DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-02-2023 08:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.02.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Zunächst noch NWa, Mittwoch beginnende Umstellung
Im Nordosten vor allem heute noch windig bis stürmisch, im Süden und Westen
Hochdruckeinfluss, insgesamt mild bis sehr mild. Am Mittwoch von Westen
unbeständiger.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befinden wir uns unterhalb der warmen Südflanke der Frontalzone, die
leicht mäandrierend und relativ weit nördlich vom mittleren Nordatlantik über
die Norwegische See bzw. nördliche Nordsee und Südskandinavien bis zum Baltikum
und weiter nach Osteuropa reicht. Dabei stützt die anfangs noch recht kräftige
WLA einen vom westlichen Mittelmeer über Frankreich bis zum Süden der Britischen
Inseln reichenden Höhenrücken, der im Tagesverlauf etwas abgebaut wird und sich
ein wenig nach Südsüdost zurückzieht. Daraus ergibt sich für das
Vorhersagegebiet eine indifferente, nach Südwesten zu, nahe am Höhenrücken,
antizyklonal konturierte nordwestliche Höhenströmung.
In diese eingebettet, stößt ein Randtrog im Tagesverlauf vom Nordmeer Richtung
Süd- und Mittelskandinavien vor und splittet sich mit Überqueren des
Norwegischen Küstengebirges in zwei kurzwellige Teiltröge, von denen der
östliche abends bereits das Baltikum erreicht, während der westliche Part in
etwa über der Haltenbank zurückhängt.
Im Bodenfeld ist an diese Trogentwicklung ein recht kräftiges Tiefdruckgebiet
ostsüdöstlich von Island ("WILLY") gekoppelt, das den Höhepunkt seiner
Entwicklung bereits überschritten hat. Es verlagert sich bis zum Abend Richtung
Kap Svinöy und schwächt sich dabei auf Kosten einer aktuell bereits einsetzenden
Leetiefentwicklung über Südnorwegen weiter ab. Das Leetief (WILLY II) kann sich
dagegen weiter vertiefen, kommt ebenfalls rasch ostsüdostwärts voran und schlägt
abends mit einem Kerndruck um oder knapp unter 980 hPa in etwa im Bereich der
lettischen Ostseeküste auf.
Die Warmfront des Tiefs überquert in den kommenden Stunden den Nordosten des
Landes südostwärts, wobei präfrontal dort leichte Regenfälle eingesetzt haben,
die bereits Richtung Polen abziehen. Die Kaltfront kommt über der nördlichen und
westlichen Nordsee bzw. Südskandinavien zunächst rasch nach Südosten voran,
gerät im Tagesverlauf aber ins Schleifen und befindet sich zu Tagesende wohl
noch knapp nordöstlich des Vorhersagegebietes. Immerhin setzen unmittelbar
präfrontal im Nordosten und eventuell auch Norden erneut schauerartige
Regenfälle ein, wobei aber lediglich ICON-EU in Ostvorpommern gebietsweise mehr
als 5 l/qm simuliert, die anderen Modelle sind mit maximal 0 bis 4 l/qm
defensiver aufgestellt.
Über dem Südwesten und Süden des Landes dominiert dagegen Hochdruckeinfluss. Die
durch den Rücken gestützte, relativ schmale Hochdruckzone reicht vom Ostatlantik
kommend über Frankreich, Südwestdeutschland und dem Alpenraum bis in den
westlichen bzw. zentralen Mittelmeerraum und schwächt sich im Tagesverlauf etwas
ab. Dennoch verschärft sich der Gradient an ihrer Nord- und Ostflanke mit
Passage von "WILLY II" vor allem über der Nordosthälfte Deutschlands
vorübergehend deutlich. Somit legt der aktuell schon lebhafte West- bis
Südwestwind im Warmsektor noch deutlich zu und etwa nordöstlich einer Linie
Westmünsterland-Bayerisches Vogtland gibt es auch im Binnenland bzw. in den
Niederungen verbreitet steife Böen (Bft 7), im Norddeutschen Tiefland sowie in
weiten Teilen der Osthälfte zumindest in freien Lagen auch stürmische Böen (Bft
8), an den Küsten Sturm- und rund um Rügen vor allem mittags und am frühen
Nachmittag vorübergehend auch schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10). In den Kamm- und
Gipfellagen der zentralen, östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge muss
ebenfalls mit Sturmböen, auf exponierten Gipfeln mit schweren Sturmböen sowie
auf Brocken und Fichtelberg mit orkanartigen Böen (Bft 11) gerechnet werden.
Erst zum späteren Nachmittag und Abend beginnt der Gradient mit Abzug des Tiefs
und etwas schwächelndem Hoch ganz allmählich aufzufächern und der Wind flaut von
Südwesten her zögernd ab. Im Südwesten und Süden spielt der Wind dagegen
warntechnisch selbst auf den Bergen keine Rolle.
Zweigeteilt präsentiert sich auch das Himmelsbild. Kräftiges Absinken an der
Nordflanke des Hochs hat die Bewölkung über der Südwest- und Südhälfte
vielerorts auflösen lassen, so dass dort - abgesehen von ein paar
Hochnebelfeldern, die sich teils nur zögernd auflösen - ein sonniger Tag ins
Haus steht. Ganz anders in der Nordhälfte. Dort bleibt es überwiegend stark
bewölkt bis bedeckt, während über der Mitte die Wolken von Südwesten her
zeitweise auflockern können.
Im Warmsektor gelangt nach wie vor sehr milde Atlantikluft ins Vorhersagegebiet,
lediglich nahe der Kaltfront im Nordosten ist es nicht ganz so mild. Die 850
hPa-Temperatur schwankt dort um 0 Grad, während sie im Südwesten auf nahe 8 Grad
steigt. Das reicht bei guter Durchmischung im Nordosten für Höchstwerte zwischen
7 und 11 Grad, sonst zwischen 9 und 14 Grad, im sonnigen Süden bzw. Südwesten
werden gebietsweise sogar bis nahe 17 Grad erreicht.

In der Nacht zum Dienstag wird der Höhenrücken noch etwas abgebaut, kommt aber
über Frankreich ein klein wenig nach Osten voran, so dass die nordwestliche
Höhenströmung vor allem über dem Südwesten des Vorhersagegebietes noch einen
etwas antizyklonaleren "Touch" bekommt.
Die beiden Teiltröge ziehen rasch südostwärts Richtung Baltikum bzw. Osteuropa,
wodurch der umfangreiche Höhentrog mit Drehzentrum über dem Westen Russlands
etwas regeneriert wird.
"WILLY II" verlagert sich bis Dienstagfrüh ins russisch-ukrainische Grenzgebiet,
"WILLY I" erreicht dann die mittlere Ostsee, wobei sich beide Tiefs weiter
auffüllen. Die Kaltfront greift auf den Nordosten des Landes über, erreicht aber
kaum die Elbe, gerät nun vollends ins Schleifen und geht über in die Warmfront
eines Wellentiefs nordwestlich von Schottland. Die Niederschläge im Nordosten
kommen somit noch etwas nach Südwesten voran und erfassen noch Teile von
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, wobei meist nur wenige l/qm
fallen, lediglich vom südlichen Schleswig-Holstein bis in den Norden
Brandenburgs bzw. in den Süden Vorpommerns sind es nach Lesart einiger Modelle
mehr als 5 bis nahe 10 l/qm.
Die über Südwestdeutschland reichende Hochdruckzone wird noch etwas weiter
abgebaut, bleibt aber erhalten, so dass der Gradient mit Abzug des Tiefs weiter
auffächert. Somit nimmt der Wind weiter an, morgens gibt es lediglich entlang
der vorpommerschen Ostseeküste sowie in Ostsachsen noch einzelne steife Böen aus
westlichen Richtungen, in den Kammlagen von Harz, Erzgebirge und Zittauer
Gebirge kann es noch stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln Sturmböen geben.
Während im Norden, Osten sowie in der Mitte die meist dichte Bewölkung, die mit
der Kaltfront nun noch etwas weiter nach Süden vorankommt, Frost verhindert,
kann es im Süden und Südwesten bei teils klarem Himmel zumindest im Bergland
bzw. an den Alpen leichten Frost geben. Im Südwesten steigt auch das
Nebelrisiko.

Dienstag... wölbt sich vorderseitig eines Richtung Ostatlantik vorstoßenden
Höhentroges ein Höhenkeil über die Britischen Inseln nordwärts bis ins Nordmeer
auf, kommt im Tagesverlauf nach Osten voran und greift auf die Nordsee über.
Auch der Höhenrücken über Frankreich verlagert sich allmählich ostwärts und
erreicht zu Tagesende den Westen des Vorhersagegebietes. Dadurch fächert die
nordwestliche Höhenströmung weiter auf und ist nun auch über dem Nordosten
Deutschlands zunehmend antizyklonal konturiert.
Das Wellentief nordwestlich von Schottland wird durch den Höhenkeil in seiner
Ostverlagerung blockiert und zieht eher nordnordostwärts, wobei es sich
trogvorderseitig noch etwas vertiefen kann auf einen Kerndruck von nahe 985 hPa
am Abend. Der nun als Warmfront geführte Frontenzug schleift dabei weiterhin
über dem Nordosten des Landes und kommt zunächst kaum nach Osten voran, während
die Kaltfront erst gegen Abend Irland erreicht. Mit Annäherung des Höhenkeils
bzw. -rückens steigt vor allem im Norden und Nordosten Deutschlands der
Luftdruck noch etwas an, während sich die Hochdruckzone weiter südlich eher noch
etwas abschwächt. Das hat eine weitere Gradientauffächerung zur Folge. Nur
vorübergehend kann der Wind an der vorpommerschen Küste sowie vom Harz bis zum
Erzgebirge am Vormittag nochmals etwas auffrischen mit Böen Bft 7 zumindest an
der Küste und in freien Lagen, spätestens zum späten Nachmittag ist er dann aber
auch dort nicht mehr warnrelevant.
Mit zunehmendem Hochdruckeinfluss klingen auch die Niederschläge im Norden und
Nordosten weiter ab und es kommen auch vom nordöstlichen Niedersachsen bis nach
Brandenburg nur noch wenige l/qm zusammen. Ansonsten ändert sich am Himmelsbild
aber nur wenig: In der Nordosthälfte bekommt man die Sonne kaum zu Gesicht, im
Südwesten und Süden ist es dagegen überwiegend sonnig, dazwischen lockern die
Wolken im Tagesverlauf auch in der Mitte allmählich etwas auf. An den
Temperaturen ändert sich gegenüber dem Vortag ebenfalls nur wenig.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der streng meridional ausgerichtete
Höhenrücken allmählich ins Vorhersagegebiet und reicht morgens über die östliche
Nordsee bzw. entlang der norwegischen Küste bis nach Spitzbergen. Derweil greift
vom Ostatlantik her der Höhentrog auf die Britischen Inseln über.
Die ebenfalls zunehmend meridional ausgerichtete Hochdruckzone im Bodenfeld
verlagert sich über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts, während die Kaltfront
des bis Mittwochfrüh ins Seegebiet nördlich der Färöer ziehenden und sich noch
etwas verstärkenden Tiefs (Kerndruck morgens um 980 hPa) auf die Britischen
Inseln übergreift. Somit setzt von Westen her auch bei uns allmählich wieder
Druckfall ein, der Gradient bleibt aber so weich, dass der Wind vorerst keine
warnrelevante Rolle mehr spielt.
Die schleifende (Warm)front über dem Nordosten des Landes löst sich mehr und
mehr auf, so dass aus ihr kaum mehr Regen fällt. Allerdings lockern die Wolken
dort nur sehr zögerlich bis gar nicht auf.
Im Westen und Süden ist es dagegen zunächst gering bewölkt, ehe sich später mit
Annäherung der Kaltfront später vermehrt hohe und morgens auch mittelhohe
Wolkenfelder bemerkbar machen. Insgesamt nimmt die Neigung zu Nebel/Hochnebel
vor allem im Süden, aber auch in Teilen der Mitte zu. Erneut kann es im Süden
und Südwesten auch wieder leichten Frost geben, während es sonst unter der
Bewölkung überwiegend frostfrei bleiben sollte.


Mittwoch... wandert der Höhenrücken nur langsam über das Vorhersagegebiet hinweg
ostwärts, während der Höhentrog die Britischen Inseln aufgrund der
Blockadewirkung des Rückens ebenso zögerlich überquert und sich aufgrund
beständiger KLA auf dessen Rückseite südwärts zur Biskaya bzw. zum Nordwesten
der Iberischen Halbinsel ausweitet. Somit geraten wir auf die Vorderseite des
Troges, die Höhenströmung dreht auf Südwest. Da der Trog etwas nach Südwesten
zurückhängt, bleibt sie zunächst recht schwachgradientig, allerdings überquert
ein erster vorgelagerter Teiltrog Frankreich ostwärts und erreicht abends den
Westen des Landes. Der dynamische Hebungsantrieb auf dessen Vorderseite bleit
aber nur schwach ausgeprägt.
Derweil setzt sich weiter östlich über dem Nordatlantik eine umfangreichende,
hochreichende und blockierende Antizyklone fest, wodurch eine Wetterumstellung
eingeleitet wird, dazu aber mehr in der Mittelfristübersicht.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief zieht über dem Europäischen
Nordmeer allmählich weiter nordwärts und kann sich noch etwas verstärken. Die
zugehörige Kaltfront überquert bis zum Abend die Kanalküste. Bereits weit im
Vorfeld treten leichte Regenfälle auf, die dem vorlaufenden Teiltrog geschuldet
sind und am Nachmittag bzw. Abend wohl auch den Westen Deutschlands erfassen.
Wie weit sie nach Osten vorankommen, darüber sind sich die Modelle noch nicht so
wirklich einig, wobei ICON-EU die progressivste Variante fährt und die
Niederschläge bis 18 UTC sogar schon weite Teile Hessens und Niedersachsens
erfassen, während UKMO lediglich im äußersten Südwesten etwas Regen fällt. Nach
Lesart aller Modelle fallen aber maximal wenige l/qm.
Im Nordosten lösen sich die Reste der ehemaligen Warmfront nur zögerlich auf, so
dass es dort auch eher bewölkt bleibt. Somit bekommt man die Sonne am ehesten im
Südosten (so sich denn die Nebel- und Hochnebelfelder dort rasch auflösen) sowie
vom Harz bis zur Lausitz zu Gesicht. Bei 2 bis 6 Grad in 850 hPa bleibt es mit
Höchstwerten zwischen 7 Grad an der vorpommerschen Ostseeküste und nahe 15 Grad
am Oberrhein sehr mild.

In der Nacht zum Donnerstag setzt an der Nordostflanke des umfangreichen
atlantischen Höhenrückens über den Britischen Inseln verstärkt WLA ein, was dem
Höhentrog dort absolut nicht zuträglich ist. Somit tropft er über dem
Westausgang des Ärmelkanals ab, das Cut-Off-Tief erreicht morgens die Bretagne,
während das Trogresiduum sich dann quer über die Nordsee erstreckt. Somit bleibt
die südwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet relativ flau und ist im
weiteren Verlauf, nach Durchschwenken des bereits oben erwähnten vorgelagerten
flachen und sich in Auflösung befindlichen Teiltroges, wieder mehr antizyklonal
konturiert.
Im Bodenfeld greift die Kaltfront von Westnordwest her auf das Vorhersagegebiet
über, mündet über Frankreich aber in ein flaches Wellentief und wird somit über
den mittleren Landesteilen eingebremst. Morgens reicht sie in etwa von
Vorpommern bis nach Rheinland-Pfalz. Die vorgelagerten schauerartigen, aber
wenig ergiebigen Regenfälle kommen nach Osten und Südosten voran - wie weit
genau, ist noch unklar, voraussichtlich bleibt es aber Richtung Oder und Neiße
sowie im Südosten Bayerns noch trocken. Postfrontal klingen sie im Nordwesten
wieder ab, die Mengen bleiben insgesamt gering.
Aufgrund der dichten Bewölkung bleibt es überwiegend frostfrei und auch der Wind
sollte warntechnisch keine Rolle spielen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Abgesehen von den bereits im Text angesprochenen Unschärfen vor allem ab
Mittwoch fahren die Modelle eine recht einheitlichen Kurs. Warn- und
prognoserelevante Unterschiede sind kaum auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff