungsimpulse sind aus diesem Setup kaum herauszuholen, so
dass es an der langsam nach Nordosten zurückweichenden Front ist, noch ein paar
Impulse zu setzen. Das gelingt zunächst auch ganz gut, indem es im Norden und
Osten strichweise (quasi in der unmittelbaren Peripherie der Front) regnet. Mit
zunehmender Tageslänge und andauerndem Druckanstieg von Südwesten bekommt die
Front aber immer mehr Schwierigkeiten, sich in Szene zu setzen respektive
überhaupt zu überleben. Kurzum, der Regen lässt am Nachmittag und Abend mehr und
mehr nach, allerdings bleibt es vielerorts stark bewölkt bis bedeckt. Einige
Lücken bzw. Auflockerungen sind am ehesten im Ostseeküstenbereich zu bestaunen.
Noch ein Satz zum Wind, der sich am Vormittag und Mittag an der vorpommerschen
Ostseeküste, in Vorpommern und in der deutsch-polnischen Grenzregion sowie im
und am Harz/Erzgebirge (Leitplankeneffekt) inkl. der Gebiete dazwischen mit
einigen steifen Böen 7 Bft (Brocken und Fichtelberg deutlich mehr) gegen seine
unvermeidliche Niederlage stemmt. Am Nachmittag ist es dann aber soweit, der
dann völlig weichgespülte Gradient reicht kaum noch aus, um nennenswerte (im
Sinne des Warnmanagements) Luftbewegungen zu initiieren.

Nach Süden hin ist weiterhin das Hoch GABRIELA wetterbestimmend, wobei in der
Mitte eine Mischung aus Wolken und sonnigen Abschnitten, im Süden hingegen Sonne
pur den Tagesablauf begleiten. Bei 850-hPa-Temperaturen von nahe 0°C an der
vorpommerschen Küste und bis zu +8°C im Südwesten stehen Tageshöchsttemperaturen
von etwa 8°C direkt an der See und bis zu 16°C im Alpenvorland sowie im Breisgau
auf der Karte.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Rücken langsam in Richtung
Mitteleuropa. Auf seiner Vorderseite etabliert sich eine meridional exponierte
Bodenhochdruckzone, die vom zentralen Mittelmeer bis hoch nach Skandinavien
reicht und dabei genau über Deutschland verläuft. Gradient und Wind gehen
komplett in die Knie und auch die im äußersten Nordosten immer noch schleifende
Front (inzwischen nur noch aus Warmfront bestehend) steht kurz vor dem Aus. Für
stärkere Restwolken reicht es aber noch und auch ein paar Tropfen hier und da
können nicht ausgeschlossen werden.

Nach Süden und Westen hin präsentiert sich der Himmel häufig gering bewölkt oder
klar, was dort die Temperatur in Gefrierpunktnähe oder in den leichten
Frostbereich zurückgehen lässt. Außerdem bildet sich gebietsweise Nebel.

Mittwoch ... wandert der Höhenrücken sutsche piano über den Vorhersageraum
ostwärts, wobei er die Hochdruckzone vor sich "herschiebt". Spätestens jetzt ist
die Front im Nordosten verschwunden, was aber noch nicht für die von ihr
zurückgelassene Restbewölkung gilt. Hier braucht es ein paar Stunden, bis diese
auflockert bzw. ganz verschwindet. Inzwischen hat Altmeister XERXES, immerhin
mit etwa 980 hPa im Kern ausgestattet, die Norwegische See erreicht. Von dort
erstreckt sich eine trogförmige Tiefdruckzone mit eingelagerter Kaltfront weit
nach Süden, Tendenz langsam ostwärts verlagernd. Trog und Front markieren die
Vorderseite eines scharfen (kurze Wellenlänge), aber recht stark amplifizierten
Höhentrogs, der im Tagesverlauf vom nahen Atlantik her mit leicht positiver
Achsstellung UK/Irland überquert.

Für Deutschland bedeutet das für die Westhälfte eine langsam aber stetige
Bewölkungszunahme, die später insbesondere in den grenznahen Gebieten zu unseren
westlichen Nachbarn in leichte schauerartige Regenfälle mündet (Auslöser scheint
ein kleiner aber feiner Sekundärtrog zu sein, der vorderseitig des eigentlichen
Trogs nordostwärts schwenkt und mit einem schwachen PVA-Maximum korreliert). Im
Süden und Südosten sowie in der östlichen Mitte kommt die Bewölkung erst
verzögert an, dort scheint zum Teil noch für längere Zeit die Sonne. Der Wind
spielt weiterhin keine Rolle und auch temperaturmäßig tut sich nicht allzu viel
gegenüber dem Vortag. Die Spanne der Höchsttemperatur reicht von etwa 6°C auf
Rügen bis zu 14, vereinzelt vielleicht 15°C im Süden sowie der östlichen Mitte.

In der Nacht zum Donnerstag wird die Progression des großräumigen
Strömungsmusters gebremst, weil der Trog über der Biskaya beginnt abzutropfen.
Trotzdem reicht es, die meridionale Tiefdruckzone komplett bei uns zu
platzieren, während die Kaltfront noch ein Stück weiter westlich verbleibt. Das
hindert den schauerartigen Regen aber nicht, sich langsam weiter gen Osten
auszuweiten. Wie weit, das steht noch nicht endgültig fest. Es spricht aber
einiges dafür, dass es zwischen Erzgebirge und Vorpommern sowie im Osten und
Süden Bayerns noch weitgehend trocken bleibt. Frost ist nach wie vor kein oder
kaum Thema. Vielleicht reicht es am östlichen Alpenrand oder im Bayerischen Wald
lokal für etwas unter 0°C, das war´s dann aber auch.

Donnerstag ... verlagert sich das inzwischen abgetropfte Höhentief zur
Iberischen Halbinsel. Derweil schwenkt das nördliche, noch immer positiv
geneigte Trogresiduum über die Nordsee hinweg langsam ostwärts, wo es
unweigerlich, wenn auch recht spät auf Nord- und Nordwestdeutschland trifft. Der
Wirkungsradius des Residuums ist stark limitiert, für mehr als ein paar
nachmittägliche und abendliche Schauer dürfte es nicht reichen.

Ansonsten gilt es festzuhalten, dass das Tief XERXES das Seegebiet westlich der
Lofoten ansteuert und somit für uns keine große Rolle mehr spielt. Wichtiger ist
ein kleines Randtief, das sich orografisch getriggert unweit des Oslofjords
bildet und von dort nach Südschweden zieht. Es steuert die o.e., thermisch nicht
besonders ausgeprägte Kaltfront, die Deutschland langsam (und nach Südwesten
zurückhängend) ostwärts überquert. Dabei bleibt es in weiten Landesteilen stark
bewölkt (Auflockerungen am ehesten postfrontal im Westen und Nordwesten),
vornehmlich im Süden und Osten fällt zeit- und gebietsweise etwas Regen. Die
Temperatur erreicht landesweit Höchstwerte zwischen 7 und 13°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Viel mehr gibt es nicht hinzuzufügen. Die beschriebenen Abläufe werden
modellübergreifend erfreulich kongruent simuliert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann